Fragen, Antworten und Anekdoten zur Geschichte des FCK.

Beitragvon Thomas » 25.03.2021, 09:00


Bild
Archivfoto von 2011: Kalli Feldkamp bei seinem bisher letzten Besuch im Fritz-Walter-Stadion

Meistertrainer Feldkamp hofft und bangt mit dem FCK

Sein Name ist untrennbar mit den großen Erfolgen des 1. FC Kaiserslautern verbunden: Karl-Heinz Feldkamp. Wir haben den Meistertrainer von 1991 zum Interview gebeten und mit ihm über alte Zeiten und neue Sorgen bei den Roten Teufeln gesprochen.

"Mir geht es gut. Meine Frau Helma und ich leben derzeit nicht in unserem Domizil in Marbella, sondern bei meiner Tochter in Braunschweig, und das seit Juli 2020 schon. Zum ersten Mal seit 20 Jahren haben wir die Wintermonate nicht in Spanien verbracht", verrät Kalli Feldkamp im ausführlichen Interview des Monats, das heute und morgen bei Der Betze brennt erscheint. Der 86-Jährige hat gerade seine zweite Corona-Impfung erhalten und freut sich auf einen hoffentlich bald wieder möglichen Besuch im Fußballstadion: "Ich hab kein 'Sky' abonniert, schaue Fußball lieber live im Stadion."

Besonders am Herzen liegt Feldkamp dabei natürlich sein Ex-Verein aus der Pfalz. Er sei schon seit fast zehn Jahren nicht mehr in Kaiserslautern gewesen, würde aber gerne mal wieder kommen, winkt der Meistertrainer von 1991 mit dem Zaunpfahl. Die heutige Situation bereitet ihm wie allen FCK-Freunden natürlich Sorge. Der einstige Bundesliga-Champion kämpft bekanntlich gegen den Abstieg in die vierte Liga. Aber so schwierig es auch aussehen mag, der FCK kann es noch schaffen, glaubt Feldkamp - und einer wie er muss es schließlich wissen: "Wichtig ist, dass jetzt alle zu einer harmonischen Zusammenarbeit finden, man nicht versucht, den einen gegen den anderen auszuspielen. Das gilt von Aufsichtsrat und Geschäftsleitung bis hin zu Mannschaft und Trainer. Und es muss eine klare Linie vorhanden sein. Sonst bleibt nur Chaos. Ich hoffe, dass es für unseren FCK gut geht."

Im kompletten Interview spricht Kalli Feldkamp über große Siege und bittere Niederlagen mit dem FCK, über Anfragen vom FC Bayern und der Nationalmannschaft, über die Bedeu­tung von Pfälzer Wein für die Gesundheit - und vieles mehr. Der erste von zwei Teilen erscheint heute Mittag auf Der Betze brennt.

Quelle: Der Betze brennt


Ergänzung, 11:30 Uhr:

Bild
Kalli Feldkamp (oben, Zweiter von links) mit seinem FCK-Team beim Pokalsieg 1990; Foto: Imago Images

Interview des Monats: FCK-Meistertrainer Kalli Feldkamp (Teil 1/2)
"Kaiserslautern war die schönste Zeit meiner Karriere"


Er ist die Trainer-Legende des 1. FC Kaiserslautern: 30 Jahre nach der Deutschen Meisterschaft von 1991 spricht Kalli Feldkamp im großen DBB-Interview über glorreiche Zeiten sowie seine heutige Sicht auf den Fußball und das Leben.

Der Betze brennt: Kalli Feldkamp, wie geht es Ihnen, wie kommen Sie gegenwärtig durch die Corona-Zeit?

Karl-Heinz Feldkamp (86): Mir geht es gut. Meine Frau Helma und ich leben derzeit nicht in unserem Domizil in Marbella, sondern bei meiner Tochter in Braunschweig, und das seit Juli 2020 schon. Zum ersten Mal seit 20 Jahren haben wir die Wintermonate nicht in Spanien verbracht. Ich habe auch schon den zweiten Impftermin hinter mir, gehörte ja dank meiner 86 Jahre zu den ersten, die drankamen. Endlich hatte mein Alter mal einen Vorteil.

Der Betze brennt: Schauen Sie noch viel Fußball?

Feldkamp: Hier in Braunschweig kaum. Ich hab kein "Sky" abonniert, schaue Fußball lieber live im Stadion. In Spanien besuche ich öfter die Heimspiele des Malaga CF, auch mal die von Real Madrid. Mein Privatleben lasse ich mir vom Fußball aber nicht mehr beeinflussen.

Der Betze brennt: Ihr ehemaliger Trainerkollege Ottmar Hitzfeld hat in einem Gespräch mit dem Fußball-Autor Ronald Reng unlängst erklärt, er habe sich eigentlich darauf gefreut, im Ruhestand wieder Fußball wie ein Fan genießen zu können, aber feststellen müssen, dass er das gar nicht mehr kann: Er sei immer nur am gucken, ob die Viererkette die Abstände richtig einhält oder sich sonst einer falsch bewegt ... Wie ist das bei Ihnen?

Feldkamp: Da unterscheide ich mich von Ottmar Hitzfeld. Ich kann Fußball immer noch genießen wie ein Theaterstück, ohne ständig zu überlegen, was macht der Trainer falsch oder was würde ich anders machen. Und ich genieße das Drumherum. Wenn ich zum Beispiel in Berlin und Dortmund anrufe, nach Tickets frage und spüre, die breiten dir regelrecht den Teppich aus, wenn du kommst. Da freu ich mich drüber.

"Ich würde gerne mal wieder nach Kaiserslautern kommen"

Der Betze brennt: Würden Sie denn auch gerne mal wieder nach Kaiserslautern kommen?

Feldkamp: Oh, das wäre gar kein Problem, so es Corona denn mal wieder zulässt. Im Fritz-Walter-Stadion war ich zuletzt vor zig Jahren, als TV-Experte bei einem Spiel des FCK gegen Mainz, als dort Thomas Tuchel noch Trainer war (im September 2011; Anm. d. Red.). Es gibt noch zwei, drei Familien in der Pfalz, die ich gerne mal wieder treffen würde. Wir fühlen uns noch sehr verbunden mit der Pfalz. Bei der Deutschen Bank in Kaiserslautern haben meine Frau und ich sogar noch ein Konto. Ob ich allerdings wehmütig würde, wenn ich durch die Gänge des Stadions laufe? Oder ob es ein Genuss wäre, den FCK heute spielen zu sehen? Nun ja, das wäre mein Problem. Kommen würde ich auf jeden Fall gerne.

Der Betze brennt: Wenn Sie auf Ihre Karriere zurückschauen, die vielen Stationen, Erfolge und Erlebnisse - welchen Stellenwert nimmt der 1. FC Kaiserslautern da ein?

Feldkamp: Die insgesamt sieben Jahre, die ich dort arbeiten, und die Erfolge, die ich dort feiern durfte, haben mich geprägt. Kaiserslautern war die schönste Zeit meines Trainerlebens.

Der Betze brennt: In diesem Jahr jährt sich der Gewinn der Deutschen Meisterschaft, den sie mit der legendären FCK-Mannschaft von 1991 feierten, zum 30. Mal. Haben Sie zu Spielern aus dieser Zeit Kontakt?

Feldkamp: Zu Spielern der Meistermannschaft eigentlich nicht. Sicher, wenn ich Stefan Kuntz oder Reinhard Stumpf mal treffe, ist das immer schön, aber regelmäßigen Kontakt zueinander haben wir nicht. Dafür telefoniere ich viel mit Peter Briegel. Vor Corona haben wir uns auch öfter getroffen, da auch er eine Wohnung in Spanien hat. Es gibt auch Spieler, da bin ich froh, dass sie mich nie wieder angerufen haben, aber von Lautern ist da keiner dabei.

"In meiner ersten FCK-Zeit war ich noch nicht reif für einen Titel"

Der Betze brennt: Es ist auffällig, dass die Spieler, die Sie in Ihrer ersten FCK-Ära von 1978 bis 1982 betreuten, eigentlich viel markantere Typen waren als die, mit denen Sie 1991 Meister geworden sind: Neben Briegel gab es da beispielsweise Ronnie Hellström, Hans-Günter Neues, Reiner Geye und Hannes Bongartz. Mit denen sind Sie an Titeln aber immer nur knapp vorbeigeschrammt: 1978/79 waren sie in der Bundesliga lange Tabellenführer, 1981 unterlagen Sie im DFB-Pokal-Finale Eintracht Frankfurt, 1982 scheiterten sie im Halbfinale des UEFA-Cups am IFK Göteborg. Woran lag's - einfach nur am fehlendem Glück?

Feldkamp: (lacht) Vielleicht war ja auch der Trainer damals noch nicht reif genug für Titel. Wenn ich mich allein an das Pokalfinale 1981 erinnere. Da haben wir uns mehr Gedanken um die Anzüge gemacht, die wir tragen wollen, als um wirklich wichtige, sportliche Dinge. Und dann mussten wir erstmal nachschauen, wo das Endspiel stattfindet: In Stuttgart, dieses Stadion konnte ich eh noch nie leiden. Berlin wurde erst später zum regelmäßigen Austragungsort der Pokal-Endspiele. Ich glaube, in der Atmosphäre dort wäre es anders ausgegangen. Im April 1981 hatten wir die Eintracht, wenige Wochen vor dem Finale, am Betzenberg schließlich noch 2:0 besiegt.

Der Betze brennt: Als Sie 1990 das zweite Mal nach Kaiserslautern kamen, waren Sie Mitte 50. Was machten Sie da anders als mit Mitte 40?

Feldkamp: Ich bin die Dinge viel professioneller angegangen und hatte gelernt, immer mit klarer Linie zu entscheiden. Egal, ob es um Mannschaftsaufstellungen oder um Fragen wie die Organisation eines Trainingslagers ging. Und ich hatte gelernt, besser mit Vorständen, Managern und Präsidenten umzugehen.

Der Betze brennt: Und was hatte Sie reifer gemacht? Die DFB-Pokalsiege, die Sie in der Zwischenzeit mit Bayer Uerdingen und Eintracht Frankfurt (1985 und 1988; Anm. d. Red.) gefeiert hatten?

Feldkamp: Ich glaube, dass mich vor allem die Zeit im Ausland weitergebracht hat, auch kulturell. Von 1988 bis 1990 trainierte ich den al-Ahly SC in Kairo in Ägypten, meine Frau und meine Tochter zogen glücklicherweise mit. Das ist mir damals vielleicht gar nicht so bewusst geworden, aber als ich danach nach Deutschland und nach Kaiserslautern zurückkehrte, sagten mir viele: Du bist ja ein vollkommen anderer Mensch geworden.

"Für uns blieben nur die Spieler, die die großen Klubs nicht wollten"

Der Betze brennt: Was Sie immer auszeichnete: Bei Ihnen sind immer wieder Spieler groß geworden, die vorher keiner auf dem Zettel hatte. In ihrer ersten Ära etwa Michael Dusek, Wolfgang Wolf oder Hans-Peter Briegel, in der 1991er Meistermannschaft zum Beispiel Joachim Stadler, Bjarne Goldbaek, Bernhard Winkler oder Kay Friedmann. Wie haben Sie das geschafft? Haben Sie andere Prioritäten bei der Beurteilung von Spielern gesetzt? Oder haben Sie einen anderen Blick auf Menschen?

Feldkamp: Wir waren ja damals schon gezwungen, immer unsere wirtschaftlichen Möglichkeiten klar im Blick zu behalten. Was wir uns an Spielern leisten konnten und was nicht, gab um 1980 herum im Grunde der Hamburger SV vor, die Bayern waren in dieser Zeit gar nicht so dominant. Da blieben uns nur die Spieler, die für die finanziell besser aufgestellten Klubs nicht so attraktiv waren. Friedhelm Funkel zum Beispiel, der war nie Nationalspieler, das machte ihn für die anderen nicht so interessant, aber ich wusste, was er konnte. Oder Hannes Bongartz. Den hatte ich drei Jahre in Wattenscheid trainiert, dann ging er nach Schalke, da war nach vier Jahren bei Null, im Verein ging's für ihn nicht mehr weiter, in der Nationalmannschaft auch nicht. Da habe ich gesagt: Jetzt müssen wir den holen, der kann die Mannschaft führen.

Der Betze brennt: Heute ist der Spielermarkt ja komplett durchanalysiert. Zu jedem Profi sind Datenprofile greifbar, in denen jeder direkt ablesen kann, wie viele Pässe von ihm ankommen und wie viele nicht, wie viele intensive Läufe pro Spiel macht der nach hinten, wie viele nach vorne. Wäre es da überhaupt noch möglich, ein Team von Namenlosen und anderswo Abgeschriebenen zu formieren, dass dann bis nach oben durchmarschiert?

Feldkamp: Ich würde sagen, ja. Es gab doch damals auch schon Institute, die uns Informationen zu Spielern angeboten haben. Denen habe ich immer gesagt, warum soll ich die bei Ihnen kaufen, unseren Wettbewerbern bieten Sie dasselbe doch auch an. Ich muss schon selbst wissen, welcher Spieler in mein Mannschaftsgerippe passt und welcher nicht. Da können mir andere fünf Mal erzählen, wie oft der nach vorne und nach hinten läuft, wenn ich den trainiere, sehe ich das selbst. Natürlich ist das alles viel weiter heute. Da gibt es Berater und viele andere Dinge, die dem Spieler nichts bringen, die aber viel Geld kosten. Oder dieses sich in der Öffentlichkeit verteidigen müssen, das ist alles viel schlimmer als früher. Ob ich auch damit hätte reifen können? Ich weiß es nicht.

"Mein verrücktestes FCK-Spiel? Da gibt es nur eine Antwort: Barcelona!"

Der Betze brennt: Als Ihr verrücktestes Spiel haben Sie immer das Uefa-Cup-Spiel mit Uerdingen 1986 gegen Dynamo Dresden bezeichnet, in dem Sie nach dem 0:2 im Hinspiel zur Pause auch zuhause 1:3 hinten lagen - und dass Sie am Ende 7:3 gewannen. Vom Magazin "11 Freunde" wurde diese Partie mal als "Größtes Fußballspiel aller Zeiten" gewählt. Was sind die verrücktesten Spiele, die Sie mit dem FCK erlebt haben?

Feldkamp: Da gibt es nur ein Spiel, was ich immer in den Mittelpunkt stelle, und das haben wir verloren: Das 3:1 gegen den FC Barcelona, mit dem wir 1991 aus dem Europokal der Landesmeister ausschieden, weil wir bei 3:0-Führung den Gegentreffer hundert Sekunden vor Schluss kassierten, nachdem wir das Hinspiel 0:2 verloren hatten. Ein solcher K.O.-Schlag auf die Kinnspitze, gegen diesen internationalen Klassegegner, dessen Trainer Johan Cruyff hieß - der war unglaublich schwer zu verdauen. Ich seh' es heute noch vor mir: Bjarne Goldbaek hätte das 4:0 machen müssen. Unmittelbar vor dem Gegentreffer wollte ich Miro Kadlec einwechseln, aber der Schiedsrichter hob den Arm zu mir und zeigte auf seine Uhr, nach dem Motto "Letzter Freistoß". Danach Totenstille im ganzen Stadion ... Aber: Wir sind nach diesem Niederschlag nicht abgesackt. Wir sind wieder aufgestanden und in dieser Saison noch Fünfter in der Bundesliga geworden, hatten uns wieder für den Europacup qualifiziert. Das war für mich und die Mannschaft eine der größten Leistungen, die wir je erbracht haben.

Der Betze brennt: Ein anderer hätte jetzt vielleicht das 5:0 gegen Real Madrid 1982 genannt, denn an das haben Sie bestimmt nur positive Erinnerungen...

Feldkamp: Ja, klar, das war ja auch die Mannschaft mit Peter Briegel. Ich erinnere mich noch sehr gut: Wir hatten damals privat einen Freund zu Gast, der mit Fußball absolut nichts am Hut hatte. Den haben wir mittags vorm Spiel im Hotel besucht. Da sagte der mir zu: Heute Abend gewinnt ihr 5:1... Darauf sagten unsere Begleiter, inklusive meiner Frau: Du hast wirklich keine Ahnung von Fußball. Anscheinend hatte er mehr davon, als wir dachten.

"Niemand vom FCK hat 1992 versucht, mich nochmal umzustimmen"

Der Betze brennt: 1992 haben Sie den FCK dann verlassen, sind nach Istanbul zu Galatasaray SK gewechselt und dort direkt Meister geworden. War Ihnen klar geworden, dass in Kaiserslautern sobald nichts mehr werden würde mit Titeln?

Feldkamp: Nein, von Galatasaray wusste ich noch nichts gar nichts, als ich im Mai 1992 beim FCK aufhörte. Den Kontakt hat später erst Jupp Derwall hergestellt, der ja bereits in der Türkei arbeitete. Es war so: Nachdem wir 1991/92 am letzten Spieltag auf Schalke 0:2 verloren hatten, kam ein SWF-Journalist zu mir und sagte: "Wissen Sie, was Günter Klingkowski (damaliger Vizepräsident des FCK; Anm. d. Red.) gerade gesagt hat? Wir sind letztes Jahr Meister geworden, jetzt nur Fünfter, da müssen wir erstmal überlegen, wie es nun weitergeht" ... Am nächsten Morgen habe ich gekündigt. Dass man nach dem Gewinn einer Meisterschaft mit einem fünften Platz nicht zufrieden sein will, mochte ich nicht akzeptieren. Das Schlimmste war aber: Niemand, aber wirklich niemand vom FCK hat anschließend versucht, mich nochmal umzustimmen.

Der Betze brennt: Hätten Sie sich denn umstimmen lassen?

Feldkamp: Ach, wissen Sie, was mir Franz Böhmert, der langjährige Präsident von Werder Bremen, eine Woche später beim Pokal-Endspiel in Berlin erzählte? "Otto Rehhagel ist schon jetzt schon über zehn Jahre lang Trainer bei uns - und hat alle zwei Jahre gekündigt. Wir sind dann immer mit Beate Rehhagel essen gegangen, und am Tag darauf hatten wir den Otto wieder umgestimmt. Jedes Mal." Natürlich hätte auch ich nochmal mit mir reden lassen. Ich hatte sogar schon einen Plan, wie wir wieder erfolgreicher werden können. Der sah allerdings vor, sich von zwei, drei Spielern der einstigen Meistermannschaft zu trennen, weil sie meiner Ansicht nach ihren Zenit überschritten hatten. Überhaupt ist es auffällig, dass außer Stefan Kuntz keiner aus diesem Team jemals wieder das Leistungsniveau von 1990/91 erreichte. Diese Trennungen durchzuziehen, wäre sehr schmerzhaft geworden, drum bin ich auch gar nicht bös' drum, dass ich sie dann doch nicht umsetzen musste.

"Otto und ich - das war schon etwas eng auf dem Betze"

Der Betze brennt: Apropos Otto Rehhagel. Sie gehörten 1996 dem "Team Professionelle Zukunft" genannten FCK-Aufsichtsrat an, der Otto Rehhagel zurück nach Lautern holte. Dennoch schien Ihr Verhältnis zu ihm immer merkwürdig distanziert. War's am Betzenberg zu eng für zwei Meistertrainer?

Feldkamp: Ja, das war schon etwas eng ... Der Otto und ich hatten schon in gemeinsamen Trainerzeiten nie eine persönliche Beziehung zueinander entwickelt. Ich mochte auch die Art nicht, wie er auf Trainertagungen auftrat. Aber wir haben uns immer respektiert. Als mir Atze Friedrich (damals ebenfalls im Aufsichtsrat, später im Vorstand des FCK; Anm. d. Red.) nach unserem Abstieg 1996 sagte, "Kalli, wir können jetzt den Otto Rehhagel als Trainer bekommen", habe ich sofort gesagt: Holt ihn. Ich selbst hatte am Betzenberg nur ein längeres Gespräch mit Otto. Da musste ich ihn überreden, einen Assistenztrainer einzustellen. Er sagte, er brauche keinen, doch die DFB-Statuten schrieben einen vor. Ich empfahl, Karl-Heinz Kamp zu holen, mit dem er bei Werder zusammengearbeitet hatte, aber da meinte Otto, wenn du den aus Bremen wegholst, weiß der schon am ersten Autobahnkreuz nicht mehr, wo er ist ... Wir haben ihm dann Reinhard Stumpf aufgedrängt, den hat er schließlich akzeptiert.

Der Betze brennt: In Otto Rehhagels Meisterjahr 1997/98 hatten Sie Ihre Tätigkeit als Aufsichtsrat beim FCK aber bereits wieder beendet. Warum?

Feldkamp: Weil mir das zu viel wurde. In dem Jahr in der 2. Bundesliga hätte auch Pater Leppich die Mannschaft trainieren können, die wäre so oder so aufgestiegen, war allerdings auch entsprechend teuer. Danach aber wurde ein anderer Arbeitsaufwand notwendig, auch für uns im Aufsichtsrat. Ich weiß noch, wie ich mit Peter Briegel (von 1996 bis 1997 FCK-Sportdirektor; Anm. d. Red.) in der Herxheimer "Krone" zusammensaß und die Rückholaktion von Ciriaco Sforza einfädelte - übrigens auch einer, der sich gerade abgewertet fühlte, nachdem er mit Inter Mailand gegen Schalke im Uefa-Cup-Finale gescheitert war, und der dadurch für uns wieder machbar geworden war. Bei solchen Sitzungen spürte ich: Du müsstest jetzt jeden Tag am Betze sein, und das ehrenamtlich, aber ohne wirkliches Mitspracherecht. Das geht nicht, da kannst du dein Leben in Spanien nicht mehr führen. Also habe ich aufgehört.

"Damals haben einige beim FCK den Blick für den Realität verloren"

Der Betze brennt: Es heißt, in diesen Jahren rund um die Deutsche Meisterschaft hätte am Betzenberg auch der Größenwahn eingesetzt, unter dessen Folgen der FCK bis heute leidet. Haben Sie den damals auch schon gespürt?

Feldkamp: Oh ja. Ich hab dem Atze Friedrich damals oft am Telefon gesagt, wenn ich noch im Aufsichtsrat sitzen würde, hätte ich der Verpflichtung dieses oder jenes Spielers auf gar keinen Fall zugestimmt. Jedenfalls nicht in dieser finanziellen Größenordnung. Dann fing man an, Gehälter in die Schweiz fließen zu lassen, und wollte mit den Bayern auf einem Level wirtschaften. Da haben einige in Vorstand und Aufsichtsrat den Blick für die Realität verloren. Ob ich allein allerdings die Kraft gehabt hätte, diese Entwicklung einzudämmen, weiß ich nicht.

Der Betze brennt: Hans-Peter Briegel wollte Sie dann 2003, der FCK war inzwischen vom Top-Klub zum Abstiegskandidaten geworden, nochmal als Sportdirektor an Betzenberg holen. Da hätten Sie hauptamtlich arbeiten können, haben das aber auch abgelehnt. Warum?

Feldkamp: Weil ich ehrlich gegenüber mir selbst sein wollte. 40, 50 Stunden die Woche für den Verein arbeiten, aber am Samstag dann nicht auch die Mannschaft aufstellen können - wenn man so lange in der ersten Reihe gestanden hat, befriedigt das nicht. Das habe ich erkannt. Und meinen Entschluss auch nicht bereut.

Morgen im zweiten Teil unseres Interviews des Monats: Kalli Feldkamp über Anfragen vom FC Bayern und der Nationalmannschaft, die beim FCK geschehenen Fehler und seine heutige Sicht auf die Roten Teufel.

Quelle: Der Betze brennt / Autoren: Eric Scherer, Thomas Hilmes


Ergänzung, 26.03.2021:

Bild
Deutscher Meister 1991: Trainer Kalli Feldkamp mit Kapitän Stefan Kuntz; Foto: Imago Images

Interview des Monats: FCK-Meistertrainer Kalli Feldkamp (Teil 2/2)
"Ich hoffe, dass es für unseren FCK gut geht"


Im Gespräch mit Kalli Feldkamp: Der Meistertrainer des 1. FC Kaiserslautern beurteilt in unserem Interview des Monats die aktuelle Lage auf dem Betzenberg - und erzählt Interessantes über den FC Bayern, die Nationalmannschaft und den Pfälzer Wein.

Der Betze brennt: Kalli Feldkamp, 1998 wurde mal spekuliert, dass Sie die Nachfolge von Berti Vogts als Bundestrainer antreten könnten. War da was dran?

Karl-Heinz Feldkamp (86): Es gab da tatsächlich Gespräche zwischen dem DFB und mit mir, sogar auf der Tribüne in Kaiserslautern. Aber da war ich schon seit vier Jahren bei Länderspielen als Co-Kommentator beim ZDF im Einsatz, also sagte ich dem DFB: Ich hab diese Nationalmannschaft schon so oft öffentlich kritisiert, da kann ich sie jetzt unmöglich als Trainer übernehmen. Das sähe ja so aus, als hätte ich mir den Posten selbst freigeschaufelt.

Der Betze brennt: Den Job hat dann Ihr Amtsvorgänger beim 1. FC Kaiserslautern übernommen: Erich Ribbeck. Der lebt heute ebenfalls in Spanien, auf Teneriffa. Haben Sie Kontakt miteinander?

Feldkamp: Leider nein. Wir haben 2015 mal telefoniert, als Udo Lattek gestorben war, und dann auch gemeinsam mit der Witwe gesprochen. Ein ehemaliger Trainerkollege, den ich heute noch öfter sehe, ist Friedhelm Funkel.

Der Betze brennt: Ribbeck fuhr dann 2000 mit dem Nationalteam um dem damals schon 39-jährigen Lothar Matthäus zur EM 2000 und schied bereits in der Vorrunde aus.

Feldkamp: Was eigentlich keine Überraschung war. Da ist einiges von dem eingetroffen, was ich schon unter Berti Vogts kritisiert hatte. Spieler wie Matthäus und Klinsmann wurden nicht vom Nationaltrainer geführt, stattdessen führten die Spieler den Trainer.

"Es gibt nichts Schöneres, als mit einem Erfolg zu gehen"

Der Betze brennt: Heute wird Erich Ribbecks Name fast nur mit dem Zusatz "schlechtester Nationaltrainer aller Zeiten" genannt. Was er vorher geleistet hatte, sieht niemand mehr …

Feldkamp: Da sagen Sie was Richtiges. Ich hab schon Leute getroffen, die sagten: "Otto Rehhagel? Das ist doch der, der 2012 mit Hertha BSC abgestiegen ist." Und was ist mit den vielen Titeln, die er zuvor gewann? Ich habe ja auch nie verstanden, weshalb Otto nicht aufgehört hat, nachdem er 2004 mit Griechenland die EM geholt hatte. Es gibt doch nichts Schöneres, als mit einem solchen Erfolg zu gehen. Ein Misserfolg ist wie eine negative Rente, die du bis an dein Lebensende mitnimmst.

Der Betze brennt: Sie sind ja auch nochmal rückfällig geworden. 2007 wurden Sie, im Alter von 73 Jahren, noch einmal Trainer bei Galatasaray. Es heißt, Ihre Ärzte hätten Ihnen sogar ausdrücklich zu diesem Engagement zugeraten. Stimmt das?

Feldkamp: Aber ja, ich war doch topfit! Sogar mein Sohn hat zu mir gesagt: "Papa, wenn du in der Türkei medizinisch gut betreut wirst, mach dich ab." Dass ich dann nach dem 29. Spieltag aufhörte, lag auch nicht daran, dass ich krank wurde, wie später behauptet wurde. Ich hatte festgestellt, dass versucht wird, die Mannschaft an mir vorbei aufzustellen, und daraufhin erklärt: Wenn das noch einmal vorkommt, flieg' ich nach Hause. Und das habe ich dann auch getan. Galatasaray ist anschließend Meister geworden, aber das waren sie schon so gut wie, als ich ging.

Der Betze brennt: Wenn alles nach Ihren Vorstellungen gelaufen wäre, wie lange hätten Sie dann noch auf der Trainerbank gesessen?

Feldkamp: Ich hätte die Saison zu Ende gebracht, einen Nachfolger installiert und mich anschließend noch einige Monate als Ansprechpartner zur Verfügung gestellt. Ende 2008 wäre ich nach Marbella zurückgekehrt und das wär's dann gewesen, so war es auch mit meiner Frau abgesprochen. Ich war dann zwar nochmal kurzzeitig Technischer Berater bei Galatasaray, aber da machte ich dieselbe Erfahrung wie schon Jahre zuvor in Kaiserslautern: Nur noch von außen tätig zu sein und nicht mehr wirklich verantwortlich, das ist nichts für mich.

"Der DFB muss eventuell noch vor der EM über Löw entscheiden"

Der Betze brennt: Wenn Sie sich die heutige Trainergeneration anschauen, gibt's da einen Kollegen, der Ihnen besonders gut gefällt? Einen, von dem Sie sogar sagen würden, der erinnert mich an den jungen Kalli Feldkamp?

Feldkamp: Ich bewundere jeden Trainer, der seine Auffassung durchsetzt, und das sind ja immer auch die erfolgreichen Trainer. Jürgen Klopp hat gezeigt, dass er das dauerhaft kann, Thomas Tuchel vielleicht auch. Ob die jungen deutschen Trainer wie Julian Nagelsmann das ebenfalls können, muss die Zukunft zeigen. Ich schaue mir an, wie sie mit dem Erfolg sicherer werden, wie sie ihre Aussagen machen, wie sie in der Lage sind, ihre Mannschaften zu verstärken - wozu es freilich immer auch ein entsprechendes Umfeld braucht. Aber Vergleiche mit mir selbst stelle ich eigentlich nie an.

Der Betze brennt: Und wie beurteilen Sie die Situation in der Nationalmannschaft? Jogi Löw ist seit 15 Jahren Bundestrainer, wurde Weltmeister, stand zuletzt jedoch in der Kritik, nun hört er im Sommer nach der Europameisterschaft auf.

Feldkamp: Ich komme nicht damit klar, wenn ein Trainer keinen Erfolg hat, aber selbst die Entscheidung trifft, bis nach der EM weiterzumachen. Wenn ich kein sicheres Gefühl habe, bin ich auch nicht kreativ und auch nicht mutig. Und sicher bin ich nur, wenn ich Erfolg habe. Denn nur, wenn Sie Erfolg haben, glaubt man und hört man auf Sie. Das alles fehlt mir bei unserem Bundestrainer im Moment. Ich bin mal auf die nächsten Freundschaftsspiele gespannt. Wenn die Mannschaft nicht sicherer wird, muss da noch vor der EM eine Entscheidung fallen. Und die sollte nicht der Bundestrainer treffen, sondern der DFB. Darum drückt man sich bislang. Zur Entschuldigung des Bundestrainers muss ich aber auch sagen: So gute Spieler haben wir derzeit nicht, als dass er den Erfolg garantieren könnte.

"Den Stadionausbau verzeihe den dafür Verantwortlichen nicht"

Der Betze brennt: Damit sind wir in der jüngeren Vergangenheit und der Gegenwart angekommen: Wie haben Sie den 1. FC Kaiserslautern in den vergangenen Jahren wahrgenommen?

Feldkamp: Zunächst ärgert es mich nach wie vor, dass wir immer noch Schulden haben von dieser WM 2006. Das verzeihe ich keinem, der dafür verantwortlich war, den Politikern um Kurt Beck (Ministerpräsident von 1994 bis 2013 und großer FCK-Fan; Anm. d. Red.) nicht, aber auch den damaligen FCK-Verantwortlichen wie René C. Jäggi (FCK-Vorstandsvorsitzender von 2002 bis 2006; Anm. d. Red.) nicht. Man müsste heute die Fotos, für die sie während der WM posiert haben, mal irgendwo aufstellen und daneben schreiben, was Verein, Region und Land da an Geld reingebuttert haben. Unser niveauvolles Stadion wurde zu etwas umgebaut, vor dem keiner mehr Angst hat. Diese Selbstdarstellung hat ein ganzes Bundesland in den Sumpf gezogen.

Der Betze brennt: Und wie ist Ihr Blick auf die aktuelle sportliche Situation des FCK?

Feldkamp: Ich telefoniere oft mit Peter Briegel, von daher bin ich ganz gut informiert. Ich verstehe die aktuelle Konstellation nicht. Marco Antwerpen als Trainer, okay, den habe ich auch in Braunschweig schon mitbekommen. Aber wenn ich höre, dass Thomas Hengen jetzt als Geschäftsführer Sport mit auf der Bank sitzt und mit in die Kabine geht - wie kann sich ein Trainer das gefallen lassen? Das sehe ich kritisch und aus meiner eigenen Erfahrung heraus auch die Gefahr, dass die Spieler sowas spüren und den einen gegen den anderen ausspielen.

"Der Manager auf der Bank? Das hätte ich damals abgelehnt"

Der Betze brennt: Thomas Hengen ist ungefähr das, was zu Ihrer zweiten Zeit beim FCK Reiner Geye als Manager war. Mit dem haben Sie doch auch harmoniert, oder?

Feldkamp: Aber zwischen uns war immer klar: Reiner Geye arbeitet oben in den Büros und ich unten auf dem Platz. So haben wir hervorragend zusammengearbeitet. Geye hat zum Beispiel bei der WM 1990 die Verpflichtung von Miro Kadlec alleine durchgezogen, das war ein super Transfer. Und ich wäre im Januar 1990, als ich den FCK auf einem Abstiegsplatz übernahm, auch mit in die Zweite Liga gegangen, das wäre für mich selbstverständlich gewesen. Aber ein Manager neben mir auf der Bank, das hätte es bei mir niemals gegeben. Ich hatte nach der Meisterschaft ein Angebot von Bayern München, das habe ich in erster Linie deswegen abgelehnt, weil ich wusste, ich würde da einen Uli Hoeneß niemals von der Bank radieren können.

Der Betze brennt: Hand aufs Herz: Glauben Sie, dass der FCK in der 3. Liga bleibt?

Feldkamp: Peter Briegel meint, das Zeug dazu wäre da, um es zu schaffen. Also ist es möglich. Wichtig ist, dass jetzt alle zu einer harmonischen Zusammenarbeit finden man nicht versucht, den einen gegen den anderen auszuspielen. Das gilt von Aufsichtsrat und Geschäftsleitung bis hin zu Mannschaft und Trainer. Und es muss eine klare Linie vorhanden sein. Sonst bleibt nur Chaos. Ich hoffe, dass es für unseren FCK gut geht.

Der Betze brennt: Und wie schaffen Sie es, mit 86 Jahren noch so erstklassig beieinander zu sein?

Feldkamp: Wenn ich in Marbella bin, springe ich immer mal in den Pool. Zwei, drei Mal in der Woche spiele ich mit meiner Frau Tennis. Ein großer Jogger bin ich nicht, aber meine Frau zwingt mich regelmäßig, mich nach draußen zu bewegen. Neulich hat sie mir solche Walking-Stöcke geschenkt, über solche Dinge hätte ich früher gelacht, aber heute merke ich, sie tun mir gut. Trotzdem: Wenn jemand mir einen Ball hinlegt, bin ich sofort dabei, wenn es in einen Waldweg geht, drehe ich mich lieber weg. Ich bin kein Einzelsportler, ich bin Mannschaftssportler, ich muss angetrieben werden. Darum bin ich froh, dass es mir und meiner Frau nach wie vor gut geht, und dass auch unsere Kinder so auf uns bedacht sind. Man braucht jemanden, der einen versteht, der einen auffängt und einem bei Problemen hilft. Ich hab noch keinen getroffen, der alles alleine schafft. Darum bedauere ich alle, die gerade jetzt allein sind.

Der Betze brennt: Trinken Sie noch regelmäßig Pfälzer Wein?

Feldkamp: Ich bin der Winzergenossenschaft in Wachenheim nach wie vor sehr verbunden. In Deutschland wird unsere Keller nach wie vor von Weiß- und Grauburgunder aus der Pfalz bestimmt, früher war es mal mehr Riesling gewesen. In Marbella trinken wir hingegen spanischen Wein, da nehmen wir nichts extra aus Deutschland mit. Aber lassen Sie es mich trotzdem mal so sagen: Im Mittelpunkt unserer gesunden Ernährung steht der Wein aus der Pfalz.

"Gemeinsam mit den Fans kann man viel erreichen"

Der Betze brennt: In dem kürzlich erschienen Buch "100 Jahre Betzenberg" von Dominic Bold werden Sie mit den Worten zitiert: "In Kaiserslautern immer auf die übertriebene Erwartungshaltung zu verweisen, ist vollkommener Quatsch. Ich vermisse es, dass man die Fans als Faktor begreift, mit dem Erfolg zu schaffen ist." Wie könnte das Ihrer Meinung nach aussehen?

Feldkamp: Was mich stört - und das lese ich auch in den Vorberichten der Spiele von Eintracht Braunschweig oft: Wenn Trainer erklären, wir brauchen jetzt die Fans, die müssen uns unterstützen. Das akzeptiere ich nicht. Wir sind es, die die Fans mitnehmen, sie heißmachen müssen, wenn wir rausgehen. Um sie dafür zu entschädigen, dass sie gekommen sind, um uns zu bezahlen. Wir müssen rausgehen, um zu zeigen, dass wir stolz sind, für sie spielen zu dürfen. Und wir dürfen nicht jammern, wenn wir ausgepfiffen werden. Fans pfeifen nur, wenn du eine negative Leistung gebracht hast, die sie nicht verstehen. Gemeinsam mit den Fans kann man viel erreichen, sich wechselseitig hochpushen - das haben wir in Kaiserslautern oft genug bewiesen.

Der Betze brennt: Herzlichen Dank für das interessante Gespräch und bleiben Sie gesund!

Quelle: Der Betze brennt / Autoren: Thomas Hilmes, Eric Scherer
Der Verein führt als eingetragener Verein den Namen 1. Fußball-Club Kaiserslautern e.V. (1. FCK) und hat seinen Sitz in Kaiserslautern. Seine Farben sind rot und weiß. (...) Das Stadion trägt den Namen Fritz-Walter-Stadion. (Vereinssatzung des 1. FC Kaiserslautern e.V. - Artikel 1, Absatz 1)



Beitragvon Begbie1980 » 25.03.2021, 09:10


Der Größte! Bis heute gab es keinen besseren Trainer als ihn für den FCK.
Zuletzt geändert von Begbie1980 am 25.03.2021, 11:48, insgesamt 1-mal geändert.
www.fussballromantiker.com

Warst du mal im Stadion von Kaisers­­lautern beim Fußballspiel? Das ist die Hölle! Da denkt man immer, man kriegt sofort in die Schnauze gleich."

Olli Schulz, Sänger und Moderator in einem Interview beim RBB



Beitragvon Betzepowerwurst » 25.03.2021, 09:38


Begbie1980 hat geschrieben:Der Größte! Bis heute gab es keinen besseren Trainer wie für den FCK.



Definitiv. Seine erste Amtszeit konnte ich nicht miterleben( Jahrgang 81) aber ich war damals als kleiner Bub 90' in Berlin. Dieser Mann hat Alles aus dem vorhandenen material herausgeholt und zusätzlich haben damals noch ALLE rund um den Betze zusammengehalten.(nur deswegen WAREN wir ja auch so stark)Heute schießt jeder gegen Jeden.
Irgendwie beschleicht mich häufiger das Gefühl, dass der FCK systematisch beschossen wird bis er nicht mehr aufstehen kann.



Beitragvon joergi » 25.03.2021, 10:01


@Begbie1980, @Betzepowerwurst:
:daumen: Stimmt, das wollte ich schreiben. Das war unser Bester. Sogar als Co-Kommentator im TV, gab's bis heute keinen Besseren. Der hatte unglaublichen Sachverstand. Es ist einfach nur traurig, was jetzt abläuft!



Beitragvon Ereborn » 25.03.2021, 10:06


Kalli ist der Größte! Kein Trainer hat dem FCK wie er ein Gesicht verpasst, hat massgeblich verändert, wie sich das Image des FCK der früheren 70er vom Klopperteam zum ernstzunehmenden Verein gewandelt hat, der unter ihm immer zu den Top6 der Bundesliga gehörte. Bayern, HSV - aber dann kam schon sehr bald der FCK - noch weit vor Dortmund, Werder, VfB, Gladbach...

Manche andere Trainer haben meinen höchsten Respekt für ihre Leistung für den FCK erworben - aber Kalli war für mich auch immer das Idealbild des FCK, zu dem er ihn selbst entwickelt hat. Wie hat er das geschafft? Mit Menschenkenntnis, einem gelebten Selbstbewusstsein, dass aus normalen Spielern eine Mannschaft geformt hat, die weit über dem Niveau gespielt hat, das man ihr von den Namen her zugetraut hätte.

Am meisten an dieser Meldung freut mich, dass es ihm immer noch gut geht.

Ich wollte, er wäre noch 10 Jahre jünger und könnte nochmal mithelfen, den Verein wieder auf einen anderen Weg zu bringen. Wenn es einer schaffen könnte, dann Kalli.
Vieles im Leben kann man mit Geld kaufen.
Emotion und Leidenschaft nicht.



Beitragvon since93 » 25.03.2021, 10:11


Und direkt das Problem auf den Punkt gebracht:

"Wichtig ist, dass jetzt alle zu einer harmonischen Zusammenarbeit finden, man nicht versucht, den einen gegen den anderen auszuspielen. Das gilt von Aufsichtsrat und Geschäftsleitung bis hin zu Mannschaft und Trainer. Und es muss eine klare Linie vorhanden sein. Sonst bleibt nur Chaos"



Beitragvon Wuttke_Weinfest » 25.03.2021, 10:49


Ich hab so viele Spiele live gesehen. Das war Powerfußball, von Minute 1 bis Minute 95. Er hat auch manchmal mit Dreikette hinten agiert. Das war taktisch teils ziemlich visionär. Und unglaublich schnelles Umschaltspiel. Da hat jeder Spieler auf seiner Position das Beste rausgeholt. Wird oft vergessen, was der an Tempo hat spielen lassen. Schsut euch mal das Spiel gegen Bayern 1991 (2:1) an. Die Hektik, die Power, das Tempo. Wahnsinn!

Kalli, du bist der Größte! Das war die schönste Zeit meines FCK-Lebens. Wahnsinnig schöne Erinnerungen. Danke für alles!!



Beitragvon NeverWalkAlone » 25.03.2021, 10:51


Kalli = Legende.
Wünsch ihm alles erdenklich Gute. Wenn man an die Zeiten zurückdenkt und sie mit der aktuellen Situation vergleicht könnt man grad heulen.

Nichtsdestotrotz ist aufgeben keine Option, auch wenn der Glaube daran momentan von Woche zu Woche schwindet...

Hilft ja nix, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht darf man den Kopf nicht hängen lassen.
:prost:Ole Rot Weiß so laaft die Gschischd :prost:



Beitragvon Roggi2021 » 25.03.2021, 11:22


Ich schließe mich allen Vorrednern an.
Kalli Feldkamp war der beste Trainer, den der FCK jemals hatte! Kompetent, bodenständig und mega sympathisch. Ich war damals bei der Meisterschaft in Köln dabei. Gänsehaut pur. Das waren Zeiten....
Wirklich schön, dass es ihm gut geht und er mit dem FCK noch so mitfiebert.
Alles Gute Kalli und danke für alles!



Beitragvon Schulzao » 25.03.2021, 11:27


Ereborn hat geschrieben:Ich wollte, er wäre noch 10 Jahre jünger und könnte nochmal mithelfen, den Verein wieder auf einen anderen Weg zu bringen. Wenn es einer schaffen könnte, dann Kalli.



:daumen: ...ähnlich wie Jupp Heynckes kürzlich auch die Bayern wieder in die Spur gebracht hat. Mit natürlicher Autorität und Menschlichkeit. Mit Gelassenheit und doch einer Bestimmtheit. Freundachaftlich und kameradschaftlich. Ohne Intrigen und hintenrum. Ohne zu suspendieren und auszumisten. Einfach erkennen und menschlich, aber richtig, handeln.
Diese Dinge - manchmal mehr, manchmal weniger - fehlen leider schon länger auf dem Betze...
Mal verliert man und mal gewinnen die Anderen.
In diesem Geschäft gibt es nur eine Wahrheit: der Ball muss ins Tor.
Modern spielt, wer gewinnt.
- Otto Rehhagel -



Beitragvon Joschie65 » 25.03.2021, 11:29


Und ich muss feststellen, auch Kalli, der Ahnung hat, meint wir können es noch packen!



Beitragvon Thomas » 25.03.2021, 11:30


Danke für die jetzt schon tolle Resonanz zum Interview. :daumen: Und hier kommt der ganze Teil 1:

Bild
Kalli Feldkamp (oben, Zweiter von links) mit seinem FCK-Team beim Pokalsieg 1990; Foto: Imago Images

Interview des Monats: FCK-Meistertrainer Kalli Feldkamp (Teil 1/2)
"Kaiserslautern war die schönste Zeit meiner Karriere"


Er ist die Trainer-Legende des 1. FC Kaiserslautern: 30 Jahre nach der Deutschen Meisterschaft von 1991 spricht Kalli Feldkamp im großen DBB-Interview über glorreiche Zeiten sowie seine heutige Sicht auf den Fußball und das Leben.

Der Betze brennt: Kalli Feldkamp, wie geht es Ihnen, wie kommen Sie gegenwärtig durch die Corona-Zeit?

Karl-Heinz Feldkamp (86): Mir geht es gut. Meine Frau Helma und ich leben derzeit nicht in unserem Domizil in Marbella, sondern bei meiner Tochter in Braunschweig, und das seit Juli 2020 schon. Zum ersten Mal seit 20 Jahren haben wir die Wintermonate nicht in Spanien verbracht. Ich habe auch schon den zweiten Impftermin hinter mir, gehörte ja dank meiner 86 Jahre zu den ersten, die drankamen. Endlich hatte mein Alter mal einen Vorteil.

Der Betze brennt: Schauen Sie noch viel Fußball?

Feldkamp: Hier in Braunschweig kaum. Ich hab kein "Sky" abonniert, schaue Fußball lieber live im Stadion. In Spanien besuche ich öfter die Heimspiele des Malaga CF, auch mal die von Real Madrid. Mein Privatleben lasse ich mir vom Fußball aber nicht mehr beeinflussen.

Der Betze brennt: Ihr ehemaliger Trainerkollege Ottmar Hitzfeld hat in einem Gespräch mit dem Fußball-Autor Ronald Reng unlängst erklärt, er habe sich eigentlich darauf gefreut, im Ruhestand wieder Fußball wie ein Fan genießen zu können, aber feststellen müssen, dass er das gar nicht mehr kann: Er sei immer nur am gucken, ob die Viererkette die Abstände richtig einhält oder sich sonst einer falsch bewegt ... Wie ist das bei Ihnen?

Feldkamp: Da unterscheide ich mich von Ottmar Hitzfeld. Ich kann Fußball immer noch genießen wie ein Theaterstück, ohne ständig zu überlegen, was macht der Trainer falsch oder was würde ich anders machen. Und ich genieße das Drumherum. Wenn ich zum Beispiel in Berlin und Dortmund anrufe, nach Tickets frage und spüre, die breiten dir regelrecht den Teppich aus, wenn du kommst. Da freu ich mich drüber.

"Ich würde gerne mal wieder nach Kaiserslautern kommen"

Der Betze brennt: Würden Sie denn auch gerne mal wieder nach Kaiserslautern kommen?

Feldkamp: Oh, das wäre gar kein Problem, so es Corona denn mal wieder zulässt. Im Fritz-Walter-Stadion war ich zuletzt vor zig Jahren, als TV-Experte bei einem Spiel des FCK gegen Mainz, als dort Thomas Tuchel noch Trainer war (im September 2011; Anm. d. Red.). Es gibt noch zwei, drei Familien in der Pfalz, die ich gerne mal wieder treffen würde. Wir fühlen uns noch sehr verbunden mit der Pfalz. Bei der Deutschen Bank in Kaiserslautern haben meine Frau und ich sogar noch ein Konto. Ob ich allerdings wehmütig würde, wenn ich durch die Gänge des Stadions laufe? Oder ob es ein Genuss wäre, den FCK heute spielen zu sehen? Nun ja, das wäre mein Problem. Kommen würde ich auf jeden Fall gerne.

Der Betze brennt: Wenn Sie auf Ihre Karriere zurückschauen, die vielen Stationen, Erfolge und Erlebnisse - welchen Stellenwert nimmt der 1. FC Kaiserslautern da ein?

Feldkamp: Die insgesamt sieben Jahre, die ich dort arbeiten, und die Erfolge, die ich dort feiern durfte, haben mich geprägt. Kaiserslautern war die schönste Zeit meines Trainerlebens.

Der Betze brennt: In diesem Jahr jährt sich der Gewinn der Deutschen Meisterschaft, den sie mit der legendären FCK-Mannschaft von 1991 feierten, zum 30. Mal. Haben Sie zu Spielern aus dieser Zeit Kontakt?

Feldkamp: Zu Spielern der Meistermannschaft eigentlich nicht. Sicher, wenn ich Stefan Kuntz oder Reinhard Stumpf mal treffe, ist das immer schön, aber regelmäßigen Kontakt zueinander haben wir nicht. Dafür telefoniere ich viel mit Peter Briegel. Vor Corona haben wir uns auch öfter getroffen, da auch er eine Wohnung in Spanien hat. Es gibt auch Spieler, da bin ich froh, dass sie mich nie wieder angerufen haben, aber von Lautern ist da keiner dabei.

"In meiner ersten FCK-Zeit war ich noch nicht reif für einen Titel"

Der Betze brennt: Es ist auffällig, dass die Spieler, die Sie in Ihrer ersten FCK-Ära von 1978 bis 1982 betreuten, eigentlich viel markantere Typen waren als die, mit denen Sie 1991 Meister geworden sind: Neben Briegel gab es da beispielsweise Ronnie Hellström, Hans-Günter Neues, Reiner Geye und Hannes Bongartz. Mit denen sind Sie an Titeln aber immer nur knapp vorbeigeschrammt: 1978/79 waren sie in der Bundesliga lange Tabellenführer, 1981 unterlagen Sie im DFB-Pokal-Finale Eintracht Frankfurt, 1982 scheiterten sie im Halbfinale des UEFA-Cups am IFK Göteborg. Woran lag's - einfach nur am fehlendem Glück?

Feldkamp: (lacht) Vielleicht war ja auch der Trainer damals noch nicht reif genug für Titel. Wenn ich mich allein an das Pokalfinale 1981 erinnere. Da haben wir uns mehr Gedanken um die Anzüge gemacht, die wir tragen wollen, als um wirklich wichtige, sportliche Dinge. Und dann mussten wir erstmal nachschauen, wo das Endspiel stattfindet: In Stuttgart, dieses Stadion konnte ich eh noch nie leiden. Berlin wurde erst später zum regelmäßigen Austragungsort der Pokal-Endspiele. Ich glaube, in der Atmosphäre dort wäre es anders ausgegangen. Im April 1981 hatten wir die Eintracht, wenige Wochen vor dem Finale, am Betzenberg schließlich noch 2:0 besiegt.

Der Betze brennt: Als Sie 1990 das zweite Mal nach Kaiserslautern kamen, waren Sie Mitte 50. Was machten Sie da anders als mit Mitte 40?

Feldkamp: Ich bin die Dinge viel professioneller angegangen und hatte gelernt, immer mit klarer Linie zu entscheiden. Egal, ob es um Mannschaftsaufstellungen oder um Fragen wie die Organisation eines Trainingslagers ging. Und ich hatte gelernt, besser mit Vorständen, Managern und Präsidenten umzugehen.

Der Betze brennt: Und was hatte Sie reifer gemacht? Die DFB-Pokalsiege, die Sie in der Zwischenzeit mit Bayer Uerdingen und Eintracht Frankfurt (1985 und 1988; Anm. d. Red.) gefeiert hatten?

Feldkamp: Ich glaube, dass mich vor allem die Zeit im Ausland weitergebracht hat, auch kulturell. Von 1988 bis 1990 trainierte ich den al-Ahly SC in Kairo in Ägypten, meine Frau und meine Tochter zogen glücklicherweise mit. Das ist mir damals vielleicht gar nicht so bewusst geworden, aber als ich danach nach Deutschland und nach Kaiserslautern zurückkehrte, sagten mir viele: Du bist ja ein vollkommen anderer Mensch geworden.

"Für uns blieben nur die Spieler, die die großen Klubs nicht wollten"

Der Betze brennt: Was Sie immer auszeichnete: Bei Ihnen sind immer wieder Spieler groß geworden, die vorher keiner auf dem Zettel hatte. In ihrer ersten Ära etwa Michael Dusek, Wolfgang Wolf oder Hans-Peter Briegel, in der 1991er Meistermannschaft zum Beispiel Joachim Stadler, Bjarne Goldbaek, Bernhard Winkler oder Kay Friedmann. Wie haben Sie das geschafft? Haben Sie andere Prioritäten bei der Beurteilung von Spielern gesetzt? Oder haben Sie einen anderen Blick auf Menschen?

Feldkamp: Wir waren ja damals schon gezwungen, immer unsere wirtschaftlichen Möglichkeiten klar im Blick zu behalten. Was wir uns an Spielern leisten konnten und was nicht, gab um 1980 herum im Grunde der Hamburger SV vor, die Bayern waren in dieser Zeit gar nicht so dominant. Da blieben uns nur die Spieler, die für die finanziell besser aufgestellten Klubs nicht so attraktiv waren. Friedhelm Funkel zum Beispiel, der war nie Nationalspieler, das machte ihn für die anderen nicht so interessant, aber ich wusste, was er konnte. Oder Hannes Bongartz. Den hatte ich drei Jahre in Wattenscheid trainiert, dann ging er nach Schalke, da war nach vier Jahren bei Null, im Verein ging's für ihn nicht mehr weiter, in der Nationalmannschaft auch nicht. Da habe ich gesagt: Jetzt müssen wir den holen, der kann die Mannschaft führen.

Der Betze brennt: Heute ist der Spielermarkt ja komplett durchanalysiert. Zu jedem Profi sind Datenprofile greifbar, in denen jeder direkt ablesen kann, wie viele Pässe von ihm ankommen und wie viele nicht, wie viele intensive Läufe pro Spiel macht der nach hinten, wie viele nach vorne. Wäre es da überhaupt noch möglich, ein Team von Namenlosen und anderswo Abgeschriebenen zu formieren, dass dann bis nach oben durchmarschiert?

Feldkamp: Ich würde sagen, ja. Es gab doch damals auch schon Institute, die uns Informationen zu Spielern angeboten haben. Denen habe ich immer gesagt, warum soll ich die bei Ihnen kaufen, unseren Wettbewerbern bieten Sie dasselbe doch auch an. Ich muss schon selbst wissen, welcher Spieler in mein Mannschaftsgerippe passt und welcher nicht. Da können mir andere fünf Mal erzählen, wie oft der nach vorne und nach hinten läuft, wenn ich den trainiere, sehe ich das selbst. Natürlich ist das alles viel weiter heute. Da gibt es Berater und viele andere Dinge, die dem Spieler nichts bringen, die aber viel Geld kosten. Oder dieses sich in der Öffentlichkeit verteidigen müssen, das ist alles viel schlimmer als früher. Ob ich auch damit hätte reifen können? Ich weiß es nicht.

"Mein verrücktestes FCK-Spiel? Da gibt es nur eine Antwort: Barcelona!"

Der Betze brennt: Als Ihr verrücktestes Spiel haben Sie immer das Uefa-Cup-Spiel mit Uerdingen 1986 gegen Dynamo Dresden bezeichnet, in dem Sie nach dem 0:2 im Hinspiel zur Pause auch zuhause 1:3 hinten lagen - und dass Sie am Ende 7:3 gewannen. Vom Magazin "11 Freunde" wurde diese Partie mal als "Größtes Fußballspiel aller Zeiten" gewählt. Was sind die verrücktesten Spiele, die Sie mit dem FCK erlebt haben?

Feldkamp: Da gibt es nur ein Spiel, was ich immer in den Mittelpunkt stelle, und das haben wir verloren: Das 3:1 gegen den FC Barcelona, mit dem wir 1991 aus dem Europokal der Landesmeister ausschieden, weil wir bei 3:0-Führung den Gegentreffer hundert Sekunden vor Schluss kassierten, nachdem wir das Hinspiel 0:2 verloren hatten. Ein solcher K.O.-Schlag auf die Kinnspitze, gegen diesen internationalen Klassegegner, dessen Trainer Johan Cruyff hieß - der war unglaublich schwer zu verdauen. Ich seh' es heute noch vor mir: Bjarne Goldbaek hätte das 4:0 machen müssen. Unmittelbar vor dem Gegentreffer wollte ich Miro Kadlec einwechseln, aber der Schiedsrichter hob den Arm zu mir und zeigte auf seine Uhr, nach dem Motto "Letzter Freistoß". Danach Totenstille im ganzen Stadion ... Aber: Wir sind nach diesem Niederschlag nicht abgesackt. Wir sind wieder aufgestanden und in dieser Saison noch Fünfter in der Bundesliga geworden, hatten uns wieder für den Europacup qualifiziert. Das war für mich und die Mannschaft eine der größten Leistungen, die wir je erbracht haben.

Der Betze brennt: Ein anderer hätte jetzt vielleicht das 5:0 gegen Real Madrid 1982 genannt, denn an das haben Sie bestimmt nur positive Erinnerungen...

Feldkamp: Ja, klar, das war ja auch die Mannschaft mit Peter Briegel. Ich erinnere mich noch sehr gut: Wir hatten damals privat einen Freund zu Gast, der mit Fußball absolut nichts am Hut hatte. Den haben wir mittags vorm Spiel im Hotel besucht. Da sagte der mir zu: Heute Abend gewinnt ihr 5:1... Darauf sagten unsere Begleiter, inklusive meiner Frau: Du hast wirklich keine Ahnung von Fußball. Anscheinend hatte er mehr davon, als wir dachten.

"Niemand vom FCK hat 1992 versucht, mich nochmal umzustimmen"

Der Betze brennt: 1992 haben Sie den FCK dann verlassen, sind nach Istanbul zu Galatasaray SK gewechselt und dort direkt Meister geworden. War Ihnen klar geworden, dass in Kaiserslautern sobald nichts mehr werden würde mit Titeln?

Feldkamp: Nein, von Galatasaray wusste ich noch nichts gar nichts, als ich im Mai 1992 beim FCK aufhörte. Den Kontakt hat später erst Jupp Derwall hergestellt, der ja bereits in der Türkei arbeitete. Es war so: Nachdem wir 1991/92 am letzten Spieltag auf Schalke 0:2 verloren hatten, kam ein SWF-Journalist zu mir und sagte: "Wissen Sie, was Günter Klingkowski (damaliger Vizepräsident des FCK; Anm. d. Red.) gerade gesagt hat? Wir sind letztes Jahr Meister geworden, jetzt nur Fünfter, da müssen wir erstmal überlegen, wie es nun weitergeht" ... Am nächsten Morgen habe ich gekündigt. Dass man nach dem Gewinn einer Meisterschaft mit einem fünften Platz nicht zufrieden sein will, mochte ich nicht akzeptieren. Das Schlimmste war aber: Niemand, aber wirklich niemand vom FCK hat anschließend versucht, mich nochmal umzustimmen.

Der Betze brennt: Hätten Sie sich denn umstimmen lassen?

Feldkamp: Ach, wissen Sie, was mir Franz Böhmert, der langjährige Präsident von Werder Bremen, eine Woche später beim Pokal-Endspiel in Berlin erzählte? "Otto Rehhagel ist schon jetzt schon über zehn Jahre lang Trainer bei uns - und hat alle zwei Jahre gekündigt. Wir sind dann immer mit Beate Rehhagel essen gegangen, und am Tag darauf hatten wir den Otto wieder umgestimmt. Jedes Mal." Natürlich hätte auch ich nochmal mit mir reden lassen. Ich hatte sogar schon einen Plan, wie wir wieder erfolgreicher werden können. Der sah allerdings vor, sich von zwei, drei Spielern der einstigen Meistermannschaft zu trennen, weil sie meiner Ansicht nach ihren Zenit überschritten hatten. Überhaupt ist es auffällig, dass außer Stefan Kuntz keiner aus diesem Team jemals wieder das Leistungsniveau von 1990/91 erreichte. Diese Trennungen durchzuziehen, wäre sehr schmerzhaft geworden, drum bin ich auch gar nicht bös' drum, dass ich sie dann doch nicht umsetzen musste.

"Otto und ich - das war schon etwas eng auf dem Betze"

Der Betze brennt: Apropos Otto Rehhagel. Sie gehörten 1996 dem "Team Professionelle Zukunft" genannten FCK-Aufsichtsrat an, der Otto Rehhagel zurück nach Lautern holte. Dennoch schien Ihr Verhältnis zu ihm immer merkwürdig distanziert. War's am Betzenberg zu eng für zwei Meistertrainer?

Feldkamp: Ja, das war schon etwas eng ... Der Otto und ich hatten schon in gemeinsamen Trainerzeiten nie eine persönliche Beziehung zueinander entwickelt. Ich mochte auch die Art nicht, wie er auf Trainertagungen auftrat. Aber wir haben uns immer respektiert. Als mir Atze Friedrich (damals ebenfalls im Aufsichtsrat, später im Vorstand des FCK; Anm. d. Red.) nach unserem Abstieg 1996 sagte, "Kalli, wir können jetzt den Otto Rehhagel als Trainer bekommen", habe ich sofort gesagt: Holt ihn. Ich selbst hatte am Betzenberg nur ein längeres Gespräch mit Otto. Da musste ich ihn überreden, einen Assistenztrainer einzustellen. Er sagte, er brauche keinen, doch die DFB-Statuten schrieben einen vor. Ich empfahl, Karl-Heinz Kamp zu holen, mit dem er bei Werder zusammengearbeitet hatte, aber da meinte Otto, wenn du den aus Bremen wegholst, weiß der schon am ersten Autobahnkreuz nicht mehr, wo er ist ... Wir haben ihm dann Reinhard Stumpf aufgedrängt, den hat er schließlich akzeptiert.

Der Betze brennt: In Otto Rehhagels Meisterjahr 1997/98 hatten Sie Ihre Tätigkeit als Aufsichtsrat beim FCK aber bereits wieder beendet. Warum?

Feldkamp: Weil mir das zu viel wurde. In dem Jahr in der 2. Bundesliga hätte auch Pater Leppich die Mannschaft trainieren können, die wäre so oder so aufgestiegen, war allerdings auch entsprechend teuer. Danach aber wurde ein anderer Arbeitsaufwand notwendig, auch für uns im Aufsichtsrat. Ich weiß noch, wie ich mit Peter Briegel (von 1996 bis 1997 FCK-Sportdirektor; Anm. d. Red.) in der Herxheimer "Krone" zusammensaß und die Rückholaktion von Ciriaco Sforza einfädelte - übrigens auch einer, der sich gerade abgewertet fühlte, nachdem er mit Inter Mailand gegen Schalke im Uefa-Cup-Finale gescheitert war, und der dadurch für uns wieder machbar geworden war. Bei solchen Sitzungen spürte ich: Du müsstest jetzt jeden Tag am Betze sein, und das ehrenamtlich, aber ohne wirkliches Mitspracherecht. Das geht nicht, da kannst du dein Leben in Spanien nicht mehr führen. Also habe ich aufgehört.

"Damals haben einige beim FCK den Blick für den Realität verloren"

Der Betze brennt: Es heißt, in diesen Jahren rund um die Deutsche Meisterschaft hätte am Betzenberg auch der Größenwahn eingesetzt, unter dessen Folgen der FCK bis heute leidet. Haben Sie den damals auch schon gespürt?

Feldkamp: Oh ja. Ich hab dem Atze Friedrich damals oft am Telefon gesagt, wenn ich noch im Aufsichtsrat sitzen würde, hätte ich der Verpflichtung dieses oder jenes Spielers auf gar keinen Fall zugestimmt. Jedenfalls nicht in dieser finanziellen Größenordnung. Dann fing man an, Gehälter in die Schweiz fließen zu lassen, und wollte mit den Bayern auf einem Level wirtschaften. Da haben einige in Vorstand und Aufsichtsrat den Blick für die Realität verloren. Ob ich allein allerdings die Kraft gehabt hätte, diese Entwicklung einzudämmen, weiß ich nicht.

Der Betze brennt: Hans-Peter Briegel wollte Sie dann 2003, der FCK war inzwischen vom Top-Klub zum Abstiegskandidaten geworden, nochmal als Sportdirektor an Betzenberg holen. Da hätten Sie hauptamtlich arbeiten können, haben das aber auch abgelehnt. Warum?

Feldkamp: Weil ich ehrlich gegenüber mir selbst sein wollte. 40, 50 Stunden die Woche für den Verein arbeiten, aber am Samstag dann nicht auch die Mannschaft aufstellen können - wenn man so lange in der ersten Reihe gestanden hat, befriedigt das nicht. Das habe ich erkannt. Und meinen Entschluss auch nicht bereut.

Morgen im zweiten Teil unseres Interviews des Monats: Kalli Feldkamp über Anfragen vom FC Bayern und der Nationalmannschaft, die beim FCK geschehenen Fehler und seine heutige Sicht auf die Roten Teufel.

Quelle: Der Betze brennt / Autoren: Eric Scherer, Thomas Hilmes
Der Verein führt als eingetragener Verein den Namen 1. Fußball-Club Kaiserslautern e.V. (1. FCK) und hat seinen Sitz in Kaiserslautern. Seine Farben sind rot und weiß. (...) Das Stadion trägt den Namen Fritz-Walter-Stadion. (Vereinssatzung des 1. FC Kaiserslautern e.V. - Artikel 1, Absatz 1)



Beitragvon Betze_FUX » 25.03.2021, 11:47


since93 hat geschrieben:Und direkt das Problem auf den Punkt gebracht:

"Wichtig ist, dass jetzt alle zu einer harmonischen Zusammenarbeit finden, man nicht versucht, den einen gegen den anderen auszuspielen. Das gilt von Aufsichtsrat und Geschäftsleitung bis hin zu Mannschaft und Trainer. Und es muss eine klare Linie vorhanden sein. Sonst bleibt nur Chaos"

Die Passage ist mir auch gleich ins Auge gestochen!!

Aber andererseits, ohne geringschätzig zu sein, eine große Kunst ist es jetzt auch nicht diese Erkenntnis zu erlangen. Zumindest für viele AUSSERHALB der FCK-Gremien!!!
"In Kaiserslautern immer auf die übertriebene Erwartungshaltung zu verweisen, ist vollkommener Quatsch. Ich vermisse es, dass man die Fans als Faktor begreift, mit dem Erfolg zu schaffen ist." - Kalli Feldkamp



Beitragvon EchterLautrer » 25.03.2021, 11:56


Kalli Feldkamp ---

war bestimmt einer der ganz Großen in der Historie des 1. FCK. Er bedauert, seit zehn Jahren nicht mehr in Kaiserslautern gewesen zu sein. Da wäre es doch passend, ihn zum 30. Jahrestag der dritten deutschen Meisterschaft des 1. FCK einzuladen.

Wir können nur hoffen, dabei auch den Klassenerhalt 2021 feiern zu dürfen -- und dass uns der Betzenberg und das FCK - Museum erhalten bleiben.

LG E.L.



Beitragvon K-Town150677 » 25.03.2021, 12:17


Nach dem 08.06.91 und dem 2:3 gegen Mönchengladbach war ich trotz Tabellenführung am heulen und dann kam ne Woche später das Spiel in Köln.
Danke Kalli für den besten Geburtstag meines Lebens.



Beitragvon Lautern91 » 25.03.2021, 12:31


Mit riesigem Abstand der beste Trainer in Lautern. Vergleichbar mit Kloppo in Dortmund und Liverpool. Unglaublich was er aus den Mannschaften geholt hat!
Auch bei mir die schönste Fussballzeit meines Lebens!
Es wird wohl leider nie wieder etwas Vergleichbares geben! :cry:



Beitragvon Solingerteufel » 25.03.2021, 12:32


bitte lieber kalli, komm doch bitte nochmal für die nächsten 3monate nach kaiserslautern. wir brauchen dich :cry:
streite dich nie mit einem dummkopf, es könnte sein das die zuschauer den unterschied nicht bemerken (mark twain)



Beitragvon red angel67 » 25.03.2021, 12:35


Ich fahr seit 1976 auf den Betze hab alles mit Kalli mitgemacht und sage heute noch : Der FCK ist eine Religion und Kalli war, ist und bleibt unser Gott



Beitragvon Bergerbetze » 25.03.2021, 12:39


Für mich der wichtigste, lehrreichste Satz im Interview:

"Ich muss schon selbst wissen, welcher Spieler in mein Mannschaftsgerippe passt und welcher nicht."

Genau daran kränkeln wir seit längerem...
:nachdenklich:



Beitragvon kutama » 25.03.2021, 12:42


Ich habe die Ära unter Kalli Feldkamp damals hautnah miterlebt. Er war der großartigste Trainer, den wir je hatten. Der Zusammenhalt zwischen Fans und Mannschaft war der absolute Wahnsinn. Wir waren eine Einheit. So war es nie wieder und ich bin glücklich, das erlebt haben zu dürfen. Danke Kalli!



Beitragvon Betzegeist » 25.03.2021, 13:15


Der Mann ist 86 Jahre alt und aus diesem Interview strömt eine Energie, eine Power.

Das ist echt krass. Kalli gibt einem auch heute noch das Gefühl, dass er morgen auf dem Trainingsplatz stehen könnte und den Karren wieder flott kriegt.

Ein großartiger Trainer und Mensch. Schön, dass es ihm soweit gut geht und hoffentlich hält das noch ganz lange an.
Stagnation ist Rückschritt.
Nicht wahr, Thomas Hengen?



Beitragvon WormserDeifel » 25.03.2021, 13:17


@kutama:
Dem gibt es absolut nichts hinzuzufügen genau so geht es mir auch! Herr Feldkamp kommen Sie bitte und setzen Sie sich bei jedem Spiel mit auf die Trainerbank das wäre die einzige Hoffnung! Ich erinnere nur an Herrn Lattek in Dortmund
NUR DER FCK :pyro:



Beitragvon teufelsnadel » 25.03.2021, 13:27


Ein Superinterview, ich freue mich schon auf den zweiten Teil!

Nur eine kleine Anmerkung: "In dem Jahr in der 2. Bundesliga hätte auch Pater Läppisch die Mannschaft trainieren können..." Feldkamp spricht hier offensichtlich von Pater Leppich, https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Leppich
der in den sechziger Jahren ziemlich bekannt war. Okay, Kalli und ich sind schon etwas älter ;) und erinnern uns noch an den.



Beitragvon MZ-Devil » 25.03.2021, 14:01


Jetzt habe ich einfach Tränen in den Augen: Tränen der Freude, dass ich die Zeiten mit ihm miterleben durfte- auch das Endspiel in Stuttgart , da hatte ich auch als Bub im Neckarstadion Tränen.... Berlin, Köln, das Ding gegen Barcelona... mein Gott..., Eine Wahnsinnszeit! Und Tränen des Frusts, der Trauer, wenn ich das Jetzt sehe.
Kalli, alles erdenklich Gute, noch viele schöne Jahre! Du hast mein FCK und damit mich so geprägt!
In der Hoffnung, dass du recht behältst- vielleicht packen wir es doch, nicht ganz in der Versenkung zu verschwinden..,
„ Das 7:4 gegen die Bayern war in einem anderen Leben...“
( M.Reif)👺



Beitragvon Betzi1969 » 25.03.2021, 14:06


Kalli lass die Teufel raus, du-daa-du-daa -
Kalli lass die Teufel raus, du-daa-du-daa-duuuuu!

Herrlich!




Zurück zu Vereinshistorie

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 7 Gäste



cron