Spielbericht: TSG Hoffenheim - 1. FC Kaiserslautern 1:0

Triste Teufel - Happy Hoppies

Vor nicht einmal 10 Jahren spielte der 1. FC Kaiserslautern noch in europäischen Sphären, war die beste Mannschaft der CL-Vorrunde, vor sechs Jahren gar für einen Monat die „beste Vereinsmannschaft Europas“. Am 19. Oktober 2007 war dann jedem Fan unseres Traditionsvereins nicht nur symbolisch, sondern auch faktisch klar vor Augen geführt, wo der Verein gelandet ist. Die Roten Teufel, eines der renommiertesten Teams der deutschen Fußballgeschichte und einst gefürchtet in Europa spielen im Dietmar-Hopp-Stadion im Sinsheimer Ortsteil Hoffenheim. Vor 6350 Zuschauern... ausverkauft. Kein Freundschaftskick zur Stadioneinweihung, nein, ein Punktspiel!

Dietmar Hopp, Mäzen und Sponsor der TSG, hat in über 20 Jahren seinen Jugendverein, für den er selbst kickte, mit Abermillionen von Euros aufgepäppelt, aus der B-Klasse in die Bundesliga geführt. Zeichen wirtschaftlichen und sportlichen Know-Hows? Ja! Wohltat für den Fußball? Nein! Traditionsvereine, nicht nur der FCK, darben ein Dasein am Rande der Existenz, Vereine, die Fußballdeutschland zu dem machten, was es weltweit bedeutet. Darben, da der Kommerz durch TV-Gelder und Merchandising so weit vom eigentlichen sportlichen Prozedere abweicht, dass man mit Fußball alleine nicht mehr existieren kann. Für Milliardäre ist es ein Kinderspiel, sich mit seinem Hobby zu profilieren. Hopp hat die Lücke erkannt und ausgenutzt, wäre er gebürtiger Eselsfürther oder Siegelbacher, wäre wohl der FCK sein Spielzeug! O tempora, o mores!

Die Fans vom Betze hatten sich so einiges einfallen lassen, um ihre Abneigung gegen die Emporkömmlinge aus der Kurpfalz (ja,ja... das sind eigentlich Pfälzer...) zu zeigen. Einem Bannermarsch der rund 400 per Sonderzug angereisten Fans unter dem auch im Stadion gezeigten Motto „Traditionsverein“ folgten weitere Aktionen. Neben zahlreichen Spruchbändern und Doppelhaltern mit teilweise recht deutlichen Aufschriften wurde klar mitgeteilt, was nicht nur der Betze-Anhang, sondern jeder normal gewachsene Fußballfan in Deutschland von solchen Attitüden hält. Im Block wurden hunderte Leibchen verteilt, um „Hoppenheim“ rot zu machen, die gesangliche Unterstützung dauerte über 90 Minuten an, sowohl mit eindeutigen Schmähgesängen als auch mit frenetischer Anfeuerung der eigenen Elf - so muss es sein! War bisher das Amateurspiel gegen die zweite Mannschaft des Karlsruher SC, laut TSG-Ordnern, das aggressivste Spiel in Hoffenheim, so setzten die Lautrer mal wieder einen neuen Höhepunkt, der von anderen Gastvereinen im Dietmar-Hopp-Stadion aber sicher noch getoppt werden wird.

Gleich zu Spielbeginn wurde das stark sichtbehindernde Fangnetz vor dem Gästeblock Opfer das erste und einzige „Opfer“ des Tages. Es hielt dem traditionellen Zaunbesteigen der Fans nicht stand - allerdings ein Unding, das ein solches Netz dem Ziehen von etwa 15 Menschen auf seiner gesamten Länge von über 50 Metern nicht standhält. Aufgrund dieses Vorfalls wird nun in den Medien von „randalierenden FCK-Fans“ geschrieben, im Zweitliga-TV werden die auf „Old-School-Niveau“ supportenden Schlachtenbummler als Unmenschen dargestellt. An dieser Stelle sei bei aller Kritik an mutwilliger Sachbeschädigung noch einmal darauf hingewiesen, dass niemand verletzt wurde und zu keinerlei körperlicher Gewalt kam. Verbale Unmutsbekundungen gehören zum Fußball wie gelbe und rote Karten, eine Fankurve darf niemals zu einer emotionslosen Ansammlung von Klatschäffchen werden!

Die Fans waren also mehr als bereit, und die Mannschaft? Fußballprofessor und TSG-Trainer Ralf Rangnick brauchte seine Blauen nicht groß heiß zu machen, noch dazu, da zwei ehemalige Lautrer, Teber und Seitz in Hopps Reihen agieren, die nicht im Frieden geschieden waren. Der FCK wollte laut Coach Kjetil Rekdal offensiv agieren, trat dann aber mit nur einer Spitze, Björn Runström, an. Dahinter ein Fünfer-Mittelfeld mit Patrice Bernier zentral, dazu Aimen Demai, und Esben Hansen als Ballverteiler, Josh Simpson auf links und... Mathieu Beda! Der Franzose sollte vor der Abwehr den „Sechser“ machen, hinter ihm spielte eine Kette mit Sven Müller, Sascha Kotysch, Boubacar Diarra, der für Jendrisek im Spiel war, sowie Alexander Bugera. Offensiv also, Herr Rekdal???

Nach gut zwei Minuten, kam Copado zur ersten Chance für 18,99€ Hoffenheim und der FCK war aus dem Spiel. In der Folgezeit kam die zunächst vielbeinige Abwehr immer mehr ins Straucheln und verspielte auch noch die einfachsten Bälle, um sich Freiraum zu verschaffen. Ein übles Gebolze aus der Deckung, das den Namen „Fußball“ nicht verdiente. Nach einer Viertelstunde hätte es bereits 2:0 stehen können, ja müssen, doch Florian Fromlowitz rettete dem FCK mit Weltklasse-Paraden das 0:0. Ba, Edu, Salihovic testeten den Keeper, der nicht zu bezwingen war. Das Mittelfeld der Roten Teufel hingegen ergab sich in sein Schicksal und legte alles Glück in die Hände von Flo! Kein Aufbäumen, keine Ideen, nicht ein gewonnener Zweikampf im zentralen Mittelfeld in der ersten halben Stunde. Auf Außen ging gar nix, nur Müller lief zweimal die Linie runter, allerdings ohne eine Chance den Ball an den Mann zu bringen. Bugera nur mit Befreiungsschlägen, kassierte zudem die vierte Gelbe, Diarra zu oft zu weit weg, Beda wie gesagt weiter vorne, rechts Müller nach vorne uneffektiv nach hinten mit Kilometerabstand zum Gegner, Kotysch noch der Beste hinten, aber überfordert.

Nach 27 Minuten schlug das Schicksal dann zu, als Fromlowitz raus laufen musste, allerdings einen Tick zu spät gegen Eduardo klärte, kein Foul beiderseits, doch unser Goalie verletzte sich schwer am Knie, musste mit schmerzverzerrtem Gesicht raus. Erste Untersuchungen ergaben mehrere Bänderverletzungen und der Verdacht auf Kreuzbandriss und Meniskusschäden, Flo wird eventuell den Rest der Saison ausfallen. An dieser Stelle auch vom Team „Der Betze brennt“ und wohl allen FCK-Fans die besten Wünsche an dich, Flo! Für ihn kam Tobias Sippel, der in der Folge zu einer Hochform auflief, die selten ein zweiter Keeper so spontan ablieferte.

In der 37. wurde er zum ersten Mal geprüft, danach ein fantastischer Abschlag weit in die Spitze, Hansen bekommt das Leder, hämmert aus 25 Metern drauf, unglaublicher Reflex von Hoffenheims Torwart Haas, den Abstauber köpft Runström aufs lange Eck..... drin das Ding! Sekundenlanger Jubel nur im Gästeblock, denn der Linienmann hatte die Fahne oben. Wie sich später herausstellte zu Recht, Runström befand sich im Fernsehbild etwa 2 gefühlte Zentimeter im Abseits. Das kann kein Schiri sehen, Männers! Neun von zehn solchen Toren zählen, im Zweifel für den Stürmer... beim Betze klebt die Scheiße wirklich an den Socken!
0:0 zur Pause, Tor nicht gegeben, Frommlowitz schwer verletzt, Bernier angeschlagen, Hoffenheim klar überlegen..... Oh, Jesus!

Das hoffnungslose Mittelfeld wurde nicht verstärkt nach der Pause, weder Axel Bellinghausen noch Sebastian Reinert bekamen eine Chance, Bernier verlor die Bälle weiterhin nach fast jedem Ballkontakt, Demai verletzte sich sofort nach Wiederanpfiff, hielt aber humpelnd durch bis zum Schluss, sah ebenfalls Gelb. Hansen ließ außer dem Torschuss in Hälfte eins nur noch einmal Gefährlichkeit erkennen (62. / Drehschuss aus kurzer Distanz), bot sich viel zu selten zum Kurzpass an, alle Bälle wurden weit geschlagen auf die einzige Spitze, Runström. Der lief sich die Hacken ab, erreichte aber keinen der unplatzierten Pässe. Nach knapp 65 Minuten erkannte Rekdal Runströms Erschöpfung und, nein... Er unterstützte ihn nicht mit einer zweiten Spitze, sondern brachte stattdessen Emeka Opara. Kurz darauf kam noch Moussa Ouattara für Müller, um hinten dichter zu machen, denn inzwischen spielte „Hoppenheim“ mit dem FCK Katz und Maus. Doppelpässe, lange Bälle die Linie lang, Pressing schon an unserem Sechzehner. Keine Atempause für die überlastete Abwehr, die nur durch die Reflexe von Sippel ohne Gegentor blieb, und nur durch seine sensationellen Abschläge in Reichweite des blauen Tores kam. Insbesondere gegen den Kopfball von Edu ließ der Keeper, der vor der Saison noch die Nummer drei war (!), die Lautrer Fans weiter hoffen, die sich immer noch in Rage sangen für den FCK und gegen Hopp. Die Hoffenheimer „Fans“ hingegen machten im ganzen Spiel nur einmal hörbar mit, als sie nach einer wunderschönen Schalparade im Gästeblock „Ihr seid so lächerlich“ anstimmten. Manchmal fragt man sich, und das sahen auch neutrale Beobachter später so, wer denen eigentlich ins Hirn gesch... hat???

Hoffenheims Zielstrebigkeit wurde dann doch noch, sportlich gesehen verdient, belohnt. In der 77. Minute kam ein Freistoß hoch an den kurzen Pfosten, Ibisevic ließ dem Schlussmann nicht den Hauch einer Abwehrmöglichkeit, köpfte das Ding millimetergenau unter die Latte. Der Traum geplatzt! Nun steigerten sich die etwa 50 Hoffenheimer Supporter in wahre Freudentaumel, die Haupttribüne erwachte zum Leben - die war vorher gar nicht geistig anwesend! „You only sing, when you're winning“ schallte es aus der roten Ecke, daraufhin kam ein hämisches „Absteiger, Absteiger“ zurück. Die Reaktion der Lautrer war erwartungsgemäß - Zaunsturm! Schnell setzte man sich wieder auf seine blauen Sitzschälchen und tuschelte seinem Nachbarn zu, das man den Slogan „Ihr macht unsern Sport kaputt - und wir machen euch kaputt!“ wohl ernst nahm. Man hat lange keinen so emotionalen Betze-Mob gesehen! Noch einmal allerdings die Anmerkung, dass zu keinem Zeitpunkt Gefahr für das leibliche Wohl von den FCK-Fans ausging, auch wenn dies einige Medien anders darstellen.

Auf dem Platz hingegen, nichts! Gar nichts! Kein Aufbäumen gegen die Niederlage! Der Frust und der berechtigte Hass gegen die „Happy Hoppies“ war größer als die Verzweiflung über die sportliche Demütigung durch eine zusammengekaufte Millionario-Truppe. Sippel verhinderte noch zweimal die durchaus verdiente höhere Führung. "Wir haben schlecht nach vorne gespielt und waren hinten auch schlecht", schimpfte FCK-Coach Kjetil Rekdal: "Wir hatten zu viele Spieler, die nicht in Zweikämpfe gegangen sind. So kann man nicht gewinnen.", erkannte der Coach später richtig. Jedoch seine Analyse ist zu kurzsichtig, ist er nun mal verantwortlich für die Motivation und die Zuordnung im Mittelfeld, nicht die Abwehr hat dieses Spiel verloren. Wenn man nur eine Spitze bringt, kann man auswärts ohne Mittelfeld nichts reißen, in Offenbach haben wir bewiesen, wie es gehen muss - nach vorne! Diese taktische Aufstellung erinnerte stark an Wolf'sche Zeiten. Das ist nicht nur schlecht, sondern in unserer Situation auch dumm! FCK- Kapitän Mathieu Beda sagte nach dem Spiel, dass "die Mannschaft zwar gut gearbeitet, aber zu viele einfache Bälle verloren hat". Auch das ist leider nur die halbe Wahrheit, Mathieu, redet euch nicht froh!

Dietmar Hopp, der nach dem Spiel in einem Interview deutlich desillusioniert schien, weil nun schon zum dritten Male, nach Mainz und Augsburg, er persönlich vom Gegner verbal angegriffen und teilweise unter der Gürtellinie beleidigt wurde, braucht sich keine Sorgen zu machen. DSF-Reporter Quast hat die Fans des FCK bereits als die Bösen dargestellt, allein schon wegen dem Fangzaun, denn nach der Auffassung dieses anerkannten Experten sind die Roten Teufel wohl „Assos“ und Hopp einer der „wichtigsten Männer im deutschen Fußball!“ Ebenfalls ließ der Sportinformationsdienst eine Meldung über den Ticker laufen, die den Eindruck erweckt, als ob mit den FCK-Fans eine blutrünstige Masse von Menschenfressern in Hoffenheim eingefallen wäre. Wer dabei gewesen ist wird wissen, dass alles halb so schlimm war und dass der FCK zurzeit sicher sehr viel größere Probleme hat als ein kaputtes Fangnetz im Wert von vielleicht 3.000 Euro. Zumal das Fangnetz in einem zweitligatauglichen Stadion niemals gefallen wäre...

Wenn man dann mit solch einer Leistung verdient verliert hat man allerdings trotzdem keine Argumente mehr. Die Nebenkriegsschauplätze drücken den Hass gegen den Kommerz aus, aber auch den Frust gegenüber der Ohnmacht, seinem eigenen Team nicht helfen zu können. Der Lautrer Anhang wurde zunächst im Block fest gehalten, dann versuchten einige dem VIP-Zelt, das quasi direkt an der Straße stand (???), verbale Nettigkeiten entgegen kommen zu lassen. Die Polizei kam jedoch diesmal, soweit meine Kenntnis, ohne Gewalt aus, vertrieb den Lautrer Anhang im Laufschritt zum Bahnhof - auf dem Weg dorthin waren dann aber leider wieder einige Polizisten übermotiviert und sorgten laut Zeugenaussagen für die einzige körperliche Gewalt an diesem Tage: Mindestens ein unbeteiligter 13-jähriger bekam den Gummiknüppel zu spüren.

Ein TSG-Offizieller zu mir nach dem Spiel: „Vielleicht war es gut, dass hier mal einige gesehen haben, was Fußball wirklich ist. Manche denken immer noch, dass wir bis nach Madrid ohne jede Gemütsregung durchspazieren!“

Das wird zwar nix daran ändern, dass der FCK wohl die Kosten für das Begradigen des Fangnetz-Pfostens übernehmen muss, auch nix an der schlechten Presse gegen uns, auch Punkte bringt es keine. Aber vielleicht haben andere Fans ja gesehen, dass man den Fußball-Narzissen nur mit geballter Manpower widerstehen kann, schöne Grüße nach Köln, Gladbach und Pauli - immer feste druff! Rein verbal versteht sich! Oder sollte man euch wegen eurer Dämlichkeit gar Dresden im Pokal wünschen? Wollte doch tatsächlich so ein Hoppie-Mäuschen meinen Schal tauschen??? Den hab ich gegen Glasgow und Lissabon, gegen Eindhoven, Tottenham und Lens nicht getauscht... niemals würde ich einen FCK-Schal einem ahnungslosen Event-Luder geben! Auf meine Frage, was ich denn bitte mit einem Hoffenheim-Schal machen solle, antwortete das etwa 35-jährige Kleinkind: „Na, von mir aus kannst'en verbrennen!“ Quo vadis, Fußball?

Das Ende dieses Spieltages lässt ein wenig, ein ganz klein wenig Hoffnung, dass der Hopp-Shop es nicht schafft bis ganz nach oben, aber leider kaum Hoffnung auf den Klassenerhalt unseres FCK! Die „Happy Hoppies“ brauchten sich vor den „tristen Teufeln“ nicht zu verstecken.

- Fanfotos vom Spiel
- Weitere Fanfotos (von "TSG.Dan")
- Video vom Marsch zum Stadion

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Rossobianco

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