Saisonrückblick 2010/11, Teil 2

Die Rückrunde: Berg- und Talfahrt mit Happy End

Die Rückrunde: Berg- und Talfahrt mit Happy End


Welch turbulente Rückrunde dem 1. FC Kaiserslautern bevorstünde, ahnte im Januar 2011 wohl noch niemand. Sechs Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsplatz, das Duell gegen den Lieblingsgegner und direkten Konkurrenten Köln vor der Brust und die große Chance auf das Berliner Pokalfinale im Sinn. Im Rückblick verliefen die letzten Monate völlig anders, als man noch Anfang des Jahres gedacht hätte.

- Saisonrückblick 2010/11, Teil 1: Die Hinrunde

Los ging es mit dem Trainingslager in Spanien, zu dem rund 100 Fans ihre Roten Teufel begleiteten. Die tolle Vorrunde hatte Lust auf mehr gemacht und gegen den 1. FC Köln sollte eigentlich der Grundstein für den erfolgreichen Klassenkampf gelegt werden - doch es kam anders. Bei der ersten 3D-Übertragung eines Bundesligaspiels sah Topstürmer Srdjan Lakic die Rote Karte und die erste Heimniederlage gegen die Rheinländer seit Ewigkeiten lag kurz in der Luft. In einem turbulenten Spiel stand es am Ende 1:1 und niemand wusste so recht, ob er sich freuen oder ärgern sollte.

Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnte: Rotsünder Srdjan Lakic sollte die alles überstrahlende Persönlichkeit der Lautrer Rückrunde werden. Im Pokal-Nachholspiel bei der TuS Koblenz war der Kroate wieder spielberechtigt und wurde nach seinen drei Toren plus verschossenem Elfmeter (Endergebnis 4:1 für den FCK) mit lautstarken „Auf geht's Lakic, unterschreib'“-Gesängen zum Bleiben animiert. Man sah ihm deutlich an, wie schwer ihm die Entscheidung für oder gegen den FCK fiel. Wenige Tage später wurde dann der Sommertransfer des ablösefreien Angreifers nach Wolfsburg bekannt, verbunden mit vielen Nebenkriegsschauplätzen und klar gemacht ausgerechnet vor dem wichtigen Pokalspiel beim MSV Duisburg. In diesem Viertelfinale lieferte Lakic sein vielleicht schlechtestes Spiel für den FCK ab und vergeigte den Traum von Berlin gemeinsam mit seinen kollektiv versagenden Teamkollegen (0:2) - der vorläufige Tiefpunkt der Saison, welcher den Verein noch lange verfolgen sollte. Zwischen den beiden Pokalspielen unterlagen die Roten Teufel trotz eigentlich ganz gutem Spiel beim FC Bayern mit 1:5, aber hier hatte ohnehin niemand ernsthaft mit Punkten gerechnet.

Wesentlich bitterer waren da schon die folgenden Niederlagen gegen Mainz (0:1) und nach großem Kampf in Hoffenheim (2:3), die den FCK schneller als erwartet zurück in den Abstiegssumpf zogen. Beim Spiel gegen den Hopp-Klub verkaufte die Ultraszene Wendemützen mit den Motiven „1. FC Kaiserslautern e.V.“ und „Fritz-Walter-Stadion“, die nicht nur im Gästeblock für ein schönes Bild sorgten, sondern auch eine Spende von über 13.000 Euro für die Jugendförderung einbrachten - eine tolle Aktion! Des Weiteren wurde an diesem Wochenende die Fanbetreuung des FCK neu strukturiert und auf einer großen Versammlung die Fanvertretung als neues Bindeglied zwischen Anhängern und Verein gewählt.

Gegen den schon im Februar quasi feststehenden Meister aus Dortmund erreichte der FCK in einer dramatischen Schlussphase ein verdientes 1:1, konnte aber das erstmalige Abrutschen auf den Relegationsplatz nicht verhindern. Das sang- und klanglose 0:3 in Hannover ließ bei vielen erstmals richtig große Abstiegsangst aufkommen. Nachdem dann auch im Heimspiel gegen den Hamburger SV - vor dem die Fans beider Vereine gemeinsam für traditionelle Stadionnamen demonstrierten - nicht der ersehnte Befreiungsschlag gelang, entlud sich der Frust: Der wechselwillige Stürmer Srdjan Lakic wurde als Sündenbock ausgemacht und bereits während dem Spiel ausgepfiffen, ehe es nach Abpfiff richtig heiß wurde. Im Nachhinein betrachtet haben in diesen Wochen alle Beteiligten Fehler gemacht, natürlich die Fans, aber auch der Spieler selbst und die Vereinsführung, die Lakic zuvor öffentlichkeitswirksam mit einer Geldstrafe wegen unprofessionellen Verhaltens belegt hatte. Der FCK stand dank der schwächelnden Konkurrenz immer noch auf dem Relegationsplatz und in Gesprächen zwischen Fans, Spielern und Verein wurde in der Causa Lakic ein Burgfrieden geschlossen, der erst Wochen später wieder zu einem wirklich unzerstörbaren Zusammenhalt werden sollte.

Doch der brüchige Frieden hielt auch seiner härtesten Belastungsprobe stand, als der seit nunmehr sieben Spielen torlose Lakic den Ball beim hitzigen Derby in Frankfurt in der Schlussminute am leeren Tor vorbeischob. Das absolut grottige 0:0 bei den Hessen bedeutete das erstmalige Abrutschen auf einen Abstiegsplatz und viele Fans fragten sich, woher ausgerechnet jetzt noch eine Besserung kommen sollte?

Für weitere Negativschlagzeilen sorgten einige Auseinandersetzungen rund um die Partie im Waldstadion, für die die sensationsgeile Boulevardpresse sogar eigene Reporter und Bildjournalisten abstellte. Keine Randale, aber aufgrund der Geldstrafen durch den DFB ein ebenfalls hitzig diskutiertes Thema waren die Pyroshows, die in dieser Saison ligaweit wieder vermehrt Einzug hielten. Unter dem Motto „Pyrotechnik legalisieren - Emotionen respektieren“ zündelten auch die FCK-Fans wieder häufiger und sorgten beispielsweise bei den Spielen in Koblenz und Frankfurt für optische und stimmliche Höhepunkte.

Sportlich kam mit dem neuen Rasen im Fritz-Walter-Stadion gegen den SC Freiburg auch endlich die Wende. Jimmy Hoffer sorgte mit seinem 2:1 in der Nachspielzeit dafür, dass der Betzenberg förmlich explodierte und die Roten Teufel die Abstiegsplätze nach nur einer Woche wieder verlassen konnten. Es folgte das mindestens genauso wichtige 1:0 beim Schlusslicht in Mönchengladbach, wo bei einem erneuten Kick auf Zweitliganiveau ausgerechnet VfL-Keeper Logan Bailly mit einem Eigentor für die Entscheidung sorgte. In die Länderspielpause ging der FCK dennoch nur mit knappem Vorsprung auf Platz 16, da auch die zwischenzeitlich auf neun Vereine angewachsene Konkurrenz stetig punktete.

Die Rückrunde brachte auch personell einige Änderungen: Jan Moravek wurde endgültig zum Leistungsträger, Winter-Neuzugang Adam Hlousek eroberte seinen Stammplatz im linken Mittelfeld und drei eigentlich unumstrittene Stammspieler fanden sich zwischendurch plötzlich auf der Bank wieder. Neben Keeper Tobias Sippel mussten auch die beiden Kapitäne Martin Amedick und Lakic den Auswärtssieg in Gladbach von draußen betrachten. Seinen Stammplatz zurückerobern konnte nur Lakic.

Richtig durchstarteten die Betzebuben dann nach der Länderspielpause. Zwar gab es mit den Heimniederlagen gegen Leverkusen (0:1) und Nürnberg (0:2) zwei Rückschläge, doch sollten dem Erfolg in Mönchengladbach noch drei weitere Auswärtssiege folgen. Am Ende standen für den FCK mehr Auswärts- (sieben) als Heimsiege (sechs) zu Buche - ungewöhnlich! Beim Spiel gegen Nürnberg sorgten Clubspieler Mehmet Ekici, Schiedsrichter Guido Winkmann und zwei Becherwerfer aus der Westkurve für die letzten negativen Aufreger der Saison. Ansonsten gab es im Endspurt nur noch frohe Botschaften!

Beim wieder erstarkten VfB Stuttgart feierten 4.500 einen furiosen Auswärtssieg (4:2) beim direkten Konkurrenten und einen ganz großen Schritt in Richtung Klassenerhalt. Dem Dämpfer gegen Nürnberg folgte dann am strahlend sonnigen Karsamstag ein Ostergeschenk in Form von drei Punkten auf Schalke (1:0). Vor wenigen Wochen noch mit einem Bein in der zweiten Liga, hatte sich der FCK nun eine glänzende Ausgangsposition für ein weiteres Jahr Erstklassigkeit geschaffen. Und auch der lange erfolglose Srdjan Lakic traf wieder, sicherte mit seinen Toren bei den Schwaben und im Ruhrpott die vielleicht entscheidenden Punkte für den Klassenerhalt. Überragend war nach einem kurzen Formtief zu Jahresbeginn auch wieder Christian Tiffert, der mit 17 Torvorlagen bester Vorbereiter der Bundesliga wurde. Selbst der langwierige Ausfall des von mehreren finanzstarken Bundesligisten begehrten Ivo Ilicevic konnte die Roten Teufel bei ihrem Siegeszug zum Ende der Rückrunde nicht mehr stoppen.

Praktisch perfekt gemacht wurde der Klassenerhalt dann - wie könnte es passender sein - bei einem Flutlichtspiel vor stimmungsvoller Kulisse gegen den FC St. Pauli. „Nie meeeehr zweite Liga“ hallte es durchs Fritz-Walter-Stadion, als nach Toren von Tiffert und Mathias Abel bereits frühzeitig die magische Marke von 40 Punkten erreicht wurde.

Früher und auch noch vor gerade einem Jahr war der FCK oft eine Verein, der eine Saison nach dem Erreichen der Ziele locker ausklingen ließ. Das war diesmal, auch in Hinblick auf die für die Verteilung der TV-Gelder wichtige Endplatzierung, nicht der Fall: Ein nahezu historisches Highlight erlebten die gut 4.000 mitgereisten Fans beim Spiel in Wolfsburg, wo mit enthusiastischer Unterstützung der erste Auswärtssieg überhaupt beim ungeliebten Werksclub eingefahren wurde. Während der VfL bis zur letzten Minute zittern musste, ging es für den FCK beim Saisonabschluss gegen Werder Bremen nur noch um die goldene Ananas. Die Lautrer gingen schnell mit 3:0 in Führung, siegten aber am Ende nur knapp und dank eines von Kevin Trapp gehaltenen Elfmeters mit 3:2. Aufgrund des sehr engen Mittelfelds der Tabelle kletterten die Roten Teufel damit sogar auf einen angesichts der Ausgangsposition überragenden siebten Platz.

Stefan Kuntz und Marco Kurz, Mannschaft und Betreuer, alle Vereinsangestellten und nicht zuletzt die in Rekordzahl anwesenden Fans hatten es geschafft. Der 1. FC Kaiserslautern bleibt dort, wo er hingehört, nämlich in der ersten Liga! Im rein statistischen Rückblick in zehn oder 20 Jahren wird diese Saison 2010/11 wohl relativ unspektakulär und durchschnittlich erscheinen. Aber wer den Verein in den letzten Monaten und Jahren begleitet hat, der wird die abgelaufene Spielzeit richtig einzuschätzen wissen. Der FCK ist (endgültig) wieder da!

Das Team von „Der Betze brennt“ wünscht allen Fans und Freunden eine angenehme Sommerpause!

PS: Auch in der Sommerpause sind selbstverständlich tagesaktuell alle Informationen rund um den FCK auf „Der Betze brennt“ zu finden - von Neuzugängen und Transfergerüchten über Testspiele und die neuen Trikots bis hin zum Spielplan und weiteren Infos zur neuen Saison in der ersten Liga! Darüber hinaus arbeiten wir an einigen interessanten Neuerungen, über die wir zu gegebener Zeit informieren werden.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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