Kummt Senf druff

Die Menge der Enge

Während es der FCK in der „Unterklasse“ seit Wochen versäumt, Butter bei die Fische zu packen, um den selbsterklärten Aufstiegsambitionen dauerhaft Nahrung zu geben, stellt der geneigte Fußballfan zur Zeit generell fest, dass es fast jedem Verein nicht wirklich gelingt, sein definiertes Saisonziel zu erreichen. Noch nie war die Spitze so breit, würde Beckenbauer sagen! Noch nie das Ende so lang. Für viele wird es ein Ende mit Schrecken werden.

Aber von vorne. In der Belle Etage war Bremen die Mannschaft mit Überfliegerqualitäten, eilte systemisch und qualitativ weit voraus. Jetzt trifft Miro nicht mehr, es gibt Knatsch um Frings. Werder hat seine Schönheit verloren, trotz enormer Tordifferenz musste man zwischenzeitlich um die direkte Qualifikation für die Champions League bangen, ist aber mittlerweile der derzeit einzige Konkurrent von Spitzenreiter Schalke. Gleichermaßen lieferte der FC Bayern bisher ein trauriges Bild für einen Titelverteidiger mit derartigen Ansprüchen, versagte fast vollends und ist nun trotz der Versagensängste der Bremer und Schalker, sowie die fehlende Routine der Stuttgarter Boy-Group raus aus dem Titelrennen.

Leverkusen, mit enormen Ambitionen gestartet, liefert Woche für Woche Schauder-Fussball, Hertha unansehnlichen Stoff ohne Ende. Frankfurt, Dortmund, Gladbach und der HSV, allesamt mit markigen Sprüchen und Neu-Verpflichtungen Richtung UEFA-Cup gestartet, spielen todernst gegen den Abstieg.

In Liga zwei das gleiche Spiel. Köln, 1860 und auch der FCK konnten ihre Ansprüche durch teilweise stümperhafte Arroganz, falsche Qualitätsbeurteilung der Trainer und Spieler, und mangelnde Arbeit mit dem Ball nicht untermauern. Duisburg hat lange vom Glück gelebt, dass hintendran immer einer verlor. Jetzt ist das vorbei. Mannschaften, die in der Hinrunde noch jeder abgeschrieben hatte, stehen im Rampenlicht. Einzig der Karlsruher SC war ähnlich wie Bremen allen voraus, eine seit über fünf Jahren eingespielte Mannschaft mit Elan und Herz. Kommt jetzt das Straucheln kurz vor dem Ende, weil die Spielerberater schon die Hände reiben. Wechselt vielleicht Federico, der beste Liga-2-Stürmer, zu einem kommenden Zweitligisten?

Mainz und Cottbus, Hannover, Nürnberg und Wolfsburg im Oberhaus, Freiburg, Aue, Fürth und auch Augsburg im Unterbau heißen die Teams der Stunde. Was ist der Grund für solch geballte Defizite in der Wahrnehmung der eigenen Stärke, und warum können die eigentlich schon Hoffnungslosen wieder hoffen? Verletztenlisten und schlechter Rasen? Mittelmäßige, unzufriedene Spieler mit Wechselambitionen? Knatsch in Vorständen und auf den Trainerbänken? Alles Larifari und Kokolores! Das gibt es jedes Jahr und immer wieder neu. Was ist also neu?

Nichts! Nur eines steht fest. Der WM-Hype ist aufgebraucht! Die Klinsmania vorbei. Hat der deutsche Fan, Spieler und Trainer doch gedacht, jetzt könnte man, auf der Woge des Wahnsinns weiterreitend, alles in Grund und Boden rennen. Volle Stadien und VIP-Logen, klingelnde Kassen und rauschende Merchandising-Hallen.

Vergessen wurde unterdessen, dass der deutsche Fußball immer noch an den gleichen Problemen krankt, wie vor der „besten WM aller Zeiten mit dem unverdientesten Weltmeister aller Zeiten“. Gute deutsche Spieler kosten zu viel Geld, kommen bereits als 20-jährige Teenies mit Oberlippenflaum zum ersten Länderspiel und treten von da an nur noch mit Berater auf. Jeder glaubt er sei der Größte und Beste, jeder Trainer glaubt seine Taktik sei unfehlbar, selbst Udo Lattek glaubt das noch!

Dabei dürfte klar sein: Wäre dem so, dann würden die alle in England oder Spanien kicken, wo man für einen Christiano Ronaldo mal eben (angeblich) 80 Millionen Euro raushaut, obwohl man vor einigen Jahren noch mit 500 Millionen verschuldet war. Trotz dieser Schulden darf man dann aber noch mitmachen und sogar im Europacup antreten. Wenn es nicht mehr reicht, kommt neuerdings ein Scheich, Emir, Öl-Mogul, TV-Bonze oder Getränkehersteller vorbei und kauft deinen Klub! Na endlich! Was haben wir Fans darauf gewartet. Gab es in Deutschland doch bisher nur diese schnöden Pillendreher und Autobauer. Jetzt ist endlich „Gas“ im Spiel! Und wenn dann Mister „Austria-Zerstörer“ Mateschitz auch in Clubs wie Sachsen Leipzig investiert hat (was ja zum Glück vorerst geplatzt ist), werden wir endlich die Klubs in der ersten Liga sehen, die finanziell mit Chelsea und ManU mithalten können: Hoffenheim, Wehen, Augsburg und Leipzig. Gott sei Dank wieder guter Fussball im Fernsehn!

Die besten Deutschen spielen dann wieder im Ausland, wie es Günter „Fersehvertragunterhändler“ Netzer fordert. In der Schweiz, in Österreich, in Russland... vielleicht in der zweiten englischen Liga. Denn die Top-Plätze bei den deutschen Klubs sind von 30-jährigen Ausländern besetzt. Bei Schalke, Bremen und Bayern von den richtig guten, beim Rest von den billigen. Und die sind billiger als ein Schlaudraff oder Gomez, ein Jansen oder Helmes, ein Schönheim oder Reinert. Ganz zu schweigen von einem Metzelder, so einen „Hoooooochkaräter“ kann man ja nicht bezahlen. So ein Weltklasse-Genie muss ja zu Juve gehn!

Und wenn dann die ein, zwei guten deutschen Topspieler noch aufgrund §17 der FIFA-Statuten nach drei Jahren für nen Appel und ein Ei wechseln dürfen, egal was sie mal gekostet haben, was sie wert sind, was eventuell die Ausbildung verschlungen hat... dann lebt es sich ohne die Kloses und Podolskis, die Frings und Schweinsteigers doch gänzlich demokratisch. Endlich haben wir eine vorn vorne bis hinten ausgeglichene Liga!

Die Einführung der eingleisigen dritten Klasse dürfte sich dann wieder erledigen, denn die ist dann so stark wie unsere A-Klasse und besteht ohnehin nur aus „Farmteams“. Man sollte überlegen, stattdessen erste und zweite Liga zusammenzufassen und in zwei willkürlich ausgelosten Gruppen und danach im Play-Off dendeutschen Meister ausspielen lassen. Wenn jeder jeden schlagen kann eine feine Sache. Und mindestens 16 Live-Spiele mehr für Netzer-Pay-TV.

Wenn Mainz dann nur kein Meister wird... im gleichen Jahr in dem Bundestrainer Klopp mit seiner Elf in Südafrika in der Vorrunde ausscheidet.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco

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