Kummt Senf druff

(Fast) Alles beim Alten: Resümee der Jahreshauptversammlung

Rund 950 Vereinsmitglieder sowie zahlreiche Journalisten waren bei der gestrigen Jahreshauptversammlung des 1. FC Kaiserslautern zum Geschäftsjahr 2004/05 anwesend und ebneten dem Verein den Weg in die Zukunft.

Gleich zu Beginn der Versammlung wurde Walter Zuber für seine großen Verdienste um den FCK mit dem goldenen Ehrenring ausgezeichnet („Ein Traum geht in Erfüllung“) und nutzte seine Dankesrede, um das Gemeinschaftsgefühl der FCK-Familie zu wecken und ein wenig gegen den lokalen Konkurrenten Mainz 05 zu wettern - dies immerhin aus dem Munde des früheren Innenministers von Rheinland-Pfalz: „Einmal FCK - Immer FCK!“

Im Anschluss daran nutzte der Vorstandsvorsitzende René C. Jäggi die nun aufgelockerte Stimmung im Saal bei seiner Rede und hatte das Publikum wie immer fest im Griff. Hier gegen ein paar unliebsame Gegenspieler, in diesem Fall Hans-Günther Neues, gestichelt („Wo sind die, die es immer besser wissen?“), dort ein paar witzig-saloppe Bemerkungen eingestreut, und schon lag der Saal dem Schweizer zu Füßen, reagierte in bester Kasperltheater-Manier gar mit einem lang gezogenen „Jaaaa“ auf Jäggis Frage „Wollen wir die Klasse halten?“.

Schlechter erging es da schon dem Mannschaftskapitän Marco Engelhardt, der für seine Aussage im Namen des Teams („Wir werden uns den Hintern aufreißen“) nur Gelächter und Unmut erntete, nach seiner kurzen Rede allerdings ebenfalls mit Applaus entlassen wurde.

Insgesamt kam die Mitgliederversammlung allerdings ohne nennenswerte Kritik aus, und wenn doch, wurden hauptsächlich die wenigen Kritiker selbst mit Buh-Rufen des Publikums kritisiert. Ein gefährliches Spiel, wenn man an die Amtszeit eines Jürgen Friedrich und den dortigen Umgang mit unliebsamen Nein-Sagern denkt - offenbar sind die Vereinsmitglieder nach den schweren letzten Jahren aber die negativen Bemerkungen leid und sehnen sich nach Harmonie, die sich nach dieser im Vergleich zum Verhalten im Stadion gezeigten Zurückhaltung hoffentlich einstellen wird. Einige enttäuschte Medienvertreter werden ob der ausgebliebenen Schlammschlacht die Nordtribüne jedoch schon frühzeitig verlassen haben.

Trotz dem Ernst der Lage gab es aber auch Kurioses. Auf die Anmerkung eines Vereinsmitglieds beim Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“, der sich über die hellblauen Auswärtstrikots beschwerte („Unsere Farben sind Rot und Weiß“) reagierte der Versammlungsleiter Prof. Dr. Walter Ruda etwas verdutzt und rief, nachdem sich auch von den übrigen Offiziellen niemand dazu äußern wollte, Trainer Wolfgang Wolf ans Mikrofon. Dessen trockener Konter gegen den von den Trikots überzeugten Ruda: „Es ist ja niemand von unserem Ausrüster Kappa anwesend - mir gefallen die Trikots auch nicht! Und so wie die Mannschaft mit diesen hellblauen Trikots aussieht, so spielt sie auch.“ Das saß! Und Wolf, der weitere Sympathien sammeln konnte, versprach, bei der Gestaltung der neuen Trikots mitzureden, auch wenn man auswärts leider nicht immer im roten Dress antreten könne.

Mehr für Erstaunen als für Gelächter sorgte ebenfalls Ruda, der wie schon in früheren Versammlungen Probleme mit der Ergebniszählung bei Abstimmungen hatte. Nachdem bei einem Antrag zwei Mal nach Enthaltungen gefragt und die Gegenstimmen vergessen wurden, musste neu abgestimmt werden. Im zweiten Versuch kam er dann zu dem Ergebnis: „Der Antrag angenommen bei 20 Gegenstimmen und circa 15 Enthaltungen.“ Den Protokollanten wird's freuen...

Doch auch Ruda hatte ernste Themen und zog im Bericht des Aufsichtsrates - in der Annahme es sei seine letzte Mitgliederversammlung als Aufsichtsrat - eine Bilanz, in der er auch auf die bereits stattgefundenen Zukunftsplanungen für die Ära „Nach Jäggi“ einging. So erwähnte er Gespräche mit mehreren Personen, unter anderem Beschäftigten von Regionalligavereinen. Konkreter wurde diese Aussage dann, als er den neuen Posten eines Sportvorstandes erwähnte, für den ein „Lautrer Fußball-Idol“ vorgesehen sei - hiermit dürfte Stefan Kuntz gemeint sein, der nach verkorkster Trainerkarriere zur Zeit bei der TuS Koblenz seine „Lehre“ als Manager macht und dort kurz vor der Meisterprüfung (Zweitligaaufstieg) steht. Auch einen zweiten Namen brachte Ruda ins Spiel, ohne überhaupt einen Namen zu nennen: Als neuen Vorstandsvorsitzenden habe er persönlich einen Mann aus dem Mediengeschäft im Auge - hierbei handelt es sich nach Informationen von „Der Betze brennt“ mit großer Wahrscheinlichkeit um Dr. Stefan Ziffzer.

Der Lebenslauf von Ziffzer liest sich für einen FCK-Fan allerdings nicht ohne ein mulmiges Gefühl in der Magengegend: Seit Beginn der 1990er Jahre war er Mitglied der Kirch-Gruppe, arbeitete unter anderem als Finanzchef der später bankrott gegangenen Medienanstalt und war später Chef des Deutschen Sport-Fernsehns (DSF), das er zum Schluss mit einer Investorengruppe gar selbst aufkaufen wollte. Doch nicht nur mit dem bei vielen Fußballfans deutschlandweit verhassten DSF und der Arbeit für Kirch/Premiere stellt sich Ziffzer selbst in ein schlechtes Licht, sondern war möglicherweise auch noch an krummen Geschäften beteiligt: Laut Medienberichten schloss Dr. Stefan Ziffzer gemeinsam mir seinem Kollegen Dieter Hahn und den Verantwortlichen von Bayern München im Jahr 1999 einen Vertrag ab, der dem Rekordmeister die Zahlung vieler Millionen Euro als Verlustausgleich zusicherte, damit dieser sich weiterhin an der Zentralvermarktung der Bundesliga beteiligt. Im Gegenzug machte sich Bayern-Manager Uli Hoeneß für die Vergabe der TV-Rechte an „Premiere“ stark, die wiederum froh waren, den Quotenbringer in ihrem Paket inbegriffen zu wissen. Nach Auffliegen dieses lange geheim gehaltenen, illegalen Vertrages, erhielten die Bayern eine fette Geldstrafe, mit der sie allerdings noch gut bedient waren und die ohne Murren angenommen wurde. Andere Vereine hätten für ein solches Vorgehen wohl einen Punktabzug aufgebrummt bekommen.

Zurück zu Ziffzer: Eine besondere Beziehung des Medienprofis zum 1. FC Kaiserslautern ist bisher ebenfalls nicht bekannt - ob mit diesem Mann die Rückkehr zur „Familie FCK“ und in obere Tabellengefilde sowie die von allen Aufsichtsratskandidaten geforderte bessere Außendarstellung des Vereins realisiert werden kann?

Den Höhepunkt des Abends bildete aber zweifelsohne die Aufsichtsratswahl, bei der sich nach dem kurzfristigen Rückzug von drei Kandidaten noch 20 Bewerber den Mitgliedern stellten. In mehr oder weniger gelungenen Reden durfte sich jeder Kandidat gut vier Minuten lang vorstellen, bevor es zur Wahl ging, die ein teilweise überraschendes Ergebnis brachte: Trotz des letzten Tabellenplatzes stimmten die Mitglieder nicht mal annähernd für einen kompletten Neuanfang in Aufsichtsrat und Vorstand, sondern wählten den alten Aufsichtsrat unabhängig voneinander komplett erneut: Dieter Buchholz, Ottmar Frenger, Prof. Dr. Walter Ruda und Dr. Michael Koll werden den Vorstand auch in Zukunft beaufsichtigen, Wilfried de Buhr hatte von einer erneuten Kandidatur abgesehen. Für ihn rückte Dr. Burkhard Schappert, der große Kompetenz ausstrahlt und als Vorsitzender des „Ärzte-Fanclubs 1. FC Kaiserslautern“ neben sozialer Verantwortung auch ein großes FCK-Herz beweist, mit den drittmeisten Stimmen in das Gremium auf. Als erste Nachrücker für den Fall des Ausscheidens eines Aufsichtsratsmitgliedes wurden Prof. Dr. Hans Dieter Rombach, Dr. Michael Ritter und Gerhard Brenneis gewählt. Respektable Ergebnisse erzielten außerdem Kay-Ingo Schmidt von der Fan-Initiative „Westkurve“ auf Platz 9 und der jüngste Kandidat, der 25jährige Michael Kasel aus Trier, auf Platz 11.

Die meiste Freude nach der Wahl versprühte aber der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Dr. Walter Ruda, der nach heftiger Kritik unter anderem von Hans-Peter Briegel und Axel Roos eigentlich mit seiner Abwahl gerechnet hatte. Er strahlte wie ein Honigkuchenpferd und trug sein hochzufriedenes Grinsen noch lange nach Ende der FCK-Jahreshauptversammlung vom 1. Februar 2006 im Gesicht.

Der fünfköpfige, gewählte Aufsichtsrat kann nun noch bis zu drei weitere Personen in das Gremium berufen, dem somit inklusive den "geborenen" Mitgliedern (zuletzt der Innenminister von Rheinland-Pfalz und der Oberbürgermeister von Kaiserslautern, die dieses Amt jedoch nicht zwingend ausfüllen müssen) maximal zehn Personen angehören können.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

Kommentare Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken