Mike Wunderlich hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Hier kommt unser Porträt:
Mike Wunderlich (mitte) bejubelt einen seiner vielen Treffer. Das möchte er in Zukunft im FCK-Trikot; Foto: Imago Images
Vierter externer Neuzugang: Das ist Mike Wunderlich
Mit Mike Wunderlich ist dem 1. FC Kaiserslautern eine echte Transfer-Überraschung gelungen. Der 35-jährige Offensivspieler hat nicht nur eine beeindruckende sportliche Vita, er hat auch neben dem Platz eine große Herausforderung gemeistert.
Dass Mike Wunderlich im Herbst seiner Karriere nochmal Viktoria Köln verlässt oder gar zum 1. FC Kaiserslautern wechselt, hätte wohl kaum jemand gedacht. Elf Jahre verbrachte die Kölsche Frohnatur auf der "Schäl Sick". Eigentlich hatte er vorgesehen, seinen laufenden Vertrag bis 2022 zu erfüllen und dann bei der Viktoria seine Karriere zu beenden. "Mega-Schock in Köln" oder "Lautern reißt Viktoria das Herz heraus", die medialen Reaktionen auf seinen Wechsel waren entsprechend. Der 35-Jährige war nicht nur Viktorias Kapitän. Er absolvierte für die Kölner in mehr als einer Dekade wettbewerbsübergreifend sage und schreibe 323 Spiele, in denen er 190 Tore erzielte und 92 Vorlagen lieferte. In bisher zwei Saisons in der 3. Liga konnte er insgesamt 28 Tore markieren, in der Regionalliga stolze 113 Treffer. In der Saison 2016/17 wurde er mit 29 Toren Torschützenkönig in der Regionalliga West. Sein Trainer damals: Marco Antwerpen. Unter ihm schaffte es Wunderlich in 54 Spielen auf sehr beachtliche 70 Scorerpunkte in der vierten Liga. Und auch in der vergangenen Saison absolvierte Wunderlich 32 Spiele, 28 davon über die volle Distanz. Elf Tore und sieben Vorlagen können sich sehen lassen. Zum alten Eisen gehört der offensive Mittelfeldspieler also noch lange nicht.
"Bester Spieler der 2. Bundesliga" - Dann kam die Depression
Schon mit fünf Jahren begann Mike mit dem Fußball spielen. Sein Vater, Franz Wunderlich, war selbst aktiver Fußballer, kam für den 1. FC Köln auf zwei Kurzeinsätze in der Bundesliga - einer davon 1990/91 im Hinspiel gegen den FCK. In der D-Jugend weckte Sohnemann Mike schließlich das Interesse von Bayer Leverkusen, wo er bis zu seinem 16. Lebensjahr kickte. Sein Potential war groß, sehr groß sogar. Nach Stationen bei Viktoria Köln, dem 1. FC Köln und Rot-Weiss Essen schaffte er 2010 im Alter von 24 Jahren den Sprung in die 2. Bundesliga zum FSV Frankfurt. Und er avancierte prompt zum Leistungsträger, der "Kicker" kürte ihn sogar zum besten Spieler der Hinrunde. Zeitgleich wurde er zum ersten Mal Vater, erste Angebote aus der Bundesliga trudelten ein. Sein Glück schien perfekt. Doch dann kam alles anders.
Wunderlich verlor zuerst die Leichtigkeit, dann den Spaß und die Motivation am Fußball - schließlich sogar am Leben. "Ich hatte Angst. Stand ich erst einmal auf dem Platz, war es gut. Doch nach einem Spiel oder einem Training hat es wieder angefangen. Ich hatte keine Lust, etwas zu unternehmen. Ich war nicht mehr ich. Der Kopf war nur noch müde. Sonst war ich ehrgeizig, auf einmal hatte ich keine Lust mehr. Aber zum Glück hatte ich keine Selbstmordgedanken", erzählt Wunderlich bemerkenswert offen. Seine Rettung damals? Sein Vater Franz und Viktoria Köln. "Der Erste, dem ich mich geöffnet habe, war mein Vater. Ich habe ihm gesagt, wie es mir geht, dass ich komplett aufhören möchte. Die Familie, der FSV Frankfurt und Trainer Boysen haben mir geholfen, wo es nur geht. Ich bin zurück nach Köln in die Heimat und habe eine Therapie gemacht." Das bedeutete für den so hoch veranlagten Spieler aber auch: Fünfte Liga statt dem Traum von der Bundesliga. Doch im Leben gibt es manchmal eben so viel mehr als Fußball. Diese Zeit lässt Wunderlich auch heute nicht kalt: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es in die Bundesliga geschafft hätte. Aber es sind nun mal Dinge passiert, gesundheitlich, psychisch. Dinge, die es mich nicht haben schaffen lassen. Es tut an vielen Tagen weh. Ich sehe ehemalige Mitspieler, die in der Bundesliga erfolgreich sind, von denen ich weiß, dass sie nicht besser waren als ich."
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Druck ist für Wunderlich kein Problem - Eine Spezialität: Freistöße
Dennoch: In vielerlei Hinsicht wird der Wechsel für Wunderlich zur Rettung. Zunächst nur ausgeliehen, erzielt er prompt für den Fünftligisten 34 Tore. Als Frankfurt ihn zurück möchte, spürt der damals 26-Jährige, dass er für einen erneuten Weggang noch nicht bereit ist und entscheidet sich zu bleiben. Für die nächsten neun Jahre. Bei der Viktoria wird er schnell zum Führungsspieler, schließlich auch zum Kapitän. Er erzielt Tore am Fließband, darunter auch den Treffer, den er heute noch als den wichtigsten seiner Karriere bezeichnet: 2019 erzwingt er per Elfmeter den Aufstieg der Viktoria in die 3. Liga. Ein klarer Beleg dafür, dass Wunderlich keinerlei Probleme mit Drucksituationen auf dem Spielfeld hat. "An mir wird bei der Viktoria immer vieles festgemacht, oft genug alles. Hätte ich ein Problem mit Druck gehabt, hätte ich das nicht ausgehalten", erzählte der meist als klassischer Zehner agierende Wunderlich einmal. Auf was sich der FCK besonders freuen dürfte: Zu Wunderlichs absoluten Paradedisziplinen gehören Standardsituationen - insbesondere Freistöße. Dirk Lottner, der ehemalige FC-Profi war lange sein Co-Trainer. Von ihm hat er nach eigener Aussage viel gelernt.
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FCK-Wechsel aus "persönlichen Gründen" - Sein Vorbild hat daran zu knabbern
Zur Überraschung vieler hat sich Mike Wunderlich jetzt doch nochmal zu einem Vereinswechsel entschieden. "Der Verein, die Fans, das Stadion, all das macht den FCK zu einem besonderen Verein und ich freue mich, künftig Teil davon zu sein", freut sich der 35-Jährige auf seine neue Aufgabe. Sein Vater Franz, der nicht nur Sportvorstand der Viktoria, sondern auch Mikes engste Bezugsperson und sein persönliches Vorbild ist, gibt im Interview mit dem
"RevierSport" zu, dass er am Abgang seines Sohnes noch zu knabbern hat. Mit Mike Wunderlich bekommen die Roten Teufel nicht nur geballte Erfahrung und einen echte Führungspersönlichkeit, sondern auch echte spielerische Qualität in der Offensive.
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Quelle: Der Betze brennt
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Mike Wunderlich wechselt von Viktoria Köln zum FCK (Pressemeldung FCK)