Kummt Senf druff

Come on, Burnley!

Come on, Burnley!

Foto: Alexander P. Kapp / Creative Commons

Von der großen Fußballöffentlichkeit weitgehend unbeachtet stieg im Mai 2009 der FC Burnley wieder in die Premier League , die englische Top-Liga, auf. 33 Jahre nach dem letzten Abstieg sind die Jungs aus der Grafschaft Lancashire also wieder da - und bieten eine willkommene Abwechslung in der Fußballwelt, die sich in dieser Zeit so sehr verändert hat.

33 lange Jahre sind vergangen, in denen der Verein sogar zwischenzeitlich in die Niederungen der Viertklassigkeit abgestiegen war, selbst dort noch ums Überleben kämpfen musste und sportlich wie wirtschaftlich mehrfach vor dem endgültigen Aus stand. Ganz im Schatten des großen Fußballs fristete der Verein aus dem Nordwesten Englands, der im direkten Einzugsgebiet zu Liverpool und Manchester angesiedelt ist, ein sehr bescheidenes Dasein.

Nun sind sie aber wieder da, die Clarets („Weinroten“). Und - wer weiß - vielleicht ist das Comeback dieses eher unscheinbaren Vereins aus der Kleinstadt (90.000 Einwohner), wo nach dem industriellen Niedergang vieler Fabriken und Firmen eine hohe Arbeitslosigkeit herrscht und somit viele Vorurteile zu den Möglichkeiten solcher Vereine gespeist wurden, wichtig für den Fußball insgesamt.

Der FC Burnley gilt als ein Verein mit großer, zum Teil auch glorreicher Tradition in England. 1882 gegründet und 1888 Gründungsmitglied der Football League, errang man 1921 und 1960 zwei englische Meisterschaften, gewann 1914 den prestigeträchtigen FA-Cup. Gerade im Pokal erarbeiteten sich die Clarets über Jahrzehnte hinweg den Ruf eines Favoritenschrecks. Auch in der Spielzeit 2008/2009 konnte man im Liga-Pokal nach Siegen unter anderem gegen die Londoner Topteams Chelsea und Arsenal das Halbfinale erreichen und dadurch offenbar so viel Selbstvertrauen tanken, dass man als Tabellenfünfter der First Division (zweite Liga) die Playoffs gegen den FC Reading und Sheffield United bestand und die kaum erwartete Rückkehr in die Premier League schaffte.

Während der Jahre 1976 bis 2009 schien man durch die Unterklassigkeit den Anschluss verloren zu haben. Viele Fans, besonders der so wichtige Nachwuchs, wanderten zu den Großclubs aus der Umgebung. Aber Burnley begann schließlich, um seine Existenz zu kämpfen, besann sich auf seine Wurzeln und lehrte die Gegner zumindest im heimischen Turf Moor, der 21.000-Mann-Arena, die meistens sehr gut besucht und oft ausverkauft war und schon immer schwer zu stürmen war, immer wieder das Fürchten.

Am 2. Spieltag dieser Saison war es dann soweit. Es stand ein Spiel an, das den FC Burnley zurück bringen sollte auf die große Fußball-Landkarte: Das Derby gegen das große Manchester United! Nach vielen Jahren des Niedergangs und des Darbens war man wieder wer. Und - man konnte diese Nachricht kaum glauben - Burnley siegte überraschend, ja geradezu sensationell mit 1:0. Aber wie das dann häufig so ist, nach dem Spiel sah man nur Fotos von ManU-Spielern, die fassungslos vom Platz trotteten, wie etwa den Kopf schüttelnden Superstar Wayne Rooney und weniger die Bilder der feiernden Burnley-Kicker und -Fans.

Aber dennoch: Burnley war endlich mal wieder in aller Munde. Zumindest für einen Tag, danach diskutierte man wieder hauptsächlich darüber, ob in der laufenden Saison vielleicht Manchester City oder Tottenham Hotspur in die Phalanx der Top-4-Teams aus Manchester (United), Chelsea, Liverpool oder Arsenal würden einbrechen können und weniger darüber, wie das „Wunder Burnley“ zu erklären war. Burnley geriet fast schon wieder in Vergessenheit.

Und dennoch sind Vereine wie Burnley so wichtig für das Funktionieren des Gesamtgebildes Fußball. Es muss diese Überraschungsmannschaften geben, die so genannten „Kleinen“, die die Großen zumindest gelegentlich das Fürchten lehren. Und Burnley spielt diese Rolle großartig. Zwar verloren sie auswärts in der Saison 2009/2010 bisher alle Spiele (so auch das „East Lancashire Derby“ bei den Blackburn Rovers, eines der ältesten Derbies der Welt, am vergangenen Wochenende), gewannen dafür aber auch zu Hause alles. Eine zweifellos außergewöhnliche Zwischenbilanz, doch sie zeigt, dass diese Spieler alles geben, um ihren Platz in der Premier League zu erhalten. Die ihr Stadion, ihre Trutzburg, abschotten und den Kampf aufnehmen. Die zeigt, dass der kleine Verein bereit ist, um seine Existenz zu kämpfen. Und eben die Großen hier und dort doch einmal ärgern kann.

Von daher gilt: Burnley kann überall sein! Es kann auch im schottischen Kilmarnock liegen, wo die tapferen „Killies“ aus der 45.000 Einwohner-Stadt in der Nähe von Glasgow seit 1993 ihre wieder gewonnene Erstklassigkeit trotz aller Standortnachteile verteidigen. Und trotz der scheinbar erdrückenden Übermacht der Rangers und von Celtic. Burnley liegt auch in Lorient (69.000 Einwohner), wo sture Bretonen, die erst seit wenigen Jahren erreichte Erstklassigkeit gegen die Großclubs aus Lyon, Marseille oder Paris mit allem, was sie haben, verteidigen. Was immer besser zu gelingen scheint angesichts eines höchst erstaunlichen Platz 6 im derzeitigen Klassement der französischen Ligue 1.

Burnley liegt auch im 55.000-Einwohner-Städtchen Siena, das eher touristisch als fußballerisch bekannt ist, sich der großen und finanzstärkeren Konkurrenz aus den Metropolen aber auch tapfer erwehrt und seit 2003 die Serie-A-Zugehörigkeit in Italien erhalten konnte. Und Burnley liegt auch in der Pfalz. Denn auch beim 1. FC Kaiserslautern arbeiten sie an ihrem Erstligacomeback und erregten in dieser Spielzeit nicht nur durch den Pokalsieg über den ansonsten immer noch ungeschlagenen Bundesliga-Tabellenführer Bayer Leverkusen bundesweites Aufsehen.

Diese Aufzählung verschiedener Vereine aus verschiedenen europäischen Ligen ist nur exemplarisch und ganz sicher nicht vollständig. Sie zeigt aber eines: Es gibt sie noch, die Außenseiter mit dem Habitus gallischer Dörfer, die zwar immer wieder zum Teil heftige Rückschläge hinnehmen müssen, die auch zweifellos ihre Fehler gemacht haben, die aber trotzdem immer wieder aufstehen. Sie sind das Salz in der Suppe des Fußballs. Und sie sind manchmal der Dorn im Pelz der ganz Großen. Sie wissen ganze Städte, Regionen oder Landstriche hinter sich in ihrem Kampf um die eigene Identität (und auch die ihrer Fans) gegen die Großen der Branche. Damit die aus Manchester, Mailand, München oder Madrid überhaupt noch mitbekommen, dass sie noch längst nicht alleine auf der Welt und nur noch unter sich sind. Auch wenn dem geneigten Fußballfan gerne einmal dieser Eindruck vermittelt werden soll.

Die Burnleys dieser Welt werden sich niemals aufgeben und sind gerade dann wieder da, wenn man am wenigsten mit ihnen rechnet. Das ist gut so. Der Fußball braucht sie, heute vielleicht noch mehr als früher. Von daher hat der FC Burnley eine größere Aufmerksamkeit verdient, als man sie zur Zeit hat.

Denn solche Vereine halten den Fußball in einem guten Sinne langfristig am Leben. In diesem Sinne: Come on, Burnley!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Altmeister

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