Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-KSC

Die DBB-Analyse: Erst kompakt, dann knüppeldick

Die DBB-Analyse: Erst kompakt, dann knüppeldick


0:4 gegen den Karlsruher SC, zuhause, und das vor den entscheidenden Saisonspielen - härter konnte es den 1. FC Kaiserslautern kaum treffen. Da macht nur noch die Versicherung des Trainers Mut, schon "bitterere" Lagen gemeistert zu haben.

In der einstigen "Festung Betzenberg" Niederlagen der Roten Teufel miterleben zu müssen, ist ja nichts Neues mehr. Aber wann hat ein vergeigter Auftritt vor heimischer Kulisse den eigenen Anhang schon einmal derart brutal in die Hoffnungslosigkeit verabschiedet?

Wir hätten da einen Vorschlag: Am 22. Spieltag der Saison 2021/22. Da verlor der FCK zuhause 0:1 gegen Wehen Wiesbaden, sackte auf Platz 18 der 3. Liga ab und am Horizont zeichnete die Zukunft in der Regionalliga bereits als 3D-Animation in "4k"-Auflösung ab. Wobei das Corona-bedingt ein Geisterspiel war, dass wenigstens niemand im Stadion ertragen musste - dieses Mal waren fast 50.000 live dabei. Damals wurde noch am gleichen Abend Jeff Saibene entlassen. Ihm folgte Marco Antwerpen, dem in den ersten sechs Partien nur ein Sieg gelang, ehe er sein Team zu einem einigermaßen funktionierenden Ganzen zusammengefriemelt hatte, das gut genug punktete, um den Klassenverbleib zu sichern.

Personelle Änderungen? Mit wem denn, bitte?

Heuer aber hat der 1. FC Kaiserslautern den Trainer gewechselt, zum zweiten Mal schon in dieser Spielzeit. Friedhelm Funkel kam erst vor wenigen Tagen, feierte am Samstag Heimpremiere. Und seine Erfahrung ist so ziemlich das einzige, war nach dieser Darbietung noch als Hoffnung bleibt. Er habe schon "andere Situationen mit Mannschaften gehabt, die teilweise noch bitterer waren", erklärte der 70-jährige Trainerveteran nach der Partie. Da muss er wirklich Schreckliches erlebt haben.

21 Punkte hatte der FCK seinerzeit nach dem 0:1 gegen Wehen, in der 3. Liga aber waren da noch 17 Runden zu spielen. Diesmal sind's 22 Punkte und nur noch elf Partien. Und sowieso keine Zeit, noch lange an einem ineinander passenden Mannschaftsgefüge herumzudoktern: Die beiden nächsten Gegner heißen Rostock und Osnabrück, zwei unmittelbare Tabellennachbarn, die die Lautrer unbedingt hinter sich lassen müssen, wenn sie nächstes Jahr noch Zweite Liga spielen wollen.

Sein Trainerteam und er würden nun in der kommenden Woche schauen, "wie und welche Spieler wir dahin kriegen, dass sie in Rostock selbstbewusst auftreten", versprach Funkel. Kurz darauf deutete er an, dass "ein oder andere personell" zu verändern. Fragt sich nur, mit wem. Trotz der Transferoffensive im Winter sind im Kader gegenwärtig keine Alternativen auszumachen, die zündende neue Impulse versprechen.

Die ersten fünf Minuten nach der Pause stellen die Weichen

Ja, es gab diesen einen Moment, in der gegebenenfalls sogar in dieser Partie "alles gut" hätte werden können. In der 46. Minute, als Marlon Ritter nach Zusammenspiel mit Ragnar Ache halbrechts von der Strafraumgrenze abzog und KSC-Keeper Patrick Drewes das Leder gerade noch über Latte lenkte.

Nicht einmal fünf Minuten später erzielte Karlsruhe den ersten Treffer. Hätten die Betze-Buben die Führung gemacht, hätten sie sich in die Seile hängen und auf Konterchancen lauern dürfen. So aber kam's genau umgekehrt. Und knüppeldick.

Wie das 0:1 fiel? Marvin Wanitzek lief sich im Rücken Jean Zimmers frei, nahm einen Diagonalpass seines Kapitäns Jerome Gondorf auf und schob das Spielgerät unbedrängt an Schlussmann Julian Krahl vorbei. Womit die "Anti-Zimmer-Fraktion" im FCK-Anhang ihren bevorzugten Sündenbock direkt schon wieder gefunden hatte.

Es wäre aber unfair, nach dieser Partie einzelne Spieler besonders negativ herauszuheben. Und zu Zimmers Ehrenrettung sei gesagt: Er war's auch gewesen, der die Ritter-Chance zuvor mit einer Balleroberung an der Mittellinie eingeleitet hatte. Und wenige Minuten später, noch beim Stande von 0:1, beschwor er mit einem schnell ausgeführten Einwurf eine der seltenen Gefahrensituationen vor dem KSC-Tor herauf. Der von ihm halbrechts in den Strafraum geschickte Richmond Tachie spielte anschließend einen Pass in den Rückraum, der aber keinen Abnehmer fand.

Die erste Hälfte: "Kompakt", und zum Sterben langweilig

Den Aufregern direkt nach Wiederanpfiff war eine erste Halbzeit vorausgegangen, die an Ereignislosigkeit kaum zu überbieten war. Womit zumindest der Gästetrainer kein Problem hatte. "Ein Auswärtsspiel des KSC darf auch mal langweilig sein", resümierte ein verständlicherweise blendend gelaunter Christian Eichner hinterher.

Sein Kollege Funkel wiederum attestierte seinem Team, in den öden ersten 45 Minute wenigstens "kompakt" gestanden zu haben. Sein Boss, Geschäftsführer Thomas Hengen, bemängelte dagegen, dass auch da schon "die Körpersprache" nicht "voll da" gewesen sei. Und: "Wir haben vier, fünf Spieler, die nicht annähernd an ihre normale Leistung herankommen." Wen er konkret damit meinte, darüber lässt sich munter Rätselraten. Noch spannender wäre die Frage, welche sechs, sieben Spieler er demzufolge von seiner Kritik ausgenommen sehen will. Julian Krahl, Boris Tomiak, vielleicht noch Jan Elvedi, aber sonst?

Ragnar Ache zum Beispiel kann im Grunde ja gar nicht bewertet werden. Wie soll sich ein Mittelstürmer positiv in Szene setzen, der in 71 Minuten nicht einmal vernünftig angespielt wird? Dazu ein bezeichnendes Detail: Der FCK-Spieler, der die meisten Flanken in den gegnerischen Strafraum schlug, hieß Aaron Opoku. Obwohl der erst nach 62 Minuten auf dem Rasen stand. Und von diesen vier Flanken fanden einen Mitspieler: exakt null.

Ideen gegen formierte Hintermannschaften? Fehlanzeige

Und auch schon in der "kompakt" geführten ersten Hälfte wurde offenbar: Wenn ein Gegner sich gegen einen im Ballbesitz befindlichen FCK erst einmal formiert hat, hat dieser gegenwärtig überhaupt keine Idee, wie er den Weg zum Tor finden soll. Er versuchte es wiederholt über die Flügelstürmer Tachie und Kenny Redondo, doch die Versuche von Filip Kaloc und Co., diese einzusetzen, waren so durchsichtig und uninspiriert angelegt, dass die Karlsruher Außenverteidiger stets Herr der Lage blieben. Hinzu kam, dass Sebastian Jung und David Herold sehr marschierfreudig waren, so dass Redondo und Tachie häufig mit nach hinten wieseln mussten. Womit sie in einem "Umschaltmoment", so er sich denn ergeben hätte, für schnelle, steile Pässe auch nicht empfänglich gewesen wären.

Durch die Mitte ging erst recht nichts. Zum einen, weil Christian Eichner vorm KSC-Strafraum mit Gondorf und Ex-Lautrer Nicolai Rapp eine Doppelsechs formiert hatte, die in ihrem Wirkungsbereich kaum etwas zuließ. Zum anderen, weil Marlon Ritter auch nicht der Typ "Zehner" ist, der sich gegen eine bereits geordnete Hintermannschaft in dieser Zone durchzusetzen weiß.

"Ritter-Schläge" als einzige Offensiv-Highlights

Denn auch "MR7" ist in erster Linie "Umschaltspieler", der am liebsten die ersten Sekunden nach einer Balleroberung nutzt. Dies zeigte sich nicht zuletzt bei seiner Schusschance in der 46. Minute, diese blitzte auch Minute auf auf, als er einen Ball, der KSC-Innenverteidiger Marcel Franke versprungen war, direkt auf Gegners Tor jagte, fast von Höhe der Mittellinie, um Schlussmann Drewes zu übertölpeln.

Ja, im Juli 2022 hatte Ritter in einem denkwürdigen DFB-Pokal-Spiel gegen Bundesligist SC Freiburg sein Team auf diese Weise mal in Führung geschossen. Diesmal aber verlor das Leder zu schnell an Fahrt, so dass Drewes es rechtzeitig vor der Torlinie einkassieren konnte. Was irgendwie auch charakteristisch war für das Spiel des FCK an diesem Samstag.

Startelf-Nominierungen, die überraschten: Burnic und Zolinski

Und noch ein weiterer Schachzug Eichners ging auf: Rechts offensiv in seinem 4-2-3-1 hatte er Dzenis Burnic aufgeboten. Der ist von Haus aus eigentlich "Sechser", stand in dieser Saison erst fünf Mal in der Startelf - und sollte nach den Vorstellungen des Trainers am rechten Flügel auch gar nicht zaubern, sondern die Zweikampfquote erhöhen. Hat geklappt, wie das Endergebnis zeigt.

Kollege Funkel überraschte ebenfalls mit einer Startelf-Nominierung. Wer Linksverteidiger Tymo Puchacz ersetzen sollte, nachdem alle naheliegenden Optionen ebenfalls wegfielen, war die meist diskutierte Frage im Vorfeld dieser Partie. Und auf diese Antwort war außer dem Trainer niemand ernsthaft gekommen: Ben Zolinski.

Beim SC Paderborn einst geschätzte Allzweckwaffe, am Betzenberg seit seinem Wechsel im Sommer 2022 glücklos, bei den Fans schon lange unten durch. In dieser Saison verzeichnete er erst zwei Pflichtspieleinsätze über kaum 40 Minuten. Aber: Der Ungeliebte machte seine Sache ordentlich. Fand im Spiel nach vorne zwar keine Bindung, doch hielt er gemeinsam mit Redondo seine Seite einigermaßen dicht. Und war obendrein einzige, der mit einer Flanke mal den Kopf Ragnar Aches traf. Allerdings zu weit vom KSC-Tor entfernt, so dass der Stürmer den Ball nicht mit Schmackes platzieren konnte.

Okay, beim 0:2 war auch Pech dabei

Da wir's wirklich gut mit dem FCK meinen, wollen wir noch drauf hinweisen, dass das Team beim zweiten Treffer des KSC auch ein wenig Pech hatte. Jan Elvedi bedrängte den durchgebrochenen Igor Matanovic mit allen erlaubten Mitteln, auch Krahl warf sich dem Stürmer beherzt entgegen, aber irgendwie schaffte der's halt doch, die Kugel über die Linie zu knoddeln.

Und mit diesem 0:2 in der 58. Minute waren die Roten Teufel, man kann's nicht anders sagen, gebrochen. "Mentalitätsmonster" haben sie kaum noch welche, nachdem auch Terrence Boyd den Verein im Winter verlassen hat, Ideen, um eine von nun an massiert stehende Deckung zu überwinden, hatten sie ebenso wenig. Die Treffer zum 0:3 und zum 0:4 zu analysieren, ersparen wir uns.

Die xG-Timeline spricht schließlich für sich. In der ersten Halbzeit gar nichts, in der zweiten so gut wie nichts.

xG-Timeline FCK-KSC

Die Positions- und Passgrafik des FCK: Die einzigen Mitspieler, die Ache wiederholt anspielten, waren Innenverteidiger Kraus und Linksverteidiger Zolinski. Der Stürmer selbst vermochte nur ein paar Bälle auf Ritter abzulegen.

Passmap FCK

Die Positions- und Passgrafik der Karlsruher: Da war die Offensiven Nebel und Matanovic um einiges besser im Spiel. Ansonsten ziemlich linkslastig. Daran dürfte sich angesichts des Endergebnis wohl aber niemand gestört haben.

Passmap KSC

Die Überkreuztabelle der geführten Duelle. Boris Tomiak war anscheinend der Einzige, der sich gegen diese Klatsche wehren wollte.

Zweikampf-Duelle FCK-KSC

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2023/24: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

Kommentare 223 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken