Fragen, Antworten und Anekdoten zur Geschichte des FCK.

Beitragvon Thomas » 25.08.2010, 12:00


Klaus Toppmöller und das 7:4 gegen die Bayern
„Zwei rote Kreuze im Kalender“


Bis heute hat kein Spieler in der Bundesliga häufiger für den 1. FC Kaiserslautern getroffen als Klaus Toppmöller, der zwischen 1972 und 1980 insgesamt 108 Tore für den FCK schoss. Einer der Höhepunkte seiner Laufbahn war das legendäre 7:4 gegen den FC Bayern München im Oktober 1973. „Toppi“ erinnert sich an die denkwürdige Partie, Geburtstage bei Fritz Walter und die Träume eines kleinen Jungen...

Von Klaus Toppmöller, erschienen in „Wenn der Betze bebt“

Bei uns im Ort war es ganz einfach: Diejenigen, die unsportlich waren, traten der Freiwilligen Feuerwehr oder dem Gesangsverein bei. Alle anderen spielten Fußball. Und wissen Sie was: Aus allen Fußballern ist etwas geworden! Die anderen singen teils heute noch...

Ich bin 1951 geboren und in einer Generation groß geworden, die praktisch den ganzen Tag draußen war und Fußball gespielt hat. Die ganzen Ablenkungen wie Computer oder Fernsehen gab es für uns gar nicht. Wir blieben draußen, bis uns unsere Eltern im wahrsten Sinne heim getrieben haben. Die Cleverness und Torgeilheit, die mich dann später auszeichnete und die ein guter Stürmer einfach haben muss, lernte ich so schon als Kind. Die Erfahrungswerte sind entscheidend. Wenn ich eine Chance vergab, machte ich mir immer Gedanken, wie ich es beim nächsten Mal besser machen könnte. Auf der Straße kann man da genau so viel lernen wie in einem Bundesligastadion. Wenn wir zu neunt waren, spielten wir fünf gegen vier – da war doch alles dabei: Mal spielte man Überzahl, mal Unterzahl...

Als Mittelstürmer lebt man natürlich auch von seinen Mitspielern. Ich hatte das Glück mit Seppl Pirrung links und Roland Sandberg rechts zwei tolle Zuarbeiter zu haben, später kam noch Hannes Bongartz dazu, der Meister des Übersteigers, für dessen Wechsel ich mich vehement eingesetzt hatte. Als ich 1972 zum FCK kam, war das noch ein bisschen anders. Wir waren damals alles andere als eine Spitzenmannschaft. Wir hatten, salopp gesagt, ein Überangebot an Zerstörern im Team, standen folgerichtig meist im unteren Drittel der Tabelle, vor allem, weil wir auswärts fast nie gewannen. Auf fremdem Platz lauerten wir praktisch nur auf Konter. Spielten wir bei einer starken Mannschaft, bin ich in 90 Minuten vielleicht zwei, drei Mal im gegnerischen Sechzehner aufgetaucht. Dazu kam, dass man damals seinem Gegenspieler auf Gedeih und Verderb hinterher rennen musste. Peter Nogly, der Vorstopper des HSV, hat mich einmal über den ganzen Platz geschleppt, so viel war ich in meinem ganzen Leben noch nicht gelaufen. Er hatte am Ende zwei Tore gemacht, ich keins. So war das damals eben.

Aber wenn ich meine Chancen bekam und zehn, elf Meter vor dem Tor an den Ball kam, dann wurde es brandgefährlich. Viel ließ ich mir da nicht entgehen...

Die Tore gegen die Bayern waren zweifellos die schönsten. Sobald der Spielplan bekannt wurde, machte ich im Kalender zwei fette rote Kreuze. In der Regel schenkte die Presse dem kleinen Kaiserslautern kaum Beachtung, aber wenn es gegen die großen Bayern ging, dann schaute ganz Deutschland auf uns. Der FC Bayern lag mir als Gegner: Bis heute bin ich nach Manni Burgsmüller der erfolgreichste Torschütze gegen die Münchner. Beim 2:1-Heimsieg 1975 machte ich beide Tore, zu unserem 4:3 in München nach 1:3-Rückstand ein Jahr später steuerte ich drei Treffer bei, beim 5:0 ein paar Jahre später traf ich ebenfalls drei Mal. Das waren großartige Spiele damals. Auf dem Betzenberg habe ich mit dem FCK nicht einmal gegen die Bayern verloren in all den Jahren.

Aus allen Spielen gegen Beckenbauer und Co. ragt dieses 7:4 natürlich heraus. Es ist im Grunde unerklärlich, wie so ein Spiel kippen kann. Schon nach zwölf Minuten führten die Bayern durch zwei Treffer von Bernd Gersdorff mit 2:0, sie hatten uns richtig kalt erwischt. Zehn Minuten vor der Pause machte Gerd Müller dann auch noch das dritte Tor. Totenstille im Stadion. Immerhin schafften wir durch Pirrung vor dem Halbzeitpfiff noch das 1:3. In der Kabine sagten wir uns: „Jetzt probieren wir es noch mal, vielleicht geht noch was!“ Stattdessen machte Müller nach dem Wiederanpfiff sein zweites Tor. 1:4! Wir konnten sehen, wie die ersten Zuschauer die Ränge verließen. Eine absolute Demütigung bahnte sich an.

Doch fast im Gegenzug gelang mir ein Superkopfballtor. Aus gut fünfzehn Metern wuchtete ich den Ball über Sepp Maier ins Netz. Auf einmal war das Publikum wieder da, wir rannten mehr, versuchten noch einmal alles. Und ab dann war im Prinzip jeder Schuss ein Treffer. Die großen Bayern waren plötzlich verunsichert, Sepp Maier leitete das 3:4 durch einen verunglückten Abstoß ein, später musste Gersdorff auch noch mit Rot vom Feld.

Noch lagen wir aber hinten. Der Ausgleich fiel nach einer besonderen Freistoßvariante, die ich bei den Brasilianern gesehen hatte. Das Leder anlupfen und volley aufs Tor – was schwierig aussieht, hatte erstaunlich oft Erfolg. So konnte man den Ball wunderbar mit dem Vollspann über die Mauer heben. Das hatten wir oft trainiert. Und genau solch eine Szene ging dem Ausgleich voraus: Der Freistoß knallte gegen den Pfosten und wiederum Pirrung vollendete per Nachschuss aus spitzem Winkel.

Dann erzielte ich das 5:4, wieder durch einen Kopfball. Neben dem Tor hatten sich schon vorher Dutzende Fans versammelt, ich tauchte komplett in der Menge unter. Als ich wieder hervorkam, folgte die Ernüchterung: Der Schiedsrichter deutete an, dass er ein Foulspiel gesehen hätte. Das Tor zählte nicht! Es stand weiter unentschieden. Wenig später war es dann aber soweit, unser Kapitän Ernst Diehl erzielte den überfälligen Führungstreffer. Nun gelang uns alles.

Durch die zwei wunderschönen Treffer von Herbert Laumen wurde die Schmach für die Bayern perfekt. 7:4 nach 1:4! „Hi, ha, ho, Bayern ist k.o.!“, schmetterten die 35.000. Mittlerweile waren auch alle diejenigen wieder da, die sich vorher schon auf den Heimweg gemacht hatten, zurückgelockt von den Torschreien der Verbliebenen. Absolute Festtagsstimmung auf dem Betzenberg! Wie heißt es doch so treffend: Ein Tag, so wunderschön...

Einige Zeit später versuchten die Bayern, mich abzuwerben, wahrscheinlich hatten sie genug von den ganzen Toppi-Toren... Aber ich war immer schon ein sehr heimatverbundener Mensch. Meine Eltern lebten damals noch, und ihnen nahe zu sein war mir wichtiger als das große Geld. Ich wollte einfach nicht von zu Hause weg! Und schließlich ist die Moselregion, wo ich herkomme, einfach die schönste Gegend in Deutschland...

Den FCK hatte ich außerdem schon von Kindesbeinen an ins Herz geschlossen. Als ich sechs Jahre alt war, hockte mich mein Vater auf sein Motorrad und wir fuhren nach Trier, wo die Eintracht gegen den FCK spielte. Auf den Schultern meines Vaters sitzend sah ich Fritz Walter und die anderen Lauterer Weltmeister spielen. Als ich Fritz dann Jahre später zum ersten Mal begegnete, war ich voller Ehrfurcht. Später wurde unser Verhältnis immer enger. Vielleicht gefiel ihm, dass ich genau wie er selbst dem FCK immer die Treue hielt und nie woanders spielte. Nach meiner aktiven Laufbahn habe ich zahlreiche seiner Geburtstage im engsten Familienkreis verbracht.

Auch in einer anderen Sache bin ich Fritz vielleicht etwas ähnlich: Ich habe nie vergessen, wo ich herkam. Als kleiner Bub schwärmte ich von Heinz Vollmar, einem Nationalspieler vom 1. FC Saarbrücken. Mein größter Traum war, ihn einmal zu berühren – er war ja so etwas wie ein Gott für mich! Als ich das nach einem Spiel auch schaffte, war ich überglücklich. Das habe ich mir bewahrt. Deshalb hätte ich später nie jemandem einen Autogrammwunsch abschlagen können. Immer, wenn mir ein kleiner Junge mit hoffnungsvollem Blick gegenüber stand, dachte ich: Das könnte mal dein Nachfolger sein...

Dennoch: Einen wie Fritz Walter wird es nie wieder geben. Egal ob Toppmöller, Briegel, Kuntz oder andere – Fritz bleibt unerreichbar, als Spieler und als Mensch.


20. Oktober 1973
FCK – Bayern München 7:4 (1:3)

FCK: Elting – Huber, Diehl, Schwager, Fuchs – Toppmöller, Bitz, Laumen – Pirrung, Sandberg, Ackermann
München: Maier – Hansen, Schwarzenbeck, Beckenbauer, Dürnberger – Zobel, Roth, Hoeneß - Gersdorff, Hoffmann, Müller
Tore: 0:1 Gersdorff (3.), 0:2 Gersdorff (12.), 0:3 Müller (36.), 1:3 Pirrung (43.), 1:4 Müller (57.), 2:4 Toppmöller (58.), 3:4 Pirrung (61.), 4:4 Pirrung (73.), 5:4 Diehl (84.), 6:4 Laumen (87.), 7:4 Laumen (89.)
Rot: Gersdorff (76.)
Zuschauer: 35.000 (Betzenberg)

(Klaus Toppmöllers Erinnerungen an das 7:4 gegen den FC Bayern hat Johannes Ehrmann protokolliert. Für sein neues Buch „Wenn der Betze bebt“ hat der Autor und leidenschaftliche FCK-Fan 20 Protagonisten der größten Spiele des 1. FC Kaiserslautern interviewt - das Buch erscheint am 13. September 2010, weitere Informationen unter http://www.fck-buch.de.)

Quelle: Wenn der Betze bebt
Der Verein führt als eingetragener Verein den Namen 1. Fußball-Club Kaiserslautern e.V. (1. FCK) und hat seinen Sitz in Kaiserslautern. Seine Farben sind rot und weiß. (...) Das Stadion trägt den Namen Fritz-Walter-Stadion. (Vereinssatzung des 1. FC Kaiserslautern e.V. - Artikel 1, Absatz 1)



Beitragvon Heggedevil1 » 25.08.2010, 12:04


Das war ja nur geil!!!!
War 10 Jahre alt und zum SChluß mußte mein Onkel mich auf die Schulter nehmen damit ich was gesehen habe :teufel2:
Hoffentlich wird es am Freitag auch so geil!!!! :teufel2:
Einmal FCK, immer FCK. FAN sein kennt keine Liga



Beitragvon OWL-Teufel » 25.08.2010, 12:10


Eine wunderbare Einstimmung auf das Spiel am Freitag.

So emotional,so authentisch,so traditionell - wie der FCK eben!



Beitragvon carlcarlos » 25.08.2010, 12:29


ist der autor vom buch verwandt mit unserem torwart gott???



Beitragvon Fanatic_Fire » 25.08.2010, 12:29


Schon alleine beim lesen bekomme ich wieder Gänsehaut!

Ehre, Treue und Zusammenhalt! Werte, die auch heute noch zählen!
http://www.youtube.com/watch?v=k1eXEwd1cZY 1:14 & 1:49

Und lasst uns am Freitag den Berg zum Beben bringen!!! :teufel2:



Beitragvon Pirrung » 25.08.2010, 12:58


Damals war ich 15 Jahre alt - an diesem Samstagabend war das Bayernspiel in allen Kneipen Thema Nr.1 . Die FCK-Fans mit geschwellter Brust - die Bayernfans (gab und gibt es - auch in der Pfalz) blöd dreinschauend. Freunde von mir waren mit dem Auto auf den Betze gefahren und verliesen nach dem 4:1 für Bayern fluchtartig das Stadion. Auf der Autobahn konnten sie im Radio die Aufholjagd des FCK miterleben. Sicherlich hat der Fahrer, aus lauter Ärger den Betze zu früh verlassen zu haben mehrmals ins Lenkrad gebissen.
Dieses Spiel ist wohl das denkwürdigste aller FCK-Spiele!



Beitragvon Albesser » 25.08.2010, 13:04


Schön Schön :) Und Zuhause ist es einfach am schönsten :)

Der Countdown läuft :teufel2:
Noch 2 mal Schlafen :!:



Beitragvon kepptn » 25.08.2010, 13:09


OWL-Teufel hat geschrieben:Eine wunderbare Einstimmung auf das Spiel am Freitag.

So emotional,so authentisch,so traditionell - wie der FCK eben!


Ja. Für mich ist das eine klar deffinierte Zielsetzung.
Es gibt immer was zu lachen.



Beitragvon Steini » 25.08.2010, 13:24


:love: Als Spieler war Toppi für mich der Größte... :teufel2:

Leider hat auch er, eine unrühmliche Rolle "spielen müssen" in unseren dunklen Jahren.

Aber egal. Übermorgen ist es wieder so weit. Endlich wieder gegen die Bayern.



Beitragvon Thomas » 25.08.2010, 13:31


carlcarlos hat geschrieben:ist der autor vom buch verwandt mit unserem torwart gott???

Nein, ist er nicht ;) Aber die beiden hatten auch schon mal die Ehre in einem Interview: http://www.der-betze-brennt.de/aktuell/ ... tikel=4404

Und zu dem neuen Buch hat Gerry Ehrmann ja auch ein Kapitel beigesteuert, siehe http://www.fck-buch.de.
Der Verein führt als eingetragener Verein den Namen 1. Fußball-Club Kaiserslautern e.V. (1. FCK) und hat seinen Sitz in Kaiserslautern. Seine Farben sind rot und weiß. (...) Das Stadion trägt den Namen Fritz-Walter-Stadion. (Vereinssatzung des 1. FC Kaiserslautern e.V. - Artikel 1, Absatz 1)



Beitragvon OWL-Teufel » 25.08.2010, 14:12


Steini hat geschrieben::love: Als Spieler war Toppi für mich der Größte... :teufel2:

Leider hat auch er, eine unrühmliche Rolle "spielen müssen" in unseren dunklen Jahren.

Aber egal. Übermorgen ist es wieder so weit. Endlich wieder gegen die Bayern.


Bei besagter JHV hat sich Toppmöller sofort für ein Bild mit mir zur Verfügung gestellt,auch wenn er darauf ein Gesicht zieht wie drei Tage Regenwetter (nun gut,insgesamt waren es fast 10 Jahre Regenwetter).

Aber dass er keinem Fan etwas abschlägt,wie er selber auch in dem Interview betont,kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.



Beitragvon Steini » 25.08.2010, 14:15


Toppi ist für die Fans immer da, ohne Frage.



Beitragvon Mariofck » 25.08.2010, 15:31


geil..... freue mich so auf freitag
.........solang's in Deutschland Fußball gibt,
gibt es auch den FCK!...........



Beitragvon FCK58 » 25.08.2010, 16:25


kein Kommentar - alles gesagt :love:
Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen.
Hermann Hesse



Beitragvon betzebub1974 » 25.08.2010, 16:50


Kein Kommentar zu Toppi. Ist für mich eine persona non grata.
dd74



Beitragvon derLeibhaftige » 25.08.2010, 18:53


betzebub1974 hat geschrieben:Kein Kommentar zu Toppi. Ist für mich eine persona non grata.



volle zustimmung! als spieler hat er sich verdient gemacht, aber danach hätte er den berg besser nie mehr betreten.
"Kaum ein deutscher Verein ist derart identitätsstiftend für eine Region wie der 1. FC Kaiserslautern. Dessen Stadion haben die Einwohner auf dem Betzenberg erbaut, es erinnert an eine Burg, die die Stadt beschützt und in die die Bürger flüchten können." (Spiegel Online)



Beitragvon RedGlory » 25.08.2010, 20:52


Sehr schön beschrieben. Das Buch muss ich mir kaufen.
"Kaiserslautern gehört zur ersten Liga der
deutschen Fußballklubs." Mehmet Scholl
:schal: :doppelhalter:



Beitragvon 19red_devil91 » 25.08.2010, 21:02


Dennoch: Einen wie Fritz Walter wird es nie wieder geben. Egal ob Toppmöller, Briegel, Kuntz oder andere – Fritz bleibt unerreichbar, als Spieler und als Mensch.


wie hat er doch recht...!!!

ansonsten was um toppi passiert ist war nicht grad..naja ihr wisst schon aber jeder hat denk ich auch ne zweite chance verdient!

jetzt freu ich mich aber erst ma auf freitag... und dann si9ngen wir hoffendlich auch wieder "hi, ha, ho Bayern is k.o." :teufel2:



Beitragvon ktownBONN » 26.08.2010, 10:01


hier ein geiles video...macht nochmal richtig heiß auf freitag..

http://bundesliga.de/de/bundesliga-tv/? ... 42.inc.php
Das ist das einzige Stadion, in dem ich wirklich Angst habe.
(Gerd Müller, Bayern München)



Beitragvon towa1967 » 18.12.2010, 18:09


Das erste Mal das mich damals mein Vater auf den Betzenberg mitnahm (mein Alter:7 Jahre).
Bin heut noch stolz,das ich das live miterleben durfte...........Danke Papa,danke du wunderbarer Verein und danke Toppi......Thomas aus KL 8-)




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