Aktuelles und Historisches zur Heimstätte der Roten Teufel.

Beitragvon Gerrit1993 » 15.10.2020, 21:29


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Buchvorstellung am Betze: 100 Jahre voller Emotionen

"100 Jahre zwischen Himmel und Hölle": So lautet der Untertitel des Buches, das Dominic Bold gemeinsam mit seinen Co-Autoren Eric Lindon und Ingo Konrad geschrieben und heute Abend im Fritz-Walter-Stadion vorgestellt hat. Wir verlosen drei Exemplare.

- Fotogalerie | Buchvorstellung: Betzenberg - 100 Jahre zwischen Himmel und Hölle

Rund 80 Gäste, darunter viele der im Buch zu Wort gekommenen einhundert Stimmen, waren in die Fanhalle Nord jenes Stadions gekommen, dem die Autoren in ihrem Buch auf eindrucksvolle Art und Weise gehuldigt haben. Neben dem Beiratsvorsitzenden des 1. FC Kaiserslautern, Markus Merk, waren auch die Mitglieder des Ehrenrats Michael Koll und Ottmar Frenger und Hardy Höfli sowie für den Vereinsvorstand Dagmar Eckel anwesend. Auch ein paar echte FCK-Größen gaben sich die Ehre, unter ihnen der zweifache Deutsche Meister Axel Roos, Ex-FCK-Torhüter und -Cheftrainer Sepp Stabel oder der Meisterspieler von 1998 und heutiger Trainer der Lautrer U19 Oliver Schäfer, der in Begleitung der Lautrer Bahnrad-Weltmeisterin Miriam Welte kam.

100 Stimmen für 100 Jahre Betze: Von Atze Friedrich bis Udo Scholz

"Es gibt vielleicht keinen Verein, dessen Identität so eng mit seinem Stadion verbunden ist, wie die des FCK mit dem Betzenberg." Mit dieser Botschaft startete Autor Dominic Bold die rund 60-minütige Buchvorstellung. Und die kleine Lesung begann gleich mit einer besonderen Stimme: Jürgen Friedrich, langjähriger FCK-Boss, Sinnbild des Auf- aber auch des Abstiegs des Pfälzer Traditionsvereins. Diverse Umbaumaßnahmen, die das heutige Bild des Stadions nachhaltig geprägt haben, entschied er federführend mit - nicht nur zur WM 2006, sondern auch schon weit vorher in den 1970er und 1980er Jahren. "Den Betzenberg auszubauen, diese Entscheidung war absolut richtig. Er war ja nie auf die 3. Liga ausgelegt. Der Betze, der passte einfach zum FCK: Nicht arrogant, aber selbstbewusst", wird der heute wieder in Frankfurt lebende Friedrich im Buch zitiert.

Emotional wurde es, als Bold die vielleicht prägnanteste Stimme des Betzenbergs zitierte. Udo Scholz, legendärer Stadionsprecher des FCK, der wenige Wochen vor seinem Tod im Juli 2020 noch seinen Beitrag zum Buch leistete. Scholz beschreibt humorig, was die Familie FCK und den Betzenberg als deren Heimstätte immer so einzigartig gemacht hatten. "Diese kleine Stadt, diese engen Tribünen. Das war eine echte Gemeinschaft, einfach eine große Familie."

Insgesamt 100 Stimmen hatten die Autoren zu 100 Jahren Betzenberg befragt, vom FCK-Fan Jens Zundel, der in Südafrika lebt, bis hin zu Meistertrainer Kalli Feldkamp. Aber auch viele eher unbekannte und dennoch prägende Zeitzeugen haben ihren Blick auf den Betze dargestellt. Sie alle kommen auf den 176 Seiten zu Wort.

Schwelgen in Erinnerungen: Von Hochzeiten und Fritz Walters Erbe

Nach der eigentlichen Lesung kamen noch drei beteiligte Stimmen zu Wort. FCK-Meisterspieler Axel Roos erzählte, welche ganz persönliche Erinnerung er mit dem Betzenberg verbindet. "Ich habe hier in der Nordtribüne den Polterabend meiner Hochzeit gefeiert. Das Stadion wurde quasi auf unseren Scherben erbaut", scherzte Roos. Für ihn sei es etwas ganz besonderes, dass er von 100 Jahren Betze beachtliche 21 im Trikot der Roten Teufel selbst erlebt habe.

Der langjährige Journalist des "Kicker" Uli Gerke beschrieb, wie das Stadion ihn einst in den Bann gezogen habe: "Wenn man als Gegenspieler hier den Betzenberg hochgefahren ist, dann hatte man Angst. Wer einmal hier war, vergisst diesen Ort nie. Die Voraussetzungen sind heute alle noch da, es bräuchte nur mal wieder einen sportlichen Anstoß, um wieder dahin zu kommen, wo der FCK einmal war."

FCK-Fan Matthias Gehring, der auch im Vereinsmuseum mitarbeitet, beschrieb dagegen die verschiedenen Blickwinkel als Fan auf den Betzenberg. "Was man sich oft nicht bewusst macht: Egal wie sehr sich das Stadion in den Jahren und Jahrzehnten verändert hat, die eigentliche Spielfläche ist ja doch noch die gleiche. Und auf der hat schon Fritz Walter gespielt. Das dürfen wir nie vergessen!"

Über zwei Jahre Herzblut-Arbeit - Buch ab sofort im Handel erhältlich

In über zwei Jahren Arbeit entstand das Buch über Deutschlands höchsten Fußballberg. Während der FCK-Historiker Eric Lindon mit seinem unglaublich großen Schatz an Wissen - insbesondere über die ersten Jahre und Jahrzehnte des Betze - beigetragen hatte, ist der auch bei Der Betze brennt aktive Co-Autor Ingo Konrad hauptsächlich für die Kapitel rund um den Stadionausbau zur WM 2006 verantwortlich gewesen. Die Gespräche mit den 100 Stimmen führte Bold, der im Hauptberuf Lehrer am Heinrich-Heyne-Gymnasium in Kaiserslautern ist, nahezu allesamt selbst. Ein Projekt, das ihm am Herzen lag und dass er in unzähligen Stunden mit Herzblut mit Leben und vor allem Stimmen gefüllt hat.

Das Buch "Betzenberg - 100 Jahre zwischen Himmel und Hölle" ist im Werkstatt Verlag erschienen und für 24,90 Euro unter anderem bei Amazon und überall im gut sortierten Buchhandel erhältlich.

Gewinnspiel: Drei Exemplare von "Betzenberg" werden verlost

Der Betze brennt verlost in Zusammenarbeit mit dem herausgebenden Werkstatt Verlag drei Exemplare des Stadionbuchs "Betzenberg - 100 Jahre zwischen Himmel und Hölle" von Dominic Bold, Eric Lindon und Ingo Konrad. Zur Teilnahme muss folgende Frage beantwortet werden: In welchem Jahr wurde das Betzenberg-Stadion in Fritz-Walter-Stadion umbenannt?

Quelle: Der Betze brennt


Ergänzung, 19.10.2020:

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Rezension: Buch "100 Jahre Betzenberg"
Hooked on holy Betze


Wie viele Fakten, Emotionen und Bilder passen auf 176 Seiten? Die Neuerscheinung zum runden Geburtstag des Fritz-Walter-Stadions setzt in dieser Beziehung neue Maßstäbe: "Betzenberg - 100 Jahre zwischen Himmel und Hölle". Wir haben das Buch gelesen und verlosen drei Exemplare.

"Das einzige Stadion, in dem ich jemals und wiederholt so was wie Panik spürte." - Paul Breitner

Ideell gesehen gehört dieses Stadion den Fans des 1. FC Kaiserslautern. Faktisch natürlich der Stadt, beziehungsweise der Stadiongesellschaft, seit der Verein sein Stadion im Frühjahr 2003 an diese verkaufen musste. Wer aber hat dies gewusst: Bis zum Jahr 1979 gehörten 577 Quadratmeter Fläche zwischen Ostkurve und Strafraum gar nicht dem Verein, sondern einer Erbengemeinschaft, die selbst erst 1968 von diesem ungewöhnlichen Besitz erfahren hatte. Einer ihrer Vorfahren hatte die Parzelle, die Teil des neuen Stadiongrunds werden sollte, dem FCK bereits im Jahr 1919 zur Nutzung überlassen, einfach so, ohne Pachtvertrag. Nicht auszudenken, wie sich die Verkaufsverhandlungen im Jahr 2003 verkompliziert hätten, wären die Vereinsverantwortlichen damals mit den Erben nicht zügig und ohne großen Medienrummel ins Geschäft gekommen.

Fast vergessenes Detailwissen wie dieses findet sich zuhauf in "100 Jahre Betzenberg", dem 176 Seiten starken Band über "de Betze", über das stolze Fritz-Walter-Stadion hoch oben über den Dächern der Stadt, der jetzt im Verlag Die Werkstatt erschienen ist. Corona-bedingt mit einem halben Jahr Verzögerung, denn offiziell wird der Geburtstag des Stadions auf den 13. Mai 1920 datiert. Zur Premiere kickte der FCK, der damals als "FVK" firmierte, gegen den FC Pfalz Ludwigshafen - und verlor 1:3.

Es gibt nicht die eine Betze-Geschichte - jeder hat seine eigene

Der Rest ist Geschichte, möchte man sagen. Was aber nicht so ganz hinkommt. Denn eigentlich sind es Hunderte, eher Tausende Geschichten, die sich auf oder rund um den bedeutendsten Berg der Pfalz zugetragen haben. Triumphe und Tragödien, Possen und Politthriller, "de Betze" hat einfach alles erlebt. Im Grunde hat jeder, der diesen Berg einmal hinaufgestiegen ist, eine, seine eigene Geschichte zu erzählen. Und eben das dachte sich auch das Autorenteam Dominic Bold, Eric Lindon und Ingo Konrad, als sie ihr Buch konzipierten.

Drum dokumentiert ihr Werk nicht nur in Wort und Bild die baulichen Veränderungen, die der Betzenberg in den vergangenen hundert Jahren erfuhr und serviert dazu eine Unmenge, zum Teil kaum noch bekannte Hintergründe. Es lässt vor allem Menschen zu Wort kommen, für die der Betzenberg Schicksals- oder Sehnsuchtsort war und ist. Ehemalige sowie noch aktive Spieler und Trainer, ehemalige sowie noch aktive Funktionäre und jede Menge Fans, mal älter, jünger, mal bekannter, mal weniger bekannt, aber niemals "ehemalige". Auch Journalisten, die nicht verhehlen können, dass sie im Lauf der Jahre selbst Fans geworden sind, wenn sie es nicht sowieso vorher schon waren.

"In der 57. Minute fiel das erlösende 1:0. Ekstase pur, es gab kein Halten mehr. Alle stürzten ein paar Treppenstufen nach unten. Und plötzlich konnte ich nichts mehr sehen. Meine Brille war weg. Als sich der Jubel etwas gelegt hatte, streckte jemand ein paar Reihen vor mir etwas in die Höhe. Es war meine Brille." - Udo Eckhardt

Vom Professor bis zum Fußball-Rowdy

Exakt 100 "Stimmen" solcher Berg-Begleiter haben die Autoren gesammelt - und gerade weil die Auswahl so willkürlich erscheint, muss sie ungeheuer schwer gewesen. Da kommt der Geograph Prof. Dr. Hans-Joachim Fuchs zu Wort, der den Betzenberg mal rein erdkundlich unter die Lupe nimmt, aber auch der als solcher vorgestellte "ehemalige Fußballrowdy" Harry Eberle. Jens Zundel, der die FCK-Fahne heute, wie passend, am Kap der Guten Hoffnung, in Südafrika, hochhält. Der Radprofi Udo Bölts. Die Bahnrad-Olympiasiegerin Miriam Welte. Annemarie Liebrich, die Witwe von FCK-Ikone Werner Liebrich. Der Tenor Shin Nishino, der in seiner japanischen Heimat nie ein Fußballspiel gesehen hatte, dann aber ans Lautrer Pfalztheater wechselte und vom Betze-Fieber gepackt wurde.

"Was mich immer noch antreibt, viele Tausend Kilometer anzureisen, ist die Sehnsucht nach diesem Erlebnisort. Es ist der Wunsch, meinen Kindern die Faszination, den Mythos Betze nahezubringen". - Jens Zundel

Weiß eigentlich noch jemand, wie die einzige weibliche Fußballnationalspielerin heißt, die der FCK jemals hatte? Margret Kratz. Sie erzählt unter anderem von dem Trainerpraktikum, das sie nach ihrer aktiven Karriere bei Meistertrainer Kalli Feldkamp absolvierte. Und mittendrin, auf Seite 97, taucht plötzlich ein Typ namens Jürgen Kohler auf…

Häh? Was macht der Waldhof-Bub im Betze-Buch?

Kohler? Ein Waldhöfer? In einem Buch über den "Betze"? Doch, doch: Der 105-fache Nationalspieler stammt aus pfälzischen Lambsheim und hat dem FCK immer die Daumen gedrückt, wie er erzählt. Und in den 1990er Jahren war der damalige Lautern-Manager Reiner Geye nahe dran, ihn von Juventus Turin an den Betzenberg zu lotsen. Noch so eine der ungezählten Randgeschichten, die sich in dem Buch entdecken lassen.

Die jüngsten 20 Jahre - das schwerste Kapitel

Die weiter zurückliegenden hat Eric Lindon zusammengetragen, ein ehemaliger Offizier der US Airforce, der schon seit Jahren mit Leidenschaft als Sporthistoriker aktiv und "Hooked on Holy Betze" ist, wie er als einzig englischsprachige Stimme im Buch verlautbart. Dominic Bold, der unter anderem bereits die monumentale FCK-Chronik aus dem Jahr 2013 im gleichen Verlag veröffentlicht hat, und DBB-Autor Ingo Konrad konzentrierten sich auf die Darstellung der zweiten Jahrhunderthälfte.

Ingo Konrad schultert dabei die schwere Aufgabe, die jüngsten beiden Jahrzehnte zusammenzufassen. Stichworte: WM-Bewerbung, Stadionausbau, Kostenexplosion, Beinahe-Pleite, Finanzamt, Stadionverkauf, ungestaffelte Pachtverträge, Zinsstundung und, und, und. Dies alles gelingt ihm wertungsfrei, faktenreich und dennoch kompakt.

"Es kostet dich erst einmal Anstrengung, den Berg hochzusteigen, gleichzeitig wächst die Vorfreude mit jedem Schritt, das Gefühl, das jeder Meter es wert ist." - Jessica Libbertz

So dass man vor allem jenen, die den Niedergang des FCK so gerne und so simpel am "Größenwahn" der damaligen Vereinsverantwortlichen festmachen, künftig nur dieses Buch in die Hand zu drücken braucht, sofern sie das Thema einmal in seiner ganzen Komplexität erfassen möchten. Den WM-Stadionausbau und seine fatalen Folgen haben viele zu verantworten - und alle haben Fehler gemacht: Vereinsbosse wie Politiker, ebenso aber vermeintliche Bau- und Finanzfachleute sowie wohl zu Unrecht hochgehandelte "Sanierer".

Geopfert für "lausige WM-Spiele" - oder "Alibi für Fehlentscheidungen"

Natürlich beschäftigt dieses Dilemma auch etliche der "Stimmen" im Buch. In vielen klingt Melancholie an. Mit zunehmender Größe sei auch die Seele verloren gegangen, heißt es öfter. "Es gibt keine Entschuldigung dafür, den Charakter dieses Stadions für ein paar lausige WM-Spiele zu opfern", sagt einer, der für klare Worte immer bekannt war: Kalli Feldkamp.

"In Kaiserslautern immer auf die übertriebene Erwartungshaltung zu verweisen, ist vollkommener Quatsch. Ich vermisse es, dass man die Fans als Faktor begreift, mit dem Erfolg zu schaffen ist." - Kalli Feldkamp

"Der positive Effekt, den dieses großartige Ereignis auf die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt und des Umfelds hatte, wird gerne übersehen", meint dagegen ein gewisser Kurt Beck. "Ich habe den Eindruck, dass die Stadionkosten allzu gerne als Alibi benutzt werden, um eigene Fehlentscheidungen zu kaschieren", schreibt der ehemalige Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz.

Eine der 100 Stimmen des Buches ist in der Zeit, in der es auf seine Veröffentlichung wartete, verstummt: Lauterns langjähriger Stadionsprecher Udo Scholz starb am 01. Juli im Alter von 81 Jahren. Hier darf er noch erzählen, wie er zu seinem ersten Mikrofon-Einsatz auf einem Polizei-Motorrad ans Stadion chauffiert wurde. Somit wird "Betzenberg - 100 Jahre zwischen Himmel und Hölle", auch die Erinnerung an dieses Original bewahren - in einem Buch, das eines von den seltenen ist, die man im Lauf der Jahre immer wieder in die Hand nimmt.

Das Buch "Betzenberg - 100 Jahre zwischen Himmel und Hölle" ist im Werkstatt Verlag erschienen und für 24,90 Euro unter anderem bei Amazon und überall im gut sortierten Buchhandel erhältlich.

Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer



Beitragvon Flo » 15.10.2020, 21:43


Liebe FCK-Fans, solltet ihr nicht bei uns gewinnen, kann ich euch nur empfehlen, dieses Buch "trotzdem" zu kaufen. Es ist einfach eine beeindruckende Geschichte von 100 Jahren Betzenberg mit extrem tollen Fotos.



Beitragvon zille » 16.10.2020, 07:36


Gibt es das Buch auch un digitaler Ausführung? Vielen Dank allen, die solche Werke über den FCK auf die Beine stellen.



Beitragvon Südpälzer » 16.10.2020, 16:30


Also ein Buch über den heiligsten aller Berge stellt man sich doch stolz ins Regal, statt es auf seinem Kindle zu lesen, oder? :wink:



Beitragvon Schwebender Teufel » 17.10.2020, 12:08


Hört sich recht interessant an könnte man sich kaufen :daumen: :D :teufel2:



Beitragvon Kohlmeyer » 19.10.2020, 13:30


Für die noch Unentschlossenen und auch für die bereits Interessierten kommt hier unsere Buchbesprechung:

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Rezension: Buch "100 Jahre Betzenberg"
Hooked on holy Betze


Wie viele Fakten, Emotionen und Bilder passen auf 176 Seiten? Die Neuerscheinung zum runden Geburtstag des Fritz-Walter-Stadions setzt in dieser Beziehung neue Maßstäbe: "Betzenberg - 100 Jahre zwischen Himmel und Hölle". Wir haben das Buch gelesen und verlosen drei Exemplare.

"Das einzige Stadion, in dem ich jemals und wiederholt so was wie Panik spürte." - Paul Breitner

Ideell gesehen gehört dieses Stadion den Fans des 1. FC Kaiserslautern. Faktisch natürlich der Stadt, beziehungsweise der Stadiongesellschaft, seit der Verein sein Stadion im Frühjahr 2003 an diese verkaufen musste. Wer aber hat dies gewusst: Bis zum Jahr 1979 gehörten 577 Quadratmeter Fläche zwischen Ostkurve und Strafraum gar nicht dem Verein, sondern einer Erbengemeinschaft, die selbst erst 1968 von diesem ungewöhnlichen Besitz erfahren hatte. Einer ihrer Vorfahren hatte die Parzelle, die Teil des neuen Stadiongrunds werden sollte, dem FCK bereits im Jahr 1919 zur Nutzung überlassen, einfach so, ohne Pachtvertrag. Nicht auszudenken, wie sich die Verkaufsverhandlungen im Jahr 2003 verkompliziert hätten, wären die Vereinsverantwortlichen damals mit den Erben nicht zügig und ohne großen Medienrummel ins Geschäft gekommen.

Fast vergessenes Detailwissen wie dieses findet sich zuhauf in "100 Jahre Betzenberg", dem 176 Seiten starken Band über "de Betze", über das stolze Fritz-Walter-Stadion hoch oben über den Dächern der Stadt, der jetzt im Verlag Die Werkstatt erschienen ist. Corona-bedingt mit einem halben Jahr Verzögerung, denn offiziell wird der Geburtstag des Stadions auf den 13. Mai 1920 datiert. Zur Premiere kickte der FCK, der damals als "FVK" firmierte, gegen den FC Pfalz Ludwigshafen - und verlor 1:3.

Es gibt nicht die eine Betze-Geschichte - jeder hat seine eigene

Der Rest ist Geschichte, möchte man sagen. Was aber nicht so ganz hinkommt. Denn eigentlich sind es Hunderte, eher Tausende Geschichten, die sich auf oder rund um den bedeutendsten Berg der Pfalz zugetragen haben. Triumphe und Tragödien, Possen und Politthriller, "de Betze" hat einfach alles erlebt. Im Grunde hat jeder, der diesen Berg einmal hinaufgestiegen ist, eine, seine eigene Geschichte zu erzählen. Und eben das dachte sich auch das Autorenteam Dominic Bold, Eric Lindon und Ingo Konrad, als sie ihr Buch konzipierten.

Drum dokumentiert ihr Werk nicht nur in Wort und Bild die baulichen Veränderungen, die der Betzenberg in den vergangenen hundert Jahren erfuhr und serviert dazu eine Unmenge, zum Teil kaum noch bekannte Hintergründe. Es lässt vor allem Menschen zu Wort kommen, für die der Betzenberg Schicksals- oder Sehnsuchtsort war und ist. Ehemalige sowie noch aktive Spieler und Trainer, ehemalige sowie noch aktive Funktionäre und jede Menge Fans, mal älter, jünger, mal bekannter, mal weniger bekannt, aber niemals "ehemalige". Auch Journalisten, die nicht verhehlen können, dass sie im Lauf der Jahre selbst Fans geworden sind, wenn sie es nicht sowieso vorher schon waren.

"In der 57. Minute fiel das erlösende 1:0. Ekstase pur, es gab kein Halten mehr. Alle stürzten ein paar Treppenstufen nach unten. Und plötzlich konnte ich nichts mehr sehen. Meine Brille war weg. Als sich der Jubel etwas gelegt hatte, streckte jemand ein paar Reihen vor mir etwas in die Höhe. Es war meine Brille." - Udo Eckhardt

Vom Professor bis zum Fußball-Rowdy

Exakt 100 "Stimmen" solcher Berg-Begleiter haben die Autoren gesammelt - und gerade weil die Auswahl so willkürlich erscheint, muss sie ungeheuer schwer gewesen. Da kommt der Geograph Prof. Dr. Hans-Joachim Fuchs zu Wort, der den Betzenberg mal rein erdkundlich unter die Lupe nimmt, aber auch der als solcher vorgestellte "ehemalige Fußballrowdy" Harry Eberle. Jens Zundel, der die FCK-Fahne heute, wie passend, am Kap der Guten Hoffnung, in Südafrika, hochhält. Der Radprofi Udo Bölts. Die Bahnrad-Olympiasiegerin Miriam Welte. Annemarie Liebrich, die Witwe von FCK-Ikone Werner Liebrich. Der Tenor Shin Nishino, der in seiner japanischen Heimat nie ein Fußballspiel gesehen hatte, dann aber ans Lautrer Pfalztheater wechselte und vom Betze-Fieber gepackt wurde.

"Was mich immer noch antreibt, viele Tausend Kilometer anzureisen, ist die Sehnsucht nach diesem Erlebnisort. Es ist der Wunsch, meinen Kindern die Faszination, den Mythos Betze nahezubringen". - Jens Zundel

Weiß eigentlich noch jemand, wie die einzige weibliche Fußballnationalspielerin heißt, die der FCK jemals hatte? Margret Kratz. Sie erzählt unter anderem von dem Trainerpraktikum, das sie nach ihrer aktiven Karriere bei Meistertrainer Kalli Feldkamp absolvierte. Und mittendrin, auf Seite 97, taucht plötzlich ein Typ namens Jürgen Kohler auf…

Häh? Was macht der Waldhof-Bub im Betze-Buch?

Kohler? Ein Waldhöfer? In einem Buch über den "Betze"? Doch, doch: Der 105-fache Nationalspieler stammt aus pfälzischen Lambsheim und hat dem FCK immer die Daumen gedrückt, wie er erzählt. Und in den 1990er Jahren war der damalige Lautern-Manager Reiner Geye nahe dran, ihn von Juventus Turin an den Betzenberg zu lotsen. Noch so eine der ungezählten Randgeschichten, die sich in dem Buch entdecken lassen.

Die jüngsten 20 Jahre - das schwerste Kapitel

Die weiter zurückliegenden hat Eric Lindon zusammengetragen, ein ehemaliger Offizier der US Airforce, der schon seit Jahren mit Leidenschaft als Sporthistoriker aktiv und "Hooked on Holy Betze" ist, wie er als einzig englischsprachige Stimme im Buch verlautbart. Dominic Bold, der unter anderem bereits die monumentale FCK-Chronik aus dem Jahr 2013 im gleichen Verlag veröffentlicht hat, und DBB-Autor Ingo Konrad konzentrierten sich auf die Darstellung der zweiten Jahrhunderthälfte.

Ingo Konrad schultert dabei die schwere Aufgabe, die jüngsten beiden Jahrzehnte zusammenzufassen. Stichworte: WM-Bewerbung, Stadionausbau, Kostenexplosion, Beinahe-Pleite, Finanzamt, Stadionverkauf, ungestaffelte Pachtverträge, Zinsstundung und, und, und. Dies alles gelingt ihm wertungsfrei, faktenreich und dennoch kompakt.

"Es kostet dich erst einmal Anstrengung, den Berg hochzusteigen, gleichzeitig wächst die Vorfreude mit jedem Schritt, das Gefühl, das jeder Meter es wert ist." - Jessica Libbertz

So dass man vor allem jenen, die den Niedergang des FCK so gerne und so simpel am "Größenwahn" der damaligen Vereinsverantwortlichen festmachen, künftig nur dieses Buch in die Hand zu drücken braucht, sofern sie das Thema einmal in seiner ganzen Komplexität erfassen möchten. Den WM-Stadionausbau und seine fatalen Folgen haben viele zu verantworten - und alle haben Fehler gemacht: Vereinsbosse wie Politiker, ebenso aber vermeintliche Bau- und Finanzfachleute sowie wohl zu Unrecht hochgehandelte "Sanierer".

Geopfert für "lausige WM-Spiele" - oder "Alibi für Fehlentscheidungen"

Natürlich beschäftigt dieses Dilemma auch etliche der "Stimmen" im Buch. In vielen klingt Melancholie an. Mit zunehmender Größe sei auch die Seele verloren gegangen, heißt es öfter. "Es gibt keine Entschuldigung dafür, den Charakter dieses Stadions für ein paar lausige WM-Spiele zu opfern", sagt einer, der für klare Worte immer bekannt war: Kalli Feldkamp.

"In Kaiserslautern immer auf die übertriebene Erwartungshaltung zu verweisen, ist vollkommener Quatsch. Ich vermisse es, dass man die Fans als Faktor begreift, mit dem Erfolg zu schaffen ist." - Kalli Feldkamp

"Der positive Effekt, den dieses großartige Ereignis auf die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt und des Umfelds hatte, wird gerne übersehen", meint dagegen ein gewisser Kurt Beck. "Ich habe den Eindruck, dass die Stadionkosten allzu gerne als Alibi benutzt werden, um eigene Fehlentscheidungen zu kaschieren", schreibt der ehemalige Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz.

Eine der 100 Stimmen des Buches ist in der Zeit, in der es auf seine Veröffentlichung wartete, verstummt: Lauterns langjähriger Stadionsprecher Udo Scholz starb am 01. Juli im Alter von 81 Jahren. Hier darf er noch erzählen, wie er zu seinem ersten Mikrofon-Einsatz auf einem Polizei-Motorrad ans Stadion chauffiert wurde. Somit wird "Betzenberg - 100 Jahre zwischen Himmel und Hölle", auch die Erinnerung an dieses Original bewahren - in einem Buch, das eines von den seltenen ist, die man im Lauf der Jahre immer wieder in die Hand nimmt.

Das Buch "Betzenberg - 100 Jahre zwischen Himmel und Hölle" ist im Werkstatt Verlag erschienen und für 24,90 Euro unter anderem bei Amazon und überall im gut sortierten Buchhandel erhältlich.

Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer


Gewinnspiel: Drei Exemplare von "Betzenberg" werden verlost

Der Betze brennt verlost in Zusammenarbeit mit dem herausgebenden Werkstatt Verlag drei Exemplare des Stadionbuchs "Betzenberg - 100 Jahre zwischen Himmel und Hölle" von Dominic Bold, Eric Lindon und Ingo Konrad. Zur Teilnahme muss folgende Frage beantwortet werden: In welchem Jahr wurde das Betzenberg-Stadion in Fritz-Walter-Stadion umbenannt?


Weitere Links zum Thema:

- Buchvorstellung am Betze: 100 Jahre voller Emotionen (Der Betze brennt, 15.10.2020)



Beitragvon Thomas » 19.10.2020, 20:14


Wer lieber Videos guckt als Texte liest, dem sei der nachfolgende schöne Clip von "Matzes Daily Madness" empfohlen. Schade, dass wegen der Corona-Einschränkungen zur Buchpremiere in der Nordtribüne nur geladene Gäste kommen durften, aber hier bekommt Ihr noch einen zumindest kleinen Eindruck von der Veranstaltung:

» Zum YouTube-Video: BETZENBERG - 100 Jahre zwischen Himmel und Hölle
Der Verein führt als eingetragener Verein den Namen 1. Fußball-Club Kaiserslautern e.V. (1. FCK) und hat seinen Sitz in Kaiserslautern. Seine Farben sind rot und weiß. (...) Das Stadion trägt den Namen Fritz-Walter-Stadion. (Vereinssatzung des 1. FC Kaiserslautern e.V. - Artikel 1, Absatz 1)



Beitragvon Baru » 20.10.2020, 14:13


Groß ist meine Vorfreude auf dieses Buch! Klasse, dass sich die Autoren so eine Mühe gemacht haben! :daumen:
Bei mir in der Buchhandlung kann man das Buch nur noch vorbestellen - was ist natürlich getan habe. Ohne eine Seite aus dem Buch gelesen zu haben, sage ich schon jetzt: Tolle Sache! :)
Kaiserslautern Fußball-Club olé! :teufel2:



Beitragvon pFAeLZer72 » 23.10.2020, 10:11


Hätte mir das Buch so oder so geholt. Jetzt bin ich einer der glücklichen Gewinner. Freue mich riesig und sag vielen lieben Dank an DBB. Wenn man dieses Losglück jetzt noch auf die Mannschaft übertragen könnte, wäre der Samstag jetzt schon ein positiver für den FCK. :lol:



Beitragvon Gerrit1993 » 23.10.2020, 12:21


So liebe DBB-User, die Verlosung ist beendet. Die glücklichen Gewinner des Buches sind pFAelZer72, Teufel-Jo und Mike1501 und wurden von uns kontaktiert. Viel Spaß beim Lesen!



Beitragvon herzblut4ever » 03.11.2020, 15:20


Sehr interessant das, was ich als Kind besucht, habe schon 100 Jahre alt ist. Auch, wenn man nicht am Betze war hat man den Jubel überall in der Stadt hören können.
Der Schlüssel zum Erfolg ist Kameradschaft und der Wille, alles für den anderen zu geben!




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