Spielbericht: FC St. Pauli - 1. FC Kaiserslautern 2:0

Harte Schläge und eine bittere Niederlage

Harte Schläge und eine bittere Niederlage


Bereits zum achten Male in dieser Saison musste der 1. FC Kaiserslautern an einem Montag antreten, an diesem 21. Spieltag in Hamburg beim heimstarken FC St. Pauli. Bei einer Anreise von gut 650 km aus der Pfalz kein leichtes Unterfangen, dennoch gesellten sich unter die 22.625 Besucher am Millerntor knapp 2.000 Anhänger des FCK. Es sollte leider kein nettes Spiel für sie werden.

Aufreger gab es an diesem Abend genug, etwa die schlechte und unverhältnismäßige Leistung von Schiedsrichter Kinhöfer auf dem Platz oder die eskalierende Situation in der Halbzeitpause seitens einer Polizei-Hundertschaft gegen zahlreiche FCK-Fans, von denen sich letztendlich rund ein Dutzend in sanitäre Behandlung begeben musste.

Kurz vor Beginn der Partie verteilten einige in der Initiative „Kein Kick vor Zwei! Kaiserslautern“ organisierten Lautrer Schlachtenbummler einen Flyer, in dem man auf den angekündigten 20-minütigen Stimmungyboykott seitens der St. Pauli-Fans einging - die FCK'ler beteiligten sich nicht geschlossen hieran, zollten der Aktion aber dennoch Respekt. Dieser Respekt äußerte sich dann in Gesängen wie „Ohne Urlaub wären wir gar nicht hier“ oder „Scheiß DSF“, das nach knapp zehn Minuten in einen Wechselgesang mit der heimischen Südtribüne überging... Wovon die Daheimgebliebenen am Fernseher leider nicht viel mitbekamen, entweder gab es technische Störungen beim DSF oder es wurde alte Fangesänge eingespielt. Wer weiß?! Untermalt wurde der gesamte Protest mit zahlreichen Spruchbändern: Im Gästeblock blieb es aufgrund des Verbots aller Fan-Utensilien bei den bereits in Wiesbaden eingesetzten „Scheiß DFL“- und „Scheiß DSF“-Bannern, bei den Heimfans gab es auf allen Tribünen zahlreiche Spruchbänder von „Stoppt das TV-Diktat“ über „Montags könnt ich kotzen“ bis zu „Football is for you and me - not for bloody sports-TV“.

In den ersten Minuten tat sich auch auf dem Spielfeld nicht viel, in der Aufstellung des FCK gab es eine Änderung zur Vorwoche: Kapitän Axel Bellinghausen war wieder von Anfang an dabei, dafür musste Topscorer Erik Jendrisek weichen. Warum FCK-Trainer Milan Sasic in Betracht dessen, dass die komplette Innenverteidigung der Paulianer ausfiel, nur mit einer Spitze in Form von Srdjan Lakic auflaufen ließ, sollte ein Rätsel bleiben und sich wahrscheinlich auch als Fehler erweisen. In den letzten sieben Auswärtsspielen wurden viele verschiedene Taktik-Varianten ausprobiert, dennoch sprang nur ein magerer Punkt dabei heraus - bedenklich! Auf Seiten von St. Pauli gab es aufgrund der Verletzungsmisere drei Änderungen zur Vorwoche gegen Oberhausen, und gerade diese drei, Drobo-Ampem, Gouiffe à Goufan und Ludwig, sollten die Matchwinner werden.

Anfangs stand die Lautrer Mannschaft gut, die Defensive um Moussa Ouattara und Martin Amedick ließ den Hamburgern wenig Platz im Angriff. Das Spiel fand mehr in der Hälfte der Gastgeber statt, zwingende Torchancen gab es zunächst allerdings nicht. Lag möglicherweise auch daran, dass immer nur über die Außen gespielt wurde anstatt einmal den Versuch durch die Mitte zu wagen. Mitentscheidend für den weiteren Spielverlauf war die erste gelbe Karte für Lauterns Abwehrchef Amedick, ohne große Ankündigung und nicht vorbelastet, für ein harmloses Allerweltsfoul. Diese Vorgehensweise ließ Schiedsrichter Kinhöfer weiter laufen, allerdings nur zu Ungunsten der Lautrer. Die beste Chance in der 1. Halbzeit hatte Anel Dzaka, der freistehend verzog. Ab der 40. Minute waren die Roten Teufel dann in Unterzahl, Amedick holte sich nach einem rüden Foul in Höhe der Mittellinie gegen Gouiffe à Goufan die Ampelkarte ab.

Zu diesem Zeitpunkt begann auch das aggressive Verhalten der Ordner und der Polizei-Hundertschaft, woran einige Fans des FCK nicht ganz schuldlos waren: Nachdem im äußeren Bereich die ersten Polizisten einrückten, weil es zu Bierduschen zwischen St. Paulianern und Lautrern gekommen war, drohte die Lage zu eskalieren und so kam es dann auch. Unter „Scheiß Polizei“-Rufen der heimischen Südtribüne folgten Auseinandersetzungen zwischen einigen FCK-Fans und einigen Polizisten, die nun umso mehr Präsenz zeigten - beide Seiten wollten sich nichts gefallen lassen. Das Fass endgültig zum Überlaufen brachte dann ein überharter Einsatz gegen Vorsänger Maggi, der letztendlich ohne klar ersichtlichen Grund von vier Ordnern abgeführt wurde. Selbst der beim Aufwärmen befindliche Lautrer Ersatztorwart Tobias Sippel eilte nun in den Gästeblock und versuchte zu schlichten.

Hunderte FCK-Fans verließen daraufhin den Block, da die Polizisten sich teilweise auch mit Schlagstöcken weiteren Respekt verschaffen wollten. Außerhalb des Gästeblocks war dann keine bessere Situation zu erkennen. Hier kam es zu weiteren Auseinandersetzungen, bei denen zahlreiche harmlose Fans „unter die Räder“ kamen, so auch die ansonsten unbeteiligten Schreiber dieses Spielberichts und die Freundin des abgeführten Vorsängers, die von mehreren Polizisten brutal zu Boden gedrückt wurde und zahlreiche blaue Flecken davon trug. All dies trug natürlich nicht gerade zur Deeskalation bei, dennoch beruhigte sich die Situation irgendwann, wobei die Mehrzahl der frustrierten Fans den Gästeblock nicht mehr betrat und gleichzeitig aber auch das Stadion nicht verlassen durfte. Die Mitarbeiter von „Der Betze brennt“ ließen sich schließlich von Sanitätern behandeln und konnten daraufhin das Spiel nur noch in den letzten Minuten von der Tribüne aus verfolgen.

Trotz allem lief das Spiel natürlich weiter: Zu Beginn der 2. Halbzeit, Dario Damjanovic kam für Alexander Bugera, hätte es wieder zehn gegen zehn stehen müssen, nachdem der Paulianer Ampen Florian Dick mit gestrecktem Bein attackierte, ohne den Ball erreichen zu können. Her hätte es Platzverweis geben müssen! Aber auch der FCK tat gut daran, nicht in Führung zu gehen, trotz Unterzahl war kein Unterschied zu sehen. Im Minutentakt vergaben dann zwei Mal Lakic und Paljic ehe es zu einem sehr fragwürdigem Strafstoß kam. Sekunden nach einem Lautrer Lattentreffer fiel St. Paulis Hoilett sehr spektakulär, drehte sich in einem Tempo um die eigene Achse, das man meinen konnte er würde eine Pirouette vorführen. Danach kam zwar die Berührung durch Ouattara, da aber vorher eine Schwalbe vorlag, hätte es keinen Strafstoß geben dürfen. Den fälligen Elfer verwandelte dann Ludwig zum bis dahin unverdientem 1:0 für die Kiezkicker. In der Folgezeit kamen noch Josh Simpson und Said Huseijnovic für Lakic und Paljic, doch bis auf das engagierte Auftreten von Simpson fand das Lautrer Offensivspiel nun kaum noch statt. So war es dann der FC St. Pauli, der drei Minuten vor Schluss den Sack zu machte, nachdem Sako eine schöne Flanke mit einem ansehnlichen Kopfball zum 2:0 vollendete.

Fazit: Ohne Amedick läuft in der Defensive rein gar nichts beim FCK, der wiederum spielt in der Ferne mit nur einer Spitze Angsthasenfußball. Lakic war überfordert und wirkte streckenweise lustlos. Im nächsten Spiel am Sonntag muss es gegen Tabellennachbar und Aufstiegskonkurrent Fürth eine enorme Leistungssteigerung geben wenn man oben dran bleiben will! Verzichten muss der FCK hier auf die gesperrten Amedick und Dzaka, das dritte Mal in dieser Saison wegen seiner fünften gelben Karte, nachdem er bereits zweimal mit einer gelb-roten Karte aussetzen musste.

Zum Abschluss noch ein paar Worte zum Polizeieinsatz im Gästebereich: Der unverhältnismäßige Auftritt der anwesenden Beamten hätte vermieden werden können, nur leider haben einige Fehler in der Kette zu Verletzungen unbeteiligter Fußballfans geführt. So konnte die anwesende Security des FC St. Pauli mit einem breiten Grinsen und Handbewegungen nach dem Motto „Kommt doch her!“ die anwesenden Gästefans auf eine Art und Weise provozieren, die schon bedenklich ist. Auch der Satz einer dieser Personen „Mir juckt es schon in den Fingern, am liebsten würde ich da rein“ stellt kein gutes Bild der Contro Sicherheit dar, ebenso wie die Aussage einer später herbei geeilten Security-Mitarbeiterin, die mit den Worten „Ich will mir die Idioten jetzt auch mal aus der Nähe anschauen“ glänzte.

Beim Rettungswagen konnten wir kurz mit einem FCK-Fan sprechen, der mit Verdacht auf Armbruch ins Krankenhaus eingeliefert worden ist. Er versprach uns, sich in den nächsten Tagen zu melden, wie dies zustande kam. Mit Vorsänger Maggi selbst sprachen wir nur ein paar Sekunden, da er auf der Suche nach seiner Freundin war, die man wenige Minuten später mit ihm sah - rot und blau im Gesicht... Nach Angaben anderer war auch sie noch im Krankenhaus. Man kann im Ganzen von rund einem Dutzend Verletzten sprechen, was einfach nicht hätte sein müssen, und man darf gespannt sein, wie die schon an diesem Tage aggressiven Ordner beim brisanten nächsten Heimspiel mit den Fans von Hansa Rostock auskommen werden. Gute Besserung an alle verletzten FCK-Fans!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Teufel82/Tim

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