Ktown2Xberg hat geschrieben:
(...manch Richtiges...)
Keiner, der das Spiel seit vielen Jahren liebt, kann sich der Faszination entziehen, wenn bei Mannschaften wie Barcelona oder Bayern das Spuel fließt, wenn Mechanismen greifen und unvorhersehbar, aber doch planmäßig Chancen herausgespielt werden.
Und es wär ein Traum gewesen, mit dem FCK ein Spielsystem zu etablieren, dass, obgleich nicht auf dem selben Niveau und sicherlich anders ausgeformt, eine Marke hätte prägen können. Eben nicht der Fußball, mit dem die Aufsteiger der letzten Jahre hoch und meistens auch bald wieder runter gegangen sind. Sondern ein Konzept, dass etwas weiter trägt und eine Antwort auf die Frage liefert, warum und wie zum Teufel wir mit einem nicht wettbewerbsfähigen Budget in Liga 1 wettbewerbsfähig sein sollen. Und zu gern hätte ich dann später einmal die Frage damit beantwortet, dass wir einfach cleverer waren, auf etwas Nachhaltigeres gesetzt haben, als die Hoffnung, dass wir hinreichend oft mehr Rennen als der Gegner. Wäre es gelungen, es hätte sogar vermocht, dem FCK das zurückzugeben, was ihm im Unterschied zu "Früher" am meisten abgeht: Eine Identität, die sinnstiftend und einigend wirkt, jenseits des "Sieges", der nämlich in Liga 1 ohnehin rar bleiben wird. Etwas, auf dass man stolz sein kann, dass die "Marke" abhebt von den anderen Vereinen.
Aber anders als Du glaube ich nicht, dass wir auf dem Weg dorthin schon besonders weit vorangekommen waren. Ich sehe zwar den Willen, aber umgesetzt waren nur Fragmente. Dies betraf das Vorschieben in Richtung des Gegners, das Aufbauspiel aus der Abwehr in sichere Mittelfeld hinein und die Ballzirkulation bis zum vorderen Drittel. Da hatten wir ein stabiles System erreicht, in das das Team sich eingefunden hatte. Das ist nichts Nichts, aber nicht Genug. Denn an anderen Stellen (Breite des Spiels, Spiel in die Spitze) fehlte es gewaltig. Und in das Stadium, wo unser Spiel mit schöner Regelmäßigkeit Torchancen generiert, sind wir nur phasenweise gekommen, wenn überhaupt. Deshalb sah das Ganze oft aus, wie Fußball um den Mittelkreis.
Es war nicht alles schlecht, das habe ich auch geschrieben. Aber es fehlte soviel, dass es uns nur in wenigen Sternstunden gelang, so zu spielen, dass dies eine Vision aufzeigte, wie wir zu einer modernen Form des Betze-Fußballs kommen könnten. So selten, dass nicht diese tollen Spiele das Bild prägten, sondern fruchtlose Ballschiebereien.
Runjaic' Scheitern hatte letztlich einen Grund und einen Anlass und beide liegen nicht darin, dass die eingangs skizzierte Grundidee Schwachsinn wäre oder er von Fußball keine Ahnung hätte.
Der Grund lag darin, dass er nicht die Spieler mit den Fähigkeiten hatte, die nötig sind, wenn die Ballzirkulation im vorderen Drittel final beschleunigt werden muss. Und auf dieses Manko hat er nicht mit Wechsel der Strategie, etwa der Beimischung von Umschaltelementen oder intensivem Standardstraining, reagiert, sondern "Mehr vom Gleichen" trainieren lassen, was bekanntlich ins Unglück führt. Aber der Vogel Strauß wollte einfach nicht abheben und fliegen, so sehr er auch übte.
Der oben apostrophierte Anlass, und das ist kein Geheimnis, war das Scheitern im Saisonendspurt. Mein Fan-Gefühl war, dass der Aufstieg nun einfach "fällig" war und auch irgendwie "letzte Ausfahrt" dran stand. Aufsteigen, Team zusammen halten und hoffen, dass Runjaic in Liga 1 Gegner findet, die Räume anbieten und seinem Fußball damit erlauben, sein Potenzial so richtig zu entwickeln. Was gegen Sandhausen noch dröge aussieht, kann gegen Schalke federleicht wirken. Haha. Der Zusammenbruch in den letzten 4 Spielen jedoch, der sowohl auf dem Platz wie an der Linie zumindest in der Wahrnehmung von Außen etwas zu "geschäftsmässig" hingenommen wurde, nahm den Glauben daran, dass sich Runjaic Fussballidee jemals in erfolgreiches Spiel ummünzen ließe. Schlimmer noch: Die versprochene Aufarbeitung fand zumindest in Richtung Anhängerschaft nie statt. Die Frage "Wie kann das passieren, was war da los?" wurde nicht beantwortet. Damit nicht genug. Statt dessen versuchte man den Niederschlag in Runde 12 umzudeuten in einen"Sieg nach 11 Runden". Und als Sahnehäubchen ließ man es dann noch zu, dass in der medialen Wirkung der Eindruck entstehen musste, dass Runjaic nach (erneutem) Scheitern weniger mit der Aufarbeitung als mit Vertragsgesprächen in Hannover und Frankfurt befasst war. Gibt es eine tödlichere Mischung für einen Trainer, der mit diesem Rucksack ein neues Team schmieden soll?
Dass nun Fünfstück bejubelt wird, ist normal, das wurde Runjaic zu Beginn auch. Dass er auf einfachen Fußball umstellt, um Sicherheit zu schaffen, halte ich für richtig. Mit den Erfahrungen aus der Runjaic-Zeit neige ich auch dazu, mich von allen spielerischen langfristigen Konzeptionen in Liga 2 zu verabschieden. Dort gewinnt seit Jahren der, der es mehr will, mehr rennt, mehr Zweikämpfe gewinnt, gute Standards schießt und einen Knipser hat. Mittelfristige personelle Planungen sind dort eh Makulatur, denn die Kader werden zweimal jährlich derart unplanbar umgeschlagen, dass jede Saison ein Neuaufbau, ein Unikat ist, dessen Puzzle vom Trainer völlig neu zusammengesetzt werden muss. Ein Einspielen über längere Zeiträume, ein "kollektives Lernen" über Saisongrenzen hinweg, ist daher so gut wie unmöglich. Die Zeit, die Runjaic dafür gebraucht hätte, ist gar nicht vorhanden, denn nach einem Jahr fängt Sysiphos von vorn an. Hinten sicher, gute Standards und nach Ballgewinn schnell nach vorne - das scheint mir das empirisch belegte, von den Spielern hinreichend schnell zu erlernende, Erfolgsrezept für Liga 2. Ob wir damit in Liga 1 erfolgreich sein können, weiß ich auch nicht. Aber auch bei Aufstieg müsste das Puzzle ja wieder komplett neu gelegt werden, mit neuen Spielern und veränderter taktischer Marschrichtung. Und immerhin ist dieser Fußball unterhaltsam, halt so, wie auch Rugby unterhaltsam ist.
Was Deine Hoffnung angeht, der Trainerwechsel möge, wenn schon keinen besseren Fußball, so doch wenigstens Einigkeit unter den Anhängern bringen, sehe ich eher schwarz. Da gibt es inzwischen so viele Risse und Klüfte, das kann nur noch mit Erfolg zugekleistert werden. Bei uns geht es inzwischen zu wie bei den K-Gruppen der 70er: Je weniger es wurden, in umso mehr verfeindete Grüppchen zerfiel man. Die Jungen würden wohl auch in Liga 3 ihre Lieder in Dauerschleife singen, den Alten ist schon Liga 2 zu öde. Die Ultras machen ihr Ding und die anderen schweigen dazu verbittert. Die Kuntz Gegner sehen in ihm eine Art mafiösen Paten und die anderen preisen ihn als den Retter von 2008 und fürchten die Alternativen. Die einen fordern Geduld und die andern den umgehenden Aufstieg. Die einen finden Pyro geil, die andern beschimpfen sie als Idioten. Die einen fordern Ausgliederung/Investor, die anderen wollen sich in dem Fall vom FCK abwenden. Und je länger wir in Liga 2 freudlos feststecken, je mehr der Kader Jahr für Jahr ausblutet, je unwahrscheinlicher der Aufstieg ist, desto erbitterter werden die Gegensätze ausgefochten. Der Kitt zwischen den vielen Fangruppen ist ein wenig verloren gegangen, jedes Jahr seit 2006 ein bisschen mehr. Kuntz konnte die Fans in einer grossen Kraftanstrengung im Angesicht der Insolvenz nochmals für 3 Jahre einen, aber nun geht es dahin, irgendwie. Entweder wir schaffen den Aufstieg bald und erreichen noch einmal einen Schulterschluss, was dann aber nur mit neuer Führung möglich sein dürfte. Oder wir warten einfach 20 Jahre, dann sind nur noch 10.000 Leute im Stadion, die nichts anderes als Unterklassigkeit kennen und sich dahinein fügen. Wie in Dresden oder Halle.