Der Magath-Staat (Spiegel-online)
http://m.spiegel.de/suche.do?id=7329018 ... 17.08.2010
Vizemeister Schalke 04 ist erfolgreich wie lange nicht, nach Raúl sollen weitere Stars kommen, doch im Verein rumort es. Ist der Trainer, Manager und Vorstandschef Felix Magath zu mächtig geworden?
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Es gibt dort Mitarbeiter, die vergleichen Magaths Männer mit einer Art Besatzungsmacht oder einem Staat im Staate. Der Trainerzampano aus Aschaffenburg hat in kurzer Zeit eine solche Machtfülle mit entsprechendem eigenen Personalbestand aufgetürmt, dass es den verbliebenen Altgedienten schwer- fällt, ihn und seine Crew als Teil der blau-weißen Vereinsfamilie zu akzeptieren. Man blieb sich fremd.
Man kann sich Raúl, 33, leisten und wohl noch ein, zwei Stars, und doch nehmen die atmosphärischen Störungen zu. Wie Magath, 57, und Schalke 04 ein weiteres Jahr miteinander auskommen wollen, dies ist das interessanteste Experiment der neuen Fußballsaison.
Vielleicht ist es das Tempo des Sanierers, das die Leute irritiert. Im Schnitt sieben Neue hat Magath in jeder der drei Transferperioden innerhalb eines Jahres geholt, elf wurden allein in diesem Sommer abgegeben.
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Alles ist machbar bei Magath, es gibt keine Tabus, und nichts hat Bestand.
Felix Magath brachte seinen Pressesprecher aus Wolfsburg mit, engagierte auch den Sprecher von Energie Cottbus als Assistenten für die Administration. An einem einzigen Tag ließ er die Trennung von gleich sechs Betreuern aus dem alten Trainerstab verkünden.
Schon beim VfL Wolfsburg hatte Magath in zwei Jahren mehr als 50 Spieler ausgetauscht. Das verschaffte ihm eine Hausmacht in der Kabine. Bei Schalke hat er aber auch noch den Job als Sprecher des Vorstands. Einer von jetzt drei Vorstandsposten wurde zudem mit einem Mann seines Vertrauens besetzt: Aus Stuttgart kam der frühere Profi Horst Heldt, den Magath einst in Frankfurt und Stuttgart trainierte. Er nennt ihn einen Freund.
Auch im Marketing installierte er einen Experten seiner Wahl. Einer aus der alten Garde, der bleiben durfte, erklärt die herrschende Skepsis im Haus. Niemand wisse, wie lange Magath mit seiner Truppe wirklich bleibe. Womöglich hinterlasse er ein Vakuum. Mit seiner manchmal unfreundlichen Art habe er schon Sponsoren verärgert. "Aber seine Art ist nicht angreifbar, weil er Erfolg hat."
Wenn er über den Teil der Vereinsbelegschaft redet, den er nicht selbst zusammengestellt hat, spricht er von der "anderen Seite"
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Tönnies, das regt ihn auf, habe ihm im Frühjahr 2009 andere Bilanzzahlen vorgelegt ... Außerdem habe er ihm freie Hand versprochen innerhalb eines festen Budgets. Dazu wäre eine Satzungsänderung nötig gewesen, eine Lex Magath ...
Die Satzungsänderung kam in der Mitgliederversammlung nicht durch. Magath wittert ein Komplott. Er deutet an, die Opposition der Fans gegen das neue Gesetz sei gesteuert gewesen. Und sei nicht der langjährige Fanverbandsvertreter im Aufsichtsrat mit einem einflussreichen Vereinsverantwortlichen gut bekannt? Hier Magath, da der Verein.
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ein früherer Wolfsburger Mitstreiter sagt... Sein Charisma sei nach zwei Jahren aufgebraucht.
Auch deshalb muss er ständig neue Reize setzen. .. Daher mussten Altstars gehen, aber auch manche junge Perspektiveinkäufe der Vorsaison passen schon nicht mehr ins Konzept .."Was wir jetzt machen, ist ein Umbruch", sagt Magath lapidar. Kontinuität ist ihm suspekt.