Kummt Senf druff

Der FCK und Stefan Kuntz - die Vater-Krise

Der FCK und Stefan Kuntz - die Vater-Krise


April 2012. Wir liegen am Boden. Mal wieder. Aber diesmal fällt das Aufraffen ungewohnt schwer. Ja, wir fürchten uns sogar davor, die Augen aufzumachen, den Blick in die Zukunft zu richten. Zuvor hatten wir blind vertraut, uns traumwandlerisch sicher gefühlt.

In schwindelerregender Höhe sind wir auf unserem Baum herumgeklettert, fast übermütig. Ja, selbst der Aufstieg zur Krone, die wir in den letzten zwei Dekaden zwei Mal erreicht hatten, schien nicht mehr vollkommen versperrt. Was sollte uns auf unserem Weg zurück zu alten Höhen schon passieren. Schließlich führte uns der Mann an, auf den schon Fritz Walter gebaut hatte. Unsere Lichtgestalt, die mit dem Glücks-Teufel im Bunde schien.

Bevor er zu uns zurückkehrte, hatten wir uns noch zitternd um unseren Baum geklammert. Hatten keinen Schritt mehr gewagt, weil kein Ast mehr zu halten schien. Immer, wenn wir gedacht hatten, es ginge wieder, machte es Knack. Das Urvertrauen war weg, auch unsere Erinnerungen an die Hoch-Gefühle auf diesem Baum waren immer mehr verblasst.

Dann nahm uns dieser Mann an die Hand, und stieg mit uns den Baum hoch. Unsere Knie schlotterten , die Hosen war voll. Wir wollten anfangs lieber näher am Boden bleiben, um nicht wieder tief fallen und schmerzhaft aufschlagen zu müssen. Doch der Mann schien alles im Griff zu haben, schien die Route zu kennen. Wir besiegten also unsere Angst. Und dann öffneten wir nach dem Aufstieg unsere Augen. Und sahen den FC Bayern. Und sahen Ilicevic, Lakic - das Gefühl war einfach überwältigend. Wir setzen einen atemraubenden Schlussspurt hin, ja flogen fast den Baum empor. Bis sieben Meter unter dem Wipfel.

Eine unglaubliche Reise. In so kurzer Zeit. Und ein Ende schien nicht in Sicht. Wir wurden in der Liga wieder Ernst genommen. Selbst als die Konkurrenz starke, tragende Äste absägte, schien uns das auf unserer Tour nicht aufzuhalten.

Unseren Torwart Trapp hielten wir für unverkäuflich, unter zehn Millionen Euro Ablöse wollten wir über einen Wechsel gar nicht nachdenken. Als der Mann, der uns unseren Stolz zurückgegeben hatte, den Deal platzen ließ, wurde er dafür gefeiert. Auch die Vorschusslorbeeren für seine ausgeguckte neue Sturmhoffnung waren schier unermesslich. In zigtausend Beiträgen auf „Der Betze Brennt“ fiel der Name Shechter. So einen Personenkult gab es nicht mal um Lakic und Klose zusammen. Der Israeli verhieß zweistellige Millionenbeträge, wenn er - so der Plan - in ein, zwei Jahren die Pfalz Richtung Liverpool oder Chelsea verlassen würde. Ein Scheitern des Transfers schien einem GAU gleichzukommen. Und Fortounis und Sahan waren die neuen Sams und Ilicevics, daran konnte es keinen Zweifel geben. Nicht bei dem Händchen unseres Anführers.

Aber dann brachen die Äste, einer nach dem anderen. Doch wir ließen uns davon nicht beirren. Das Ganze musste einen Sinn ergeben, den man jetzt nur noch nicht verstand, noch nicht überblicken konnte. Unser Beschützer würde schon aufpassen, eine Lösung haben. Einer wie er, hatte immer einen Plan B oder C.

Auch als der Baum kaum mehr Äste hatte, wollten wir nicht in den Abgrund schauen. Wir beschlossen, einfach die Augen zu (ver-)schließen. Und zu vertrauen. Blind zu vertrauen. Deshalb tut der Absturz jetzt doppelt weh. Unsere Knochen sind gebrochen und unsere Seele verschreckt. Dass unser Über-Vater auf Normalgröße geschrumpft ist, dass er offensichtlich den falschen Weg mit uns gegangen ist, macht uns Angst, zieht uns den Boden unter den Füßen weg.

Aber wir sollten die Augen schleunigst öffnen, aufstehen und mutig den untersten Ast ergreifen. Und wir sollten uns diesmal beim Hochsteigen nicht nur auf die Augen von Stefan Kuntz verlassen. Die nächste Etappe ohne ihn zu planen, erscheint auch jetzt nicht vorstellbar. Ebenso kann Stefan Kuntz von unserem Blick profitieren; aber er muss sich auf den Austausch einlassen. Vier Augen sehen mehr als zwei. Gehen wir es an!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Marky

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