Am Sonntag wird der Aufsichtsrat des 1. FC Kaiserslautern neugewählt. Einer der 13 Kandidaten ist Dr. Nikolai Riesenkampff, der im Interview mit „Der Betze brennt“ erläutert, warum der FCK dauerhaft in die erste Liga gehört und welche Tugenden den Verein auch für Werbetreibende zu einer starken Marke machen.
Der Betze brennt: Im Sommer gab einige grundlegende Veränderungen beim FCK: Neuer Sportdirektor, neue Spieler, neues Konzept. Wieso sollte aus Ihrer Sicht auch im Aufsichtsrat der Reset-Knopf gedrückt werden, Nikolai Riesenkampff?
Dr. Nikolai Riesenkampff (43): Ich kann die Arbeit des jetzigen Aufsichtsrats nicht beurteilen, aber was ich sagen kann ist: Der Aufsichtsrat eines Vereins mit soviel Potential wie dem FCK muss sehr starke Kompetenzen besitzen in sportlicher, wirtschaftlicher, unternehmerischer und finanzieller Hinsicht. Außerdem muss er die Seele des Vereins verstehen und verkörpern und dem Club und der Tradition verbunden sein. Der Aufsichtsrat ist ein sehr wichtiges Organ des Vereins und bestimmt die Zukunft unseres FCK entscheidend mit!
Der Betze brennt: Stellen Sie sich doch bitte kurz vor, zunächst beruflich und privat.
Steckbrief
Name: Dr. Nikolai Riesenkampff
Alter: 43
Wohnort: Berlin/Pirmasens
Beruf: Rechtsanwalt und Unternehmer
FCK-Mitglied seit: 2012
Dauerkarte seit: keineRiesenkampff: Ich bin in Heidelberg geboren und in Pirmasens aufgewachsen und zur Schule gegangen. Nach dem Abi habe ich in Heidelberg und Freiburg Jura studiert und dann promoviert. Meine berufliche Karriere habe ich bei Bertelsmann begonnen, für die ich in Gütersloh und Boston gearbeitet habe; dort bei Lycos, dem damals größten europäischen Internetportal, die „mit dem Hund“. Ab 2005 habe ich Skrill (früher Moneybookers) in London mit aufgebaut und fast acht Jahre als Vorstandsvorsitzender geleitet. Skrill ist eines der größten Online-Bezahlsysteme der Welt mit 800 Angestellten, aktiv in 30 Ländern und Büros in mehr als zehn Ländern. Die Firma haben wir Anfang des Jahres verkauft, ich bin darin nicht mehr aktiv und jetzt würde ich gerne mit ganzer Kraft dem FCK helfen. Ich wohne mit meiner Frau und meinen drei Kindern in Berlin, ein viertes ist unterwegs. Mein Sohn ist leider noch Union-Fan, aber ich arbeite dran.
Der Betze brennt: Seit wann fühlen Sie sich mit den Roten Teufeln verbunden und wie haben Sie sich in der großen FCK-Familie bisher eingebracht?
Riesenkampff: Mein Vater hat mich 1981 das erste Mal mit auf den Betzenberg genommen zum Spiel gegen Spartak Moskau. Seitdem liebe ich den FCK und bin bedingungsloser Fan, egal was passiert. Bis zum Abi war ich mit der Pirmasenser Crew fast bei jedem Spiel, immer Block 10. Während meiner zehn Jahre im Ausland habe ich jedem Taxifahrer, Kellner oder Geschäftspartner vom FCK erzählt, ob sie es hören wollen oder nicht. Fast jeder kennt den FCK, ob in England, Spanien oder Italien und fast jeder kann sich an irgendeine Schlacht erinnern, gegen Real oder Tottenham oder Sheffield. Der FCK ist ein großer Verein und diese Gespräche haben mich immer stolz gemacht. Diesen Sommer, als es eng wurde, habe ich dann den Hauptsponsor auf den Betzenberg gebracht – dazu später mehr.
Der Betze brennt: Wie bewerten Sie die aktuelle Amtsperiode des Aufsichtsrates, also die letzten drei Jahre - welche Erfolge kann die Vereinsführung in dieser Zeit vorweisen? Und was lief aus Ihrer Sicht weniger gut? Wo sehen sie Verbesserungspotential?
Riesenkampff: Diese Fragen möchte ich gerne zusammen beantworten: Bis zu diesem Sommer habe ich den FCK nur als Fan begleitet und hatte bisher keine Funktion im Verein, auch habe ich die Tätigkeit des Aufsichtsrates bisher nicht verfolgt. Als Fan sage ich, dass es absolut Zeit wird, dass wir aufsteigen, zu lange zweite Liga ist gefährlich. Mir gefällt die geplante Investition in das Nachwuchsleistungszentrum und der Schwerpunkt auf die Jugend. Der Auftritt des Teams hat mir letztes Jahr nicht so gut gefallen, diese Saison schon viel besser. Bessere Spielkultur und Teamgeist. Und rot gefällt mir besser als orange. Als Kandidat komme ich nun völlig unbelastet und unbefangen und ohne Vorurteile von außen dazu. Ich bin neutral und gehöre keiner Strömung oder Gruppe des Vereins an. Ich wäre nur dem Verein verpflichtet und als Aufsichtsrat würde ich mir alles anschauen und alle anhören, total objektiv. Wenn mir etwas nicht gefällt, werde ich den Mund aufmachen und wenn mir etwas gefällt auch, darauf könnt Ihr Euch verlassen. Ich glaube, das ist eine sehr gute Voraussetzung, die Funktion eines Aufsichtsrats effektiv wahrzunehmen und den Vorstand zu beaufsichtigen.
Der Betze brennt: Vielen Mitgliedern fällt es schwer, die Arbeit der einzelnen Aufsichtsräte zu bewerten, weil über die Diskussionen und über unterschiedliche Sichtweisen in dem Gremium wenig veröffentlicht wird. Nicht zuletzt daraus resultiert auch der immer wieder zu hörende Vorwurf, dass der Aufsichtsrat nur die Wünsche des Vorstands „abnicke“ anstatt zu „kontrollieren“. Wie könnte man über die Tätigkeit des Aufsichtsrates mehr Transparenz schaffen und was spricht möglicherweise dagegen?
Riesenkampff: Man muss den Fans und Mitgliedern Entscheidungen und die Gründe und Argumente dafür und dagegen vermitteln. Man muss mit ihnen reden. Es gibt dazu beim FCK zahlreiche Möglichkeiten bei Fanveranstaltungen, Sitzungen, online oder im direkten Gespräch. Ich habe als Geschäftsführer einer Firma mit vielen hundert Mitarbeitern die Erfahrung gemacht, dass Transparenz und Offenheit bei den Leuten ankommt. Wenn man mit Ihnen redet und ihnen sagt, warum man bestimmte Maßnahmen getroffen hat, dann verstehen sie das, können es nachvollziehen, auch wenn die Entscheidung und die daraus resultierenden Konsequenzen ihnen manchmal nicht gefallen. Trotzdem erntet man Respekt und Loyalität. Beim FCK kann nichts anderes gelten. Natürlich gibt es Dinge, die aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen absolut vertraulich sind und das Gremium nicht verlassen dürfen, auch das muss respektiert werden.
Der Betze brennt: Sie haben es bereits erwähnt: Im Rahmen Ihrer Kandidatur werben Sie damit, dass Sie „Paysafecard auf den Betzenberg gebracht“ haben. Gerade die Hauptsponsorensuche war im vergangenen Sommer ja ein schwieriges Thema für den FCK. Wie genau ist das gelaufen?
Riesenkampff: Kurz zum Hintergrund, weil ich laufend gefragt werde: Ich bin Mitgründer und längjähriger CEO von Skrill (moneybookers). 2012 haben wir Paysafecard gekauft. Im Februar diesen Jahres haben wir Skrill verkauft und ich bin komplett aus der Firma ausgeschieden. Im Sommer habe ich dann gelesen, dass der FCK noch keinen Hauptsponsor hat. Ich habe sofort die Jungs von Paysafe angerufen und Ihnen gesagt, dass es hier eine super Marketinggelegenheit gibt. Eine Woche später habe ich sie auf den Betze geschleppt und wir haben uns mit den Verantwortlichen des FCK und dem Vermarkter Sportfive getroffen. Zwei Wochen später waren sie auf der Brust und ich natürlich super stolz. Meine frühere Firma auf der Brust meines Vereins.
Der Betze brennt: Und haben Sie noch mehr Sponsoren für den FCK in der Hinterhand? Oder etwas weniger salopp gefragt: Sie haben den Verein im Sommer aus Sicht des Werbetreibenden kennengelernt, seit Jahrzehnten schon als Fan und bald vielleicht auch als Funktionär. Was muss der FCK tun, um wieder mehr Sponsoren zu gewinnen, die zum Verein passen und idealerweise auch noch viel Geld bezahlen?
Riesenkampff: Der FCK ist für einen Werbetreibenden eine super Marke. Er steht für Erfolg, Kampfgeist, Begeisterungsfähigkeit, Tradition und Bodenständigkeit. Der FCK ist in ganz Europa bekannt und hat großes Potential. Wir müssen auch außerhalb der Pfalz starke, langfristige und finanzkräftige Partner finden. Ich bin weit rumgekommen und habe zehn Jahre im Ausland, in London und Boston, gearbeitet. Ich würde als Aufsichtsrat mein weltweites Netzwerk nutzen und alles dafür tun, weitere Partner für den FCK zu gewinnen. Dabei kommen nur solche Firmen in Betracht, die sich damit identifizieren, wofür der FCK steht, so wie Paysafecard. Wir haben es gar nicht nötig, unsere Seele zu verkaufen, so wie andere in letzter Zeit, weil wir der FCK sind und nicht ein dahergelaufener Dorfverein. Niemals würde ich es befürworten, dass unsere Werte und Tradition angetastet werden.
Der Betze brennt: Sie sind gebürtiger Pirmasenser, aber Ihr derzeitiger Lebensmittelpunkt ist Berlin. Können Sie gewährleisten, dass Sie für Sitzungen und Gespräche im Aufsichtsrat trotzdem bestmöglich zur Verfügung stehen?
Riesenkampff: Ich wohne mit meiner Familie in Berlin und habe eine Wohnung in Pirmasens. Ich bin viel unterwegs und auch sehr regelmäßig in der Pfalz, spätestens zu jedem Heimspiel. Wenn ich am Betzenberg gebraucht werde, setze ich mich in den Zug oder Flieger - in letzter Zeit in das Auto, wegen unserer Freunde bei der Bahn und der Lufthansa - und bin in wenigen Stunden da. Für den FCK wäre es gut, dass ich viel rumkomme, insbesondere für die Suche nach neuen Partnern.
Der Betze brennt: Vor einem halben Jahr hat der amtierende Aufsichtsrat den Vertrag mit dem Vorstandsvorsitzenden Stefan Kuntz sehr frühzeitig verlängert. Wie bewerten Sie diesen Schritt aus ihrer Sicht als Neubewerber, hätte man dafür nicht besser die nun anstehende Neuwahl des Aufsichtsrates abwarten sollen?
Riesenkampff: Ich kenne zu diesem Thema keine Details und auch nicht die Argumente, die für oder gegen eine Verlängerung zu diesem Zeitpunkt gesprochen haben. Das kann der jetzige Aufsichtsrat am besten beantworten. In Unternehmen ist es üblich, dass ca. sechs Monate bis ein Jahr vor Ende der Laufzeit eine ausführliche Bewertung der Tätigkeit vorgenommen wird, mit der Person und den Gesellschaftern Gespräche geführt werden und das entscheidende Gremium dann dem Vorstand einen neuen Vertrag anbietet oder eben nicht. So war das bei mir immer und so würde ich es in Zukunft halten.
Der Betze brennt: Alle paar Jahre wieder im Gespräch ist auch eine Ausgliederung und es ist davon ausgehen, dass dieses Thema die nächste Amtsperiode des Aufsichtsrates entscheidend mitprägen wird. Auch bei vielen anderen Vereinen wird emotional darüber debattiert: Der Hamburger SV wurde ausgegliedert, beim SC Freiburg wurde dieser Schritt fast einstimmig abgelehnt, der VfB Stuttgart plant eine Entscheidung im nächsten Jahr. Bezogen auf den FCK gefragt: Sind Sie für oder gegen eine Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung?
Riesenkampff: Ich würde folgendes machen: Ich würde genau analysieren, was die Vorteile und Nachteile einer Ausgliederung im konkreten Fall FCK wären. Was bedeutet der Schritt rechtlich, wirtschaftlich, finanziell und für unsere weitere Entwicklung? Als nächstes würde ich mir ansehen was dieser Schritt für die Mitglieder und den Verein und das Beteiligungsrecht der Mitglieder bedeutet. Es müsste immer sichergestellt sein, dass auch in Zukunft der Wille der Mitglieder bei wesentlichen Fragen, die das Herz und die Seele des FCK betreffen, berücksichtigt werden. Ich würde mir als Aufsichtsrat dann eine Meinung bilden und diese den Mitgliedern mitteilen. Denn nur die Mitglieder entscheiden am Ende über die Ausgliederung, und sonst niemand.
Der Betze brennt: Die Abteilung Fußball, welcher der allergrößte Teil der Vereinsmitglieder angehört, liegt seit einigen Jahren brach und existiert rein formal betrachtet gar nicht mehr. Wie beurteilen Sie persönlich die vorgeschlagene Lösung für diese Problemstellung, eine Abteilung „Fans und fördernde Mitglieder“ nach dem Vorbild von Klubs wie Borussia Dortmund oder Eintracht Frankfurt zu gründen, um den betroffenen FCK-Mitgliedern wieder eine echte Heimat innerhalb ihres Vereins zu geben und um auch die Abteilungen neben dem Fußball besser zu unterstützen?
Riesenkampff: Das müsste ich mir in Ruhe ansehen, bevor ich dazu etwas sagen kann. Natürlich sollen sich auch passive Mitglieder im Verein aufgehoben fühlen.
Der Betze brennt: Abschließend und mit Ihren eigenen Worten zusammengefasst: Warum sollten die FCK-Mitglieder Ihnen ihre Stimme geben?
Riesenkampff: Der FCK hat viel mehr Potential und gehört dauerhaft in die erste Liga. Der FCK kann nur sportlich erfolgreich sein, wenn er wirtschaftlich stark und gesund ist. Der FCK braucht außerdem starke und finanzkräftige Partner. Der FCK ist ein Traditionsverein und darf nicht seine Seele verkaufen. Ich möchte und kann zu alledem beitragen. Ich habe in acht Jahren einen der weltweit größten Internet-Bezahldienste aufgebaut, eine profitable Firma, mit 800 Mitarbeitern und Büros in über zehn Ländern. Diese unternehmerische Erfahrung möchte ich beim FCK einbringen. In den letzten 15 Jahren bin ich für meine Firma um die Welt gefahren und habe enge Kontakte zur Wirtschaft und großen Firmen geknüpft. Diese möchte ich für den FCK nutzen, so wie wie ich es bei Paysafecard getan habe. Ich bin unabhängig und sage, wenn mir etwas nicht passt. Wenn die Mitglieder glauben, dass der FCK jemanden wie mich braucht, dann freue ich mich riesig, so oder so bleibt Lautern der geilste Club der Welt.
Der Betze brennt: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg für die Wahl!
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas