Jan Schindelmeiser hat den Machtkampf mit Ralf Rangnick verloren. Die Konsequenzen: Rangnick bleibt Trainer - Schindelmeiser geht. Schuld an den Meinungsverschiedenheiten ist ein Strategiewechsel in Hoffenheim:
http://www.spiegel.de/sport/fussball/0, ... 87,00.html
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Der Club soll zukünftig auf junge deutsche Spieler setzen. Mit diesem Plan in der Tasche will Rangnick in das Treffen mit Hopp in der kommenden Woche gehen. Doch schon jetzt sagte der Mäzen, dass der Coach damit einverstanden ist.
"Das ist sowieso die Linie, die ich immer bevorzugt habe. Da sind wir total einig. Eine Mannschaft mit jungen deutschen Spielern, mit denen sich die Menschen aus der Region identifizieren können", sagte Hopp. Es sei ein Fehler, dass der Club vor der laufenden Saison versucht habe, mit der Investition von 20 Millionen Euro in Stars aus Südamerika und Afrika die etablierten Spitzenclubs anzugreifen. "Ich bin froh, dass wir auf unseren ursprünglichen Weg zurückkehren, nachdem vor einem Jahr das Konzept - warum auch immer - verlassen wurde", so der Mäzen. Ralf Rangnick möchte mit "Jungs zwischen 18 und 24 Jahren arbeiten,
die nicht wegen der Kohle kommen, sondern um sich weiterzuentwickeln".
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Der smarte Macher Schindelmeiser blickt im Gespräch mit DBB auf seine Zeit in Hoffenheim zurück.
DBB: Ihr Abgang kam für Außenstehende überraschend.
J.S.: Nun ja. Für mich hat sich das schon seit einer Weile abgezeichnet.
DBB: Inwiefern?
J.S.: Der Club hat sich verändert. Durch die rasante Entwicklung in den letzten Jahren haben wir den Kontakt zu unseren Wurzeln verloren.
DBB: Das müssen sie erläutern.
J.S.: Ich bin jetzt in der vierten Familiengeneration Manager in Hoffenheim. Mein Urgroßvater hat den Grundstein zu dem gelegt, was der Verein werden sollte. Seine Vision war: 1899 sollte wie ein Golfclub in den 70er Jahren sein - familiär, exklusiv und elitär.
DBB: Was können sie von der familiären Atmosphäre im alten, traditionellen Hoffenheim berichten.
J.S.: (lacht). Ach, wissen sie, damals wurde noch viel improvisiert. Teilweise haben seinerzeit die Mitarbeiter der Geschäftsstelle den Hummer, der dann bei den Spielen verkauft wurde, eigenhändig gezüchtet. Auch die Nerze der Spielerfrauen waren selbstgenäht. Man hat auch viel zusammen unternommen. Oft verbrachten die Spieler gemeinsam die Abende im Etablissement, in dem Dietmar Hopps Mutter arbeitete. Der Umgang miteinander war eben sehr intim. Man war gerne unter sich.
DBB: Wieso hat sich das geändert?
J.S.: Mit dem Pseudo-Fußballtraditionalisten Rangnick drang dann auch der Pöbel in den Verein. Er hat sich bei der Planung der Arena dafür ausgesprochen, dass wir, um den Anschein zu wahren, es ginge uns um Fußball, auch Stehplätze zur Verfügung zu stellen. Ein dienstleistungstechnischer Affront gegen unsere Kundschaft! Der Anfang vom Ende!
DBB: Sie hätten ohnehin lieber das Dietmar-Hopp Stadion ausgebaut.
J.S.: In Hoffenheim zu bleiben hätte bedeutet, dass wir am Ort unserer großen Erfolge verblieben wären. Ich erwähne hier nur den Kraichgau-Cup und den Gewinn der Dorfmeisterschaft gegen TSC 1898 Hoffenheim. Eine schicke Arena für 20.000 Mann war geplant - keine Klassenunterschiede, sondern durchgängiger, vollbecaterter VIP-Bereich, alles hinter Glas, klimatisiert, Hostessenservice, volles Programm. Dazu der Name unseres Mäzens in Goldlettern an jeder Tribüne. Dietmar Hopp - die mit Abstand bedeutendste Figur in der Geschichte des deutschen Fußballs. Ich kriege heute noch einen Ständer, wenn ich an die Pläne denke. Wir wollten auch keinen Kommerz, im Gegenteil. Wir wollten zeigen, dass wir Kommerz gar nicht nötig haben. Statt Trikotwerbung sollte auf der Brust unserer Spieler nur unser Wahlspruch zu lesen sein: "Eure Armut kotzt uns an!". Herr Hopp liebte diesen Spruch.
DBB: Ihnen wird ein sehr enges Verhältnis zu Dietmar Hopp nachgesagt.
J.S.: Es war wie bei den Simpsons: Ich war sein Smithers, er war mein Mr. Burns. Ich habe ihn vergöttert. Ich habe an seinen Lippen gehangen, an seinem Busen gesaugt, von seinem Geldbeutel genommen und an seinem Schwanz gelutscht. Er war mein Bruder, mein Vater und mein ... ja, wir standen uns sehr, sehr nah. (Schindelmeiser ringt einen Augenblick um Fassung. Er wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel und schneutzt in ein Taschentuch). Doch dann drängte sich Rangnick dazwischen, diese Natter! Der und seine billigen Tricks, mit seiner vordergründigen Fußballphilosophie. Dass der Herr Hopp den noch nicht durchschaut hat...(Schindelmeiser wirkt wieder erregt)
DBB: Das erste Spiel in der Sinsheimer Arena soll ein großer Schock für sie gewesen sein.
J.S.: Das kann man wohl sagen. Schon als ich auf dem Parkplatz vorfahren ließ, sah ich zwischen all den Bentleys, den ganzen Rolls und S-Klassen vereinzelte 5er BMW. Sogar ein Audi TT. Sie müssen sich den Schock vorstellen! Ich kam mir vor wie auf dem Parkplatz des FC Bayern. Ich wußte: Das war der Dammbruch. Das Volk war nun entgültig in Hoffenheim eingefallen.
DBB: Was sind nun ihre Pläne?
J.S.: Ich fühle mich momentan etwas ausgebrannt. Ich muss erst den Akku wieder aufladen. Wahrscheinlich fahre ich für einige Zeit nach London und besuche Roman Abramovich. Wir werden uns durch einige Edelbordelle bumsen und ein ein Paar Kilo Koks zusammen schnupfen. Was man halt so macht, um den Kopf freizubekommen.
DBB: Und dann?
J.S.: Ich bin mit dem Fußball erst dann vollkommen fertig, wenn ich diesen Sport entgültig vom Prekariat befreit habe. Bevor nicht der letzte Stehplatz durch beheizbare Recaro-Sitze ersetzt wurde, gebe ich nicht auf. Das Monopol von Konzernen und Mäzenen muss kommen, alte Zöpfe müssen ab - da liege ich ganz auf DFB-Linie. Effizienz steigern, Synergien schaffen, Geld scheffeln. In der Bundesliga gibt es derzeit nur zwei Vereine, die mich reizen würden: Bayer Leverkusen und der VFL Wolfsburg. Wenn der FC Augsburg aufsteigt, was ich sehr hoffe, sind es schon drei Vereine. Ich denke aber, dass ich ganz woanders landen werde. In Leipzig gibt es derzeit ein völlig steriles, gesichts- und seelenloses Marketingprojekt, dass einen Verein aus dem Nichts in die Bundesliga katapultieren will, damit die Leute mehr koffeinhaltige Brause trinken werden. Eine phantastische Idee. Sowas reizt mich immer. Erste Kontakte verliefen schon vielversprechend.