Spielbericht: Schalke 04 - 1. FC Kaiserslautern 1:2

Wenn das Eintrittsgeld sich mehr als auszahlt

Wenn das Eintrittsgeld sich mehr als auszahlt


In einer nervenaufreibenden Thriller gewinnt der 1. FC Kaiserslautern mit 2:1 bei Schalke 04 und verschafft sich etwas Luft im Abstiegskampf. Dieses Spiel hatte alles, was man normalerweise nur von den legendären Fights am Betzenberg kennt: Höchste Spannung, gute Stimmung, unzählige Torchancen, Rückschläge und neue Hoffnung für beide Seiten - und einen ganz schwachen Schiedsrichter.

Knapp 4.000 Schlachtenbummler begleiteten den FCK ins Ruhrgebiet und sorgten für überwiegend gute Stimmung. Optische Unterstützung gab es hingegen „nur“ durch einige Schwenkfahnen. Auch die Schalker Fans verzichteten bis auf ein Spruchband auf größere Aktionen, waren aber zumindest akustisch deutlich besser aufgelegt als beim letzten Vergleich im April.

Vier Tage nach der Vertragsverlängerung mit Trainer Marco Kurz schickte dieser eine deutlich veränderte Startformation ins Rennen und lag damit goldrichtig: Alexander Bugera, Pierre de Wit und Olcay Sahan spielten für den verletzten Leon Jessen, Richard Sukuta-Pasu und Thanos Petsos.

Und es ging gleich mit Vollgas los! Die erste Chance vergab Itay Shechter, der im Moment Angst vor dem Abschluss zu haben scheint, dafür aber mit einigen guten Vorlagen glänzte. Insgesamt lieferte die ganze Mannschaft ein tolles Spiel ab, aus dem besonders Dorge Kouemaha, der zuletzt komplett aus dem Kader verbannte Sahan und de Wit herausstachen. Aber auch Bugera konnte bei seinem ersten Einsatz seit über einem Jahr mit einigen guten Aktionen glänzen.

Nach knapp einer halben Stunde war es dann soweit: Ralf Fährmann legte Kouemaha im Strafraum, Schiedsrichter Peter Sippel zeigte sofort auf den Punkt und gab dem Schalke-Keeper nach kurzem Zögern auch noch die Rote Karte - harte Entscheidung! Davon nicht beeindrucken ließ sich Christian Tiffert, der sich den Ball schnappte und dem eingewechselten Lars Unnerstall keine Chance ließ. 1:0 für den FCK (30.)! Grenzenloser Jubel im Gästeblock, Führung und Überzahl, wer hätte damit gerechnet? Bis zur Halbzeit hätten die Roten Teufel die Führung sogar noch ausbauen müssen, aber es blieb beim knappen 1:0.

In der Pause erntete dann die Bild-Zeitung den Hass, den sie selbst gesät hatte und machte somit aus quasi Nichts gleich zwei Schlagzeilen: Die Ankündigung, dass Weltschiedsrichter Dr. Markus Merk als TV-Experte zum ersten Mal seit der Vier-Minuten-Meisterschaft von 2001 nach Gelsenkirchen zurückkehrt, ließ den hochemotionalen S04-Anhang wie erwartet nicht kalt. Von 60.000 Zuschauern wurde er in ohrenbetäubender Lautstärke angepöbelt, mit Bier geduscht und aus der Arena verdammt. Mit ein paar Regenschirmen konnte das TV-Team aber bis auf ein paar Biertropfen und eine Papierrolle sämtliche Angriffe abwehren. Während der FCK-Anhang den Ur-Lautrer mit „Markus Merk, du bist der beste Mann“ unterstützte, nahm es Merk selbst wie eben besungener Mann und sprach auch im Anschluss nur über die positiven Erlebnisse des Abends anstatt weitere großbuchstabige Schlagzeilen zu liefern.

Im zweiten Abschnitt nahm die Stimmung im Gästeblock, die nach dem Führungstreffer etwas abgeflacht war, wieder Fahrt auf. Auf dem Rasen klappte diesmal besonders das Umschalten von Abwehr auf Angriff gut, der Unterschied zu den vorigen Partien war riesig. Zunächst machte aber erstmal Schalke Druck, dem Rodnei nicht standhalten konnte: Nach einer Stunde verstolperte der Brasilianer den Ball, musste dadurch in den Zweikampf mit José Manuel Jurado, der sich einhakte und im Strafraum zu Boden ging. Zum Entsetzen aller FCK'ler zeigte Schiri Sippel erneut auf den Punkt und gab erneut Rot - eine krasse Fehlentscheidung! Klaas-Jan Huntelaar ließ sich nicht zweimal bitten und netzte zum 1:1 (62.). Nun waren natürlich die Königsblauen obenauf und rochen den Sieg, während mancher FCK-Fan sich schon auf die nächste bittere Pleite eingestellt haben dürfte.

Denkste! Der offene Schlagabtausch ging jetzt erst so richtig los und bei toller Fußball-Atmosphäre unter Flutlicht setzten die Roten Teufel das nächste Ausrufezeichen: Ein ganz feines Dribbling im Strafraum schloss de Wit mit einer Flanke auf Kouemaha ab, der lehrbuchmäßig gegen die Laufrichtung des Torwarts köpfte und damit sein erstes Bundesligator erzielte (72.). Jaaaaaaaaaaa!!! 2:1 für den FCK - unglaublich, unfassbar, unerwartet! Der Schalker Anhang verfiel in eine vorübergehende Schockstarre während der Gästeblock tobte. Doch es ging weiter auf und ab, selbst die bereits gezückten Taschentücher konnten bis zur letzten Sekunde des Spiels nicht gewedelt werden, viel zu spannend war dieser Thriller auf dem grünen Rasen. Die beste Gelegenheit gegen den nur noch durch Konter gefährlichen FCK vergab Benedikt Höwedes, die letzte Chance ließ Raúl liegen - der Weltstar wartet auch in seinem dritten Duell mit den Roten Teufeln noch auf den ersten Punktgewinn!

Als Schiedsrichter Sippel abpfiff und daraufhin ein tausendfaches Echo von den Rängen zu hören bekam, war es geschafft. Mit einer Einsatzbereitschaft wie in den besten Spielen der vergangenen Saison gelang dem FCK der erste Auswärtssieg seit fünf Monaten. Und das verdient! Die anwesenden Zuschauer, zumindest diejenigen aus der Pfalz, hatten ein Spiel gesehen, für das man im Nachhinein eigentlich noch fünf Euro drauflegen müsste als Dank, das man dabei gewesen sein durfte.

Dementsprechend groß war auch die Freude über diesen Dreier, den Mannschaft und Fans noch eine ganze Weile nach Abpfiff zelebrierten. Mit nunmehr acht Punkten aus neun Spielen konnte der FCK auf den 14. Tabellenplatz klettern, was die beste Platzierung der bisherigen Saison bedeutet.

Der zuletzt bei einigen Fans in die Kritik geratene Marco Kurz hatte alles richtig gemacht und seinen ehemaligen Lehrmeister Huub Stevens auf der königsblauen Bank besiegt. Die unnötigen Punktverluste beispielsweise gegen Augsburg oder Wolfsburg konnten durch den nicht eingeplanten Sieg auf Schalke partiell ausgeglichen werden, im Soll sind die Betze-Buben aber noch nicht. Dafür muss am nächsten Samstag ein Heimsieg gegen Freiburg her!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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