Interview mit Aufsichtsratskandidat Rainer Keßler

„Richtige und falsche Entscheidungen hautnah erlebt“

„Richtige und falsche Entscheidungen hautnah erlebt“


Rainer Keßler möchte in die Fußstapfen seines Vaters treten: Im Interview mit „Der Betze brennt“ erklärt der Sohn von Ex-FCK-Präsident Hubert Keßler, warum er für den Aufsichtsrat des 1. FC Kaiserslautern kandidiert und wo er Verbesserungsmöglichkeiten sieht.

Der Betze brennt: Im Sommer gab es einige grundlegende Veränderungen beim FCK: Neuer Sportdirektor, neue Spieler, neues Konzept. Wieso sollte aus Ihrer Sicht auch im Aufsichtsrat der Reset-Knopf gedrückt werden, Rainer Keßler?

Rainer Keßler (52): Aus meiner Sicht ist der 1. FC Kaiserslautern nach wie vor mit gravierenden sportlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert. Alarmierend sind der in den letzten Jahren stetige Rückgang der Zuschauer und die zunehmende Gleichgültigkeit vieler Menschen, die noch vor Jahren den Betze besuchten. Die zähe Suche nach einem Trikotsponsor zeigt, wie die Marke FCK gelitten hat. Der FCK benötigt neben einem starken Trainer und einem starken Vorstand auch einen starken Aufsichtsrat, um die richtigen Weichen für die Zukunft zu stellen.

Der Betze brennt: Stellen Sie sich doch bitte kurz vor, zunächst beruflich und privat.

Keßler: Nach Abschluss meines Studiums zum Diplom Betriebswirt (BA) war ich für einen Versicherungs-Konzern in Mannheim, Köln, New York und Karlsruhe tätig. Im Zuge eines Generationswechsels bin ich 1994 in die von meinem Vater gegründete Versicherungsvermittlungsagentur, die Hubert Keßler GmbH, eingetreten und führe diese als Gesellschafter/Geschäftsführer. Privat bin ich glücklich verheiratet und stolzer Vater von vier Kindern.

Der Betze brennt: Seit wann fühlen Sie sich mit den Roten Teufeln verbunden und wie haben Sie sich in der großen FCK-Familie bisher eingebracht?

Keßler: Da mein Vater bereits ein sehr großer Fan und Wegbegleiter der Roten Teufel war, wurde ich somit schon in frühester Kindheit an die Faszination FCK herangeführt. Als Zeuge der sogenannten Jahrhundertspiele des FCK, dem 7:4 gegen Bayern München im Jahre 1973 oder auch dem 5:0 gegen Real Madrid im Jahre 1982, fiel es mir natürlich leicht, die Begeisterung meines Vaters für diesen Verein zu teilen. Bei der Gründung des Fördervereins Fritz-Walter-Stiftung e.V. im Jahre 2011 wurde ich zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt und gehöre seit 2012 dem Vorstand der Fritz-Walter-Stiftung an.

Der Betze brennt: Wie bewerten Sie die aktuelle Amtsperiode des Aufsichtsrates, also die letzten drei Jahre - welche Erfolge kann die Vereinsführung in dieser Zeit vorweisen?

Keßler: Die aktuelle Amtsperiode des Aufsichtsrates war in erster Linie geprägt durch den Abstieg in die 2. Bundesliga und den damit verbundenen engen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. In diesem Umfeld ist es sicherlich sehr positiv, dass es der Führung des FCK gelungen ist, ein auf die 1. und 2. Bundesliga differenziertes Pachtmodell mit der Stadiongesellschaft zu vereinbaren. Aber auch der schnelle Zeichnungserfolg der Betze-Anleihe mit dem Ziel, das Nachwuchsleistungszentrum Fröhnerhof zurück zu erwerben und Investitionen in die dortige Infrastruktur zu tätigen, darf als Erfolg betrachtet werden.

Der Betze brennt: Und was lief aus Ihrer Sicht weniger gut? Wo sehen sie Verbesserungspotential?

Keßler: Bereits bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung im Mai 2012 habe ich nach dem Abstieg aus der Bundesliga in einem Redebeitrag die Vereinsführung im Hinblick auf die damalige sportliche Ausrichtung kritisiert und konkret die Absicht nach einer weiteren Zusammenarbeit mit dem damaligen Trainer hinterfragt bzw. in Frage gestellt. Hauptgründe für die sportliche Misere waren damals aus meiner Sicht die wiederholten, nicht nachvollziehbaren Transferentscheidungen in der Winterpause. In dieser Phase hätte ich mir einen starken Aufsichtsrat gewünscht, der auch mal zu den Vorstellungen des Vorstands „Nein“ sagen kann.
Aktuell verfügt der FCK über eine junge Mannschaft mit Herz, die attraktiven Fußball spielt. Zudem ist es gelungen, Spieler, die bereits seit der D-Jugend beim FCK spielen, zu integrieren und teilweise zu Leistungsträgern zu formen. Diese Talente werden wir kurzfristig verlieren wenn wir nicht einen baldigen Aufstieg in die erste Liga schaffen. Bei allem Verständnis für die psychische Komponente im Hinblick auf die junge Mannschaft – das klare Ziel muss lauten: Aufstieg!
Bei der Ausgabe der Betze-Anleihe war für mich nicht nachvollziehbar, warum man zu diesem Termin nicht bereits einen festen Rückkaufspreis für das Nachwuchsleistungszentrum vereinbart hatte.

Der Betze brennt: Ihr leider verstorbener Vater Hubert Keßler war viele Jahre lang im engeren Umfeld des FCK aktiv, zeitweise als Gönner, zuletzt als Präsident und Aufsichtsratsmitglied um die Jahrtausendwende. Was haben Sie von Ihrem Vater in Bezug auf ein mögliches Amt beim FCK mitgenommen?

Keßler: Dass mein Vater als letzter ehrenamtlicher Präsident des FCK mit dem Wiederaufstieg in die erste Fußball-Bundesliga und dem direkten Gewinn der Deutschen Meisterschaft in die Vereinsgeschichte eingegangen ist, erfüllt mich natürlich mit Stolz. In dieser Zeit und den folgenden Jahren habe ich hautnah erlebt, wie viele Entscheidungen richtig getroffen wurden, andere jedoch sicherlich manchmal anders zu treffen gewesen wären.

Der Betze brennt: Sie sind mittlerweile Vorsitzender des Fördervereins der Fritz-Walter-Stiftung und auch hier der Nachfolger eines leider zu früh verstorbenen FCK'lers, nämlich Peter Jochen Degen. Durch die Stiftung stehen Sie auch mit dem FCK und Stefan Kuntz in Verbindung. Wie ist hier der Kontakt?

Keßler: Durch den unerwarteten Tod von Peter Jochen Degen habe ich im Jahr 2012 den Vorsitz im Förderverein Fritz-Walter-Stiftung e.V. übernommen. Peter war eine tragende Kraft dieses Fördervereins und er verstand es, Menschen für die Ideale Fritz Walters zu animieren, integrieren und zu begeistern – ich habe von ihm viel gelernt. Die Aktivitäten unseres Fördervereins Fritz-Walter-Stiftung e.V. werden im Wesentlichen durch das persönliche Engagement unserer Vorstandsmitglieder, unter anderem Hans-Peter Briegel und Norbert Thines, geprägt. Für die Veranstaltungen bemühen wir uns auch immer Mitglieder des Vorstandes, des Aufsichtsrates oder der Mannschaft zu gewinnen. Das Verhältnis ist respektvoll und gut.

Der Betze brennt: Vielen Mitgliedern fällt es schwer, die Arbeit der einzelnen Aufsichtsräte zu bewerten, weil über die Diskussionen und über unterschiedliche Sichtweisen in dem Gremium wenig veröffentlicht wird. Nicht zuletzt daraus resultiert auch der immer wieder zu hörende Vorwurf, dass der Aufsichtsrat nur die Wünsche des Vorstands „abnicke“ anstatt zu „kontrollieren“. Wie könnte man über die Tätigkeit des Aufsichtrates mehr Transparenz schaffen und was spricht möglicherweise dagegen?

Keßler: In der Tat ist es sehr schwer die Leistung der einzelnen Aufsichtsräte zu beurteilen, da Sitzungen des Aufsichtsrates der Geheimhaltung unterliegen und in einem demokratischen Prozess ablaufen. Letztendlich bleibt einem Aufsichtsrat, sofern er eine oder mehrere Entscheidungen nicht mittragen kann, nur der Rückzug aus seinem Amt. Grundsätzlich halte ich den Kommunikationsfluss zwischen den Vereinsorganen und den Mitgliedern für verbesserungsfähig. Die Glaubwürdigkeit in einen starken Aufsichtsrat würde sicherlich unterstrichen, wenn man auch über Vorstellungen des Vorstandes berichten würde, die vom Aufsichtsrat abgelehnt wurden.

Der Betze brennt: Vor einem halben Jahr hat der amtierende Aufsichtsrat den Vertrag mit dem Vorstandsvorsitzenden Stefan Kuntz sehr frühzeitig verlängert. Wie bewerten Sie diesen Schritt aus ihrer Sicht als Neubewerber, hätte man dafür nicht besser die nun anstehende Neuwahl des Aufsichtsrates abwarten sollen?

Keßler: Eindeutig ja. Sofern der bisherige Aufsichtsrat in seinem Amt bestätigt wird, ist die frühzeitige Vertragsverlängerung unkritisch. Sollte sich das Kontrollorgan aus neuen Bewerbern zusammensetzen, stehen diese natürlich dann vor vollendeten Tatsachen.

Der Betze brennt: Alle paar Jahre wieder im Gespräch ist auch eine Ausgliederung und es ist davon ausgehen, dass dieses Thema die nächste Amtsperiode des Aufsichtsrates entscheidend mitprägen wird. Auch bei vielen anderen Vereinen wird emotional darüber debattiert: Der Hamburger SV wurde ausgegliedert, beim SC Freiburg wurde dieser Schritt fast einstimmig abgelehnt, der VfB Stuttgart plant eine Entscheidung im nächsten Jahr. Bezogen auf den FCK gefragt: Sind Sie für oder gegen eine Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung?

Keßler: Sicherlich wird eine eventuelle Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung eine zentrale Frage in der nahen Zukunft darstellen, die es zu beantworten gilt. Vorstand und Aufsichtsrat haben die Verpflichtung, die Vor- und Nachteile für eine Entscheidung durch die Mitgliederversammlung transparent aufzubereiten. Sicherlich haben gute Gründe die Mehrzahl der Bundesligisten bewogen, die Lizenzspielerabteilungen in Kapitalgesellschaften auszugliedern. Fakt ist aber auch, dass sich vergleichbare Clubs aus anderen guten Gründen entschieden haben, die Vereinsstruktur beizubehalten.
Kapitalgesellschaften werden mit dem Argument gegründet, die Haftung für den Verein zu begrenzen und natürlich „frisches Kapital“ zu generieren. Und zusätzliches Kapital ist in den nächsten Jahren von Nöten, da in fünf Jahren bereits sechs Millionen Euro bei der Rückzahlung der Betze-Anleihe fällig werden. Ich bin jedoch der Meinung, dass selbst wenn 100% der Stimmrechte beim Verein verbleiben, der Investor im Rahmen seiner Möglichkeiten nach Einfluss sucht. Insofern müssten gravierende Vorteile für die Ausgliederung sprechen, um ein entsprechendes Votum von den Mitgliedern zu erhalten.

Der Betze brennt: Die Abteilung Fußball, welcher der allergrößte Teil der Vereinsmitglieder angehört, liegt seit einigen Jahren brach und existiert rein formal betrachtet gar nicht mehr. Wie beurteilen Sie persönlich die vorgeschlagene Lösung für diese Problemstellung, eine Abteilung „Fans und fördernde Mitglieder“ nach dem Vorbild von Klubs wie Borussia Dortmund oder Eintracht Frankfurt zu gründen, um den betroffenen FCK-Mitgliedern wieder eine echte Heimat innerhalb ihres Vereins zu geben und um auch die Abteilungen neben dem Fußball besser zu unterstützen?

Keßler: Da die vorgeschlagene Lösung zur Gründung einer Abteilung „Fans und fördernde Mitglieder“ vom Vereinsrat abgelehnt wurde, sollte zumindest eine zeitgemäße Satzung verabschiedet werden, die auch begründete Änderungswünsche berücksichtigt. Es ist bei diesem Thema ebenfalls durchaus legitim, Satzungen vergleichbarer Clubs zu folgen. Bedauerlich, dass konstruktive vertrauensvolle Gespräche zum Erliegen gekommen sind. Es ist aus meiner Sicht absolut verständlich, dass sich Fans als Interessenvertretung positionieren. Ihre Anregungen und Anliegen sollten im Interesse des Vereins seriös behandelt werden.

Der Betze brennt: Abschließend und mit Ihren eigenen Worten zusammengefasst: Warum sollten die FCK-Mitglieder Ihnen ihre Stimme geben?

Keßler: Ein starker Aufsichtsrat sollte dem Vorstand mit Rat und Tat zur Seite stehen, ihn konstruktiv kritisch begleiten und Aufsicht führen, mit der Option auch „Nein“ sagen zu können. Viele regionale Unternehmen und Persönlichkeiten haben sich in den vergangenen Jahren vom FCK abgewendet – hier sollte der kommende Aufsichtsrat ein offenes Ohr für die berechtigten Interessen der Mitglieder und Fans haben. Um die Aufgaben der Zukunft zu meistern, brauchen wir einen großen gemeinsamen Nenner. Ich würde mich freuen, wenn ich meinen Teil dazu beitragen könnte.

Der Betze brennt: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg für die Wahl!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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