Zum Tod von Udo Scholz

Die Stimme ist verstummt

Die Stimme ist verstummt


Der frühere FCK-Stadionsprecher Udo Scholz, die einstige "Stimme vom Betzenberg", ist im Alter von 81 Jahren an den Folgen eines Herzstillstandes verstorben. DBB-Autor Flo erinnert an eine Legende am Mikrofon und erzählt von einigen Begegnungen mit Scholz.

Ich denke, dass ich sagen darf, dass Udo Scholz mein Freund war. Aber wessen Freund war er eigentlich nicht? Selten, wenn gar noch nie, hatte ich in meinem Leben einen so netten und hilfsbereiten Menschen kennengelernt. Udo war da, wenn man ihn brauchte. Seine Stimme war mir von meinen ersten Besuchen des Betzenbergs als Kind in den 1990er-Jahren zwar bekannt, aber so richtig lernte ich den gebürtigen Westfalen erst später kennen. Es müsste vor rund 15 Jahren gewesen sein, da landete ich mit meinem Vater mal in Udos Weinstube. Dem Haardtblick in Friedelsheim in der Vorderpfalz. Mein Vater und er hatten sich 1993 nach einem Training der FCK-Profis in der alten Stadion-Gaststätte unter der Nordtribüne des Fritz-Walter-Stadions kennengelernt. "Ah, das ist dein Sohn?", fragte Udo meinen Vater. Und die zweite Frage war: "Was wollt ihr trinken?" Udos Herzlichkeit und seine Geselligkeit hatten mich gleich gepackt.

Udo Scholz kam 1973 als Stadionsprecher zum 1. FC Kaiserslautern. Er sei da so reingerutscht, erzählte er einmal. Das Mikrofon war schon immer sein Leben. Schon früh machte Udo im nordrhein-westfälischen Brügge die Ansagen am Bahnhof. Bevor auf den Betze kam, sprach er bei Borussia Dortmund. Man kann sicher sagen, dass Udo in Kaiserslautern schon nach kurzer Zeit Kultstatus genoss. Er hatte die einmalige Gabe, am Mikrofon zu polarisieren und gleichzeitig zu vereinen. Das Einpeitschen des Publikums vor dem Spiel - auch das hatte er einfach drauf. Viele Spiele, die der FCK in der Nachspielzeit noch drehte, gingen auch auf Udos Kappe. Wenn schon die 94. Minute lief, sagte er einfach, es seien noch fünf Minuten zu spielen. Winnie Schäfer dürfte sich hoffentlich mittlerweile wieder beruhigt haben. 21 Jahre heizte Udo die Fans auf dem Betzenberg an, erlebte unvergessliche Spiele wie 1973 das 7:4 gegen die Bayern oder 1982 das 5:0 gegen Real Madrid. Im legendären Meisterjahr 1991 stand Udo bei einem der ersten Live-Spiele beim damaligen Sender "Premiere" zusammen mit Reinhold Beckmann auf dem Platz und sagte die Mannschaftsaufstellung des FCK durch. Damals in dieser Kombination noch möglich, heute nahezu unvorstellbar.

21 Jahre Stadionsprecher in Kaiserslautern - Gast bei "BetzeGebabbel"

1994, nach 21 Jahren, war es dann plötzlich vorbei, aufgrund von Unstimmigkeiten trennten sich die Wege von Udo Scholz und dem FCK. Udo hatte auf sein Ende am Mikrofon in Kaiserslautern immer eine eigene Sicht. Und auch, wenn er es nie zugegeben hätte: Es hatte ihn schon getroffen. Das merkte man auch Jahre später immer wieder. Trotzdem fragte er regelmäßig, wie es denn um den FCK stehe. Und so ergab es sich, dass Udo natürlich auch schon Gast in unserem Podcast "BetzeGebabbel" war und über seine Zeit in Kaiserslautern erzählte. "Udo, wenn wir eine Frage streichen oder rauslöschen sollen, dann sag Bescheid", informierten wir ihn vor der Aufnahme. "Ach was", antwortete er, "das bleibt alles so drin, wie ich es sage". So war Udo. Immer ehrlich, immer direkt. Nach seinem Aus auf dem Betzenberg hatte er schnell einen neuen Job gefunden. Von 1994 bis zu seinem Tod saß am Mikrofon beim Eishockey-Klub Adler Mannheim. Erst im legendären Friedrichspark, dann in der neuen Arena. Auch dort hatte er mit seiner unvergleichlichen Stimme beide Stadien fest im Griff und genoss bei den Fans Kultstatus. Udo fuhr zu Auswärtsspielen mit, brachte sich in die Arbeit des Klubs ein und hatte immer ein offenes Ohr für die Anhänger.

Champagner zum 80. Geburtstag - Buch als Lebenstraum

Rund um Weihnachten 2016 wurde uns in der Uni ein Videoprojekt aufgebrummt. Wir sollten jemanden aus der Region porträtieren. Sofort fiel mir Udo ein. Ich fuhr im Haardtblick vorbei und er sagte sofort zu. Für das Vorgespräch nahm er sich fast zwei Stunden Zeit. Ihn interessierte es, was andere machen. Auch das war Udo. Wir begleiteten ihn mit der Kamera in die Mannheimer Vesperkirche, wo er sich im Rahmen des Projekts "Adler helfen Menschen" für benachteiligte Kinder in Mannheim und der Umgebung engagierte. Ja, Udo hatte auch eine soziale Ader, die er zusammen mit Norbert Thines auch beim FCK gelebt hatte. Er wollte seine Prominenz nutzen, um Gutes zu tun. Er liebte es, wenn Menschen lachten. Für das folgende Heimspiel der Adler besorgte er uns Pressekarten, damit wir auch in der Halle etwas mit ihm drehen konnten. Heraus kam ein rund zweiminütiger Film, der bei weitem nicht all das abbilden konnte, was Udo alles leistete.

Dann erfüllte sich Udo einen Lebenstraum und veröffentlichte ein Buch. Titel: "Ein Leben für das Mikrofon" - wie konnte es auch anders sein? Darin schilderte er unter anderem, wie der vielleicht bekannteste Fangesang Deutschlands "Zieht den Bayern die Lederhosen aus" entstand. Eine Geschichte, die er auch immer wieder gerne in Funk und Fernsehen erzählte. Zugegeben: Ich weiß gar nicht, ob sein Lektor dieses Buch überhaupt nochmal gegengelesen hatte, zumindest ähnelte es in manchen Passagen eher dem Motto "Geschrieben wie Gesprochen". Egal, es passte aber zu Udo. Er wollte eh nie gekünstelt rüberkommen. Die Vorstellung des Werkes fand standesgemäß im Haardtblick statt. "Soll ich es dir unterschreiben?", fragte er mich damals. Damals musste ich ein wenig schmunzeln, heute bin ich froh, dass ich seine Unterschrift in diesem Buch habe. An seinem 80. Geburtstag im vergangenen Jahr fuhr ich auf Verdacht in den Haardtblick. Udo saß bei seinen Kumpels Hans-Peter Briegel und Demir Hotic. Als er mich sah, rief er der Bedienung zu: "Bring dem Jungen mal ein Glas Champagner!" Ich setzte mich alleine an einen Tisch. Aber Udo wäre nicht Udo gewesen, wenn er sich nicht doch Zeit für einen kurzen Plausch genommen hätten. Wieder war eines der ersten Themen der FCK. Elf Tage später gewannen seine Adler ihre siebte Meisterschaft in der Deutschen Eishockey-Liga. Bei allen Titeln saß Udo als Hallensprecher am Mikrofon.

Udo Scholz bleibt unvergessen

Auch wenn er jahrelang nicht mehr ins Fritz-Walter-Stadion ging, Udo fieberte immer mit seinen Roten Teufeln mit. Wenn er Zeit hatte, viel hatte er nicht, schaute er die FCK-Spiele im Fernsehen und war auch generell ganz gut über Vorgänge auf dem Berg informiert. Überraschend sprang er dann doch nochmal über seinen Schatten und kam zu einem Spiel auf den Betze. Es muss im vergangenen Jahr gewesen sein, ganz genau weiß ich es nicht mehr.

Am Mittwoch ist die über die Region hinaus legendäre Stimme von Udo Scholz für immer verstummt. Ich hoffe, er nimmt nun im Himmel das Mikrofon in die Hand und ruft: "90. Spielminute, TOOOOR für die Roten Teufel!" Wie wahrscheinlich alle FCK-Fans werde ich ihn nie vergessen. Ruhe in Frieden, mein Freund.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Flo

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