Saisonrückblick 2011/12, Teil 2

Die Rückrunde: Der bittere Gang in Liga zwei

Die Rückrunde: Der bittere Gang in Liga zwei


Jetzt wird es richtig grausam. Denn nach der durchwachsenen Hinserie mit einigen wenigen Highlights folgte die Rückrunde, in der ein Tiefpunkt den nächsten jagte. Fünf Monate mit einem einzigen Sieg, wenigen Unentschieden, vielen Niederlagen, einer chaotischen Transferperiode, einem Fan-Aufstand und der „großen Aussprache“ nach der Saison.

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Beginnen wir mit dem Transferchaos. Die Verpflichtungen der Stürmer Jakub Swierczok, Nicolai Jörgensen und Sandro Wagner verliefen noch ganz gewöhnlich - auch wenn sie im Nachklang keinerlei Wirkung entfachten. Der erste „Coup“ sollte Gary Kagelmacher vom belgischen Club Beerschot AC werden, der trotz eines Einsatzes im Trainingslager und der Spekulation im „Kicker“, ob er bereits gegen Werder Bremen in der Startelf stehen wird, zum AS Monaco in die zweite französische Liga wechselte. Tagelang ging es hin und her, ob er nun hier oder dort unterschreibt, bis es dann tatsächlich Monaco wurde - statt Kagelmacher kam schließlich Anthar Yahia in die Pfalz. Getoppt wurde dieses Schauspiel dann vom Transfer des jungen Polen Ariel Borysiuk. Nachdem der Transfer in trockenen Tüchern schien und schon einige scherzhaft munkelten, Borysiuk werde sicher noch nach Monaco wechseln, kam plötzlich über den Äther, dass er beim Daum-Klub FC Brügge unterschrieben habe. In der Presse tauchten sogar angebliche Bestätigungen des FCK auf, dass der Vertrag bei den Belgiern durch sei - und einen Tag später tauchte Borysiuk dann doch wieder in Kaiserslautern auf, um kurz vor Ende der Transferperiode bei den Roten Teufeln zu unterschreiben. Gehen mussten derweil acht Spieler, darunter mit großem Bedauern der Fans auch Ex-Kapitän Martin Amedick. Langweilig wurde es in der Winterpause definitiv nicht.

Dabei begann die Rückrunde bereits einige Tage zuvor mit einem 0:0 gegen Werder Bremen. Überraschung, mal wieder ein Unentschieden, mal wieder kein eigener Treffer, doch die durchaus ansprechende Leistung mit unter anderem zwei Pfostentreffern machte Hoffnung auf eine brauchbare Rückrunde. Die Hoffnung bestand auch nach dem 2:2 in Augsburg, obwohl die Leistung alles andere als gut war und auch ein 2:5 nicht unverdient gewesen wäre. Die beiden Treffer von Florian Dick sorgten für den zweiten Zähler der Rückrunde und hätte Schiedsrichter Manuel Gräfe in der Nachspielzeit auf den Punkt gezeigt, wäre sogar ein Sieg drin gewesen. Doch dieser sollte ja gegen den Lieblingsgegner 1. FC Köln eingefahren werden, eingeplant war er sowieso und dann wären es schon mal fünf Punkte aus drei Spielen gewesen - ordentlich!

Doch es kam ganz anders - eine unterirdische Leistung, der Platzverweis von Ariel Borysiuk in seinem ersten Einsatz und Schlafmützigkeit in der Abwehr nach der Einwechslung des Siegtorschützen Odise Roshi sorgten für die erste Heimniederlage gegen die Domstädter seit dem Fall der Berliner Mauer und die Gewissheit, dass es eine knallharte und schwere Rückrunde werden wird. Im Rückblick sind viele FCK-Fans der Ansicht, dieses Spiel hätte das letzte von Trainer Marco Kurz sein sollen, hier wäre die letzte Chance für eine Notbremse gewesen. Doch Kurz arbeitete weiter und konnte mit seinem Team nach dem 0:2 in München wenigstens behaupten, das Ergebnis im Rahmen gehalten zu haben. Das lag allerdings in erster Linie an den Bayern, die nach der frühen Führung und der grotesken Harmlosigkeit im Lautrer „Angriffsspiel“ ein paar Gänge zurückschalteten und sich sorglos schonen konnten. Trotz des Fehlstarts stand der FCK noch immer nicht auf einem direkten Abstiegsplatz, doch die Angst ob der bislang gezeigten Leistungen wuchs.

Und sie wuchs weiter - das 1:2 gegen den Tabellendritten aus Gladbach, trotz eines Traumtors von Leon Jessen, war bereits das zwölfte Spiel in Folge ohne FCK-Sieg. Zu diesem Zeitpunkt erschien das noch als ziemlich krasse Negativserie. Immerhin wurde in der zweiten Hälfte aber eine deutlich bessere (Kampf-)Leistung geboten, so dass die Mannschaft durchaus fit für das anstehende Rheinland-Pfalz-Duell in Mainz wirkte.

Gegen den „Depp“ konnte schließlich auch in der Hinrunde der erste Sieg gefeiert werden, so dass 5.000 FCK-Anhänger mit viel Pyrotechnik im Gepäck das neue Mainzer Stadion enterten und für ein Heimspiel mit Auswärtssieg sorgen wollten. Doch es wurde eine Farce. 0:4 stand es am Ende, die Niederlage war auch in der Höhe verdient und der Fall auf Abstiegsrang 17 perfekt. Für diesen Auftritt gab es keine Entschuldigung, es war einfach eine Leistungsverweigerung der Spitzenklasse. Dementsprechend wütend reagierten die mitgereisten Fans: 300 Mitfahrer aus dem Entlastungszug zogen nach der Ankunft in Kaiserslautern direkt zum Betzenberg, wo mit den angetroffenen Stefan Kuntz, Marco Kurz, Christian Tiffert und Mathias Abel über die Situation gesprochen und eine Zusammenkunft mit der Mannschaft am nächsten Tag vereinbart wurde. Diese emotionale Aussprache in der Nordtribüne des Fritz-Walter-Stadions wurde von antisemitischen Äußerungen während des vorangegangenen Trainings überschattet - der FCK hatte also nicht nur ein sportliches Problem an der Backe. Kurz darauf trat auch noch Aufsichtsratsmitglied Dr. Martin Sester zurück, um sich kurz darauf doch zum weitermachen überreden zu lassen.

Am 24. Spieltag war dann der tabellarische Tiefpunkt erreicht: Nach dem 0:0 gegen den VfL Wolfsburg, bei dem Regionalliga-Torjäger Andrew Wooten sein Debüt gab, stand in der Tabelle vor dem 1. FC Kaiserslautern die bittere „18“. Und das sollte sich bis zum Ende der Saison auch nicht mehr ändern. Drei Tore, drei Punkte und null Hoffnung - am 24. Spieltag begruben viele FCK-Fans ihre letzte Hoffnung auf den Klassenerhalt, denn während der FCK vor sich hin stümperte, punkteten die Konkurrenten fleißig oder waren gar schon weit davon geeilt. Und so machten sich 4.000 Schlachtenbummler am Freitagabend auf den Weg nach Stuttgart, um sich 90 Minuten lang selbst zu feiern und einfach mal wieder Spaß während eines Fußballspiels zu haben. Das klappte auch wunderbar, nebenbei trafen die elf Lautrer auf dem Platz wieder nicht, hielten aber zumindest hinten dicht, und so kam erneut ein 0:0 heraus. Von den Verantwortlichen wurden die zwei torlosen Unentschieden zwar noch als Erfolgserlebnisse verkauft, dass sollte sich aber schnell als Trugschluss herausstellen.

Der dicke Paukenschlag kam dann einen Tag später: Der Rücktritt von Martin Sester aus dem Aufsichtsrat war doch rechtskräftig, weshalb Jürgen Kind als erster Nachrücker dessen Stelle einnahm. Es war Mitte März, der FCK hatte noch keine positiven Schlagzeilen im Jahr 2012 geschrieben, aber schon mehr Turbulenzen als notwendig hinter sich. Der Begriff „Chaoslautern“ machte mal wieder die Runde - und es fehlten die Argumente, um Kontra zu geben. Und weil das noch nicht genug war, folgte nach der 1:4-Heimpleite gegen Schalke 04 und den Auflösungserscheinungen in der zweiten Halbzeit die Entlassung von Marco Kurz sowie die völlig überraschende Verpflichtung von Krassimir Balakov als dessen Nachfolger. „Endspiel“ sollte seitdem das geflügelte Wort sein. Das erste dieser Finals führte Balakov und seine neue Mannschaft in den Breisgau zum wiedererstarkten SC Freiburg, der kurzen Prozess machte und nach der frühen 2:0-Führung gemütlich zum nächsten Heimerfolg gegen den FCK spazierte. Der Befreiungsschlag nach dem Trainerwechsel wurde verpasst, die Roten Teufel standen nun mit mindestens einem Bein in der zweiten Liga.

Noch sieben Endspiele, davon die ersten zwei daheim gegen die nicht wirklich bedrohlichen Hamburger und Hoffenheimer. Es mussten unbedingt zwei Siege her, denn der Relegationsplatz war bereits satte sieben Punkte entfernt. Und wie die Mannschaft in diese Endspiele ging! Mit vollen Hosen, kaum spürbarer Leidenschaft und „ohne Eier“ ging das erste Spiel gegen den HSV verdient mit 0:1 verloren. Was die Zusammenfassung der Rückrunde nur erahnen lässt: Die Leistungen wurden von Spiel zu Spiel schlechter, eine neue Definition von „Tiefpunkt“ musste gefunden werden. Spaß hatte schon lange niemand mehr und da auch der letzte nach dem HSV-Spiel die rosarote Brille abnehmen musste, begannen die Fans gegen Hoffenheim, „ihrer“ Mannschaft nur noch mit Sarkasmus zu begegnen. Die Ergebnisse waren mittlerweile zweitrangig und so bekamen Richard Sukuta-Pasu und Co. ihre Quittung für die gesamte Saison in Form von Schmähgesängen und höhnischen Liedern. Das 1:2 gegen die Hopp-Elf war da schon egal, neun Punkte Rückstand bei fünf ausstehenden Spielen waren zu eindeutig. Außerdem ging es in der englischen Woche nach Leverkusen, wo eh nichts zu holen ist - und so verlor der FCK mit 1:3, und das trotz der bisher besten Leistung in der Rückrunde und inklusive eines weiteren Traumtores zum Ausgleich, diesmal durch Julian Derstroff. Nicht verschweigen darf man aber auch, dass es nach einem mal wieder haarsträubenden Abwehrfehler schon nach 30 Sekunden 0:1 stand.

Die letzten vier Bundesligaspiele brachten dann nach der verdienten 0:2-Pleite gegen den 1. FC Nürnberg (Kuntz: „Das macht mich bekloppt“) den ersten Sieg nach 21 Spielen beim späteren Mitabsteiger aus Berlin. Und ausgerechnet nach dem lange ersehnten Dreier stand der Abstieg auch rechnerisch - man mochte fast „endlich“ sagen - fest. Der vom Anhang lange vergeblich geforderte Andrew Wooten schoss dabei sein erstes Tor, was Trainer Balakov zu der Feststellung brachte: „Manchmal muss man auch auf die Fans hören.“ Es folgten mit dem 2:5 gegen den Deutschen Meister aus Dortmund und einem 1:2 in Hannover noch zwei Niederlagen zum Abschluss, wobei sich die FCK-Fans mit einer feinen Pyroshow von der ersten Liga verabschiedeten.

Verabschieden durfte sich nach Saisonende auch Trainer Balakov. Sieben Niederlagen in acht Spielen hatten auch Stefan Kuntz ins Grübeln gebracht, denn nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die Leistungen sprachen gegen den Bulgaren. Dies wurde auch auf der Außerordentlichen Mitgliederversammlung, welche am 9. Mai 2012 die Spielzeit für den FCK abschloss, deutlich - Stefan Kuntz verweigerte ein Vertrauensbekenntnis für Balakov, womit der Trainer quasi zum Abschuss freigegeben war. Wirklich viel Neues brachte die groß angekündigte „Aussprache nach Saisonende“ aber nicht, außer natürlich die Unterstreichung des „Chaoslautern“: Eine überforderte Versammlungsleitung durch den Ehrenratsvorsitzenden Dr. Michael Koll mit merkwürdigen Ergebnissen bei den Abstimmungen, undurchsichtigen Entscheidungen zur Annahme und Ablehnung von Anträgen sowie einem großen Sieger: Stefan Kuntz, der durch seine emotional vorgetragene Rede die große Mehrheit der Mitglieder hinter sich brachte und sich nun in die Vorbereitung auf die kommende Saison in der zweiten Bundesliga stürzen wird.

Es war kein Spaß, die vergangenen Monate noch einmal Revue passieren zu lassen, für Euch wird es auch kein Spaß gewesen sein, das Ergebnis zu lesen. Wir hätten auch gerne eine andere Rückrunde präsentiert - und werden das hoffentlich in einem Jahr machen. Ich wünsche es mir und Euch. Und jetzt erst mal eine ruhige Sommerpause!

Keine Sommerpause für „Der Betze brennt“: Wir liefern Euch wie gewohnt tagesaktuell alle Informationen rund um den FCK - von Neuzugängen und Transfergerüchten über Testspiele und die neuen Trikots bis hin zum Spielplan und weiteren Infos zur neuen Saison in der zweiten Liga. Schaut einfach mal vorbei!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Sebastian

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