Prägende Scheiben - Vakzine für's Leben
Meine erste Fuhre an gesammelter Musik gab's Anfang der 70er. Die Woodstock-Platten. Die Who mit Live at Leeds. Meine tägliche Nahrung war damals Deep Purple In Rock, hab wohl keine Platte je öfter gehört. Black Sabbath die Erste + die Paranoid. Led Zeppelin II. Die Get Yer Ya-Ya’s Out, Abbey Road und Let It Be.
Die Infos über Rock und Pop gab's aus dem Radio. Oder aus der Bravo, der Pop, der Popfoto, dem Musikexpress. Und der Austausch auf dem Schulhof und bei den Kumpels. Etwas später dann das TV mit Uschi Nerke. In Schwarz-Weiß. Beat Club konnte ich gucken wenn die Eltern die Flimmerkiste nicht „brauchten“, ansonsten war Essig mit Rockmusik gucken. Mediatheken gab es nicht, wenn du spät abends nach Hause kamst und kurz den Fernseher anmachtest, da lief das Testbild. Oder die Bundesflagge mit der Nationalhymne. Es gab ja kein Internet, keine Dauerpräsenz im TV.
Und die wenigen "Plattenläden" im Ländlichen waren bunt bestückt. Da gab es alles mögliche und eben auch ein paar Rockplatten. Elektrogeschäfte hatten mitunter Schallplatten mit im Angebot. Kein Saturn, kein WOM, nix. Die Songs in den Hitparaden, die Neueinsteiger waren wichtig. Das erschloss dir neue Bands, neue Sounds. Es waren nicht die LPs am Tag der Neuerscheinung, die Hitparadenstürmer machten dich mit Neuem bekannt. Als Pennäler war man ja chronisch klamm. Schallplatten wurden in der Cique untereinander ausgetauscht. Jeder hatte irgendwas, das ging dann ein paar Tage hierhin, dann dorthin, du selber hast dir diese Scheibe, dann jene ausgeliehen. Entsprechend sahen die Scheiben und auch die Hüllen irgendwann aus. Als man dann endlich sein Geld selber verdiente, hat man sich die ganzen Sachen nochmal gekauft und vernünftig drauf aufgepasst.
Singles wurden zu jener Zeit gesammelt, das Meiste in der überschaubaren Sammlung machten die 45rpm-Scheiben aus. Und ein paar LPs dazu. Der eine hatte ein Tonband, der andere einen Kassettenrekorder womit man Musik aus dem Radio aufnahm. Und dann quatsche der Moderator wiedermal dazwischen.
Die Purple-Scheiben vor der "In Rock" kannte ich gar nicht, das kam erst später (incl. der "Concerto"). Die erste bewusste Bekanntschaft mit Led Zeppelin machte ich mit dem Radio-Ohrwurm Whole Lotta Love, bei Ten Years After war es Love Like A Man, bei Black Sabbath dann Paranoid. Die Scheiben vieler Bands vor ihrem Auftauchen in den populären Charts waren unbekanntes Land.
Die zweite Ladung mit geballter musikalischer Inovation in kurzer Zeit gab es dann fast 10 Jahre später. Bands wie AC/DC, Motörhead, Iron Maiden, Judas Priest, Def Leppard oder Saxon rückten ins Bewusstsein. Aber auch hier hat das alles etwas gedauert, nicht die Debütalben machten diese Bands mir bekannt. Bei AC/DC war’s der Ohrwurm Highway to Hell, bei Motörhead ihr Ace of Spades, bei Maiden ihr Killers-Album und bei Judas Priest die British Steel.
Pink Floyd : Astronomy Domine