Saisonrückblick 2012/13, Teil 1

Die Hinrunde: Die Achterbahnfahrt der Gefühle beginnt

Die Hinrunde: Die Achterbahnfahrt der Gefühle beginnt


Nur eine Niederlage in 17 Spielen - und doch war die Hinrunde des 1. FC Kaiserslautern irgendwie nicht zufriedenstellend. Im ersten Teil des Saisonrückblicks von „Der Betze brennt“ stehen die ersten Monate mit Franco Foda und vielen neuen Spielern im Mittelpunkt.

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Erster Spieltag der Saison 2012/13: Fast grenzenloser Jubel im Fritz-Walter-Stadion. Hendrick Zuck hat nach 0:2-Rückstand gegen Union Berlin gerade das 3:2 für den 1. FC Kaiserslautern erzielt. Die Offensivabteilung jubelt vor der Westkurve, auf der anderen Seite des Spielfelds liegen sich die Lautrer Innenverteidiger Mathias Abel und Anthar Yahia in den Armen. Das ist gerade mal zehn Monate her und klingt doch wie aus einem vergangenen FCK-Jahrhundert - Zuck und Yahia haben den Verein schon lange verlassen, ebenso wie Gil Vermouth, mit dessen Torvorlage die Aufholjagd gegen Union begann, und Ilian Micanski, der in diesem Spiel fast noch das 4:2 erzielt hätte. Auch Abel spielt sportlich längst keine Rolle mehr.

Zwei weitere Monate zurück in den Mai 2012: Nach dem desaströsen Abstieg aus der Bundesliga wird Franco Foda als neuer FCK-Trainer vorgestellt. Auch die Mannschaft wird nahezu komplett ausgewechselt; Buhmänner wie Richard Sukuta-Pasu, Oliver Kirch oder Olcay Sahan gehen, bundesligaerfahrene Spieler wie Mo Idrissou, Albert Bunjaku und später Alexander Baumjohann kommen. Über die Saison summiert ergeben sich satte 20 Neuzugänge und 22 Abgänge beim FCK.

Die treuen FCK-Fans tasten sich nach der schlimmen Abstiegssaison erst langsam wieder heran, über 3.000 Kiebitze beim Trainingsauftakt im Juni sind ein erstes positives Signal. Die Sommerpause setzt einige Ausrufezeichen, etwa das angebliche Baggern des DFB an Stefan Kuntz, das sich dann doch als Sturm im Wasserglas entpuppt. Oder die überraschende Nominierung von Neuzugang Bunjaku als Kapitän, mit dem vorher keiner gerechnet hat. Die Ultras kündigen ein neues Stimmungszentrum in der Westkurve an, dessen Umsetzung später eine Mehrheit auf der Fanversammlung befürwortet. Und Franco Foda gibt das eindeutig definierte Saisonziel aus: „Ich will aufsteigen!“

Und dann kommt der besagte erste Spieltag, das Auftaktmatch gegen Union. Zu jenem Zeitpunkt ahnt noch niemand, dass diese Partie ein Spiegelbild der ganzen Saison sein wird: Ein Auf und Ab der Gefühle. Den Berlinern gelingt in der Nachspielzeit doch noch der Ausgleich zum 3:3 und auf dem Betzenberg herrscht eine merkwürdige Atmosphäre irgendwo zwischen Katzenjammer und Aufbruchstimmung.

Die Roten Teufel präsentieren sich zum Saisonbeginn vor allem auswärts top (2:1 in Aalen, 3:1 in Dresden, 2:1 in Bochum), Spieler wie Kostas Fortounis und Hendrick Zuck brillieren, Mo Idrissou und Albert „Bum-Bum-Bunjaku“ treffen wie am Fließband. Aber: Zuhause hapert es, vier der ersten fünf Heimspiele enden Unentschieden. Darunter auch die Remis jeweils nach Führung gegen die späteren Direktaufsteiger Hertha und Braunschweig („Einmal Dick, einmal doof, wieder nur ein Punkt“). Für nachhaltige Freude sorgen zu Saisonbeginn nicht unbedingt die sportlichen Auftritte, sondern eher Randgeschichten wie der kometenhafte Aufstieg von Dominique Heintz - der aus der A-Jugend gekommene Innenverteidiger erobert sich auf Anhieb einen Stammplatz und weckt schnell das Interesse höherklassiger Klubs. Seine vorzeitige Vertragsverlängerung in der Winterpause feiern Fans und Verein mehr als manchen Sieg in dieser Spielzeit.

Aber es gibt auch schlechte Nachrichten abseits des Sportlichen: Dem Fanprojekt Kaiserslautern geht die Luft aus, weil das Geld fehlt. Fast zeitgleich erhalten die Fußball-Sozialarbeiter den renommierten Julius-Hirsch-Preis für ihren Einsatz nach dem Antisemitismus-Skandal um Itay Shechter. Es folgen viele Gespräche, Lösungsszenarien und Personalwechsel, die aus der Saison 2012/13 ein verlorenes Jahr für das Lautrer Fanprojekt machen. Aber: Die nötigen Gelder wurden vorläufig gesichert und das Fanprojekt geht mit neuen Mitarbeitern an den Neuaufbau ab Sommer 2013.

Zurück zum Sportlichen: Nach der Hälfte der Hinrunde und dem 1:1 in Ingolstadt steht der FCK auf Platz 3, gefühlt wäre aber viel mehr drin gewesen als die 17 Punkte aus neun Spielen. Es folgen ein Heimsieg gegen Sandhausen, ein 3:3 in Köln dank Idrissou, ein 4:1 gegen Aue („Der Abend des Alexander Baumjohann“) und ein 1:1 in Paderborn. Das Auf und Ab geht weiter. Zwischendurch setzte es noch das Pokalaus bei den übermächtigen Bayern, nachdem in der ersten Runde das gleichfalls undankbare Auswärtslos bei Drittligist Rostock noch bewältigt worden war.

Während es in der Offensive wie am Schnürchen läuft, scheint die Abwehr der Ansatzpunkt für das fehlende Aufstiegsquäntchen zu sein. Da sind die ersten beiden Zu-Null-Siege der Saison gegen Cottbus und in Frankfurt Balsam auf die Seele nicht nur von Tobias Sippel. Die ungeschlagene Elf von Franco Foda steht weiter auf Platz 3, nur einen Punkt hinter Hertha und drei hinter Braunschweig. Der FCK läuft und läuft und läuft wie ein VW-Käfer und befolgte die Baumjohannsche Formel, mit der nicht nur der Mittelfeldregisseur die einfache Rechnung aufstellte: Mit je einem Sieg und einem Unentschieden aus zwei Spielen, also im Durchschnitt zwei Punkten pro Partie, würde der Aufstieg gelingen.

Diese Serie hält bis zum enttäuschenden Heim-Unentschieden gegen Jahn Regensburg dienstags um 17:30 Uhr und endet mit der 0:1-Niederlage in St. Pauli. Erst am 17. Spieltag setzt es die erste Niederlage für die Roten Teufel und doch ist der Wurm drin: Jetzt laufen nur noch Braunschweig und Hertha wie ein Käfer und eilen dem FCK mit jedem unnötigen Punktverlust weiter davon.

In den letzten Wochen der Hinrunde, an die sich vor der Winterpause die ersten zwei Spiele der Rückserie anschließen, überschattet noch ein anderes Thema den Sport: Die DFL plant den finalen Schlag gegen die Fankultur, befürchtet der FCK-Anhang, und tatsächlich ist das Papier „Sicheres Stadionerlebnis“ ein riesiges Thema in allen deutschen Kurven. In Anlehnung an den Tag der DFL-Entscheidung schweigen die Fans an drei aufeinanderfolgenden Spieltagen für 12:12 Minuten, angefangen mit dem FCK-Spiel gegen Regensburg. Es braute sich einiges zusammen beim FCK, auf den Tribünen ebenso wie sportlich...

Morgen im zweiten Teil des Saisonrückblicks auf „Der Betze brennt“: In der Rückrunde verschärft sich das Auf und Ab in der Pfalz und auch neben dem Platz brodelt es immer häufiger. Erst zum Saisonende hin wird beim FCK eine Art Burgfrieden geschlossen - der Relegationsteilnahme und dem dort wartenden Gegner sei dank.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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