Interview mit Aufsichtsratskandidat Dr. Martin Sester

„FCK als Verein muss stets Herr im Hause bleiben“

„FCK als Verein muss stets Herr im Hause bleiben“


Zur Aufsichtsratswahl des 1. FC Kaiserslautern am 3. Dezember 2008 werden sich voraussichtlich alle 13 Bewerber in einem Interview auf „Der Betze brennt“ vorstellen. Den Anfang macht heute Dr. Martin Sester, als Mitarbeiter dieses Online-Magazins auch unter dem Pseudonym „Mörserknecht“ bekannt. Der gebürtige Pfälzer und heute in Mannheim tätige Rechtsanwalt spricht im Interview über seine persönliche Vergangenheit und über die Zukunft des FCK, in der die Anpassung an moderne Strukturen und gleichzeitig die Wahrung der Identität des Vereins eine wichtige Rolle spielen sollen.

Der Betze brennt: Hallo Martin! Wo warst Du am späten Nachmittag des 26. September 2007 (0:2-Heimniederlage gegen den SV Wehen-Wiesbaden, vor dem Minusrekord von 17.102 Zuschauern mittwochs um 17:30 Uhr; Anm. d. Red.)?

Dr. Martin Sester: Im Büro, wie immer bei diesen Anstoßzeiten, aber in Gedanken natürlich auch auf dem Betzenberg. Wie ich als langjähriger Dauerkartenbesitzer über solche Spielansetzungen denke, dürfte dabei klar sein.

Der Betze brennt: Stell Dich doch bitte kurz vor, zunächst beruflich und privat.

Sester: Ich bin 31 Jahre alt, verheiratet und von Beruf Rechtsanwalt in einer Mannheimer Kanzlei mit 13 Anwälten und dort schwerpunktmäßig mit Insolvenzverwaltung befasst.

Der Betze brennt: Du wohnst in Mannheim?

Sester: Das ist richtig, ich wohne und arbeite dort. Geboren wurde ich allerdings in Landstuhl, aufgewachsen bin ich in Heltersberg und zur Schule gegangen in Kaiserslautern. Meine Frau ist Pirmasenserin, unsere Familien leben in der Westpfalz, da bin und bleibe ich natürlich Westpfälzer.

Der Betze brennt: Und welchen Bezug hast Du zum 1. FC Kaiserslautern?

Sester: Der Bezug zum FCK war schon immer da. Mein Vater ist eingefleischter FCK-Anhänger, da bekommt man das natürlich in die Wiege gelegt. Der „Betze“ ist für mich ein Stück Heimat, das ich stolz im Herzen trage und das mich überall hin begleitet. Mein erstes Spiel im Stadion habe ich 1985 gesehen, ein 5:1 gegen Bayer Uerdingen. Von dem Spektakel in der Westkurve war ich so beeindruckt, dass für mich feststand, wenn ich groß bin, will ich dort hin. „Groß“ in diesem Sinne war ich dann erstmals mit 13. Wenig später, 1991, hatte ich mit 14 bereits meine erste Dauerkarte in der Westkurve. Ich habe sie bis heute in Block 8.1.

Der Betze brennt: Was motiviert Dich zu Deiner Kandidatur für den Aufsichtsrat des FCK?

Sester: Auch wenn es sportlich wieder besser läuft, steht der Verein finanziell noch immer vor großen Herausforderungen. Der Vorstand hat bereits angekündigt, dass sich die Struktur des Vereins ändern muss - Stichwort Ausgliederung. Es stehen äußerst wichtige Entscheidungen an, die mich selbst nicht kalt lassen, denn wir müssen jetzt dafür Sorge tragen, dass der FCK für immer der FCK bleibt, obwohl der Verein strukturell neu aufgestellt wird. Ich bin bereit, hier im Rahmen des Aufsichtsrates Verantwortung zu übernehmen.

Der Betze brennt: Welche Kompetenzen kannst speziell Du in den Verein einbringen, neben der für ein Aufsichtsratsmitglied obligatorischen Kenntnis von wirtschaftlichen Sachverhalten?

Sester: Zuerst juristische Kompetenz, berufsbedingt. Gerade im Schwerpunktbereich meiner Kanzlei, der Insolvenzverwaltung, muss man die Fähigkeit haben, sich unvermittelt in ein Bündel neuer Probleme einzuarbeiten und in kürzester Zeit tragfähige Lösungen anzubieten. Das hilft natürlich bei der Arbeit als Aufsichtsrat. Wenn der Vorstand bestimmte Entscheidungen absegnen lassen will, dann muss man schnell erfassen, worum es geht. Und unter Umständen auch sinnvolle Alternativen anbieten können, wenn man der Auffassung ist, über die jeweilige Sache sollte noch mal nachgedacht werden. So sieht konstruktive Arbeit aus, Alternativen anbieten und so die bestmögliche Lösung erarbeiten.

Der Betze brennt: Und wie siehst Du die Zukunft des FCK?

Sester: Der FCK ist für mich in der ersten Liga zu Hause, derzeit ist er sozusagen auf Urlaub in der zweiten Liga. Mittelfristig wird der Verein nach Hause zurückkehren und dauerhaft dort bleiben. Aufgrund der Entwicklung des Profifußballs und der Entwicklung der anderen Profivereine ist aber völlig klar, dass der FCK sich ein Stück weit diesen Entwicklungen anpassen muss, um sich dauerhaft behaupten zu können. Das wichtigste ist dabei, aus ideellen und übrigens auch aus wirtschaftlichen Gründen, dass der FCK seinen Charakter und seine Einzigartigkeit behält. Kurzum, ich sehe in Zukunft den alten FCK, der hart an sich selbst gearbeitet hat, wieder dort wo er hingehört.

Der Betze brennt: Diskussionswürdige Themen waren und sind stets der mögliche Einstieg eines Investors (Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung) oder der Verkauf des Namens Fritz-Walter-Stadion. Wie ist Deine Ansicht zu einer möglichen Ausgliederung, auch vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um die so genannte 50+1-Regelung?

Sester: Vielen Dank, dass die Frage genau so gestellt ist. Die Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung ist gerade nicht gleichbedeutend mit dem Verkauf von Anteilen. Ich sehe die Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung als zwingendes Erfordernis. Zum einen, weil die Rechtsform des eingetragenen Vereins für Wirtschaftsunternehmen, wie es die Profivereine nun mal sind, rechtswidrig ist. Zum anderen, um eine Trennung der Haftungsmassen zu erreichen, damit der Verein selbst von den Risiken des Profigeschäfts abgekoppelt wird. Erst in einem zweiten Schritt ist zu klären, welche Rechtsform das sein kann, gerade im Hinblick auf die spätere Frage, ob der FCK Anteile verkaufen möchte oder nicht. Mein unverrückbares Leitbild ist, dass der FCK als Verein stets Herr im Hause bleibt und das auch, wenn die 50+1-Regel fällt. Denn sie wird in ein paar Jahren fallen. Und dann wird eines Tages die Versuchung da sein, auch die Stimmrechtsmehrheit aus der Hand zu geben. Aus diesem Grund halte ich die Rechtsform der AG für gefährlich. Ich bin mit voller Überzeugung für die KGaA, die insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass sie übernahmeresistent ist. Im deutschen Profifußball haben bereits 10 Vereine eine KGaA gegründet, nur 2 dagegen eine AG. Das sollte zu denken geben.

Der Betze brennt: Und wie stehst Du als potentielles Aufsichtsratsmitglied zu einem möglichen Verkauf der Namensrechte am Fritz-Walter-Stadion?

Sester: Das Stadion hieß nicht schon immer Fritz-Walter-Stadion, das Senken der Stadionmiete ohne Erschließen aller möglichen Einnahmequellen kann niemand rechtfertigen und Fritz Walter selbst wäre vermutlich der erste gewesen, der für eine Namensänderung eingetreten wäre, um seinem FCK aus der Krise zu helfen. Alles richtig. Aber wie wäre es, wenn man einen Sponsor davon überzeugt, die Namensrechte zu erwerben, auf deren Ausübung aber zu verzichten? Wenn der „Betze“ morgen Mustermann AG-Arena heißt, dann hat es den üblichen Werbeeffekt für die Firma Mustermann. Man stelle sich aber mal vor, welche Wellen es schlagen würde, wenn die Mustermann AG damit werben könnte, dass sie aus Respekt vor Fritz Walter, vor dem großen Fußballer und Menschen, der mit seiner Weltmeisterelf 1954 den Deutschen wieder Zuversicht brachte, auf die Ausübung der Namensrechte verzichtet. Kein Sportreporter wird es sich nehmen lassen, auf diesen Umstand hinzuweisen, eine solch bemerkenswerte Aktion würde bis über die Grenzen des deutschen Werbemarktes hinaus wahrgenommen werden, und dieser Sponsor würde sich bei allen FCK-Freunden unsterblich machen. Das ist also letztlich keine romantische Spinnerei, sondern kaufmännisches Kalkül.

Der Betze brennt: Du bist ebenso wie Jürgen Kind Mitarbeiter von „Der Betze brennt“, Ihr tretet zur Aufsichtsratswahl allerdings getrennt und nicht als Team an. Wie kam es dazu?

Sester: Ich kann sehr selten Auswärtsfahrten mitmachen, selbst bei Heimspielen wird es wegen der fürchterlichen Anstoßzeiten oft schon eng. Als Selbständiger kann Jürgen sich so organisieren, dass er die Spiele alle mitnimmt, viele kennen und schätzen ihn seit Jahren. Er ist prädestiniert dafür, die Sicht der Basis im Aufsichtsrat zu repräsentieren und daher zu Recht offizieller Kandidat von „Der Betze brennt“ mit über 1.000 Spielen auf dem Buckel. Natürlich weiß ich als langjähriger Westkurvenfan auch, wie die Basis tickt, auch was man den Leuten nicht zumuten kann und welche Rücksichten man im Hinblick auf die Einzigartigkeit des FCK nehmen muss. Bei mir ist das mehr so eine Art „Zusatzqualifikation“. Meine Zugehörigkeit zu „Der Betze brennt“ ist in diesem Zusammenhang auch mehr zufällig, ich hätte auch kandidiert, wenn ich nicht dem Team angehören würde. Würde ich mich jetzt höchstoffiziell als zweiter Kandidat von „Der Betze brennt“ anpreisen, würden die Leute vielleicht zu Recht fragen, ob wir noch ganz dicht sind. Wir drücken uns jedenfalls gegenseitig die Daumen.

Der Betze brennt: Und was würde sich im Falle einer möglichen Wahl an Deinem Engagement bei „Der Betze brennt“ ändern?

Sester: Ich müsste selbstverständlich bei „Der Betze brennt“ als Mitarbeiter ausscheiden. Ohne meinen beruflichen Hintergrund überbetonen zu wollen, ist es gerade als Anwalt eine alltägliche Pflicht, zwischen verschiedenen Interessensphären klar zu trennen und Informationen, die mir von einer Seite anvertraut wurden, nicht einfach einer anderen Seite zuzutragen. Insoweit sehe ich keine Konflikte.

Der Betze brennt: Wie sieht für Dich die ideale Besetzung des Aufsichtsrates für einen Verein wie den 1. FC Kaiserslautern aus - ausgehend von den verschiedenen Referenzen der Bewerber, unter denen sich in den letzten Jahren ja beispielsweise Wirtschaftsfachleute, Juristen, Ärzte, Ex-Fußballer oder auch Vertreter der Fan-Basis und von Sponsoren befanden?

Sester: Idealerweise ist der Aufsichtsrat des FCK so besetzt, dass verschiedene Sichtweisen vertreten sind. Die Sichtweise der Basis darf niemals fehlen, sie ist das Rückgrat des Vereins. In wirtschaftlichen Zusammenhängen sollte jeder Aufsichtsrat denken können, er braucht ferner jede Menge gesunden Menschenverstand. Hierfür sind natürlich immer Quereinsteiger gut, egal welcher Berufsgruppe sie angehören. Außerdem bestehen Verein und Anhängerschaft auch aus vielen jüngeren Mitgliedern. Ich bin mit 31 der jüngste Bewerber, der insoweit natürlich auch die Sichtweise jüngerer Vereinsmitglieder repräsentieren kann. Ach ja, juristischer Sachverstand darf natürlich auch nicht fehlen.

Der Betze brennt: Zum Abschluss: Was sollten die FCK-Fans und -Mitglieder bezüglich Deiner Kandidatur noch wissen und warum sollten sie Dir ihre Stimme geben?

Sester: Die Art und weise, wie ich an die Dinge herangehe, ist davon geprägt, dass ich niemals etwas verabsolutiere. Ich hinterfrage immer auch eigene Standpunkte und lasse mich gerne von guten Argumenten überzeugen. Meine Grundüberzeugungen, die ich in Bezug auf den FCK habe, werde ich allerdings niemals aufgeben, sie verteidige ich eisern. Dafür steht meine Kandidatur.

Der Betze brennt: Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen Dir viel Erfolg bei der Aufsichtsratswahl!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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