Da ist sie also gerissen, unsere phänomenale Auswärtsserie. Schade, aber war abzusehen, dass wir bald reif sein würden mit zwei so schweren Auswärtsspielen vor der Brust wie St. Pauli und Paderborn.
Nicht umsonst hat St. Pauli in dieser Saison noch kein Heimspiel verloren. Zudem sind sie - ähnlich wie wir - mit der perfekten Punkteausbeute aus der Winterpause gekommen.
Daher war es ja verständlich, dass - um auf die Diskussion vor dem Spiel zurückzukommen - die Pauli-Fans in deren Forum auch optimistisch ins Spiel gegangen sind. Aber da so oft Bezug genommen wurde auf das Pauli-Forum und denen Siegesgewissheit und angebliche Überheblichkeit vorgeworfen wurde, habe ich dessen Forum - im Gegensatz zu meinen sonstigen Geflogenheiten - ebenfalls einen Besuch abgestattet und bisschen dort gelesen. Also meines Erachtens gab es dort eine große Bandbreite an Einschätzungen, ähnlich wie bei uns auch. Viele waren optimistisch (wie gesagt aufgrund der Heimserie wohl auch nicht unberechtigt), andere haben aber auch gewarnt vor uns (dabei nicht nur vor der ekligen Spielweise, aondern auch vor der nach Toren drittbesten Offensive) und wirklich überheblich waren vielleicht ein oder zwei. Aber die hat man immer. Auf DBB gab es ähnliche Posts, die von - sagen wir mal - besonders enormen Selbstbewusstsein strotzen. Und die Grenzen zur Überheblichkeit / Arroganz sind da nunmal fließend. Jedenfalls war das St. Pauli-Forum in meiner Wahrnehmung im Durchschnitt sogar eher weniger siegesgewiss wie die User hier bei DBB, wo einige gar von 100% Sicherheit sprachen, beide Auswärtspiele in Pauli und Paderborn zu ziehen oder überzeugt waren, die beste Mannschaft der Liga zu sein....
Also insofern kommt die Niederlage vielleicht auch zur rechten Zeit, um den ein oder anderen wieder etwas zu erden. Im übrigen hab ich null gegen Träumereien, solange man das ganze dann doch richtig einzuordnen weiß, wenn der Traum nicht in Erfüllung geht und so lange diese Grenze von Selbstbewusstsein zu Überheblichkeit nicht überschritten wird.
Zurück zum Spiel: ich mag ja dieses schwarz-weiß-Schema nicht - bei Niederlagen alles schlecht, bei Siegen alls super. Daher starte ich heute mit etwas positivem: trotz der klaren optischen Unterlegenheit, haben wir es geschafft, fast alles wegzuverteidigen, bevor wirklich brenzlige Situationen entstanden. St. Pauli hatte doch kaum wirklich klare Torchancen. Ausdruck davon ist der expected goals-Wert, der bei Sky immer direkt nach Spielende eingeblendet wird. Ich habe mir ihn nicht exakt gemerkt, er lag aber definitiv unter 1,0. Ich denke, das gelingt nicht allzu vielen Auswärtsteams am Millerntor so wenig zuzulassen.
Und wo wir gerade bei den xgoals sind: wir lagen bei den xgoals ziemlich gleich auf mit Pauli bzw. ich meine sogar ganz leicht in Front. Demnach wäre von der Chancenverteilung her ein Unentschieden sogar gerechter gewesen. Anzahl Torschüsse z.B. berücksichtigen nur Quantität, xgoals Quantität und Qualität. Daher finde ich den wirklich wichtig und interessant.
Alles in allem geht der Sieg für Pauli dennoch auch für mich in Ordnung. Wollte nur zum Ausdruck bringen, dass man sich von der optischen Überlegenheit und dem vielen Ballbesitz (meist in ungefährlichen Räumen) nicht zu sehr blenden lassen sollte, ob ein Sieg verdient ist oder nicht. Es kommt letztlich drauf an, wer es schafft, mehr Torgefahr zu kreieren (und wie gesagt, da wiederum kommt es nicht nur auf die Anzahl, sondern auch auf die Qualität der Möglichkeiten an). Wir hatten z.B. wenige, aber zwei ziemlich große (Boyd und Lobinger).
Was mir heute überhaupt nicht gefallen hat, war unser Spiel mit Ball. Klar hat Pauli das sehr stark gemacht, haben uns scharf angelaufen und gut zugestellt, aber dennoch muss man da auch mal Lösungen finden. Das ist uns gefühlt zwischen Minute 10 bis zum Gegentor überhaupt nicht gelungen. Alle eroberten Bälle waren direkt wieder weg. Und die Zeiten von nur hoch und lang auf unseren Zielspieler glaubte ich auch überwunden. Da ist in unserem Spiel ja immer ein gutes und wichtiges Stilmittel, aber gewöhnlich ist es nur eines unter mehreren, aber nicht das alleinige - heute aber irgendwie schon.
Insofern bin ich auch nicht ganz bei jenen, die meinten, das Spiel heute habe sich nicht zu sehr von unseren anderen Auswärtsspielen unterschieden. In diesem Punkt meine ich schon einen Unterscheid erkannt zu haben.
Bei dem Vorrang der defensiven Kompaktheit und der disziplinierten Arbeit gegen den Ball hingegen haben sie sicher recht, da hat sich das heutige Spiel wenig unterschieden von anderen Auswärtsauftritten.
Dominic hat geschrieben:roterteufel81 hat geschrieben:
Deiner Meinung nach hatten wir bis jetzt nur Glück. Aber wenn man dann soviel Glück hat, wie du glaubst, ist das dann doch auch irgendwie Können.
Um den Bus hinten zu parken und Kick and Rush zu spielen, brauch man nicht viel Können. Und ja , ich bin der Meinung wir hatten bis jetzt unverschämt viel Glück und sollten schleunigst zuschauen, dass der FCK die Spielweise weiterentwickelt.
Ich nehme an, Du hast nie selbst Fußball gespielt (und das ist ja auch kein Verbrechen, also auch völlig ok), denn sonst würdest Du solche Aussagen vermutlich nicht tätigen. So wie wir gegen den Ball spielen, ist sehr anspruchsvoll. Taktisch diszipliniert, gut koordiniert, die richtigen Räume dicht machen, den Gegner in andere ungefährliche locken, die Abstände halten, Bälle in die Tiefe antizipieren und abfangen, bevor es gefährlich wird usw.
Dazu haben wir in der Regel (heute leider tatsächlich eher nicht) auch ein gutes und durchaus variables Umschaltspiel. Wir riskieren oft viel, wollen oft schnell vertikal spielen (dadurch u.a. auch die niedrige Passquote, da wir oft diu schwierigen versuchen zu nehmen statt Hin- und Hergeschiebe mit dem Ball hintenrum). Das geht oft schief, aber in (fast) jedem Spiel gelingen uns auch eine Reihe Angriffe, die auch spielerisch sehr stark vorgetragen sind. Beispiele aus den letzten beiden Spielen wären das 2:1 gegen Kiel, voher der 100%er, den Boyd leider nicht macht gegen Kiel oder das 2:1 gegen Hannover.
Und natürlich gab es Spiele, da hatten wir ein wenig das Glück des Tüchtigen. Aber es gab auch Unentschieden-Spiele, da hatten wir ein klares Chancenplus und da hatte der Gegner Glück einen Punkt mitzunehmen. Beispiele aus meiner Erinnerung wären Darmstadt, Braunschweig und Nürnberg jeweils aufm Betze.
In Summe denke ich, stehen wir genau da, wo wir von unserer Leistung auch hingehören. Nach 20 Spieltagen lügt die Tabelle in der Regel auch nicht mehr komplett.