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Gegner-Check: Auf der Reeperbahn samstags um eins

Gegner-Check: Auf der Reeperbahn samstags um eins


... startet der 1. FC Kaiserslautern in die Rückrunde. Und in eine Zukunft mit vielen Fra­ge­zei­chen. Welche Schlüsse haben sich aus der vermasselten Generalprobe gegen Dresden ergeben? Gastgeber FC St. Pauli will auf Aufstiegskurs bleiben.

So lief's seit dem Hinspiel: Für St. Pauli unterm Strich gut, von kleineren Durchhängern abgesehen. Nach dem 2:1-Auftaktsieg im Fritz-Walter-Stadion folgten vier Unentschieden, davon drei torlose in Serie - die bremsten ein wenig die bereits Can-Can-tanzenden Endorphine im Freudenhaus der Liga, dessen Stammgäste sich schon sicher wähnten, nach der überragenden Rückrunde 2022/23 direkt ins Edelbordell Bundesliga weiterziehen zu können. Danach aber befeuerten vier Siege in Folge die neue Lust aufs Oberhaus erneut. Selbst die Liga-Konkurrenten betreuenden Kollegen des coachenden Shootingstars Fabian Hürzeler erklärten in Interviews mehrfach, St. Pauli sei diese Saison aufstiegsreif. In der Tat blieben die Kiezkicker die gesamte Hinrunde ungeschlagen. Dass unterm Weihnachtsbaum die Lichtlein dann doch nicht ganz so freudig strahlten, lag an den finalen drei Auftritten im Dezember. Da folgten abermals drei Remis aufeinander. Eins gegen den Lokalrivalen Hamburger SV, bei dem eine 2:0-Führung verspielt wurde, zwei gegen die Aufsteiger Osnabrück und Wiesbaden. Drum mussten die Paulianer den inoffiziellen Titel des "Herbstmeisters" dem Nordrivalen Holstein Kiel überlassen - einem Team, das sie am 6. Spieltag noch mit 5:1 niedergebügelt hatten. Ob dies aber tatsächlich Rückschläge waren, die sich nachhaltig auswirken könnten? Angesichts des Absturzes, den der 1. FC Kaiserslautern in der zweiten Hinrundenhälfte hinlegte, muss man drei Unentschieden in Folge doch wirklich nicht dramatisieren.

Das hat sich geändert: An Hürzelers bevorzugter 3-4-3-Formation eigentlich nicht viel. Gefeilt wurde weiter an der Spielkultur. St. Pauli verzeichnet mittlerweile die beste Passquote (87,4 Prozent) und die zweithöchsten Ballbesitz-Anteile der Liga (56 Prozent). Änderungen ergeben sich in den nächsten Wochen dadurch, dass Jackson Irvine und Connor Metcalfefehlen. Die beiden Australier spielen für ihr Land um den Asien-Cup. Irvine war Paulis überragender Sechser in der Vorrunde, Metcalfe ist ebenfalls Stammkraft im Mittelfeld - und normalerweise stets als Irvines erster Vertreter auf der "Holding Six" vorgesehen. Um die Lücke zu schließen, liehen sich die Hamburger in der Winterpause Aljoscha Kemlein von Union Berlin. Der 19-Jährige machte seine Sache während der Vorbereitung gut und könnte gegen Lautern durchaus erste Wahl sein. Möglich ist aber auch, dass Hürzeler den nunmehrigen Innenverteidiger und einstigen Sechser Eric Smith wieder nach vorne schiebt.

Gewinner und Verlierer: Von Verlierern kann man eigentlich nicht sprechen, dazu läuft's unterm Strich doch zu gut am Millerntor. Außer vielleicht bei Simon Zoller, bei dem man nach langer Verletzungspause hoffte, er könnte in der Wintervorbereitung wieder den Anschluss finden, was aber nicht hinhaute. Mit dem Schotten Scott Banks wird noch ein weiterer Dauerverletzter beklagt. Dessen Ausfall ist aber dank des starken Angebots auf den Flügeln zu verschmerzen - genannt seien nur Oladapo Afolayan und Elias Saad. Die Sommer-Neuzugänge Hauke Wahl und Karol Mets haben sich wie erwartet als zuverlässige Innenverteidiger etabliert, der ehemalige Freiburger Philipp Treu hat sich im Lauf der Hinrunde einen Stammplatz als linker Schienenspieler gesichert. Interessant: In der kürzlich veröffentlichten "Kicker"-Rangliste des Winterhalbjahrs 2023/24 werden nur zwei Sankt Paulianer als herausragend auf ihrer Position angesehen: Sechser Irvine und Zehner Marcel Hartel, der sich in der Hinrunde in der Tat stark wie nie präsentierte. Im vergangenen Jahr war vom späteren Aufsteiger Darmstadt in jeder Kategorie mindestens ein Herausragender zu finden. Das sollte aber keinesfalls als mangelnde individuelle Qualität gedeutet werden, eher als Beleg für die große mannschaftliche Geschlossenheit der Elf vom Kiez.

Zahlenspiele: "Bundesliga.de" zufolge schießt der FCSP die gefährlichsten Ecken in der Liga - und öfter als jede andere Mannschaft aufs Tor. 301 Versuche haben die Analyse-Nerds bereits gezählt. Getroffen haben sie Kiezkicker nur 31 Mal, das ist jetzt nicht unbedingt aufstiegsverdächtig, da sind vier Teams besser. Dafür stellt die Vertretung aus Hamburgs sündiger Meile mit nur 15 Gegentreffern die beste Defensive der Liga. Zudem fressen die Jungs vom Millerntor die meisten Kilometer - 2.063,9 sind's nach 17 Spielen. Bei den "intensiven Läufen" sind sie die zweitbesten hinter Elversberg - 12.394 haben die Statistiker bislang gezählt. Hauptsächlich dafür verantwortlich, dass sein Team in all diesen Kategorien vorne steht, ist Marcel Hartel. Er rennt am meisten, unternimmt auch die meisten intensiven Läufe und schießt öfter aufs Tor als jeder andere. Achtmal schon hat er - als Mittelfeldspieler in einem flachen 3-4-3 wohlgemerkt - bereits getroffen, dazu sieben Vorlagen gegeben. Wir notieren: Der 27-Jährige ist in seiner momentanen Verfassung sowas wie der Kevin de Bruyne der Zweiten Liga.

Fazit: Irgendwie schon witzig. Fabian Hürzeler wollte in der Vorbereitung unbedingt ein Testspiel gegen den VfL Osnabrück absolvieren. Es solle gegen einen tief stehenden Gegner gehen, der sein Heil in Kontern sucht. Weil er auch den 1. FC Kaiserslautern so erwarte, ließ der Coach verlauten. Lauterns neuer Trainer Dimitrios Grammozis plant allerdings, sein Team künftig weiter vorne den Zugriff suchen zu lassen. So es das tatsächlich umsetzt, könnte es seine Gastgeber also überraschen. Aber wird es das? Die Osnabrücker jedenfalls sind mit ihrer auf Umschaltspiel angelegten Taktik gut gefahren. Sie gewannen den Mammuttest, bei dem zwei Hälften zu jeweils 75 Minuten gespielt wurden, mit 3:1. Und 2:0 führten sie bereits nach dem ersten Abschnitt, als bei St. Pauli die mutmaßliche Startelf für Samstag auf dem Platz stand. Ein Treffer fiel nach einem Fehler im Aufbauspiel, ein weiterer via Konter. Angesichts der Tatsache, dass ansonsten nicht viel für den FCK spricht, sollte das doch Mut machen. Wie sich die Betze-Buben präsentieren, wird bis zum Anpfiff ohnehin das größere Rätsel bleiben. Welche Schlüsse hat Grammozis aus der ordentlich verkackten Generalprobe gegen Drittligist Dynamo Dresden (0:3) gezogen?

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Samstag, 13:00 Uhr: Rückrunden-Auftakt am Millerntor (Der Betze brennt)

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