Ktown2Xberg hat geschrieben:Hallo allerseits,
lese hier seit 2007 mit - und hab (seltsamerweise... - nach 1,5 Beinen in Liga 3, Aufstieg, Platz 7 usw.) angesichts der Reaktionen auf das gestrige Spiel das erste Mal das Bedürfnis, mich selbst an der Diskussion zu beteiligen.
Kurz zu gestern:
Ich bin heute morgen aufgestanden - und etwas war anders. Dass da was besonderes passiert ist, spürt wohl jeder FCK-Fan. Bei mir haben sich in den letzten 20 Stunden Ärger, Verdrängung, Trotz, Schmerz und Resignation die Klinke in die Hand gegeben, wie ich es seit der gefühlten 0:0-Niederlage in Frankfurt letztes Jahr nicht mehr erlebt habe. Und zu allem Überfluß hat mir heute Nacht auch noch jemand eine Brille auf die Nase gesetzt, über deren Gläser fett "Das war's" geschrieben steht.
Die Konstellation gestern trug die Bildunterschrift "Ritt auf der Rasierklinge", es gab viel zu gewinnen, mindestens genauso viel zu verlieren - und der FCK hat's mal wieder vermasselt. WIR haben's mal wieder vermasselt. Fühlt sich erstmal beschissen an. Und natürlich, schaut jeder von uns heute, wie er ein kleines bisschen Distanz zu diesem Scheiß-Gefühl entwickelt.
Manch einer redet sich ein, dass nicht unser ruhmreicher FCK gestern auf dem Platz versagt hat, sondern Wolfgang Stark. Die Nummer mit Ariel war sehr hart - aber eben nicht falsch. Dass der Junge in der Türkei Fehse & Co ins Heft diktiert, seine Schwäche seien unnötige Gelbe Karten, als Antwort bekommt, er solle sein Spiel bloß nicht umstellen und dann beim ersten Einsatz in einem 6-Punkte-Spiel DIESEN Einstieg erwischt ist doch wohl einfach nur... typisch Betze. Großes Drama, drunter machen wir's nicht.
Andere meinen, nicht der FCK hat versagt, sondern Oliver Kirch oder Marco Kurz (auf die Berufsverschwörer, die aus Kuntz den neuen Jäggi machen wollen gehe ich gar nicht ein; wer auch immer persönliches Interesse an einer Kuntz-Ablösung hegt sollte vielleicht ETWAS subtiler vorgehen und nicht immer nur nach Niederlagen vorbeischauen, um die nächste Eskalationsstufe zu zünden). Verständlich, klassische Strategie der Affektregulierung. Wird die Identifikation mit einem Kollektiv emotional schwierig (z.B. durch Misserfolg, Demütigungserfahrungen usw.), fange ich an, die "Idee" dieses Kollektivs von den Personen die es verkörpern zu trennen. Frei nach dem Motto: "Natürlich liiiieeebe ich den FCK, aber diese Versager da gestern, die sind doch gar nicht FCK". Wie gesagt, als emotionale Reaktion durchaus verständlich. Nur sollte jedem klar sein: Wir haben das unendliche Glück, auf eine geradezu einmalige Geschichte, auf Helden, Dramen und unsterbliche Erfolge zurückblicken zu können. Doch dieses Erbe sollte ein Berg sein, auf dem wir stehen - und nicht ein Rucksack, den wir durch die Gegend schleppen. Nicht ein Fluch, der im ewigen "die sind nicht FCK" seinen Ausspruch findet. Ich trage die Vergangenheit jedesmal während der 90 Minuten in mir, es vermischen sich die Geschichten der Alten mit den verwischten Bildern all der Helden, die ich selbst bereits habe kommen und gehen sehen. Für sich allein genommen ist diese Vergangenheit jedoch nichts. Sie muss jedesmal aufs neue über 90 Minuten geschrieben werden, alte Geschichten und neue mischen sich - und wenn die aktuelle Mannschaft den Ball ins Tor treibt und der Himmel weint, wenn das Jetzt ein Lied singt, das älter zu sein scheint als jeder einzelne von uns, DANN ist es mein FCK. In dieses Bild passt es nicht, sich einzelne rauszupicken und zu entscheiden, dass sie nicht FCK sind. Das ist schlichtweg nicht die Idee von Fußball, für die der FCK steht. Gewinnen zusammen, verlieren tut jeder für sich? Wohl kaum. Eure Fehler sind unsere Fehler. Wir tragen sie mit Stolz - auch wenn's (wie heute) weh tut.
Und aus genau diesem Grund freue ich mich auf die nächsten Tage. Ich freue mich darauf, dass mir die Tabelle in ein, zwei Tagen keine Angst mehr macht. Ich freue mich darauf, den Trotz zu spüren, das Gefühl, dass nicht die Ergebnisse uns zu dem machen was wir sind, sondern die Art und Weise wie wir damit umgehen. Und ich freue mich darauf, dass mein FCK mir wieder unglaubliche Momente der Freude schenken wird. Ob nun im Sommer 2012, 2014 oder 2020. Die 90er waren eine geile Zeit. Ich habe jedoch nie so ein unglaubliches Glück gespürt, wie am 18.5.2008.
Bis gestern hatte ich Angst vor der Relegation. So viele Spiele dieses Jahr, in denen wir mehr hätten holen können. So viele Spieler, die eigentlich mehr können, aber verzweifelt darauf warten, dass der Knoten platzt. Und nur deshalb sollen wir in 2 Spielen alles risikieren? Doch die Emotionen die wir nach der gestrigen Niederlage spüren, die Wut und Trauer die wir fühlen, sind keine Grippe. Sie sind vielmehr psychische Adaptionsprozesse.
Ich bin heute morgen aufgestanden - und etwas war anders. Relegation? Bring it on! Ihr wollt uns die erste Liga nehmen? Dann holt sie Euch! Angst vor der Relegation? Ich bin geil drauf. Warum? DAS IST LAUTERN!
90 grottige Minuten gegen Köln können dem nichts anhaben. Und wenn wir runtergehen, dann kommen wir eben wieder. Wir kommen immer wieder. Ich will dabei sein.
Geile Post! Hab soeben Gänsehaut bekommen! Da schrieb ein wahrer Teufel! Wir haben doch schon alles mitgemacht! Was soll uns bitte denn Angst machen?