Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Jahn Regensburg 1:1

Trostlose Sache

Trostlose Sache


Wer nur zufällig gewählte Ausschnitte dieses Fußballabends gesehen hat, der muss sich wie im falschen Film gefühlt haben: Grottiges Gestocher auf dem Rasen und eine niedrigere Geräuschkulisse als auf jedem Dorfsportplatz. Von der Partie des FCK gegen Regensburg wird im Jahresrückblick nur die wirkungsvolle Protestaktion der Fans in Erinnerung bleiben.

- Spielszenen: 1. FC Kaiserslautern - Jahn Regensburg
- Fanfotos: 1. FC Kaiserslautern - Jahn Regensburg

Es war eine gespenstische Atmosphäre im Fritz-Walter-Stadion. Offiziell besuchten 24.297 Zuschauer das Heimspiel des 1. FC Kaiserslautern gegen Jahn Regensburg, aber trotz dieser Kulisse hörte man den Ball an den Füßen der Spieler klatschen, jeden Pfiff des Schiedsrichters und teilweise sogar die Kommandos der Protagonisten auf dem Rasen - drumherum herrschte Stille. Die Anhänger aus Kaiserslautern und Regensburg bewiesen in den zwölf Minuten und zwölf Sekunden der Aktion „Ohne Stimme keine Stimmung“ eindrucksvoll, was es bedeuten würde, wenn die lebendige deutsche Fankultur tatsächlich vom knallharten Teil der Funktionäre und Politiker ausgerottet würde. Es war beklemmend.

Der FCK-Anhang hatte vor der Partie unter Federführung der Fanvertretung und mit konstruktiver Unterstützung der Vereinsmitarbeiter sehr gute Aufklärungsarbeit geleistet und sowohl Mannschaft als auch Publikum von der Notwendigkeit dieser krassen Protestform überzeugt. Vereinzelte Pfiffe zu Beginn der Aktion wurden nach einer erklärenden Lautsprecherdurchsage in der Westkurve von kollektivem Applaus aufgelöst. Die leisen Befürchtungen der Organisatoren, ob der Stimmungsboykott denn funktionieren würde, wurden von der breiten Unterstützung fast aller FCK-Fans geradezu pulverisiert - wie auch in den anderen Stadien dieses Spieltags kann der bundesweite Protest „Ohne Stimme keine Stimmung“ schon jetzt als gelungen und extrem eindrucksvoll bezeichnet werden.

Weniger eindrucksvoll war das, was die Zuschauer - abzüglich der daheim gebliebenen Dauerkartenbesitzer werden es wohl um die 20.000 oder weniger gewesen sein - zur fanfeindlichen Anstoßzeit an einem Dienstag um 17:30 Uhr auf dem Rasen geboten bekamen. „Ohne Mo nix los?“ lautete die Frage vor dem Spiel und im Rückblick wurde der Nagel damit genau auf den Kopf getroffen. Franco Foda konnte den gesperrten Topscorer Mo Idrissou nicht ersetzen, Albert Bunjaku als alleinige Sturmspitze vor den früh ausgewechselten Kostas Fortounis und Hendrick Zuck nur wenige Akzente setzen. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte gelang dem Kapitän nach schöner Vorlage von Zuck aber immerhin der wichtige Ausgleich (45.+2). Zuvor hatte die Lautrer Defensive kollektiv gepennt und den Tabellenvorletzten aus Regensburg durch Patrick Haag sogar in Führung gehen lassen (14.).

Ansonsten war dieses Spiel so grottig, dass man besser den Mantel des Schweigens darüber legen sollte. Trainer Foda bescheinigte bis auf Dominique Heintz und Marc Torrejón keinem Feldspieler Normalform, einigen sogar mangelnde Einstellung zum Spiel. Und obwohl die meisten Statistiken dieses Abends für den FCK sprechen, gibt eine entscheidende dem Trainer recht: Lautern gewann nur 46% der Zweikämpfe - da bringen einem auch 64% Ballbesitz gegen mauernde und zeitspielende Regensburger nicht viel. Es klingt paradox, wenn man trotz sagenhaften 16 Spielen ohne Niederlage zum wiederholten Male feststellen muss, dass einfach die letzte Konsequenz gefehlt hat. Foda: „Wir sind enttäuscht.“

Bunjaku, Zuck und der eingewechselte Kwame Nsor hätten das Spiel mit den wenigen Lichtblicken in Form von Torchancen dennoch für den FCK entscheiden können, aber sie scheiterten. Zuck hätte dabei ebenso wie auf der anderen Seite Denis Weidlich einen Elfmeter zugesprochen bekommen können, doch die Pfeife von Schiedsrichter Markus Wingenbach blieb in beiden Situationen stumm. Eine Randbemerkung zu dieser merkwürdigen Schiri-Ansetzung: Der 34-jährige Student Wingenbach wohnt in Mainz - und so hat er auch gepfiffen, könnte man mit Blick auf die Nullfünfer-Nachbarn spotten. Nicht nur bei den beiden Elfmeterszenen wirkte er nicht ganz auf der Höhe und passte sich somit dem Niveau der Fußballer an. Doch den Punktverlust oder das schwache Spiel am Schiedsrichter festzumachen, wäre aus Lautrer Sicht eindeutig zu hoch gegriffen.

Auf den Rängen gab es noch Spruchbänder zum Stimmungsboykott, zum von den Fans abgelehnten DFL-Sicherheitskonzept und zur Anstoßzeit („Dienstag 17:30 - nicht zu schaffen“). Am eindrucksvollsten war aber der Aufschrei der Westkurve nach exakt 12:12 Minuten, als der Boykott, der mit Sicherheit vielen Fans schwer gefallen ist, endete. Die Roten Teufel wurden nach vorne gepeitscht, Konfetti flog durch die Luft, Fahnen wurden geschwenkt. Eine bunte Kurve wurde präsentiert und mit ihr der extreme Kontrast zu dem Stimmungsfriedhof in den Minuten zuvor. „Das war nicht der Grund für unsere schlechte Leistung“, antwortete Franco Foda übrigens auf die Frage eines Journalisten, ob die Mannschaft vielleicht durch die Totenstille auf den Rängen irritiert gewesen sei.

Leider passte sich die Atmosphäre dann im weiteren Verlauf des Abends aber doch immer weiter dem Spiel an und große Teile der Westkurve gingen in der zweiten Halbzeit wieder in den „Boykott“ über. Schade, dass in solchen Situationen seit einigen Monaten nur noch die Ultras und ein paar Häufchen Unentwegter singen, schreien, toben und die große Masse das Spiel eher konsumiert als aktiv begleitet. Dieses Problem auf den gerne kritisierten „Singsang“ der Ultras abzuschieben, ist zu einfach, denn jeder Zuschauer ist zu seinem kleinen Teil selbst für die Stimmung im Stadion (mit)verantwortlich.

Aus Regensburg hatten sich derweil zu den fünf (!) im Vorverkauf abgesetzten Tickets noch rund 100 weitere Fans im Gästeblock eingefunden, die ebenfalls am Stimmungsboykott teilnahmen, danach durch reichlich Beflaggung und Fahneneinsatz auf der gähnend leeren Osttribüne auffielen, aber stimmlich mangels Masse ungehört blieben.

Als Fazit dieses 16. Spieltags bleibt festzuhalten, dass der FCK weiterhin seinen Aufstiegsschnitt von 2,0 Punkten pro Spiel verbucht. Kurz vor Abschluss der Hinrunde wurde gegen fast jeden Gegner einmal gespielt, so dass statistisch betrachtet auch die verlorenen Punkte gegen Regensburg in einer anderen Partie bereits gewonnen wurden und die grundsätzliche Qualität der Foda-Truppe als bewiesen angesehen werden darf. Klar, dieses achte Unentschieden der Saison war eine trostlose Sache auf dem Rasen, aber das passiert halt mal. Kein Grund zur Unruhe. Daran gilt es ebenso zu arbeiten, wie am Erhalt der Fankultur - damit nicht irgendwann die trostlose Atmosphäre der ersten zwölf Minuten auf den Rängen zum Dauerzustand wird...

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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