Neuigkeiten und Pressemeldungen zum 1. FC Kaiserslautern.

Beitragvon MarcoReichGott » 13.09.2022, 11:17


Es ist ja nicht so als würden wir mit der 3er Kette keine Tore fangen....in beiden Spielen mit Systemwechseln haben wir das trotzdem nicht über die Zeit gebracht.

Dass die Abstände nicht stimmen beim langen Ball vor dem 0:2 seh ich auch so, aber ich bezweifel hat, dass das anders wäre, wenn da eine 3er Kette steht. Wie hoch man rausschiebt ist ja keine reine Frage, ob ich da auf der Taktiktaffel eine 3 oder eine 4 hinschreibe.

Vor allem aber kommt es da ja noch zu einer Reihe weiterer Fehler. Ritter springt da halt unterm Ball erst durch, dann guckt er sich die Szene in Ruhe an und trabt ein bißchen hinterher, Niehus ist nicht da wo er sein sollte. Kraus deckt weiterhin den Raum anstatt den Schussweg zu blockieren, obwohl zwei Leute bei Manu sind. Das ist einfach richtig schlecht verteidigt. Und dann trifft der Darmstädter aber natürlich auch den Ball noch optimal.

Das charmanteste an der 3er Kette finde ich übrigens, dass sowohl Tomiak als auch Bormuth ordentlich offensiv Drang haben. Ich glaub auch fast, dass das einer der HAuptgründe ist, weshalb wir mit der 3er Kette so offensivstark sind - und weniger die Veränderung im Zentrum. Bormuth ist regelmäßig links sehr weit aufgerückt und hat fast schon als Lm gespielt, Tomiak bereitet das 1:2 ja von halbrechts sogar vor. Beim 3:2 rennt Kraus dann wieder übers ganze Feld in den Strafraum durch. Alles ein Stück weit taktisch sehr wild, aber eben eben auch brandgefährlich. Auf der anderen Seite muss da halt nur ein präziser Ball tief auf die Außen kommen und wir stehen hinten völlig offen....

Schuster hatte nach dem SPiel erklärt, dass er für die Umstellung auch den richtigen Zeitpunkt abgewartet hat, damit es eben nicht nach hinten losgeht. Und ich glaub da ist durchaus etwas dran, dass wir diese Art von 3er Kette mit den extrem offensiven IVs nicht beliebig so spielen lassen können.



Beitragvon Ke07111978 » 13.09.2022, 12:22


Kohlmeyer hat geschrieben:Also, beim besten Willen: Mit dem Kader wird sich ein 4-2-3-1 immer besser aufstellen lassen.


Das wiederum ist dann eine Frage der Kaderzusammenstellung. Wenn ich 4er Kette spielen will, dann muss man sich auch die Spieler dafür holen. Auf allen Positionen. Natürlich sind Abstände immer ein Thema - für eine Viererkette sind sie aber essentiell. Und Bünning jetzt abschreiben? Ich kann mir da noch kein Urteil erlauben, ob das wirklich ein Leistungsabfall wäre.

Die Krux mit der Aufstellung ist aber offensichtlich: Es gibt Härten - und es ist nur eine Frage welche Qualität du rausnimmst - nicht ob man eine bessere oder schlechtere rausnimmt. Du kannst mit dem Kader auch wunderbar ein 3-4-3 stellen - ich bezweifele aber, dass das außer auf dem Papier funktioniert.

Aber eigentlich schreibst du die Antwort selbst:

Mit dem Problem hatte auch Antwerpen schon gekämpft. Er hatte ja zu Beginn viel höher pressen lassen wollen, dann aber festgestellt, dass seine Abwehrspieler, in persona Kraus, nicht so gerne hoch aufrücken, weil sie Angst haben, bei vertikalen Bällen auf schnelle Spiele nicht nachzukommen. Darauf baldowerte er ein sehr komplexes 3-5-2 aus, mit asymmetrisch agierenden Außenbahnspielern und vielem mehr, in dem nur noch situativ hoch gepresst wurde.


Daran hat sich eben nichts geändert und ich frage mich, ob das nicht einfach die beste Lösung war und ist. Kann natürlich sein, dass ich da ein bisschen einfach gestrickt bin. Aber in der Taktik, mit tiefstehender 4er Kette plus Niehus die null zu halten, um dann nach dem ersten Gegentor umzustellen, sehe ich einfach keinen Vorteil. Fakt ist, das wir in der aktuellen Grundformation eben kaum torgefährlich werden und trotzdem selektiv relativ einfach auszuhebeln sind. Kiel, Paderborn, Fürth, Magdeburg, Darmstadt - dass sind jetzt 5 Spiele in denen wir irgendwann in Rückstand liegen. Comeback ist geil - und es ist typisch Betze. Alles richtig. Aber so nen schnödes 2:0 wäre auch mal nett.

By the way: ich bin der erste der sagt: Asche über mein Haupt, wenn es nicht funktioniert. Aber ein Versuch wäre es m.E. wert.

Und ja: Natürlich gegen einen Gegener, der es auch zulässt / gegen den es vernüftig ist.



Beitragvon MarcoReichGott » 13.09.2022, 12:36


Also ich hab letzte Saison haargenau die Situation, die wir gestern beim 0:2 hatten ziemlich oft im SPiel mit unserer "asymetrischen 3er Kette" kritisiert. Auch da standen wir defensiv in so einer Art 5-2-3 und die Abstände zwischen der 5 und der 3 waren riesengroß. Als Folge war der gegnerische 10er Raum oftmals unterbesetzt und die Gegner kamen hier immer wieder in die gefährlichen Räume - nur hatte dort eben keine Mannschaft auch nur im Ansatz die Offensivqualität von Darmstadt.

Im übrigen ist uns sowas beim Stand von 0:0 nicht passiert, weshalb ich das Spiel wirklich nicht als gutes Veranschaungsmaterial dafür halte, dass wir kaum torgefährlich und trotzdem recht leist auszuhebeln sein sollen. Schließlich hatten wir 1,5 größere Chancen bis zur nachspielzeit der 1. Halbzeit und Darmstadt keine. Und die einzig nennenswerte offensivaktion der Darmststädter gabs über die Außen, wo Durm mal wieder das 1vs1 verliert.

Man liegt halt dann nach nem individuellem Patzer 0:1 zurück, kommt aus der Halbzeitpause raus und vorne wollen die einen nun höher stehen und den Gegner unter Druck setzen und die anderen rücken hinten nicht richtig auf. Ist taktisch nicht gut gemacht, ist individuell nicht gut verteidigt, steht dann halt 0:2. Aber ist für mich jetzt wirklich nicht primär sstembedingt.

Egal, ob 3er und 4er Kette. Wenn wir 2:0 gewinnen wollen, dann müssen wir eben noch Fehler abstellen. Aber ich kann mir tatächlich auch vorstellen, dass wir gegen BRaunschweig mal mit der 3er Kette starten. Aber gerade die erste Halbzeit gegen Darmstadt hat mal wieder gezeigt, dass wir mit der 4er Kette gegen individuell stärkere Teams eigentlich nicht völlig verkehrt liegen.



Beitragvon kai81 » 13.09.2022, 13:03


Das Problem der 3er-Kette die wir unter Antwerpen gespielt haben, haben uns letzte Saison doch V. Köln, 1860 und Osnabrück schön gezeigt. Gegen Osna hatten wir viel Dusel und einen starken Raab, das die das Tor nicht getroffen hatten und Köln hatte den Vorsprung dann verwaltet. Aber die hatten uns doch schön vorgeführt.



Beitragvon Ke07111978 » 13.09.2022, 13:05


Vor allen Dingen haben WIR eine ganz andere Qualität. Zollinski, Durm, Klement, Bormuth, Luthe - da ist halt richtig was dazu gekommen. Fakt ist: wir haben letztes Jahr in der ganzen Saison 27 Tore gefangen. Davon 4 in einem berüchtigten Heimspiel gegen Dormund II. Status Quo haben wir 13 Gegentore. Hochgerechnet auf die letzte Saison sind das 59 Gegentore.

Was da wann kritisiert wurde und was davon auf individuell schwache Gegner zurückzuführen ist. Geschenkt. Am Ende stehen wir defensiv aktuell einfach schlechter. Und zwar nicht in einem Spiel - weshalb ich ja auf mehrere Spiele refrenziere. Am Ende ist das aus meiner Sicht ziemlich einfach: Entweder bekommen wir die Balance mit der Viererkette hin - oder wir müssen was anderes versuchen. Aber die Qualitätszufuhr in diesem Kader ist dicke ausreichend, um die Klasse zu halten. Eigentlich darfst du nichtmal was mit dem Abstieg zu tun haben. Und die PS auf die Strasse zu bringen ist Aufgabe des Trainers. Bisher macht er das gut und genießt den "Welpenschutz", den man jedem neuen Trainer geben sollte.

Und damit bin ich jetzt erstmal wieder raus. Um es mit Ottos Worten zu sagen: Die Wahrheit liegt am Ende auf dem Platz. Von mir aus mit Libero. :)



Beitragvon MarcoReichGott » 13.09.2022, 13:26


In der 3. Liga wäre beim 0:2 der lange Ball gleich mal im Seitenaus gelandet. Selbst wenn der angekommen wäre, wäre der Torschuss in 9 von 10 Fällen nichtmal in Richtung des Tors gegangen.

Sorry, wenn ich das mal wieder so deutlich sage, aber irgendwelche statistischen Tor-Vergleiche zwischen unserer letzten 3. Liga Saison und nun der 2. Liga Saison sind doch völlig absurd. Auf der Basis kann ich doch nicht versuchen irgendwelche taktischen Diskussionen zu führen.

Und bei einem Liga+Relegationpunkteschnitt von 1,7 den Welpenschutz des Trainers anzusprehcen ist völlig absurd. Welpenschutz genießen sicherlich Spieler wie Tomiak. Niehus, Ciftci, Hercher und Co, die gerade ihre ersten Schritte in der 2. Liga machen. Aber ich glaub nicht, dass Schuster den gerade nötig hat.

Die letzten SPiele gegen Magdeburg und nun Darmstadt haben ja durchaus gezeigt, dass die 3er Kette eine Alternative ist. Ob situationsbedingt oder sogar dauerhaft, darüber kann man sicherlich spannend diskutieren. Aber bitte doch etwas stärker auf die aktuelle Spielsituationen und auch die kommenden Gegner bezogen. Obs wirs letzte Saison gegen Halle, Viktoria Berlin und Co geschafft haben die Null zu halten, hilft uns nämlich gerade wirklich wenig weiter.



Beitragvon Teufelsmusiker » 14.09.2022, 23:06


MarcoReichGott hat geschrieben:Das charmanteste an der 3er Kette finde ich übrigens, dass sowohl Tomiak als auch Bormuth ordentlich offensiv Drang haben. Ich glaub auch fast, dass das einer der HAuptgründe ist, weshalb wir mit der 3er Kette so offensivstark sind - und weniger die Veränderung im Zentrum. Bormuth ist regelmäßig links sehr weit aufgerückt und hat fast schon als Lm gespielt, Tomiak bereitet das 1:2 ja von halbrechts sogar vor. Beim 3:2 rennt Kraus dann wieder übers ganze Feld in den Strafraum durch. Alles ein Stück weit taktisch sehr wild, aber eben eben auch brandgefährlich. Auf der anderen Seite muss da halt nur ein präziser Ball tief auf die Außen kommen und wir stehen hinten völlig offen....


Bin ganz deiner Meinung, finde Tomiak kann seine durchaus vorhandenen offensiven Qualitäten nicht in der 4er Kette ausleben. Auch denke ich, dass Ritter, Klement und Wunderlich vor einer 3er/5er Kette zusammen funktionieren. Aber egal welches System sich durchsetzt, es macht uns nur weniger ausrechenbar wenn wir beide Systeme beherrschen und je nach Gegner und Spielsituation auf den Platz bringen. Gefühlt haben sich unsere Gegner in der 3. Liga auch gerade zum Ende der Saison sehr gut auf unser System einstellen können. Gegen Heidenheim würde ich wie in der Gegner-Analyse beschrieben auf 4er Kette setzen um die Flügel doppelt zu besetzen. Aber danach in den Spielen würde ich gerne die 5er Kette von Anfang an sehen.



Beitragvon Kohlmeyer » 19.09.2022, 15:20


Hier kommt unsere Taktik-Nachlese zum gestrigen 2:2 in Heidenheim:

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Taktik-Nachlese zum Spiel FCH-FCK
Die DBB-Analyse: Von Fehlerteufeln und Wiedergutmachern

Ohne Drama geht es nun mal nicht. Auch beim 1. FC Heidenheim holt der 1. FC Kaiserslautern mehrfach einen Rückstand auf, das zweite Mal sogar in Unterzahl. Am Ende steht wieder nur ein Punkt, aber ein moralischer Sieg.

Es gibt Momente, die tragen sich gar nicht mal in gefährlichen Zonen zu, und dennoch sind sie mehr "Schlüsselszene" als solche, die sich vor den Toren abspielen. In der 80. Minute dieser Partie etwa. Der FCH war in Ballbesitz, linke Abwehrseite, in Nähe der Eckfahne. Die Gastgeber wollten eigentlich den Ball nach vorne blasen, um endlich den Siegtreffer erzielen zu können. Schließlich spielten sie schon über 35 Minuten in Überzahl, hatten aber dennoch den 2:2-Ausgleich hinnehmen müssen. Diese Peinlichkeit wollte noch korrigiert werden.

Aber: Sie kamen einfach nicht hinten raus. Marlon Ritter und Jean Zimmer liefen den jeweils Ballführenden so scharf an, dass der weder ein langes noch ein kurzes Zuspiel nach vorne zustande brachte. Schließlich landete das Leder im Toraus, zuletzt berührt von einem Heidenheimer. Es gab Ecke. Für Lautern. Und der mitgereiste Anhang der diesmal in Weiß aufspielenden Roten Teufel jubelte, als hätte ihr Team gerade das 3:2 erzielt. An dem es in dieser zweiten Halbzeit ohnehin näher dran war. Und das mit einem Mann weniger.

FCK mit mehr Torschüssen im Strafraum

Denn die Pfälzer mauerten sich in Unterzahl nicht einfach nur über die Zeit, sondern rückten immer wieder klug auf, hielten so den Ball vom Tor weg und leiteten mit klugen Pässen mehr vielversprechende Aktionen vor Gegners Kasten ein als ihre Gastgeber. Auch nach 94 Minuten noch hatten sie innerhalb des Strafraums zwei Mal öfter (sieben Mal insgesamt) aufs Tor geschossen als die Heidenheimer. Für die ihr hoher Ballbesitzwert - 68 Prozent - ein Muster ohne Wert darstellt. Diese Erfahrung haben fast alle Gegner gemacht, auf die der FCK in dieser Saison traf.

Dabei hatte es zu Beginn der Partie noch so ausgesehen, als wollten die Feldspieler ihrem Keeper Andreas Luthe heute mal einen Gefallen tun. Hatte der 36-Jährige sich doch zuletzt beklagt, dass diese ständigen Drama-Spiele nichts für das Herz eines Mannes in seinem Alter seien. Die Schuster-Jungen versuchten erstmal die Ruhe zu bewahren, im Spiel gegen den Ball in ihrem 4-2-3-1 die Ordnung zu halten, auch mal "hintenrum" zu spielen, statt früh den langen Ball zu suchen.

In der Startelf hatte es die erwarteten Wechsel gegeben. Der angeschlagene Philipp Hercher saß nur auf der Bank, das Pärchen links bildeten Hendrick Zuck und Kenny Redondo, rechts Erik Durm und Jean Zimmer.

Schmidts überraschender Schachzug: Beste kam über rechts

Nach 17 Minuten war es mit dem kontrollierten Spiel allerdings vorbei. Warum? Weil der FCK, in persona Kevin Kraus, "Opfer" einer Umstellung wurde. FCH-Trainer Frank Schmidt, der mit dieser Partie die Vollendung seines 15. Trainerjahres an der Brenz feierte, hatte nach fünf Wochen zum ersten Mal wieder seine Startelf geändert. Für den zuletzt starken Kevin Sessa durfte der Ex-Lautrer Florian Pick ran. Damit verbunden war außerdem ein Positionswechsel, der noch überraschender war.

Schmidt riss seine linke Schokoladenseite auseinander. Jan-Niklas Beste und Jonas Föhrenbach hatten bis dato das Gros der zwölf Saisontore seiner Mannschaft eingeleitet. Diesmal sollte Linksfuß Beste über rechts kommen und gefährlich werden, wenn er in der Mitte zog, wie weiland Arjen Robben bei den Bayern. Und in dieser Minute ging der Plan auf.

Ballgewinn für den FCH auf der linken Seite, Seitenwechsel, Beste dringt halbrechts in den Strafraum ein. Jeder, der sich auch nur die Highlights der FCH-Spiele dieser Saison angesehen hat, ahnt nun bereits, dass Beste nun versuchen wird, sich das Leder auf den linken Huf zu legen. Kraus lässt es dennoch zu. Möglicherweise rutscht er ein bisschen weg, die TV-Bilder deuten es zumindest an. Beste visiert daraufhin das kurze Eck an, hart und humorlos. Luthe ist ohne Chance. 1:0 für den FCH.

Typisch FCK: Fehler passieren - und werden direkt wieder gutgemacht

Doch das Herzerwärmende an diesem FCK 2022/23 ist nun einmal: Dieses Team kommt nicht nur als Ganzes immer wieder zurück. Gerade die, die Fehler gemacht haben, hängen sich direkt wieder rein, um diese gutzumachen. Nur drei Minuten später ist es Kraus, der eine unsauber abgewehrte Ecke von Philipp Klement wieder vors Tor zurückschaufelt - und Terrence Boyd springt höher als sein nicht minder imposanter Gegenspieler Patrick Mainka. 1:1.

Danach schien es tatsächlich was zu werden mit einem ruhigeren Nachmittag für Keeper Luthe. Der FCK bekam das Spiel einigermaßen in den Griff, eine Viertelstunde passierte wenig bis gar nichts - bis zum nächsten Doppel-Aufreger: Erneut durfte sich Beste die Kugel halbrechts auf den linken Fuß legen, worauf er sie gegen die Torlatte zwirbelte. Im Gegenzug erlief Boyd sich einen Befreiungsschlag von Kraus, legte auf Kenny Redondo quer - und der scheiterte an FCH-Keeper Kevin Müller.

Dann aber kam es doch zu der Szene, die auch diesen Kick wieder zum Hochspannungsthriller machte. Wenigstens musste Luthe ihn nicht als aktiv Beteiligter miterleben. Er flog nämlich vom Platz. Über dessen Berechtigung muss hier nicht diskutiert werden.

Ritter halt: Oft genial und manchmal irre

Erwähnt werden muss stattdessen der Ausgangspunkt. Ritter versucht einen unendlich weiten Rückpass aus der gegnerischen Hälfte. Seine originelle Begründung in der Presserunde nach dem Spiel: "Ich wollte den Andi anspielen, um etwas Ruhe hineinzubringen, treffe den Ball aber nicht richtig." Dieser sei dann "ein Scheiß-Ball für den Torwart" geworden, diagnostiziert er sehr treffend. Ritter halt. Oft genial und manchmal irre. Wir erinnern uns: Auch vor knapp vier Wochen in Fürth hatte er einen gegnerischen Stürmer mit einem Wahnsinnsrückpass frei vorm Tor in Schussposition gebracht.

Diesmal stürzt Luthe dem einlaufenden Beste entgegen, räumt den Ball mit der Brust, den Spieler mit dem Fuß ab - und sieht Rot.

FCK-Trainer Dirk Schuster brachte daraufhin Reservekeeper Avdo Spahic für Philipp Klement, der bis dato gemeinsam mit Ritter im Mittelfeld schön zwischen Sechs, Acht und Zehn hin und her rotierte. Dieses Wechselspiel scheinen Spieler und Coach kultivieren zu wollen. Dass Klement nun raus musste, ist nachvollziehbar. Der Mann mit dem feinen linken Füßchen ist nicht gerade prädestiniert für laufintensives Spiel gegen den Ball. Und das war nun angesagt in dem 4-4-1, in dem Lautern sich jetzt formierte.

2:1 und Überzahl, das sah gut aus für den FCH. Aaaaber ...

Buchstäblich auf dem Fuß folgend dann der nächste herbe Schlag: FCH-Rechtsverteidiger Marnon Busch setzt den fälligen Freistoß unhaltbar für Spahic in die Maschen. So perfekt getreten, wie man es nur von den Größten ihres Fachs kennt. Überhaupt: Marnon Busch - auch so ein Name, den man außerhalb Heidenheims kaum schon mal gehört haben dürfte. Anscheinend einer, der total unter Wert gehandelt wird. Der könnte glatt auf einer Liste der "Moneyball"-Scouts des FC Midtjylland stehen.

Mit 2:1 und in Überzahl marschierten die Gastgeber in die Pause. Da konnte für sie eigentlich nichts mehr schiefgehen. Dachten sie vermutlich. Und hätten wohl auch recht behalten. Wenn nicht die Mentalitätsmonster aus Kaiserslautern ihre Gegner gewesen wären.

Das 2:2: Die richtige diagonale Linie, und Boyd ist da

Schmidt ließ Beste und Pick nun die Seite wechseln. Wohl, um das Spiel breit zu machen, um in langen Passstafetten die Lücke im nun erwarteten FCK-Abwehrbollwerk zu suchen. Eine Zeit lang sah es auch so aus, als würde die zweite Hälfte so laufen. Dann aber war es an Ritter, seinen Fehler aus Hälfte eins wiedergutzumachen.

58. Minute: Ritter schnappt sich in der eigenen Hälfte den Ball, marschiert los, spielt Doppelpass mit Redondo, dringt in den Strafraum ein, passt auf genau der diagonalen Linie in die Mitte, die es dem vor Boyd postierten Gegenspieler unmöglich macht, den Ball zu erreichen. Der Rest ist Geschichte, Lauterns Mittelstürmer erzielt seinen zweiten Treffer. Mal ganz abgesehen davon, dass Boyd auch in diesem Spiel wieder Herausragendes als Prellbock und Bällebehaupter leistete.

Trotz aller Freude dran denken: Viele Remis sind gefährlich

Danach probierte Schmidt, was sein Kader hergab. Er brachte mit dem zweiten Ex-Lautrer Christian Kühlwetter und Stefan Schimmer zwei weitere Stürmer, die die Keilspitze Tim Kleindienst unterstützen sollten. Doch die zielgerichteteren Aktionen Richtung Tor hatte der in Unterzahl aufspielende Gast. Erstaunlicherweise. Einmal mehr. Man könnte fast meinen, ein Mann weniger kitzelt beim Rest der Truppe die paar Grad mehr an Konzentration heraus, die sie sogar noch stärker macht.

So blieben die Roten Teufel auch im fünften Spiel in Folge ungeschlagen. Vier davon waren Unentschieden. Drum darf bei aller Freude über diese beherzten Auftritte nicht vergessen werden: Immer nur ein Zähler, das kann im Zeitalter der Drei-Punkte-Regel rasch tückisch werden. Zwei, drei Niederlagen kurz hintereinander, und man rutscht in den Tabellenkeller. Und die Erinnerung an die tollen Aufholjagden ist verblasst. Es muss mal wieder ein Sieg her.

So hoch stand Lautern trotz Unterzahl

Zu den Visualisierungen. Die xGoals-Timeline bestätigt das bislang Geschriebene. Für den FCK war durchaus ein Sieg drin, auch noch in Unterzahl.

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Die Positions- und Passgrafik des FCK. Auch die bedarf keines weiteren Kommentars. Schöne Ordnung, schöne Passvernetzung.

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Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Gastgeber. Einmal mehr bleibt für einen FCK-Gegner am Ende nur die Erkenntnis: Ballbesitz ist nicht alles.

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Und hier noch eine Grafik aus den "Wyscout"-Visualisierungen. Die durchschnittliche Aufstellungslinie über den gesamten Spielverlauf betrachtet. Da ist zu erkennen, wie hoch die Betze-Buben trotz Unterzahl bis zur Schlussviertelstunde standen. Der FCK hat in den vergangenen Monaten ja schon einige legendäre Auftritte in Unterzahl hingelegt, erinnert sei nur an die Derbys gegen Mannheim und Saarbrücken in der vergangenen Drittliga-Saison. Dieser nun darf getrost mit diesen beiden denkwürdigen Partien in einem Atemzug genannt werden.

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Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Ãœbersicht 2022/23: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage



Beitragvon MarcoReichGott » 19.09.2022, 18:43


Zwei, drei Niederlagen kurz hintereinander, und man rutscht in den Tabellenkeller.


Gut, das gilt natürlich auch für eine Mannschaft wie Düsseldorf, die genauso viele Punkte wie wir aber 3 Unentschieden weniger haben. Wenn man am Anfang der Saison nicht ganz oben steht und 2-3 mal in Folge verliert, dann steht man dann eben unten drinnen^^

Wir haben aber auf jedenfall eine Ausgangslage nun, dass wir uns eher ein weiteres Unentschieden gegen braunschweig erlauben können als diese nicht gegen uns zu gewinnen. Und das ist eine schöne Situation, die uns natürlich auch taktisch stark entgegen kommen dürfte.

Interessante Statistik zur Aufstellungslinie auf jedenfall und defintiv eine der tollsten Szenen im Spiel als wir mit 10 Leuten Heidenheim am eigenen Strafraum eingeschnürt haben. Mir hat das eh imponiert wie Schuster hier in der 2. HZ zwar positionstreu, aber tendenziell eher individuell offensiver noch gewechselt hat. Und der XG Plot unterstreicht das ja auch nochmal sehr schön, was die mannschaft da tolles geleistet hat.



Beitragvon fuxx1980 » 19.09.2022, 21:00


Was soll denn dieser Müll mit dieser xGoal Timeline?
2:1 Boyd und 2:0 Busch??!?
Und das Hinterkopfding von Boyd soll soooo eine dicke Chance gewesen sein?



Beitragvon Paul » 20.09.2022, 06:44


Also gegen eine Mannschaft wie Heidenheim, die oben angreifen möchte, war das eine Meisterleistung. Und wer sich die letzten Spiele anschaut ... das ganze kippt doch eher zu unseren Gunsten. Irgendwann werden wir belohnt für diese Leistung und Leidenschaft. Noch hatten die Gegner das Glück auf ihrer Seite, das wird nicht mehr lange halten.

Braunschweig und Regensburg sind die nächsten beiden Heimspiele, dazwischen das "Bonus-Spiel" in Hamburg (wobei wir gerade da vielleicht "leichtes" Spiel haben).

Wenn wir jetzt mit den Heimdreiern beginnen, sind wir ziemlich schnell aus allen sportlichen Sorgen raus. Und wir haben aktuell eine Truppe, die das auch zu nutzen weiß. Aber schnell schließen wir diesen vielversprechenden Ausblick und bleiben dabei. Nur an das nächste Spiel denken und alles abrufen!
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Beitragvon ExilDeiwl » 20.09.2022, 07:57


@Paul: man könnte auch entgegenhalten, dass Lautern das vielleicht nicht jedesmal schaffen wird, solche Siele wie Heidenheim, Darmstadt oder Magdeburg so phänomenal (fast) zu drehen. Denn wie wir ja alle mehr oder minder sagen: normal ist das nicht.

Ich bin megastolz auf unsere Jungs, dass die das immer wieder so hinbekommen haben und ich gebe auch zu, dass mir am Sonntag nur kurz bange war und ich nach dem 2:2 dachte, „da geht noch was“. Will sagen: ich vertraue den Jungs. Aber wie schnell kann‘s mal besch…. laufen.

Luthe hat jetzt zwar neben der Länderspielpause noch zwei Spieltage mehr Zeit, sein Herz zu schonen, aber in Summe wär’s besser, dass es gar nicht erst gestresst wird. :lol: Das Potential dürfte eigentlich da sein.

Ansonsten zur xG-Grafik nur so viel: :o
Nein, es geht mir NICHT um Hurra-Fußball!

🇺🇦 STOP WAR! FUCK PUTIN! 🇺🇦



Beitragvon Paul » 20.09.2022, 08:17


Genau. Deswegen dachte ich am Sonntag nach dem 2:1 auch, dass es das diesmal war. Und was hab ich geflucht, dass wirklich jede Einschusschance gegen uns genutzt wird. Wetten, dass dieser Busch kein weiteres Freistoßtor mehr macht!? Da kannst du schonmal verzweifeln.

Nicht aber diese Mannschaft. Sie haben mich einmal mehr eines besseren belehrt und es ist herausragend, wie wenig man da zugelassen hat. Das war ja nicht Glück, sondern bärenstark.

So wächst das Vertrauen, dass sich die Dinge immer öfter in die richtige Richtung für uns drehen. Wenn du Woche für Woche so ein Herz hast - gepaart aber auch mit richtig guter Taktik - dann wirst du belohnt. Bisher gab es, ausgenommen Sonntag, eher die Nackenschläge in Heimspielen. Das wird sich jetzt drehen.
Einzig: man darf nicht davon ausgehen, dass es so kommt, sondern man muss dafür auch weiterhin diese 100 % auf den Platz bringen.

Am Anfang der Saison hab ich geschrieben, dass du sowas nicht in jedem Spiel abrufen kannst - inzwischen bin ich anderer Meinung auch wegen der Alternativen im Kader. Diese Roten Teufel können das, auch, weil es in die Köpfe der Gegner dringt. Sowas spricht sich rum. Machen wir nach Rückstand ein Tor, fangen die anderen das große Zittern an.

Und ja, besser wäre es mal, einfach ein Spiel 2 oder 3 zu Null nach Hause zu fahren. Aber das ist nicht Betze!
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Beitragvon ExilDeiwl » 20.09.2022, 12:03


Ach, 2:1 würde mir auch schon reichen! :teufel2: Und das können wir sehr wohl.

Was ich mich die ganze Zeit frage ist, worin es begründet ist, dass wir im Gegensatz zur vergangenen Saison hinten so viel anfälliger sind. Ja, wir spielen jetzt eine Liga höher mit schwereren Gegnern. Ja, wir haben einen neuen Torwart. Doch auch wenn ich die Diskussionen um Luthe höre - nachvollziehen kann ich sie wenn überhaupt, dann nur bedingt. Der Mann ist stark! Bisher für mich nur einen krassen Fehler - und der ist diskutabel (die Notbremse - den Strafstoß gegen Darmstadt verorte ich leider nur bei Zimmer). Wenn ich betrachte, wie die Gegentreffer gefallen sind, dann waren es häufig individuelle Fehler weiter vorne (Mittelfeld) oder dass wir in der Defensive nicht so konsequent zugegriffen haben. Das liegt aber weniger (also gar nicht) am Torwart oder der Liga, in der wir spielen. Ohne dass ich gegen Schuster wettern wollte (will ich nicht, der Mann ist gut!): Aber hat Antwerpen da mehr Wert im Training auf die Defensivarbeit gelegt? Fällt mir irgendwie auch schwer, das zu glauben, denn Schuster ist ja auch nicht gerade für offensiven Hurra-Fußball bekannt, sondern eher auf eine Starke Defensive bedacht.

Ich hoffe, dass er das noch verbessern kann. Seine Spieler müssten das eigentlich können, auch konsequent durchgängig in einem kompletten Spiel.

Und dann - da stimme ich Dir zu - werden wir auch immer häufiger belohnt, ohne dass wir zuerst einen Kraftakt aufbringen müssen. Was sich nicht rumsprechen darf ist, dass der Gegner es zum Schluss doch nochmal schafft, ein Tor zu schießen, wenn wir uns gerade mühevoll zurück gekämpft haben. Die sollten lernen: der FCK kommt zurück, wenn er vermeintlich auf dem Boden liegt - und dann knockt er den Gegner aus, ohne ihm nochmals eine Chance zu bieten. Ist das zu Bayern-mäßig? Ich hoffe nicht! Ich hoffe, man erkennt das Messer zwischen den Zähnen! :teufel2:
Nein, es geht mir NICHT um Hurra-Fußball!

🇺🇦 STOP WAR! FUCK PUTIN! 🇺🇦



Beitragvon Teufelsmusiker » 20.09.2022, 18:24


@ExilDeiwel

Gute Frage zur defensiven Stabilität!

Einerseits würde ich sie schon mit der höheren Qualität in der Liga beantworten, so wie Schuster auch sagt, wird halt jeder Fehler in der 2. Liga direkt bestraft. Andererseits würde ich auch sagen, dass die Gegner (bis auf Fürth) sehr effektiv gegen uns waren. Ich erinnere mich nur an Kiel mit ihren 2 Ecken oder auch jetzt Heidenheim, mit 3 Chancen 2 Tore. Ähnlich sogar ja auch Freiburg. Deswegen würde ich auch nicht sagen, was eigentlich mein erster Gedanke war, dass die 3er/5er Kette der letzten Saison stabiler war. Außer gegen Fürth und Magdeburg fand ich uns sehr kompakt und unsere Defensivleistung im Grunde sehr stark. Anfangs waren es noch die vielen Standardtore jetzt machen die krassen individuellen Fehler den Gegner Geschenke.

Was mich sehr positiv stimmt:
Selten haben wir wirklich ein schön rausgespieltes Gegentor bekommen. Deswegen bin ich guten Mutes, dass die Jungs weiterhin fleißig aus ihren Fehlern lernen und ich würde sogar sagen, dass unsere Gegner statistisch gesehen auf Dauer nicht so effizient bleiben.

Standardgegentore haben wir schon erfolgreich ausgemerzt (Freistoß und Elfmeter vermeiden fehlt da vielleicht noch) und die individuellen Fehler werden auch bestimmt unter der Anleitung Schusters weniger.

Es gehört auch immer etwas Matchglück und auch Form dazu, aber ich bin sehr optimistisch auf Grund des gefestigten Charakters der Truppe. Klar Braunschweig punktet jetzt gut und spielt auch gar nicht Mal schlecht, geschweige denn Magdeburg, die sich tolle Chancen rausspielen, diese aber nicht nutzen. Trotzdem: wir können jeden schlagen und ich sehe vor allem eine positive Entwicklung und das Drehen an den richtigen Stellschrauben.



Beitragvon MarcoReichGott » 20.09.2022, 21:23


Das 0:1 gegen Heidenheim war eines der wenige Tore, in denen sich tatsächlich von vorne bis hinten ein bißchen die Probleme summiert haben. Tomiak spielt den falsch Pass auf Zimmer, der dann den Ball auch gar nicht mehr irgendwie bereinigt bekommt. Zuck ist auf den ersten Meter zu langsam um zu Beste aufzuschließen und gemeinsam mit Kraus schafft es beide dann nicht zumindest den Schuss zu verhindern. Das war so eine aneinanderreihung von Problemen, wo man tatsächlich auch bißchen die individuelle Qualiät bemängeln kann. Keiner macht einen riesigen Fehler, aber 4 Spieler haben halt auch die Chance es deutlich besser zu machen...

Ansonsten bekommen wir aber ja wirklich immer mal wieder Tore in gewissen Mustern, die wir bislang dann aber abstellen können. Man denke nur an die beiden Fernschüsse, weil wir keinen Druck auf den gegnerischen 10er ausüben oder die Kopfballtore nach Ecken, bei denen insbesondere Niehus einfach teils gepennt hat. Und dann naürlich auch die großen Patzer von Ritter und Zimmer, die zu den Standardtoren geführen haben.

Das sind alles völlig unterschiedliche Arten von Gegentoren und ich hoffe halt, dass wir weiter an denen arbeiten können und wir sie dann irgendwann zumindest in dieer Häufigkeit unter "Anpassungsproblemen" abhaken können. An der grundsätzlichen Arbeit gegen den Ball liegt es auf jedenfall nicht, da stehen wir stabil und meist auch in den Zweikämpfen recht solide. Und es ist jetzt auch nicht so als würden wir wir ausgekontert werden nach Ballverlusten, weil die REstverteidigung nicht gut wäre.



Beitragvon Kohlmeyer » 03.10.2022, 13:38


Hier kommt unsere Taktik-Analyse zum Spiel gegen Braunschweig:

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Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-BTSV
Die DBB-Analyse: Dominant, aber nicht erfolgreich

Das 1:1 gegen Eintracht Braunschweig markiert für den 1. FC Kaiserslautern das fünfte Remis in Folge. Diesmal aber war es kein moralischer Sieg. Obwohl erneut als "Comebacker" erfolgreich, haben die Lautrer zwei Punkte liegengelassen.

Außer dem ersten Startelfeinsatz für Keeper Avdo Spahic, der den rotgesperrten Andreas Luthe ersetzte, bot die Partie noch eine weitere Saisonpremiere: Nach dem Abpfiff verzeichneten die Roten Teufel erstmals mehr Ballbesitz als der Gegner. Knapp 53 Prozent gibt "Wyscout" an, "sofascore" meldet sogar 55 Prozent.

So dramatisch muten diese Zahlen nun auch nicht an, werden manche jetzt sagen und ergänzen: Gegen diese Gegner blieb ja auch gar nichts anderes übrig, als den Ball zu fordern. Schließlich weist die Statistik ja auch die Niedersachsen als überzeugte Ballbesitzverweigerer aus. Und die Betze-Buben spielten vor eigenem Publikum. Da kamen sie ja nicht umhin, die Initiative zu ergreifen.

Ballkontrolle statt Langholz: Weiterentwicklung gewünscht

Demnach also hätte der veränderte Spielstil, der über weite Phasen des Spiels zu erkennen war, also vor allem aus dem Gebot der Stunde resultiert. Möglicherweise aber deuteten diese Szenen auch an, dass sich das FCK-Team sich in dieser Richtung noch weiterentwickeln will. Zeitweise sah es sogar richtig gut aus, wie es versuchte, sich den Gegner mal mit Passstafetten über zehn, zwölf Stationen zurechtzulegen, statt früh den langen Ball auf Wandspieler Terrence Boyd zu schlagen.

Sicher, in Ansätzen war dies auch schon in vorangegangenen Partien immer mal zu sehen, aber noch nie so lange und so intensiv wie in dieser. Insbesondere in der Anfangsphase und nach der 79. Minute, als Dirk Schuster mit einem Dreifach-Wechsel die Ordnung ins Spiel zurückbrachte, die in den Minuten zuvor verloren gegangen war: Mike Wunderlich kam für den angeschlagenen Marlon Ritter, Hikmet Ciftci ersetzte Julian Niehues und Lex Tyger Lobinger Kenny Redondo.

Passstafetten sind schön anzuschauen, aber über Ecken geht mehr

In der Nachspielzeit wäre das gepflegte Passspiel sogar fast gekrönt worden. Lobingers letzte Einschusschance resultierte aus einem über den linken Flügel vorgetragenen Kombinationsangriff über Philipp Klement und Hendrick Zuck - und aus einem energischen Nachsetzen Zucks, der an einen bereits verloren gegangenen Ball noch mal den Fuß dranbekam und ihn zu Lobinger abfälschen konnte. Leider parierte Eintracht-Keeper Jasmin Fejzic einmal mehr großartig.

Es lässt sich aber ebenfalls nicht leugnen: So richtig durchschlagend funktionierte das Sich-Zurechtlegen des Gegners noch nicht. Die guten Torchancen des FCK resultierten hauptsächlich aus Ecken. So etwa Boris Tomiaks erster Kopfballversuch in der 9. Minute, den Braunschweigs Robin Krauße von der Linie kratzte. Ebenso der zweite, als Klement eine zu kurz abgewehrte Ecke noch einmal Richtung langes Eck chippte und Tomiak abermals an Krauße scheiterte. Die dritte Kopfballchance Tomiaks nach Klement-Ecke war dann drin: Sie markierte den 1:1-Ausgleich nach 55 Minuten.

Ärgerlich: der Gegentreffer - und Boyds Großchance

Drei Minuten zuvor hatte Lion Lauberbach die Gäste in Führung gebracht. Zuvor durfte Krauße unbedrängt durchs Mittelfeldzentrum marschieren und seinen halblinks am Sechzehner lauernden Stürmer aus dem Zehnerraum anspielen - nicht der erste Gegentreffer dieser Saison, den die Roten Teufel auf diese Weise kassierten. Und das ist einfach nur ärgerlich.

Kurz vor dem Ausgleich hatte Anthony Ujah ein Hinterhaltsgeschoss Zucks nach zu kurz abgewehrter Klement-Ecke vor der Torlinie geblockt. Und Boyds Großchance in der 63. Minute ergab sich ebenfalls nicht aus gepflegter Ballzirkulation. Julian Niehues gewann ein Kopfballduell nach einem Abschlag Fejzics und lenkte den Ball zu Jean Zimmer, der direkt den durchstartenden Boyd bediente - ob ihm Ballmitnahme und Abschluss auf trockenem Geläuf besser gelungen wäre als auf dem vom Dauerregen durchtränkten Rasen? Müßig zu diskutieren. Jedenfalls war Fejzic wieder mal Endstation.

Sieh an: "De Betze" und der VAR schließen Freundschaft

Sich Chancen durch "Bespielen" eines tief stehenden Gegners zu kreieren, darf also noch ein wenig geübt werden. Wobei auch die konventionell geschaffenen Einschussgelegenheiten locker gereicht hätten, die Partie zu entscheiden. Konstatiert werden muss aber auch: Ohne VAR hätte der FCK dieses Spiel möglicherweise verloren. Klements Platzverweis in der 71. Minute wäre niemals zurückgenommen worden. So aber ließ Schiedsrichter Robert Schröder sich nach bereits gezückter Roter Karte vom VAR überzeugen, dass Gelb genügen würde. Das hat man am Betzenberg auch noch nicht gesehen. Den VAR gibt’s ja auch erst seit fünf Jahren, und in vieren davon spielte der FCK 3. Liga, wo er nicht eingesetzt wird.

Philipp Klement: Nach vier Wochen bestens integriert

Apropos Klement: Lauterns Sommerschluss-Einkauf war der Mann mit den meisten Ballkontakten auf dem Platz, 75 an der Zahl. 84 Prozent Passquote, neun Flanken, von denen vier ankamen, fünf "Key Passes", also Zuspiele, die unmittelbare Einschussmöglichkeiten kreieren. Das kann sich sehen lassen.

Mit seiner Integration hat sich allerdings auch die Grundordnung im FCK-Spiel ein wenig geändert. Gegen den Ball formiert sich das Team nun meistens in einem 4-1-4-1. Bei eigenem Ballbesitz lässt Klement sich fallen, um sich im Sechserraum, halblinks oder sogar zwischen den Innenverteidigern fürs Aufbauspiel anzubieten, während Ritter die Anspielstation weiter vorne, zwischen den gegnerischen Linien, bildet.

Hier mal die "Heatmap" von Klement, entnommen bei "sofascore." Der Last-Minute-Neuzugang war so ziemlich überall auf dem Platz unterwegs, in der Schlussphase allerdings fast nur noch links, daher rührt auch der rote Spot auf dieser Seite.

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"Man of the Match"? Für uns heißt er Tomiak

Spieler des Tages ist für uns allerdings Boris Tomiak, und das nicht nur wegen seiner permanenten Torgefährlichkeit nach Ecken, aus der auch der Ausgleichstreffer resultierte. Gewohnt zweikampf- und kopfballstark, entwickelt sich der 24-Jährige ebenso spielerisch zunehmend weiter. Mit 91 Passquote übertrumpft der Innenverteidiger seinen erfahrenen Nebenmann Kevin Kraus (80 Prozent) mittlerweile locker. Und sonst?

Von 0:0 bis 4:4 hat der FCK in den vergangenen fünf Partien nun alle denkbaren Remis-Resultate durchgespielt. Und er hat erneut einen Rückstand egalisiert. Im Gegensatz zu den Unentschieden gegen Magdeburg, Darmstadt und in Heidenheim kann dieses aber nicht als "moralischer Sieg" angesehen werden.

Diese drei Punkte nicht geholt zu haben, ist nicht nur angesichts des Spielverlaufs ärgerlich, sondern auch angesichts der kommenden Auswärtsaufgabe beim Spitzenreiter Hamburger SV. Im Fall einer Niederlage wird der Weg in den Tabellenkeller zum ersten Mal in dieser Saison kürzer erscheinen als der nach oben. Und damit dürfte auch die Komfortzone verlassen werden, in der sich Team und Anhang bislang so wohlfühlten.

xGoals bestätigen: Dieses Spiel hätte gewonnen werden müssen

Zu den Grafiken. Ein xGoals-Ergebnis von 1.85 : 069 bei "11tegen11", "bundesliga.de" hat sogar eines von 2.06 : 0.71 errechnet. Das bestätigt: Dieses Spiel hätte gewonnen werden müssen.

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Die Positions- und Passgrafik. Dokumentiert das neue Nebeneinander von Klement und Ritter, zeigt aber auch, dass Zimmer besser im Spiel war als Redondo, sein Gegenüber auf der linken Seite. Insgesamt aber sind Verteilung und Passvernetzung schön anzuschauen.

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Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Gäste. Demnach war deren angebliche Dreierkette eigentlich mehr eine Viererkette.

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Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Ãœbersicht 2022/23: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage



Beitragvon kl_trott » 03.10.2022, 14:23


Mal wieder danke für die Analyse!

Wie wichtig Klement schon ist, wird wahrscheinlich erst mal so richtig ersichtlich wenn er fehlt. Den kannst du um 4 Uhr in der Nacht einen Ball vor's Bett rollen ohne zu rufen, er wird ihn sauber verarbeiten und weiter geben.

Ich dachte inzwischen schon fast, ich hatte als einziger ein gutes Spiel von Zimmer gesehen, vor allem taktisch stets richtig verhalten. Die Grafiken belegen das, generell war Braunschweigs linke Seite abgemeldet und (neben ein paar missglückten Risikopässen) lag es lediglich am Abschluss, dass er keinen Assist gesammelt hat.

Im Gegensatz dazu war Ritter nicht gut drauf und hat am Ball, insbesondere in Halbzeit eins, fast nur Fehlentscheidungen getroffen.
Auch wäre es wohl am ehesten sein Job (oder Klement), die 6 einzunehmen, wenn Jule in des Gegners Hälfte beim Schiri steht...

Insgesamt aber eine gute Mannschaftsleistung, der Ball wollte einfach nicht rein, so Tage gibt's. Zu Boyd: Das Zuspiel musst du mit so vielen Kilometern in den Beinen überhaupt erstmal so annehmen ohne Krampf :) War auch gut gemacht vom Keeper.

Haben auch hinten raus zwar klar den Willen zum Sieg gezeigt, sind aber nicht blind angerannt. Die Truppe ist inzwischen richtig angekommen in der Liga, bin trotz der vielen Unentschieden gerade tiefenentspannt.

Nächste Wochenende können wir nur gewinnen!



Beitragvon Teufelsmusiker » 03.10.2022, 14:44


Danke für die Analyse! Auch für deine kl_trott! Dem ist von meiner Seite aus nichts hinzuzufügen



Beitragvon BetzeBoss » 03.10.2022, 15:29


Danke für die Analyse.

Hab erstmals diese Saison ein Spiel live vor Ort verfolgen können. War dann auch gleichzeitig das erste Betze-Erlebnis meines Sohnes. Hätte mir vor diesem Hintergrund natürlich umso mehr einen Sieg gewünscht. Aber hey: Spannendes Spiel und gute Stimmung haben auch ihren Eindruck hinterlassen!

Vor allem 3 Spieler sind mir aufgefallen, die meiner Meinung maßgebend dafür sind, dass unser Aufbauspiel aktuell so aussieht wie es aussieht.

1) Niehues: Hat defensiv wieder ein solides Spiel abgeliefert, aber er hat (noch) nicht das Auge für den Aufbau. Oft stand er, während seine Mitspieler angelaufen wurden, daneben und hätte eigentlich als Anspielstation dienen können/müssen, was wiederum schöne Räume geöffnet hätte. Beispielsweise, wenn der Ball zuvor auf Ritter/Durm/Zimmer auf rechts nach vorne getrieben wurden. Aber warum wird er nicht angespielt? Grund 1) Körpersprache: Er wirkt recht zögerlich, läuft gebückt, fordert nicht den Ball. Das wirkt sich auf die Wahrnehmung der Mitspieler aus, die lieber nochmal abdrehen, weil sie vielleicht unterbewusst davon ausgehen, dass er nicht angespielt werden will, weil z.B. ein Gegner auf ihn zuläuft (was aber nicht der Fall war). Grund 2) Er beobachtet mehr als dass er in den freien Raum läuft. Vielleicht seiner Aufgabe geschuldet, hinten abzusichern. Vielleicht hat es was mit mangelndem Spielverständnis zu tun. Fakt ist aber: er fehlt im Spiel nach vorne, wenn es wichtig ist und mal schnell gehen muss.

2) Zimmers falsche Entscheidungen: Zimmer hat meiner Meinung nach ein gutes Spiel gemacht. Da sind mal 2 unsaubere Pässe dabei, auch der total überhastete Katastrophenschuss, wo so viel mehr drin war. Aber immerhin bietet er sich an. Er versucht mal was. Er ist anspielbar. Leider fehlt ihm etwas das Tempo, was ihn als Außenspieler ohne besondere 1:1 Qualitäten sehr limitiert.

3) Diese Qualitäten hat theoretisch Redondo. Wieso "theoretisch"? Weil er quasi nicht anspielbar ist. Erstmals konnte ich auch das von Schuster oft gepriesene "er nutzt sein Tempo nicht. Er bricht seine Sprints ab" erkennen. Es gab 2-3 Situationen, da wurde der Ball von mitte/rechts auf die linke Seite getragen und eine Überzahlsituation geschaffen, wo Redondo die Abwehr durch einen schnellen Sprint richtig in Bedrängnis hätte bringen können. Der jeweilig ballführende Rote Teufel hat den Pass vorher ein paarmal mit Schusstäuschungen andeuten müssen, bis Redondo gemerkt hat, dass er laufen muss. Dann war es leider zu spät. Er hat sich währenddessen hinter dem Gegenspieler stehend als Passstation "angeboten". Wenn er den Ball mal hatte, hat er es prinzipiell nicht schlecht gemacht, bestimmt 2mal ne Ecke rausgeholt. Mehr aber auch nicht. Und das reicht leider nicht. Ich bin gespannt, ob Opoku nächste Woche spielt und Redondo als Einwechselspieler kommt (das ist meiner Meinung die beste Rolle für ihn... und das meine ich nicht gehässig, sondern das ist ja auch eine Qualität, die wichtig ist.)



Beitragvon Kohlmeyer » 09.10.2022, 12:26


Hier kommt unsere ausführliche Taktik-Nachlese zum Spiel beim HSV:

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Taktik-Nachlese zum Spiel HSV-FCK
Die DBB-Analyse: Einfach nur klasse

Mit dem 1:1 beim Hamburger SV darf der 1. FC Kaiserslautern der Liste seiner glorreichen Unentschieden ein weiteres hinzufügen. Es gab zwar nur zwei Tore zu sehen, dafür aber die bislang stärkste Saisonleistung über 90 Minuten.

Dieses Spiel lässt sich wie kaum ein anderes in mehrere Abschnitte gliedern, von denen jeder einzelne seine besondere Eigenheiten aufweist:

Phase Idauerte vom Anpfiff bis zum Führungstreffer der Hamburger in der 24. Minute. Lautern demonstrierte, wie sich eine Partie auch ohne Ball kontrollieren lässt. 84 Prozent Ballbesitz verzeichneten die Gastgeber in diesem Zeitraum - und was machten sie daraus? Grad mal gar nix.

Die erste große Torchance des Spiels kreierte der FCK: Langer Ball auf Terrence Boyd, der abgewehrt, aber noch in Gegners Hälfte zurückerobert wird. Philipp Klement marschiert durch den Zehnerraum, passt halbrechts auf Marlon Ritter. Der flankt auf Boyd, der frei aus sieben Metern keinen wuchtigen Kopfball hinbekommt. Links war Hendrick Zuck eingelaufen und hätte mit seinem starken Fuß abziehen können, hätte Klement ihn statt Ritter angespielt. Aber wäre das tatsächlich die bessere Option gewesen? Müßig zu diskutieren.

FCK erstmals mit Dreierkette vom Start weg: HSV ist ratlos

Den größten Teil der hanseatischen Ratlosigkeit dürfte die Formationsänderung bewirkt haben, die Dirk Schuster in seiner Startelf vorgenommen hatte. Erstmals in dieser Saison begannen die Roten Teufel in einem 3-4-1-2. Robin Bormuth komplettierte die Dreierkette um die etatmäßigen Innenverteidiger Kevin Kraus und Boris Tomiak.

Wobei die Anordnung zeigte, welchem Flügel des Gegners Schuster den größeren Respekt entgegenbrachte. Mit Boris Tomiak übernahm sein schnellster Innenverteidiger die linke Seite, um Hamburgs Rechtsaußen Bakery Jatta zu stoppen. Erik Durm und Zuck besetzten die Außenbahnen, sodass Kapitän Jean Zimmer auf der Bank Platz nehmen musste. Klement agierte auf der Zehn und Kenny Redondo rückte zu Boyd in den Sturm auf. Dort bildete er mit diesem im Spiel gegen den Ball noch vor der Mittellinie einen zweiten Störfaktor, der die Hamburger ziemlich nervte.

Dennoch: HSV hat eine erste Gelegenheit - und trifft prompt

Doch wie es halt so geht im Fußball: Irgendwann kamen die Gastgeber dann doch zu einer ersten Gelegenheit - und nutzten diese direkt. Eingeleitet wurde sie durch einen Flankenwechsel auf den linken Flügel, wo Sonny Kittel sich wesentlich besser in Szene setzte als Jatta auf der Gegenseite. Er schlenzte vom Strafraumeck halbhoch auf den langen Pfosten, Andreas Luthe wehrte das Leder ab, aber HSV-Mittelstürmer Robert Glatzel vor die Füße, der vollstreckte. Zumindest nach offizieller Darstellung. Strenggenommen war’s ein Eigentor, weil Glatzels mehr gestolperter als geschossener Ball wahrscheinlich nicht einmal ins Netz gegangen wäre, hätte Luthe ihn nicht noch einmal mit der Hacke abgefälscht.

Und wer hat Schuld? Luthe - weil er den Ball nicht festhalten konnte? Eher schon Durm, der Kittel zu viel Raum zum Flanken ließ. Also wieder mal ein individueller Fehler, mit dem sich der bis dato vorbildlich konzentriert arbeitende Defensivverbund um den Lohn seiner Mühe brachte? Auch wenn es in Spielanalysen nicht gerne gesehen ist: Manchmal darf man auch einfach nur von Pech reden.

Erst recht, wenn man an den finalen Gegentreffer beim 4:4 gegen Magdeburg denkt, wo ein von Luthe abgewehrter Ball von Tomiaks Rücken ins eigene Netz abprallte. Ein gewisser Gerry Ehrmann behauptete am Samstag in der Zeitung mit den großen Buchstaben, der bislang so gut positionierte Aufsteiger aus Kaiserslautern hätte bislang sogar "mehr Pech als Glück" gehabt. Der Mann hat einfach nur recht.

Hier schon mal die Timeline der Ballbesitzverteilung über 90 Minuten, entnommen bei "Wyscout". Sie zeigt, wie dominant der HSV in der Anfangsphase war, ohne ernsthaft was draus machen zu können.

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Bis zur Pause kam die rechte Seite besser ins Spiel

Phase IInahm den Rest der ersten Hälfte in Anspruch. Der FCK änderte nach dem Rückstand an seiner Spielanlage nichts Grundlegendes. Die Rothosen hatten immer noch zwischen 59 und 65 Prozent Ballbesitz, aber die Roten Teufel pressten nun intensiver und verzeichneten pro Minute ebenso viele Balleroberungen wie die Norddeutschen. Und sie machten mehr draus, insbesondere über die rechte Seite.

Höhepunkt war ohne Frage kurz vor der Pause die Chance Redondos, die Tomiak, Ritter und Durm mit einem Flankenlauf einleiteten. Redondos aus halbrechter Position abgefeuerter Schuss nahm seinen Weg jedoch zwischen dem langen Pfosten und den Füßen des freistehenden Boyd hindurch. Zuvor schon war Boyd ein Drehschuss verunglückt, den Zuck mit Direktabnahme und Ritter mit einem gut getimten Flankenwechsel vorbereitet hatten.

Zum Beleg hier die Wyscout-Timelines der Pressingintensität und der Balleroberungen pro Minute.

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So geht’s auch: Tief stehen und trotzdem gefährlich sein

Phase III markiert die erste Viertelstunde der zweiten Halbzeit, die vielleicht kurioseste des ganzen Spiels. Denn die Schuster-Jungen standen trotz Rückstand plötzlich so tief, wie sie das ganze Spiel hindurch nicht mehr stehen würden. Operierten fast nur noch mit langen Bällen, hatten in diesem Abschnitt aber ihre besten Torchancen des ganzen Spiels. Einmal durch Boyd, der einen Stolperer von Rechtsverteidiger Moritz Heyer zum Ballgewinn nutzte und allein auf HSV-Keeper Matheo Raab zulief.

Der Ball ging jedoch am langen Pfosten vorbei. Weil Raab ihn abgefälscht hatte. Ecke gab es aber dennoch nicht, weil Raab "nicht ganz fair" war und auf Schiri-Nachfrage leugnete, das Leder noch erwischt zu haben, wie er später verschämt lächelnd vor der TV-Kamera einräumte.

Apropos Raab: Der einstige Lautrer Aufstiegsheld durfte sein erstes Zweitliga-Spiel im Tor des HSV bestreiten, nachdem Stammkeeper Daniel Heuer Fernandes kurzfristig erkrankte. Und er machte seine Sache gut, bewies vor allem, dass er ein ebenso gut mitspielender Torsteher ist wie die etatmäßige Nummer 1.

Zum Beleg hier die Timeline, die belegt, wie sich die Aufstellungslinien über 90 Minuten verschoben.

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Hamburgs Albtraum: Sie nannten ihn El Luthe

Phase IV dauerte von der 60. bis 80. Minute und lässt sich am besten mit "Die große Zeit des Andi Luthe" betiteln. Der HSV hatte zwar immer noch mehr Ballbesitz, kam nun aber vorzugsweise über Umschaltsituationen zu Chancen. Und immer wieder hieß die Endstation Luthe. Ob bei einem 16-Meter-Rohr von Laszlo Benes, einem Schuss Glatzels aus halblinker Position oder einer Einschussgelegenheit, die sich der eingewechselte Ransford-Yeboah Königsdörffer auf der gegenüberliegenden Seite erlief. Und einer weiteren Kopfballchance Glatzels, die Luthe gerade noch mit flachen Hand von der Torlinie schlagen konnte.

Höhepunkt war aber natürlich der gehaltene Elfmeter von Kittel in der 81. Minute. Den hatte Schiedsrichter Robert Hartmann nach Konsultation des Videoassistenten gepfiffen, nachdem Julian Niehues Ludovit Reis zu Fall gebracht hatte. <a href="https://www.der-betze-brennt.de/news/14520-werbung-fuer-den-fussball-fck-feiert-punkt-in-hamburg.php">Luthe ahnte, dass Kittel halbhoch würde schießen wollen</a>, hatte aber nicht geraten, sondern sich einfach gut vorbereitet, wie er später im Interview verriet. Er wusste, dass Kittel diese Seite bevorzugt, "normalerweise schießt er aber höher, deswegen bin ich auch hoch abgesprungen."

Ein 2:0 zu diesem Zeitpunkt hätte die Partie wohl entschieden. So aber blieb der FCK im Spiel - und markierte nur 53 Sekunden später den Ausgleich.

Der Ausgleich: Der Joker trifft

Bei Phase Vkann man nun darüber streiten, ob diese nicht vielleicht schon in der 76. Minute mit der Einwechslung Aaron Opokus begann. Der kam für Durm und besetzte zunächst mal dessen rechte Außenbahn. Zehn Minuten später, als Schuster Zimmer für Redondo brachte, rückte der Debütant in den Sturm auf und gab Kostproben seiner enormen Schnelligkeit. Unmittelbar nach seiner Einwechslung aber fügte er sich erstmal mit einer präzisen Rechtsflanke auf Tyger Lobinger ein, der bereits in der 65. Minute für Boyd gekommen war. Der Joker erwischte den Ball jedoch nicht richtig.

Dafür war er in der 82. Minute zur Stelle. Nach einer flachen Flanke von Redondo, der sich auf der linke Seite gegen Heyer durchgesetzt hatte.

Überhaupt ist es auffallend, wie dieser Tabellenführer sich über seine Außenverteidiger knacken lässt - und dass, obwohl er mit nunmehr sieben Gegentreffern immer noch die beste Abwehr der Liga stellt.

Hier mal eine Wyscout-Grafik, die die Gefährlichkeit der Angriffe über die Flügel dokumentiert. Sie spricht klar für Lautern. Obwohl der HSV auf dem Papier mit einem 4-3-3 mit echtem Außenstürmer agierte, der FCK dagegen in einem 3-4-1-2 mit nur einfach besetzten Außenbahnen.

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In den Minuten nach dem Ausgleich sah es dann sogar noch ein paar Minuten aus, als würden die Gastgeber nach diesem Wirkungstreffer taumeln und die Gäste noch einmal die Oberhand gewinnen.

Bei aller Freude: Gegen Regensburg muss mal wieder ein Sieg her

Phase VI bildet die Nachspielzeit. Wegen diverser Unterbrechungen gab es am Ende noch sieben Minuten obendrauf. In diesen berappelten sich die Hamburger nochmal und die Lautrer standen vielleicht einen Tick zu tief. Das aber ist nun Meckern auf hohem Niveau. Insgesamt war es ein klasse Spiel von beiden Seiten.

Für die Männer in Rot war es nunmehr das siebte Unentschieden im elften Spiel. Und das sechste in Folge. Vier davon - das 4:4 gegen Magdeburg, das 3:3 gegen Darmstadt, das 2:2 in Heidenheim und nun dieses - dürfen als höchst ehrenwert für den Aufsteiger angesehen werden. Es muss aber auch gesagt werden: Sechs Remis in Serie bedeuten auch sechs Spiele ohne Sieg. Diese Serie darf gegen Jahn Regensburg kommenden Sonntag gerne beendet werden.

Das xG-Ergebnis: Der Elfer macht es krasser, als es war

Zu den übrigen Grafiken. "Wyscout" und "11tegen11" nennen ein xGoals-Resultat von 2.94 : 1.12 zugunsten des HSV."Bundesliga.de" hat mit Opta-Daten ein 2.54 : 1.79 errechnet. Das klingt zurecht freundlicher, auch wenn Kittels Elfmeterchance sicher hoch bewertet werden muss. Lautern hat innerhalb des Strafraums aber immerhin genauso viele Torschüsse abgegeben wie die Gastgeber. Und das mit insgesamt nur 29 Prozent Ballbesitz.

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Die Positions- und Passgrafik: Nur kleine Spots diesmal, die belegen den wenigen Ballbesitz. Positionsverteilung und Vernetzung sehen dennoch ordentlich aus.

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Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Hamburger: Interessant: die Flügelstürmer spielen ihren Mittelstürmer eher selten an. Der bekommt seine Unterstützung meist aus dem Dreier-Mittelfeld.

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Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

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- Saison-Ãœbersicht 2022/23: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage



Beitragvon Ke07111978 » 10.10.2022, 11:20


Sehr gute Zusammenfassung. Grundlage des Erfolg war sicherlich die Umstellung auf Dreierkette, die es ermöglicht hat, die starken HSV Außen fast komplett aus dem Spiel zu nehmen. Die Mannschaft hat sich damit sichtlich wohl gefühlt und Klement war nicht nur spielerisch sondern auch kämpferisch stark. Ich hoffe, dass wir die Formation gegen Regensburg beibehalten und ggf. sogar wieder mit Klement Ritter und Wunderlich im Mittelfeld anfangen. Zu Boyd ist zu sagen, dass er sich gegen den m.E. besten IV der Liga echt aufgerieben hat. Respekt. Vuskoic bringt halt auch 1,90 und 85kg mit - und ist erst 19... der wird nicht mehr lange beim HSV spielen.

Opoku war die Nervosität anzumerken, insbesondere nach dem er in seiner zweiten Aktion im Dribbling hängen bleibt und Reis quasi im Gegenzug durchbricht (die Aktion vor dem Elfer). Aber wir werden seine Qualitäten als Dosenöffner in den kommenden Spielen noch brauchen - und wer ins Dribbling geht, kann halt auch mal den Ball verlieren - aber Flanken aus dem Halbfeld die am Samstag auch häufig geschlagen wurden sind eben selten erfolgreich.

Wie gesagt, taktisch war das der richtige Schritt: Nicht desto trotz, werden die nächsten 4 Spiele allesamt ganz eklig. Hier gilt es ruhig zu bleiben.



Beitragvon Teufelsmusiker » 10.10.2022, 12:41


Würde mich auch freuen Wunderlich, Klement und Ritter zusammen mit einer 5er Kette zu sehen. Niehues spielt zwar gut und die Entwicklung ist wirklich ansprechend, aber vielleicht auch dann besonders wertvoll wenn wir ihn im Laufe des Spiels reinbringen, um eine Führung zu verteidigen. Im Sturm hat das Redondo stark gemacht, aber in der Doppelspitze hatte Hanslik vielleicht seine besten Spiele, also wäre für mich auch eine Option, gerade für das Anlaufen in der ersten Reihe. Redondo dann als frischer Einwechselspieler auch sehr wertvoll.



Beitragvon Hessischer Aussenposten » 10.10.2022, 13:30


Ist es nicht herrlich, in allen Mannschaftsteilen mal wieder nahezu gleichwertige Alternativen im Kader zu haben? Wann hatten wir das zuletzt? Nach meiner Einschätzung in der Saison 2010/2011. Lang ist's her.

Und am Samstag hat man mal wieder in einigen Situationen die ganz spezielle Extraklasse von PK10 gesehen: Er bleibt auch unter hohem Druck und Stress nahezu immer in Ballbesitz bzw. bringt auch dann den Ball so an den eigenen Mann, dass der ihn schnell verarbeiten kann.

Mein Fazit: Ich gucke der Mannschaft unglaublich gerne beim Fußballspielen zu. Die 90 Minuten plus x gehen immer wie im Flug vorbei und man freut sich schon wieder auf den nächsten Kick.

Aktuell könnte auch ein gutes Zeitfenster sein, um mit den betreffenden Kandidaten in Gespräche über eine mögliche (vorzeitige) Vertragsverlängerungen einzusteigen, um diese dann in der WM-Pause evtl. schon vertraglich einzutüten.

Nicht, dass uns Mitte der Rückrunde wieder unsere Korsettstangen abhanden kommen... :teufel2:
Gruß vom HAP
"... Von dem Angebot (von Preston North End) hätte ich damals halb Vogelbach kaufen können. ... Ich weiß, das versteht heute niemand, dass ich nicht gewechselt habe. Aber ich hätte sogar Geld gezahlt, um in Kaiserslautern spielen zu dürfen." (FCK-Legende Horst Eckel)



Beitragvon leichte_feder » 11.10.2022, 15:30


Wollte mal KK erwähnen.
Der hat letzte Woche den Ujah und dieses WE den Glatzel fast komplett aus dem Spiel genommen - und fällt damit nicht (positiv) auf. :daumen:
Was wurde über den in der 3. Liga geschimpft (packt es nicht in der 2., ist zu langsam usw.). Ich bin froh, dass er bei uns ist - und hoffentlich noch eine Weile bleibt.
Genau wie bei HZ. 3. Frühling und so... :daumen:
Und Redondo kommt in der 2. Liga auch besser zurecht als in der 3.
Am liebsten ist mir, dass KEINER in der Winterpause geht, um mehr Spielanteile zu bekommen.
Wir hatte mit Verletzungen bisher sehr viel Glück. Das kann auch ganz schnell mal anders rum sein. Und dann bin ich mehr als happy wenn wir Wunderlich, Hanslik, Ciftci und auch Schaad und Klingenburg noch haben...

Jetzt am WE den 3er und ich bin wieder tiefenentspannt :teufel2:
In den 70ern konnte ich mir nicht vorstellen, daß
1. die Mauer fällt und
2. der 1.FCK jemals wieder Deutscher Fußballmeister wird.
Inzwischen wollen einige erneut eine Mauer bauen und bei 2. bin ich weiter weg als damals...
Geschichte kann sich wiederholen? Wir arbeiten dran...:teufel2:




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