Interview mit Aufsichtsratskandidat Valentin Helou

"Der Verein braucht ganz klare Leitbilder"

"Der Verein braucht ganz klare Leitbilder"


Valentin Helou ist von Beruf Projektentwickler - und er sieht auch beim 1. FC Kaisers­lautern großen Bedarf für eine Weiterentwicklung. Im DBB-Interview erklärt der 43-Jährige, wie er seine Ideen im Aufsichtsrat platzieren möchte.

Der Betze brennt: Valentin Helou, die Roten Teufel stecken weiter in der sportlichen Krise - was ist in den vergangenen 14 Monaten schiefgelaufen beim 1. FC Kaiserslautern?

Valentin Helou (43): Die Fehler, welche zur sportlichen Krise geführt haben, sind nicht nur durch die Events der letzten 14 Monate zu erklären. Wir haben grundsätzlich das Problem, dass wir es einfach schon über Jahre hinweg nicht schaffen, Konstanz und Klarheit in unsere sportliche Entwicklung zu bekommen. Ständige kostenintensive Personalrochaden verhindern, dass man eine sportliche Basis aufbauen kann. Es wird eine neue Mannschaft aufgebaut, diese erfüllt die Erwartungen nicht, dann wird einmal mehr der Trainer gewechselt, welcher dann wieder alles von vorne neu aufbauen will. Dann werden Spieler nachgekauft, am besten von der Bank eines Zweitligisten, die dann wieder den Karren aus dem Dreck ziehen sollen. Folgend werden aber die Erwartungshaltungen nicht erfüllt und der Trainer wieder entlassen. Natürlich passiert dies auch aus wirtschaftlichen Druck, der dadurch kommt, dass man in einer Liga spielt, in der man organisch finanziell so einfach eben nicht überleben kann. Wir hoffen jedes Jahr, dass eine neu zusammengestellte Mannschaft nun endlich den großen Durchbruch erzielen kann. Aber das kann eben nicht so schnell funktionieren. Dinge müssen sich entwickeln, und dies passiert nur, indem man kontinuierlich einen Weg beschreitet und diesen weiterentwickelt. Das passiert bei uns leider seit Jahren nicht.

Der Betze brennt: Sie treten als neuer Bewerber für den FCK-Aufsichtsrat an. Stellen Sie sich den Vereinsmitgliedern daher doch bitte zunächst kurz vor: Welche beruflichen Qualifikationen bringen Sie mit, was muss man privat von Ihnen wissen, welchen Bezug haben sie zum FCK?

Helou: Mein Bezug zum FCK? Ich habe auf dem Betze meine besten Freunde kennengelernt, viele außerordentlich schöne und emotionale Momente erlebt, aber auch unglaublich viel Kummer erfahren. Nun lebe ich ja schon seit einigen Jahren nicht mehr im Einzugsgebiet des FCK und habe auch einige Jahre im Ausland hinter mir, aber der Bezug zu meiner Heimat kam immer durch die Menschen und Erlebnisse, die ich beim FCK kennenlernen und erleben durfte. Auch in meiner Zeit, in der ich in Texas oder New York gelebt habe, habe ich den Betze verfolgt und bin sogar häufiger auch zu Spielen eingeflogen. Für mich war der FCK immer eine Stütze und ein Teil meines Lebens.

In den USA habe ich erst studiert und wurde dann dort Firmenberater. In dieser Funktion habe ich mich mit der Optimierung und Restrukturierung von Firmen, Abteilungen oder Prozessen, vor allem in der Automobilindustrie, beschäftigt. In den letzten Jahren in den USA veränderte ich meine Ausrichtung etwas und habe dann den Deutsche MidCap in den USA bei M&A Projekten betreut. Seitdem ich nun in Deutschland lebe, bin ich im Immobiliensektor Projektentwickler und auch Teil des Familienunternehmens, in welchem ich mit meinem Vater gemeinsam Projekte im medizinischen Bereich und nun auch in der Erstellung von Recycling-Anlagen international umsetze.

Persönlich bin ich getrennt lebend und Vater von drei Kindern, die die Hälfte ihrer Zeit bei mir verbringen.

"Die Grabenkämpfe machen mich als Fan müde"

Der Betze brennt: Im Jahr 2017 hatten Sie schon einmal für den Aufsichtsrat kandidiert, bei der Nachwahl 2019 dann nicht mehr, nun treten Sie wieder an. Was motiviert Sie dazu, diese schwierige Aufgabe - nicht nur die Wahl, sondern dann auch die tatsächliche Gremienarbeit - noch einmal in Angriff zu nehmen?

Helou: In 2017 war die Situation eine andere - wir befanden uns im freien Fall und standen am unteren Ende der 2. Bundesliga. Die Finanzlage war prekär, allerdings war eine Insolvenz aufgrund der sportlichen Bestrafung die damit einhergegangen wäre undenkbar. Damals war meine Motivation einfach, die Ärmel hochkrempeln und mit Sofortmaßnahmen den freien Fall zu stoppen.

Heute ist die Situation anders: Die ersten Investoren wurden gefunden, das Insolvenzverfahren ist abgeschlossen und auch zum Thema Stadion gibt eine Vereinbarung (deutliche Pachtreduzierung bis mindestens Sommer 2022; Anm. d. Red.). Die notwendigen Sofortmaßnahmen sind abgeschlossen.

Nun steht eine Weichenstellung und Optimierung an. Es existieren noch klare Defizite - der e.V. hat hohe Verbindlichkeiten, der FCK scheint in sich zerrissen, die sportliche Entwicklung ist nicht nachhaltig und Ausgaben und Ertrag stehen nicht im Verhältnis. Langfristig muss das Thema Stadion gelöst werden.

Was mich allerdings am meisten bewegt, ist, dass man als Fan stetig enttäuscht wird. Personalrochaden, Grabenkämpfe, Verdächtigungen und Diffamierungen machen mich als Fan einfach müde. Es ist wichtig, dem Fan Vertrauen zurückzuzahlen, indem man Professionalität, Gemeinschaftssinn, Handeln zum Wohle des Vereins und eine transparente Kommunikation mit den jeweiligen Beweggründen, warum von Vereinsseite auch mal kontroverse Entscheidungen gewählt worden sind, pflegt.

Bei der Nachwahl bin ich im Übrigen nicht angetreten, da ich hinter dem "Team Merk" stand.

Der Betze brennt: Bei der Wahl geht es um eine bevorstehende Amtszeit von knapp drei Jahren. Was sind die größten Baustellen in diesem Zeitraum und was hat in ihrer "To-do-Liste" die höchste Priorität? Wie lautet Ihr persönlicher Drei-Jahres-Plan für den FCK?

Helou: Grundsätzlich ist ein Aufsichtsrat dazu da das Handeln der offiziellen Vertretung des Vereins zu beaufsichtigen und die Weichenstellung für eine langfristig positive Entwicklung des Vereins zu setzen.

Wir müssen sicherstellen, dass der FCK sich organisch selber finanzieren kann. Auf der Ausgabenseite muss effizient geplant werden. Wir haben im Vergleich einen hohen finanziellen Aufwand und wenig Ertrag. Eines muss klar sein - kein Unternehmen kann überleben, wenn es sich nicht mittelfristig organisch finanzieren kann.

Allerdings wird dies nicht zu erreichen sein, wenn wir nicht ganz klare Leitbilder, was die sportliche Ausrichtung im Verein spiegelt, einführen. Der FCK muss eine klare Idee haben, welchen Fußball er spielen will und welchen Charakter man haben muss, um beim FCK spielen zu dürfen. Dies sollte sich bis in die Jugendmannschaften durchsetzen. Die Werte unseres FCK müssen sich hier wiederfinden, und diese sind: Kampf, Ehrlichkeit und Gemeinschaft.

In der Vereinsstruktur müssen wir genau diese Werte vorleben. Wir haben in unserer Existenz immer davon gelebt, dass sich Fans und Mitglieder mit dem FCK identifizieren konnten. Die Fans waren der FCK, sie waren Kapital, Arbeitskraft, Motivation, Spektakel und die Lebensader des Vereins. Nun entfernt sich die Struktur des FCK davon und es scheint, dass genau diese Lebensader nicht mehr Teil der Geschichte sein soll. Das Herz des FCK muss auch eine Stimme in der KGaA haben.

Und wenn wir über die Seele des Vereins sprechen, dann können wir die Thematik Stadion nicht außen vor lassen. Das Fritz-Walter-Stadion ist unsere Hochburg, unsere Heimat. Und diese Heimat muss wieder zur Festung des FCK werden und nicht weiterhin eine Belastung bleiben. Klar träume ich davon, dass das Fritz-Walter-Stadion mittelfristig wieder dem FCK gehört, aber dafür müssen einfach unglaublich viele Interessen vereint werden. Träumen darf man, und an der Realisierung dieses Traumes muss jetzt angefangen werden zu arbeiten.

"Das Stadion gehört in die Hand des Vereins"

Der Betze brennt: Sie haben das Thema gerade angeschnitten: Schon bei Ihrer Kandidatur 2017 sagten Sie sinngemäß, dass der FCK das Fritz-Walter-Stadion nicht als Last, sondern als Chance begreifen müsste - auch begründet durch Ihre berufliche Sichtweise als Projektentwickler. Unter Ihrem Pseudonym "vhelou77" gehen Sie dazu auch gerne mal in die konstruktive Diskussion im DBB-Forum. Jetzt sind wir im Jahr 2021 und gefühlt gibt es immer noch keine Langfrist-Vision für den "Betze". Wie bewerten Sie die Lage, wo würden Sie welche Maßnahmen empfehlen?

Helou: Im Jahr 2017 sah ich den Fall des FCK auch als Chance, was das Stadion angeht. Ich hoffte, dass allen Beteiligten klar sein müsste, dass eine vertragliche Umstrukturierung notwendig ist.

Nun ist die 3. Liga Gewohnheit. Doch ist das Konstrukt Stadiongesellschaft genauso in der Existenz bedroht, wie der FCK selbst. Die momentane Koexistenz ist vergleichbar mit einer toxischen Beziehung.

Das Stadion gehört in die Hand des Vereins. Ich spreche nicht von dem Gesamtareal, sondern vom Stadion und den sportlichen Einrichtungen. Allerdings bedeutet dies, dass die Stadt wohl größere Abschreibungen vornehmen und Verluste, die sich vor allem aus der Stadionfinanzierung ergeben, realisieren müsste. Dies kann man nicht erwarten und dem Steuerzahler auch nicht zumuten. Auch ein externer Stadion-Investor bringt Risiken für den FCK.

Die Finanzierungsstruktur zu entlasten geht nur, indem man alle Werte des Areals hebt. Eine Lösung kann eine städtische Entwicklungsgesellschaft sein. Es kann aber auch nicht sein, dass der FCK bei einer Stadion-Übernahme für alle Belastungen der Stadiongesellschaft haftet und die Stadt diese dann verbleibenden Grundstücke lastenfrei erhält. Auch muss man den Bebauungsplan nochmal anfassen.

Es gibt auch andere Konzepte, wie zum Beispiel das Gründen einer vereinsnahen Stadion-Holding. Diese könnte sich aus lokalen Investoren und Fans zusammensetzen. Die entstehende Fritz-Walter-Stadion Holding kann so sichern, dass das Stadion nur im Interesse des FCK genutzt wird.

Dies alles ist jedoch hoch komplex und politisch. Grundvoraussetzung für alles ist die sportliche Entwicklung und die damit verbundene finanzielle Gesundung des FCK.

Der Betze brennt: Ein wichtiges Thema sind vor allem in der 3. Liga auch die Investoren. Der FCK hat diese Saison das erste große Stück seiner Anteile verkauft (33 Prozent für 11 Millionen Euro; Anm. d. Red.). Wie haben Sie die Investoren-Debatten von außen verfolgt? Und an welcher Stelle des sogenannten Vier-Säulen-Modells sehen Sie den FCK, welche Schritte müssen nun als nächste folgen?

Helou: In meiner Erfahrung investieren Geldgeber dort, wo sie sich eine Rendite erwarten und wo sie das Vertrauen haben, dass mit ihren Geldern nachhaltig umgegangen wird. Im Fußball ist natürlich das Thema Rendite nicht nur fiskalisch zu sehen, sondern es geht auch sehr viel um Prominenz, Ansehen, Werbefähigkeit, Markenerkenntlichkeit et cetera.. Hier haben wir einen enormen Aufholbedarf. Die Art und Weise, wie die Investoren-Diskussionen geführt worden sind, waren nicht würdig für den FCK.

Grundsätzlich hat man sich für das Vier-Säulen-Modell entschieden. Allerdings stört es mich, dass man als Außenstehender immer wieder den Eindruck hat, dass die hochgelobte Fan-Säule eben nicht öffnen möchte. Für mich ist dies eklatant wichtig, denn diese ist das einzige Vehikel, wie man das Mitglied und den Fan in die KGaA einbindet. Ich verstehe nicht, warum wir die Menschen, die diesen Verein nun seit über 100 Jahren geprägt, aufgebaut und unterstützt haben genau jetzt zum Zuschauer degradieren wollen. Die Fan-Säule ist für mich die Basis unserer Struktur und sollte unantastbar sein.

Es gilt aber nicht, mit dem Finger zu zeigen, sondern anzupacken. Erst einmal muss jeder Handelnde sich vor Augen führen, dass es sich hier um ein Investieren zum Wohle des FCK handelt und dass das gemeinsame Ziel eine langfristige positive Entwicklung des FCK ist. Trotzdem müssen wir uns bewusst sein, dass jeder Investor Eigeninteressen einbringt, die sich nicht mit der langfristigen Ausrichtung des Vereins decken. Deswegen sind klare Entscheidungskriterien für Investoren-Beteiligungen festzulegen und zu befolgen.

Auch ist es eklatant wichtig, sicherzustellen, dass das Eigenkapital, welches eingesammelt wird, nicht mit panischen Investitionsverhalten verbrannt wird.

"Ich fühle mich verpflichtet mitzuhelfen, die Negativspirale zu stoppen"

Der Betze brennt: Abschließend möchten wir Sie gerne um ein Plädoyer in eigener Sache bitten: Wie würden Sie Ihre Kandidatur zusammenfassen und weshalb sollten die FCK-Mitglieder Ihnen am 26. Februar ihre Stimme geben?

Helou: Ganz ehrlich - was ich in den letzten Jahren alles gelesen habe, von Menschen, die in einem persönlichen Plädoyer davon gesprochen haben, was sie nun alles für die FCK-Familie tun und erreichen werden. Es geht doch gar nicht um mich, sondern um den FCK. Was ich mir vorstelle und wie ich die jetzige Situation bewerte habe ich dargelegt. Wenn ein Mitglied etwas mehr über meinen persönlichen Werdegang wissen möchte, kann man mich gerne kontaktieren. Ich bin sowohl auf Facebook als auch über dieses Forum erreichbar. Ich habe genau wie alle diese Negativspirale miterlebt und fühle mich verpflichtet, dass diese endlich gestoppt wird.

Der Betze brennt: Besten Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei den Wahlen!

Abschließend noch ein Hinweis in eigener Sache: Zugunsten unserer Berichterstattung rund um das FCK-Auswärtsspiel gegen Ingolstadt legen wir nun eine Pause in der Interview-Serie zur Aufsichtsratswahl ein. Ab Montag geht es dann weiter mit den Antworten der noch verbleibenden sechs Kandidaten.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas Hilmes, Gerrit Schnabel

Weitere Links zum Thema:

- Komplette Interviewserie: Die Kandidaten zur Aufsichtsratswahl am 26. Februar 2021

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