Marco Haber über seine Zeit in Zypern
Heimweh nach Famagusta
Text: Marco Haber (Protokoll: Andreas Bock) Bild: Imago
Diese Woche spielen Schalke 04 und Werder Bremen gegen Teams aus Zypern. Neben Rainer Rauffmann ist der ehemaligen Bundesligaspieler Marco Haber einer der besten Kenner des dortigen Fußballs. Hier blickt er zurück auf fünf Jahre Zypern.
Eigentlich wollte ich nicht nach Zypern. Ich stand damals, 2002, bei Hansa Rostock unter Vertrag. Es lief allerdings nicht gut für mich. Ich hatte Probleme mit Armin Veh, dem damaligen Hansa-Trainer, und machte in sechs Monaten nur zwei Spiele. Zudem wohnte meine Frau mit unserem Sohn noch in München – ich hatte ja zuvor in Unterhaching gespielt. Nun hatte ich Gewissheit, dass mein Vertrag in Rostock nicht verlängert werden würde. Es war eine unbefriedigende Situation.
Eines Tages rief mich mein Berater an und erzählte mir etwas von einem Angebot aus Zypern. Klar, ich wusste wo Zypern lag, im Mittelmeer, ganz schön weit weg, in der Nähe vom Libanon. Doch ernsthaft hatte mich vorher nie mit diesem Land auseinandergesetzt. Und ganz ehrlich: Ich war alles andere als euphorisch, als schließlich das Angebot von Omonia Nikosia vor mir lag, die Idee nach Zypern zu gehen, fand ich einfach absurd. Doch der Manager von Omonia ließ nicht locker, die wollten mich unbedingt haben. Ich blockte zunächst, sagte den Verantwortlichen, dass ich etwas Bedenkzeit benötigte, ich wollte erstmal ein paar Informationen sammeln – und insgeheim hoffte ich, dass sich noch was anderes ergibt.
Es gab dann sogar die eine oder andere Option in Deutschland, doch das war alles zu unsicher. Also doch Zypern? Ich nahm dann Kontakt zu Rainer Rauffmann auf, der ja zu dem Zeitpunkt schon seit vielen Jahren auf Zypern spielte. Rainer hat mich dann etwas eingestimmt auf die Kultur, auf den Fußball, auf das Leben. Nun, skeptisch waren wir immer noch. Wir sind dann erstmal runter geflogen.
Vor Ort haben sich alle Zweifel im Nu verflüchtigt. Ich war total beeindruckt von dem Land. Kurzerhand haben wir uns dann entschieden, das Risiko einzugehen, wir wollten das »Abenteuer Zypern« wagen. Ich setzte die Unterschrift unter den Vertrag, und es ging wieder nach Deutschland.
Zurück in München standen wir plötzlich vor einem Haufen Arbeit. Wir hatten wenig Zeit den Umzug zu planen, mussten viel einlagern, und ich hatte kaum eine freie Minute, mir mal in Ruhe Gedanken zu machen, mich mal zu fragen: War das überhaupt richtig? Doch vielleicht war das ganz gut so. Wir wussten ja eh nicht, was auf uns zukommt. Bleiben wir ein Jahr? Zwei Jahre? Dass es letztendlich fünf Jahre wurden, damit hatten wir vorher nicht gerechnet.
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Nach dem Jahr bei Nea Salamis Famagusta war ich mir nicht sicher, ob ich auf Zypern bleiben wollte. Das Jahr brachte einfach zu viele Enttäuschungen mit sich. Daher hoffte ich auf ein einigermaßen lukratives Angebot aus Deutschland. Ich war da aber ganz Realist, die Bundesligazeit war für mich vorbei: Denn welcher Erst- oder Zweitligaverein holt sich einen Spieler, der fünf Jahre auf Zypern spielte – somit von der Fußballlandkarte komplett gelöscht war – und mit 35 Jahren zurück nach Deutschland kommt? So freute ich mich, dass ich ein Angebot vom FSV Oggersheim bekam, einem Regionalligaverein.
Und danach? Ich habe meinen B-Trainerschein gemacht, die Ausbildung zum A-Schein folgt. Ich würde mir auch zutrauen, noch mal als Trainer zurück nach Zypern zu gehen, zumindest wenn ich ein vertrautes Trainerteam dabeihätte.
Heute habe ich übrigens mit einem Freund aus Nikosia telefoniert. Da sind immer noch 30 Grad, und die Leute suchen sich ein angenehmes Schattenplätzchen in der Altstadt von Nikosia. Und ich stehe gerade in meinem Wohnzimmer vor dem Fenster und schaue nach draußen. Es ist grau in grau.
Quelle:
http://www.11freunde.de/sonstige/107415