Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - 1. FC Nürnberg 2:1

Spitzenreiter Spitzenreiter, hey hey!

Spitzenreiter Spitzenreiter, hey hey!


Tabellenführer! Erstmals seit dem 20. Oktober 2001 steht der 1. FC Kaiserslautern auf dem Platz an der Sonne - wenn auch nur in der zweiten Liga. Durch den 2:1-Heimsieg gegen Topfavorit Nürnberg stehen die Roten Teufel gemeinsam mit Auftaktgegner Mainz 05 an der Tabellenspitze. Wer hätte bei der Bekanntgabe des Spielplans damit gerechnet? Wer hätte nach dem Pokalaus bei Drittligist Jena auch nur davon zu träumen gewagt? Der FCK ist wieder da!

34.677 Zuschauer im Fritz-Walter-Stadion sorgten für eine Kulisse, von der sich der eine oder andere Fan sicher mehr erwartet hätte. Immerhin war es das Topspiel der Liga, die Fortsetzung der Herzblut-Story nach dem spannenden Finale gegen Köln und dem tollen Derby in Mainz. Ein Grund für die hinter den Erwartungen zurückgebliebene Zuschauerzahl dürfte die ungeliebte Anstosszeit am Montagabend gewesen sein - ein Thema, das die Fans noch lange begleiten wird und auch an diesem Tag im Mittelpunkt stand. Da die Deutsche Fußball-Liga (DFL) die Anstosszeiten zur Gewinnmaximierung noch weiter dehnen möchte und sogar Ligaspiele sonntags um 12:30 Uhr plant, stehen in den nächsten Monaten viele Proteste bevor, an denen sich jeder echte Fußballfan bestmöglich beteiligen sollte. Es geht um die Zukunft unseres Sports!

Den Anfang machten an diesem Montagabend die rund 2.000 Anhänger des 1. FC Nürnberg, die ihre erste Aktion mit einem großen Spruchband vor dem Gästeblock untermalten: „20 Minuten Schweigen für fangerechte Anstosszeiten!“ Der Stimmungsboykott der „Glubb“-Fans klappte auch erstaunlich gut und nach 20 Minuten legten die Nürnberger dann gewohnt lautstark los, blieben aber über das gesamte Spiel betrachtet etwas hinter ihrem eigentlichen Niveau zurück.

Die Westkurve zeigte sich in durchschnittlicher, aber alles in allem guter Form. Zu Spielbeginn gedachten die aktiven Fans um die „Generation Luzifer“ per Blockfahne einem in der Sommerpause verstorbenen Freund und großem FCK-Fan: „Ronni - in unserem Herzen!“ Im Spielverlauf zeigte außerdem die „Frenetic Youth“ noch ein Spruchband in Richtung 1860 München („CN - gebt nicht auf“) und die „Devil Corps“ in Block 7.2 begrüßten ihre ehemaligen Stadionverbotler nochmals zurück („Die Jungs zurück bei uns - endlich“; siehe auch älterer Artikel auf „Der Betze brennt“).

Viel Drumherum für ein Spiel, in dem die wieder gewonnene Heimstärke des 1. FC Kaiserslautern ausgebaut werden sollte. Seit der Rückkehr des FCK-Idols Stefan Kuntz sind die Roten Teufel ohne Punktverlust auf dem Betzenberg, in vier Spielen gab es vier Siege. Diese Serie sollte natürlich auch in der neuen Saison fortgesetzt werden. Trainer Milan Sasic setzte hierfür nach der gelungenen 2. Halbzeit von Mainz erstmals in dieser Saison auf zwei Stürmer. Marcel Ziemer und Erik Jendrisek begannen ganz vorne, Neuzugang Dragan Paljic belebte das linke offensive Mittelfeld und verdrängte Laurentiu Reghecampf auf die Bank.

Und die Lautrer begannen stürmisch, nach vorne gepeitscht von der Westkurve, während die Gästefans noch schwiegen. Nach 20 Minuten meldeten sich die Nürnberger dann mit wuchtigen „Scheiß DSF“-Rufen zurück - zwei Minuten später ging der FCK verdient in Führung: Außenverteidiger Florian Dick war das erste Lautrer Heimtor der Saison 2008/09 vorbehalten, einen abgeblockten Freistoß von Anel Dzaka konnte der 23-jährige einnetzen. Es folgte ein kleines Powerplay der Roten Teufel, das in der 36. Minute mit dem verdienten 2:0 belohnt wurde. Erik Jendrisek setzte sich gegen die Nürnberger Innenverteidigung und Torwart Schäfer durch und erzielte bereits sein drittes Saisontor. Riesenjubel auf dem Betzenberg, die Westkurve hatte die Zeichen der Zeit erkannt und skandierte: „Spitzenreiter Spitzenreiter, hey hey!“ Mit der Zwei-Tore-Führung ging es schließlich auch in die Halbzeitpause, hinzu kamen ein Lattentreffer und ein nicht genutzter Alleingang. Der FCK führte hochverdient gegen den schwachen Topfavoriten der Liga, gegenüber den letzten Jahren war auch spielerisch eine deutliche Steigerung erkennbar.

Die 2. Halbzeit begann dann zunächst mit der Fortsetzung des Protests gegen die Anstosszeiten. Beide Fangruppen schlossen sich hierfür zusammen und zeigten folgende Spruchbänder: „Der Wahnsinn mit der Anstosszeit...“ (Westkurve), „...wann nimmt er ein Ende?“ (Gästeblock), „Kein Kick vor Zwei!“ (beide). Hinzu kamen lautstarke „Scheiß DSF“-Rufe aus beiden Fankurven, die auch im TV gut zu hören waren und von Lautrer Seite mit weiteren Transparenten untermalt wurden.

Auf dem Rasen kam nun der Club etwas besser ins Spiel und schnell zum Anschlusstreffer. FCK-Keeper Tobias Sippel, der vor dem Spiel noch für seine Leistungen in der vergangenen Saison geehrt wurde, musste sich Nürnbergs Boakye aus spitzem Winkel geschlagen geben (47.). Die Nürnberger machten nun mehr Druck, profitierten aber auch vom verletzungsbedingten Ausscheiden des FCK-Abräumers Sascha Kotysch, der bereits in der 1. Halbzeit durch Sebastian Reinert ersetzt wurde. Nach einigen Minuten stand die Lautrer Mannschaft dann wieder besser, musste aber dem hohen Tempo etwas Tribut zollen. Das Spiel war in der letzten halben Stunde ausgeglichen, große Chancen waren nun allerdings Mangelware. Letztendlich blieb es beim verdienten Sieg der Roten Teufel, die damit nach Punkten an Nürnberg vorbei zogen und aufgrund des positiven Torverhältnisses die Tabellenspitze erklimmen konnten.

Für einen groben Schnitzer sorgte lediglich der Verantwortliche für die Anzeigetafel, der tatsächlich die punkt- und torgleichen Mainzer auf Platz 1 und den FCK nur auf Platz 2 der Tabelle setzte. Der ganz große Jubel der Fans, die gebannt auf die Anzeigetafel starrten, blieb somit zumindest für diesen Moment aus und musste einigen Pfiffen weichen... Nach der gemeinsamen Feier mit der Mannschaft ging es dann aber noch hinter der Westkurve weiter und die Anhänger schauen frohen Mutes auf die nächsten Spiele!

Als sich das Stadion schon fast komplett geleert hatte, sorgten noch gut 100 Fans des 1. FC Nürnberg für den letzten Protest des Tages. Die obligatorischen Interviews mit den Trainern wurden durch lautstarke „Scheiß DSF“-Rufe gestört, FCN-Coach Thomas von Heesen wurde gar in den Katakomben statt auf dem Spielfeld befragt. Eine sehr gelungene Aktion der Nürnberger, in die auch einige noch in der Westkurve verbliebene Fans einstimmten!

Sportlich wartet nun auf den FCK der finanzstarke Aufsteiger und Retortenclub FC Ingolstadt 2004, bei dem auch der Ex-Lautrer Vratislav Lokvenc zum Aufgebot gehört. Dorthin reisen die Roten Teufel und ihre Fans, um die Tabellenführung in der 2. Bundesliga zu verteidigen! Wer hätte das noch vor wenigen Tagen gedacht?!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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