Spielbericht: Dynamo Dresden - 1. FC Kaiserslautern 1:3

Die Doppelpacker

Die Doppelpacker


Wenn die FCK-Stürmer in dieser Saison treffen, dann doppelt - sicher nicht die schlechteste Grundlage im Kampf um den Wiederaufstieg. Am 4. Spieltag war mal wieder Albert Bunjaku an der Reihe. Und auch außersportlich war die Partie des 1. FC Kaiserslautern bei Dynamo Dresden wie erwartet eines der interessantesten Spiele der Saison.

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Hubschrauber, Blaulicht, Hundertschaften. Dresden calling! Für die meisten FCK-Fans bedeutete der seit 17 Jahren nicht mehr dagewesene Vergleich mit dem vielleicht wichtigsten Klub Ostdeutschlands Neuland, und in der sächsischen Landeshauptstadt angekommen zeigten sich dann auch Ansätze einer anderen (Fußball-)Welt. Ein massives Polizeiaufgebot sorgte für die Sicherheit des pfälzischen Anhangs und hatte die Lage auch weitgehend im Griff. Dennoch war an vielen Ecken rund ums Rudolf-Harbig-Stadion zu spüren, dass im harten Kern von Dynamo nicht jeder Gast freundlich empfangen wird, und auch aus Kaiserslautern waren ein paar raue Typen am Start. Festzuhalten bleibt aber auch, dass die große Mehrheit der Zuschauer an diesem Tag aus friedlichen Zeitgenossen bestand.

Der Großteil der FCK-Fans wählte die gemeinsame Anreise im Konvoi, der etwas chaotisch verlief und keine spektakulären Bilder lieferte, aber doch von den meisten Teilnehmern als gelungene und spaßige Abwechslung zu Sonderzügen und Individualreisen angenommen wurde. Unter dem alten FCK-Motto „Let's go, Betze“ wurden T-Shirts verkauft, die im Stadion den passenden Rahmen zu einer kleinen Choreographie mit Konfetti und Luftballons bildeten und dem guten Auftritt der mitgereisten Fans auch optisch einen würdigen Rahmen verliehen. Insgesamt fanden sich rund 1.500 Schlachtenbummler aus der Pfalz im Gästeblock ein und machten ordentlich Rabatz, wenn auch aufgrund der relativ geringen Anzahl ein „Heimspiel“ schon von vorneherein ausgeschlossen war - danke an die DFL für den fanfeindlichen Freitagstermin!

Die SGD-Anhänger hingegen erwischten nicht ihren besten Tag, ließen aber trotzdem einige Male ihr gewaltiges Potential aufblitzen. Wenn nach einer vergebenen Torchance das ganze Stadion in ohrenbetäubender Lautstärke „Dynamo, Dynamo“ brüllt, dann sucht das in Deutschland seinesgleichen. Eine weitere Besonderheit war sicherlich, als Ultras-Dynamo-Vorsänger „Lehmann“ das Publikum kurz vor dem Anpfiff per Stadionmikrofon aus dem Mittelkreis im Stile türkischer Capos noch mal anheizte. Zum Einlaufen der Mannschaften (und später nach dem zwischenzeitlichen Ausgleichstreffer) präsentierte die Heimkurve ihre immer mal wieder eingesetzte Blockfahne, danach fiel insbesondere die hohe Mitmachquote rund um den K-Block ins Auge. Alles in allem sahen das Duell des ostdeutschen gegen den westdeutschen Traditionsverein 29.057 Zuschauer, was ein abgesehen von Gäste- und Pufferblock ausverkauftes Rudolf-Harbig-Stadion bedeutete.

FCK-Trainer Franco Foda vertraute der gleichen Elf wie in der zweiten Halbzeit gegen 1860 München, also mit Dominique Heintz für den verletzten Jan Simunek. Für Neuzugang Marc Torrejón blieb somit erstmal nur die Zuschauerrolle, der Spanier ist noch nicht bei 100 Prozent. Und auch wenn nach wie vor Steigerungspotential besteht, so zeigte die Lautrer Abwehr in dieser Zusammensetzung ihre beste Leistung der bisherigen Saison. Das Prunkstück der „Red Hot Chili Devils“ ist und bleibt aber die Offensive, die das krasse Gegenteil zur letztjährigen Abstiegstruppe darstellt: Torgefährlich und effektiv!

In Dresden reichten Bunjaku und Co. sechs nennenswerte Chancen für drei Tore und den Sieg. Beeindruckend! Nach der Führung durch den Mannschaftskapitän (29.) - vorangegangen war eine tolle Kombination, ein Kommentator ließ sich gar zu dem wohl doch noch etwas übertriebenen Attribut „Tiki-Taka“ verführen - konnte auch der Ausgleich durch Dynamo-Torjäger Mickael Poté (67.) nicht schocken. Der FCK hatte sich zu sehr auf Ergebnisverwaltung beschränkt und wurde dafür bestraft. Trotz der jetzt erdrückend heißen Atmosphäre im Rudolf-Harbig-Stadion blieben die Lautrer aber cool und konnten nur wenige Minuten später durch Bunjakus zweiten Treffer die erneute Führung rausspielen (74.). Das Spiel hätte in der Schlussphase durchaus auch kippen können, aber die Foda-Elf setzte ihre makellose Auswärtsbilanz fort, gab nach dem zwischenzeitlichen Rückzug wieder Gas und sorgte durch den ersten Ligatreffer des immer stärker werdenden Kostas Fortounis für die vorzeitige Entscheidung (82.). Einfach nur genial!

Es ist toll, wie abgezockt diese neue FCK-Mannschaft auftritt. Die Abteilung Attacke passt schon bestens zusammen, jetzt noch etwas mehr Stabilität in der Abwehr sowie die benötigte Kontinuität für die noch lange Saison, und die zweite Liga hat einen ganz klaren Aufstiegskandidaten. Beim Spiel in Dresden beeindruckte aber nicht nur die Offensive durch ihre Effektivität, mindestens genauso wertvoll war die Arbeit in der Defensive: Tobias Sippel zeigte mehrere Glanzparaden, Enis Alushi und Ariel Borysiuk scheinen in der Zentrale immer besser zusammenzufinden und vorne stehen die besagten Knipser. Wenn Mo Idrissou nicht trifft, dann ist eben Albert Bunjaku zur Stelle, der mit vier Treffern mittlerweile auch die Torjägerliste der zweiten Liga anführt. Und im Hintergrund wartet mit Ilian Micanski noch ein weiterer Topstürmer auf seine Chance, dazu bald wieder Pierre De Wit, Mimoun Azaouagh, der bereits erwähnte Marc Torrejón, Alexander Baumjohann besitzt noch Steigerungspotential, Hendrick Zuck und noch einige mehr. Aber halt! Man muss aufpassen, dass die Euphorie nicht zu groß wird und dadurch die noch zu korrigierenden Fehler übertüncht werden, das hat nicht erst die vergangene Saison gelehrt. Doch einen gesunden Optimismus, gerade nachdem die schlimme Abstiegssaison immer noch irgendwie in den Knochen steckt, legitimiert die bisherige Saisonzwischenbilanz auf jeden Fall.

Dass der Aufschwung beim FCK noch ein zartes Pflänzchen ist, zeigte auch die ausgiebige Siegesfeier nach dem Abpfiff. Ariel Borysiuk musste sich auf dem Boden sitzend erstmal von Mathias Abel erklären lassen, was die Fans denn da gerade fordern (der Dialog könnte wie folgt gelaufen sein: „Was müssen wir jetzt machen, Matze?“ - „Ei 'F-C-K', Ariel, und bei jedem Buchstaben aufspringen!“). Als Roter Teufel seit Januar 2012 sind diese Feierlichkeiten schließlich immer noch alles andere als Routine. Einiges wurde in der sieglosen Zeit sogar fast vergessen, so dürfen beim nächsten Dreier zum Beispiel auch ruhig mal wieder die Taschentücher ausgepackt werden.

Hinter dem Gästeblock kam es dann noch zu einem Angriffsversuch der Dynamo-Hooligans auf die FCK-Fans, der aber ebenso kurz wie erfolglos war. Während der Betze-Konvoi die Stadt dann unter erneut großem Polizeischutz sowie dem bereits den ganzen Tag kreisenden Polizeihubschrauber die sächsische Hauptstadt verließ, wurden rund um den Bahnhof noch einige Lautrer ihrer Schals beraubt.

Fazit des Tages: Der FCK beginnt wieder Spaß zu machen, und Dresden ist auch aus Fan-Sicht eine Reise wert. Im Zeitalter von Hoffenheim, Wolfsburg und Sandhausen herrscht hier noch eine tolle - wenn auch manchmal ziemlich raue - Fußballatmosphäre und auch die Stadt selbst hat einiges zu bieten. Das beste Touristenprogramm ist und bleibt aber ein Auswärtssieg. Mission erfüllt!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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