Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-BTSV

Die DBB-Analyse: Wenig Wechsel, viele Änderungen

Die DBB-Analyse: Wenig Wechsel, viele Änderungen


Endlich wieder "Betze live" im Stadion: Dank dieses Glücks bleibt die Stimmung bei Mannschaft und Anhang trotz einer Nullnummer zum Saisonauftakt erstmal positiv. Zu verbessern gibt’s am FCK-Spiel trotzdem noch einiges.

In der Tat: Es hat in früheren Sommerpausen schon gewaltigere Umbrüche im Kader des 1. FC Kaiserslautern gegeben. Mit Mike Wunderlich, Boris Tomiak und René Klingenburg präsentierten sich diesmal nur drei Neue in der Startelf zum Saisondebüt gegen Eintracht Braunschweig. Zudem gab Trainer Marco Antwerpen Matheo Raab den Vorzug vor dem bisherigen Stammkeeper Avdo Spahic. Doch wie sich schnell zeigte, gingen mit den Wechseln mehr Änderungen einher, als es zunächst den Anschein hatte.

So war beispielsweise das Wechselspiel zwischen Vierer- und Dreierkette nicht mehr zu sehen. Für dieses war im Saisonfinale 2019/20 vor allem Felix Götze zuständig, der zwischen Sechser- und zentraler Innenverteidiger-Position pendelte. Zudem nahm Mike Wunderlich die Position eines echten Zehners ein, sodass sich der FCK vorwiegend in einem 4-2-3-1 präsentierte. Das sich offensiv wiederum öfter in eine Art 4-4-2 verschob, wie es einst Brasilien bei der WM 2010 populär machte.

Guck an: Ein Hauch von Dunga in der Pfalz

Der linke Flügelspieler - beim FCK Daniel Hanslik - orientierte sich immer wieder nach vorne zur einzigen Spitze Elias Huth, während der rechte Flügelspieler - Jean Zimmer - mehr ins zentrale Mittelfeld zog. Ihrem Teamchef zu Ehren wurde die brasilianische Variante seinerzeit "Dunga"-Raute genannt. Für die "Palatina-Edition" wäre noch ein Name zu suchen, sofern sie sich etabliert.

Von Zuckerhut-Zauber blieb diese Drittliga-Partie dann aber doch ziemlich weit entfernt, obwohl sie durchaus spannend anzuschauen war. Das "hohe Verteidigen", wie es FCK-Coach Antwerpen fordert, wirkte bei Michael Schieles Braunschweigern zunächst besser organisiert. Und schon nach zehn Minuten hatten sie eine der besten Torchancen des ganzen Spiels, als Martin Kobylanski den Ball an Raab vorbei ans Aluminium zirkelte.

Marlon Ritter: Viel Licht, aber auch Schatten

Aufgelegt hatte Braunschweigs Zehner - der neue Eintracht-Stürmer Luc Ihorst -, und der hatte es Sekunden zuvor einfach zu einfach, sich am rechten Flügel gegen Marlon Ritter durchzusetzen. Womit wir bei der schillerndsten Erscheinung im FCK-Team wären: Ritter war im zentralen Dreier-Mittelfeld am tiefsten positioniert, eine für ihn, zumindest im FCK-Dress, neue Rolle. Und in dieser hatte er einige gute Szenen. Er sorgte für Flankenwechsel, unternahm lange Läufe mit und ohne Ball, mogelte sich auch mal mit in die Spitze. In der 67. Minute hätte er um ein Haar den Führungstreffer erzielt.

Allerdings leistete sich Ritter auch ein paar Ballverluste, die auf der Sechser-Position verhängnisvoll werden können. Mal, weil er sich zu spät vom Ball trennte, mal, weil er den berühmten Schlenker zu viel versuchte. Hier wird Antwerpen abwägen müssen, ob Götze in der Rolle des tiefen Aufbauspielers dem FCK-Spiel nicht klarere Struktur verleiht. Als reiner Innenverteidiger erreichte der Hoffnungsträger der Fans diesmal jedenfalls nicht annähernd die Wirkung, die er im Finale der Vorsaison hatte.

Klingenburg und Wunderlich bereichern, setzen aber auch Fragezeichen

Neuzugang René Klingenburg debütierte in der Achter-Rolle ebenfalls mit viel Licht, aber auch Schatten. Er bereicherte das zentrale Mittelfeld mit körperlicher Präsenz, die vergangene Spielzeit einige Male vermisst wurde, zeigte, dass er sich auch spielerisch durchsetzen kann, allerdings hätte auch er den ein oder anderen Ballverlust vermeiden können.

Hinter den Spitzen wiederum hatte Mike Wunderlich zwei große Momente, die das Spiel zugunsten des FCK hätten entscheiden können. So legte er gedankenschnell Ritters Großchance auf. Entstanden war die Situation allerdings erst nach einem Querschläger von Eintracht-Defensivakteur Jannis Nikolaou.

Das Highlight des Spiels: Über acht Stationen nach vorne

Wunderlichs zweite große Szene dagegen krönte ums Haar den schönsten Spielzug des FCK im ganzen Spiel: In Minute 72 klärte Hendrick Zuck eine Rechtsflanke der Braunschweiger im eigenen Strafraum, worauf es, mit Kapitän Zimmer als Schwungrad, über acht Stationen nach vorne ging. Den letzten Pass spielte Wunderlich auf den eingewechselten Kenny Redondo - und der scheiterte, wie zuvor Ritter, an Eintrachts starkem Schlussmann Jasmin Fejzic.

Wie viele solcher Momente von Wunderlich wohl generell zu erwarten sind - sowohl innerhalb von 90 Minuten als auch über die gesamte Saison? Er zählt immerhin schon 35 Lenze. Einen Nicolas Sessa noch als Alternative auf der Zehner-Position zu haben, könnte da noch Gold wert sein. Diesmal fehlte Sessa aufgrund einer Sperre aus der Vorsaison.

Es bleibt dabei: Ein Kopfballmonster fehlt

Unterm Strich aber zeigte sich vor allem in der Schlussphase: Es war ein Spiel, dass am ehesten über einen ruhenden Ball hätte entschieden werden können. Denn so engagiert sich die Roten Teufel in die Braunschweiger Hälfte schoben - wirklich durch kamen sie gegen diese massiv gestaffelte Deckung nicht. Doch auch die Flugbälle, die vor allem Wunderlich nach Freistößen und Eckbällen in den Braunschweiger Strafraum servierte, fanden nie den Schädel eines Mitspielers - und das, obwohl sie nicht schlecht getreten waren. Um mal drei Punkte mit der Brechstange zu sichern, fehlt diesem FCK halt doch noch ein echtes Kopfballmonster.

Immerhin: In Hälfte eins kam die Elf zumindest über zweite Bälle nach Ecken zwei Mal einem Treffer näher - durch Hinterkopf-Bälle von Huth und Hanslik. Und Zuck schlenzte einen Freistoß von halbrechts so geschickt aufs kurze Eck, dass Fejzic beim Klären außer Können auch Glück brauchte.

Hercher muss raus, Schad kehrt zurück

Rechtsverteidiger Philipp Hercher war bereits nach einer halben Stunde mit Adduktorenproblemen ausgeschieden. Ärgerlich, da Hercher vergangene Rückrunde, gerade auch nach Standardsituationen, gut war. Doch des einen Leid ist bekanntlich des anderen Freud: Für Hercher kam Dominik Schad zu seinem ersten Pflichtspiel-Einsatz nach neun Monaten Verletzungspause. Unter diesen Voraussetzungen ein höchst respektables Comeback, wenngleich Schad längst noch nicht wieder die offensive Durchschlagskraft entfaltet, die er in Bestform hatte.

Fehlt noch ein Wort zur neuen Nummer 1. Das aber lässt sich schwer sprechen, denn Raab bekam in diesen 90 Minuten nicht wirklich viel zu tun. Wie souverän er noch in der Anfangsphase einen Flugball der Braunschweiger abfischte, deutete Selbstbewusstsein und Strafraumbeherrschung an. Und wie vor allem im Testspiel gegen den SV Sandhausen in der Vorbereitung zu sehen war, hat Raab auch fußballerisch einiges drauf. Das könnte eines der Kriterien gewesen sein, die Antwerpen dazu veranlassten, ihm den Vorzug vor Spahic zu geben. Ein "spielender Torwart" würde zu den Ansprüchen des Trainers passen.

Die xG-Grafiken: Lautern hätte gewinnen müssen

Kommen wir zu den "Matchplots", die uns Sander Ijtsma von "11tegen11" wieder zur Verfügung stellen kann. Dafür erstmal vielen Dank in die Niederlande, war bestimmt nicht einfach, uns diesen Service aufrecht zu erhalten. Für mögliche neue Leser unserer Taktik-Analysen verweisen wir auf unsere nähere Erläuterung von letzter Saison, worum es hierbei überhaupt geht: Grafiken sagen nicht alles, aber viel: Die xG-Analyse.

Die Time der "expected Goals" zeigt: Der FCK hätte dieses Spiel eigentlich gewinnen müssen. Aber auch: In der letzten Viertelstunde gelang ihm in der Tat nichts mehr, was das Spiel hätte nach Hause bringen können. Braunschweig hingegen bot eine konzentrierte Defensivleistung, tat aber nach vorne zu wenig, um als Sieger vom Platz gehen zu können.

xG-Plot FCK-BTSV

Die Positions- und Passgrafik zeigt die angesprochene asymmetrische Flügelbesetzung der Lautrer - und gibt auch die Rollenverteilung im zentralen Mittelfeld gut wieder.

Passmap FCK

Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Braunschweiger. Interessant, wie tief sich Sturmtank Nick Proschwitz anbot.

Passmap BTSV

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

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