Neuigkeiten und Pressemeldungen zum 1. FC Kaiserslautern.

Beitragvon Bitzki61 » 16.08.2022, 11:57


Ich sehe wie meine Vorschreiber einen Mangel im Spielaufbau durch die Mitte. Deswegen würde ich Ritter gerne mal auf der Wunderlich-Position sehen. Für Ritter dann Ciftci auf der 6 vor Niehues. Ciftci kann die Bälle durch die Mitte und er kann, wenn es notwendig ist, Raum mit dem Ball am Fuß gewinnen.



Beitragvon MarcoReichGott » 16.08.2022, 12:34


reklov hat geschrieben:Den xG-Plot kann ich nicht nachvollziehen.


Der xG Plot berücksichtig nicht was man aus einer Situation noch machen kann, sondern rein die Situation beim Abschluss. Und während der Kopfball von Paderborn am 5 Meterraum beim leeren Tor standfand, schließt halt Boyd aus 20 Metern ab während der Torwart da bereits wieder im Kasten steht. Dass wir in Halbzeit 1 insgesamt die größeren Chancen hatten, sollte aber klar sein. Wir haben nur zu wenig aus den Spielsituationen gemacht.



Beitragvon Ke07111978 » 16.08.2022, 13:34


Bei der XG Graphik wird meines Wissens die Wahrscheinlichkeit gewertet mit der aus vergleichbarer Position ein Tor geschossen wurde. Einfluss haben diverse Faktoren wie Position auf dem Feld. Anzahl der Spieler zwischen Tor und Schütze, Winkel zum Tor etc. Der Kopfball von Tomiak ging zwar an die Latte - die Wahrscheinlichkeit ein Tor zu machen war aber geringer als bei der Großchance von Platte. Da wir ab der 45. quasi keine Torchance mehr hatten, Paderborn aber schon kann man den Wert schon nachvollziehen. Sowohl die Möglichkeit nach dem Freistoß als auch das Tor selbst sind nahezu hundertprozentige Chancen mit einem entsprechend hohen Wert.

Die Statistiken aus der Hinrunde letztes Jahr zeigen häufig einen hohen xG Wert für den FCK - aber erreicht durch viele Chancen mit geringer Wahrscheinlichkeit. Das waren dann die Spiele wo man sich fragt: Warum haben wir die verloren. Schön zu sehen auch bei dem Spiel gegen St. Pauli. Die hatten 11 Chancen, wir hatten 5 - aber eben deutlich bessere.



Beitragvon Briggedeiwel » 16.08.2022, 18:24


Haben wir nicht vielleicht sogar einen ordentlichen Passgeber im Kader?

Ich könnte mir Zuck gut als diesen Vorstellen. Vielleicht auch Zimmer? Der hat doch des öfteren mit guten Pässen Hercher in Szene gesetzt. Spielt einer der beiden Zentral ist auf den Außen auch wieder Platz für Hecke. Eventuell kann Ritter ja sogar auf der anderen Seite den Flügel besetzen?
Nie mehr Feng Shui!



Beitragvon Kohlmeyer » 22.08.2022, 14:40


Hier kommt unsere Taktik-Nachlese mit xG-Grafiken zum Spiel in Fürth:

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Taktik-Nachlese zum Spiel Fürth-FCK
Die DBB-Analyse: Erst Chaos, dann Charakter

Eine Halbzeit lang fast alles falsch, eine fast alles richtig gemacht - wie kann das sein? Dieser Frage sollte der 1. FC Kaiserslautern nach dem 3:1-Auswärtssieg bei der SpVgg Fürth mal auf den Grund gehen. Schon den eigenen Nerven zuliebe.

Sie kamen mit den Umstellungen nicht zurecht, dürfte sich als erste Erklärung anbieten. Bekanntlich musste Trainer Dirk Schuster erstmals in dieser Saison seine Abwehrformation ändern, nachdem Linksverteidiger Hendrick Zuck nach seiner Roten Karte in der Vorwoche gegen den SC Paderborn ausfiel. Aber, mit Verlaub: Schuster zog Verteidiger Erik Durm von der rechten auf die linken Seite. Der Pirmasenser ist einst bei Borussia Dortmund auf dieser Position Nationalspieler geworden. Welche Probleme sollte er damit haben?

Vor Durm agierte diesmal Kenny Redondo statt Daniel Hanslik, möglicherweise, weil Schuster auf ein wenig mehr Speed als zuletzt setzen wollte. Auch nichts Ungewohntes, das ist die angestammte Seite des Linksfüßlers. Rechts bildeten Jean Zimmer und Philipp Hercher ein Pärchen, das sich ebenfalls schon lange kennt. Dazu operierte der FCK tief stehend in einem 4-2-3-1, wie schon in den Spielen zuvor. Geschlossen gegen den Ball zu verschieben, hätte eigentlich kein Hexenwerk sein dürfen. Hätte.

Fürther Chancenflut in Hälfte eins: Ein 4:0 wäre möglich gewesen

Sollen wir allen Ernstes nochmal aufzählen, was der FCK seinen Gastgebern in den ersten 45 Minuten alles gestattete? Den Führungstreffer etwa, der ein wenig an dem Gegentreffer aus dem Paderborn-Spiel erinnerte, als sich der Gegner auf der zahlenmäßig eigentlich ausreichend besetzten linken Abwehrseite durchsetzte und flach in die Mitte flankte. Diesmal ließ Kevin Kraus Fürths Zehner Armindo Sieb zu viel Platz. Dem wiederum glückte ein Mittelding zwischen missglücktem Flachschuss und genialen Diagonalpass. Tobias Raschl durfte sich in Marlon Ritters Rücken Richtung Tor stehlen und einschießen.

Dann war da der irre Fehlpass Ritters 13 Minuten später, der Dickson Abiama freistehend in Schussposition brachte. Er scheiterte am grandios reagierenden Andreas Luthe. Und die Einschusschance für Branimir Hrgota, vor der Sieb einen Passweg zwischen vier Lautrern hindurch fand? Und der Alu-Treffer Simon Astas, dieses bockstarken Rechtsverteidigers, der, das wagen wir mal vorherzusagen, in ein bis zwei Jahren für einen Erstligisten auflaufen wird. Und, und, und.

Da beißt keine Maus einen Faden ab: Die Gastgeber hätten zur Pause 4:0 führen können. Oder 4:1. Denn kurz vor der Pause hatten die Pfälzer es dann doch mal kurz demonstriert: Wenn man den Fürthern erstmal den Ball in deren Strafraum löffelte, machten sie genauso krasse Fehler, wie sie sich die Schuster-Jungen über die gesamte erste Hälfte geleistet hatten. Redondo durfte nach einem ungelenken Abwehrversuch vier Meter frei vorm Tor abziehen, doch Asta klärte auf der Torlinie.

Die Wiedergeburt nach der Kabinenpredigt: Ein Stoff für Legenden

Vielleicht war bereits diese Aktion ein Fingerzeig in die Richtung, in der es nach der Pause laufen sollte. Vielleicht hat dazu auch die Einwechslung Hikmet Ciftcis beigetragen, denn der ging um einiges aggressiver zu Werke als sein Vorgänger Julian Niehues. Die populärste Erklärung wird wohl bleiben, dass eine "Kabinenpredigt" des Trainers die Mannschaft aufrüttelte - es geht eben nichts über Legendenbildung.

Fakt ist: Plötzlich klappte es auch im Spiel nach vorne. Das Annehmen, Ablegen und Weiterleiten des vertikal gespielten Balls hatte in Halbzeit eins gar nicht funktioniert. Vor allem nicht bei Terrence Boyd, der gerade dies normalerweise recht gut beherrscht. Doch siehe da: Nicht einmal drei Minuten nach Wiederanpfiff verlängerte Boyd mustergültig in den Lauf Herchers. Lauterns Sturmtank hatte offenbar sein Mojo wiedergefunden.

Hercher hatte zuvor nach einem schönen Flankenwechsel Ritters, wie er so im ersten Abschnitt auch noch nicht zu sehen war, schon den Ausgleich erzielt. Dazu ein schönes tiefes Zuspiel Durms auf Mike Wunderlich, dessen Pass in die Mitte allerdings von zwei Fürthern feinjustiert wurde - wie schon gesagt: Sobald der Ball erst einmal im Strafraum der Kleeblätter war, halfen die bei der Torerzielung gerne mit.

Der Lautrer Führungstreffer: Als hätte Schuster ihn sich selbst konfiguriert

Beim Führungstreffer der Männer in Rot nur wenige Minuten später, war allerdings kein Gastgeberbein mit im Spiel: Ein weiter Abschlag von Luthe tief in die gegnerische Hälfte, den Boyd prallen ließ, Wunderlich spielte zurück auf Ciftci, der nach links auf Durm abgab. Der passte erneut vertikal, diesmal auf Redondo, der flankte, Boyd ließ durch und Wunderlich vollstreckte. Könnte sich Dirk Schuster am Computer gestalten, wie er sich einen perfekt vorgetragenen Angriff vorstellt, er würde ihn wohl genau so konfigurieren.

Beim dritten Treffer dagegen durften die Gastgeber wieder mitmachen: Keeper Linde versuchte seinen Sechser Max Christiansen zentral vorm eigenen Strafraum anzuspielen, Redondo sprintete dazwischen und schob ein. Fußball kann so einfach sein.

Also schlug Fürth sich selbst? Nicht ganz

Vorne ein Ding nach dem anderen versiebt und hinten dem Gegner nach Kräften Schützenhilfe geleistet - im Grunde hat Fürth sich selbst geschlagen. Also gibt’s aus FCK-Sicht nichts zu konstatieren, außer, dass die Mannschaft einen Haufen Dusel hatte?

Doch, schon. Symbolisch dafür sind die Bilder, die die Lautrer Hintermannschaft in der 70. Minuten bot. Nach einer Hereingabe von links versuchten nacheinander mindestens drei Fürther, den Ball im Tor unterzubringen, doch Luthe, Kevin Kraus und Co. warfen sich immer wieder in die Schusslinien. Boris Tomiak beendete das Spektakel schließlich, indem er zur Ecke klärte. Das sah alles andere als souverän aus, ließ aber eine ungeheure Leidenschaft spüren. Erst recht, als sich die gesamte Defensivabteilung anschließend gegenseitig abfeierte, als hätte sie gerade einen Treffer erzielt.

Und jetzt: Warten auf die "Boeing 747"

Da wird deutlich: Das FCK-Team 2022/23 kann Außerordentliches erreichen, wenn es hundertprozentig geschlossen sowie mit voller Konzentration und natürlich Begeisterung zu Werke geht. Und genau das hatte in der ersten Hälfte gefehlt. Die Umstellungen waren da eher Nebensache. Trainer Schuster wird im Lauf der Saison noch etliche vornehmen müssen, wenn jede eine solche Unordnung bewirken würde - nicht auszudenken. Mit dem Spirit aber, der in dieser 70. Minute offenbar wurde, kann dieses Team auch individuell stärkere Gegner niederringen.

Vor dem Hintergrund müssen nun auch die finalen Transfers gesehen werden, die der Trainer angekündigt hat. Großes sei zu erwarten, er hat sie sogar mit einer Boeing 747 verglichen. So gut diesem Kader noch ein wenig Verstärkung täte - der menschliche Faktor muss ebenfalls stimmen. Denn: Nicht jede Landebahn taugt für Jumbos.

Die xGoals: Wie krass war’s denn nun wirklich?

Zu den Grafiken. Dass die xGoals-Programme der verschiedenen Anbieter unterschiedlich arbeiten, haben wir ja schon mal festgestellt. So krass wie diesmal fielen die Ergebnisse aber noch nie aus. <a href="https://www.bundesliga.com/de/2bundesliga/spieltag/2022-2023/5/spvgg-greuther-fuerth-vs-1-fc-kaiserslautern/stats" target=_"blank">"bundesliga.com"</a> und andere kommen auf ein 4.09 : 2.23 zugunsten Fürths, was angesichts deren Chancenflut auch hinzukommen scheint. Sander Ijtsma dagegen hat ein 2.02 : 2.75 für den FCK errechnet.

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Das erscheint zunächst kaum glaubwürdig, allerdings: Wenn man sich die "Pitch Plot" anschaut, der Aufschluss darüber gibt, wo genau auf dem Feld die Einschusspositionen lagen, sieht das Ganze gar nicht mehr so unmöglich aus. Die Lauterer standen näher zum Tor. Zudem hatten sie bei ihren Treffern stets freie Schussbahn.

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Die Postions- und Passgrafik zeigt: Durm war ein starker Vertreter für Zuck, als Passempfänger und -geber ebenso umtriebig wie der etatmäßige Linksverteidiger. Auffällig dagegen, dass Ritter von den Innenverteidigern kaum angespielt wird. Auch wenn die Art, wie Fürth seinen dritten Gegentreffer kassierte, nicht gerade eine Empfehlung dafür darstellt, den Sechser vor der Abwehr anzuspielen:ein bisschen öfter sollte man den tiefen Aufbauspieler schon suchen.

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Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Gastgeber: Gepflegtes Passspiel, keine Frage. Wo die Probleme dieser Mannschaft liegen, war "in echt" besser zu erkennen. Vorne und hinten nämlich.

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Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Ãœbersicht 2022/23: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage



Beitragvon woinem77 » 22.08.2022, 15:56


Der "irre" Fehlpass war aber Ritter und nicht Hercher oder lieg ich da falsch?



Beitragvon fuxx1980 » 22.08.2022, 16:14


Ich finde es etwas lächerlich, dass der Schuss von Durm in der 47. offensichtlich besser bewertet wird, als das 2:1 oder das 3:1



Beitragvon FCK-Enklave-Bayern » 22.08.2022, 16:47


woinem77 hat geschrieben:Der "irre" Fehlpass war aber Ritter und nicht Hercher oder lieg ich da falsch?

hab ich auch so wahrgenommen. Und dass Boyd "durchgelassen" hat wäre eine schöne Geschichte, aber ich denke er hat einfach am Ball vorbei getreten. Zum Glück in dieser Situation.
Egal. Lese gerne hier die Berichte - soll keine Kritik sein.
EIN ROTER TEUFEL - EIN LEBEN LANG!



Beitragvon Kohlmeyer » 22.08.2022, 17:15


woinem77 hat geschrieben:Der "irre" Fehlpass war aber Ritter und nicht Hercher oder lieg ich da falsch?


Ich muss zugeben, ich habs nur an der Glotze gesehen, und war mir selbst nach mehrmaligem Anschauen nicht sicher... Ich hab mich dann für Hercher entschieden, weil es seine Position war. Wenn Ihr Euch aber sicher seid... Thomas oder Gerrit, wenn Ihr das lest, bitte im Text ändern.



Beitragvon MarcoReichGott » 22.08.2022, 18:33


War defintiv Ritter:

https://www.sportschau.de/fussball/bund ... g-100.html

Ab 2:02

Edit: Hab die erste Halbzeit nicht gesehen, kann daher recht wenig zum Spiel sagen. Allerdings sind mir selbst in HZ2 mehrere katastrophe Fehler im Spielaufbau in wirklich gefährlichen Zonen und auch so manches zögerliches Defensivverhalten auf unserer rechten Seite negativ aufgefallen. Hauptakteure waren hier primär Ciftci und Zimmer. Aber wir hatten eben die 4 Großchancen von denen wir 3 reingeamcht haben.



Beitragvon Kohlmeyer » 29.08.2022, 15:40


Hier kommt unsere Taktik-Nachlese zum gestrigen Acht-Tore-Spektakel auf dem Betze:

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Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-FCM
Die DBB-Analyse: Spektakel und Mirakel


Was für ein Spiel! 4:4 trennen sich der 1. FC Kaiserslautern und der 1. FC Magdeburg. Vor großen Rätseln standen nicht nur die Abwehrreihen, sondern auch die Schiedsrichter. Inklusive VAR. Auch nach der Analyse bleiben Fragen.

Lässt sich ein solches Fußballdrama tatsächlich "nüchtern" betrachten, also ohne Emotionen? Und wenn ja, wie sollte es denn dann aus FCK-Sicht bewertet werden? Als "ärgerliches" Unentschieden, weil die Roten Teufel aus einem 1:3 ein 4:3 gemacht hatten, am Ende aber doch zwei Punkte abgeben mussten, wegen eines Eigentors, das eigentlich gar nicht zählen durfte?

Oder sollte man den Mahner und Skeptiker geben? Und darauf verweisen, dass man sich von diesen nun elf Punkten nach sechs Spielen keinesfalls blenden lassen sollte, da man angesichts dieser Defensivleistung mit vier Gegentreffern aus dieser Partie noch gut bedient ist - zumal es schon vergangene Woche beim 3:1-Auswärtssieg in Fürth eigentlich schon mindestens vier Mal hätte einschlagen müssen?

Ist doch beides Quatsch. Was treibt denn den geneigten Fußballfan eigentlich am Wochenende ins Stadion? Doch die Hoffnung, ein Spiel zu erleben, das ihn nicht nur emotional packt, sondern richtig mitreißt, ihn durch alle Wechselbäder an möglichen Gefühlen rauschen lässt. Und nichts anderes durfte er an diesem Sonntagnachmittag im Fritz-Walter-Stadion erleben.

Ob da am Ende ein Punkt fürs eigene Team herausspringt oder drei Zähler, ist in dieser Phase der Saison zwar natürlich auch schon wichtig - aber vermutlich können Fans, Spieler und Trainer für den weiteren Verlauf aus diesem 4:4 mehr mitnehmen als aus einem unspektakulären 1:0. Und abgesehen davon hatte diese Partie phasenweise auch fußballerisch ein Niveau, dass es gegenwärtig auch eine Klasse höher kaum zu sehen gibt. Auch wenn es für ein solches Eishockey-Ergebnis Abwehrspieler braucht, die gegnerischen Stürmern gern mal ein wenig behilflich sind.

Entspannter Nachmittag? Der dauerte nur elf Minuten

Dabei hatte es zunächst "nur" nach einem entspannten schönen Nachmittag für Lautern ausgesehen. Ecke Mike Wunderlich, Luca Schulers Kopfball-Abwehr geriet zu kurz, Marlon Ritter zog aus dem Hinterhalt ab und Terrence Boyd sorgte für eine Richtungsänderung der Flugbahn hinein ins Tor. 1:0. Und das nach nur sieben Minuten. Gegen einen Gegner, der bislang mit nur drei Zählern in der Tabelle dastand, zuletzt zwei Mal torlos geblieben war und die meisten Gegentreffer in der Liga kassiert hat. Also zurücklehnen und genießen, wie der Aufsteiger FCK an diesem 6. Spieltag bereits die Punkte elf, zwölf und 13 einfährt und dabei vermutlich auch was für Torverhältnis tut. Oder? Von wegen.

Denn plötzlich stand nicht mehr der schwach gestartete Zweitliga-Aufsteiger aus Magdeburg auf dem Platz, sondern der souveräne Meister der vergangenen Drittliga-Saison. Der mit dem schnellen Passspiel, den gut einstudierten Laufwegen und diesen schnellen Flügelspielern, die regelrecht versessen darauf sind, an ihren Gegenspielern vorbei zu dribbeln und in den Strafraum einzudringen.

Titz' kluger Schachzug mit Julian Rieckmann

Nach der 0:4-Pleite zuhause gegen Hannover am vergangenen Wochenende hatte FCM-Coach Christian Titz in seiner Startelf drei Änderungen vorgenommen. Nicht alle erschlossen sich sofort.

Für den normalerweise starken Außen Jason Ceka startete Moritz Kwarteng, der bislang ebenfalls einen guten Eindruck hinterlassen hatte. Da mögen Trainingseindrücke oder Trainer-Gefühl den Ausschlag gegeben haben. Da Kwarteng zwei Treffer selbst markierte und einen vorbereitete, erübrigt sich die Frage, ob die Entscheidung richtig war. Für den erfahrenen Alexander Bittroff brachte Titz doch wieder das bislang enttäuschende Bayern-Talent Jamie Lawrence, das ihn auch diesmal nicht glücklich gemacht haben dürfte. Lawrence stand alles andere als sicher.

Und für die erfahrene Stammkraft Connor Krempicki gab der junge Julian Rieckmann sein Zweitliga-Debüt. Das wiederum war eine echte Überraschung, die sich aber bald schon als kluger taktischer Schachzug des Trainers erwies. Denn bei Lautrer Ballbesitz ließ sich der physisch starke 22-Jährige zwischen seine beiden Innenverteidiger fallen, wo er Boyd bekämpfte, und das meist erfolgreich. Kurz vor der Pause hatte Rieckmann sogar eine Einschussgelegenheit zum 4:1 für sein Team, nachdem er sich halbrechts in den Strafraum geschmuggelt hatte.

Denn bei eigenem Ballbesitz schob sich der große Blonde ins hintere Mittelfeld. Von dort glückte ihm unter anderem der starke tiefe Pass auf den nach rechts ausweichenden FCM-Mittelstürmer Schuler, der aus dieser Position den Führungstreffer seines Teams vorbereitete. Und wie Rechtsverteidiger Mohammed El Hankouri anschließend seinen Weg in den Strafraum fand und Kwartengs Zuspiel mitnahm, das hatte schon Klasse. Allerdings sah Kevin Kraus zuvor im Zweikampf mit Kwarteng gar nicht gut aus.

Beachtliches Debüt von Klement, aber ein aggressiver Sechser fehlt

Für den Ausgleich hatte Kwarteng bereits sechs Minuten früher gesorgt, diesmal mit dem Kopf. Nach Flanke von El Hankouri. Vorausgegangen war ein erster Kombinationswirbel der Gäste, bei dessen Feinjustierung allerdings Abwehrspieler des FCK mithalfen. Und das Publikum am Betzenberg bekam einmal mehr Gelegenheit, sich an die quälenden Minuten zu gewöhnen, die es dauert, bis eine Schiedsrichterentscheidung durch den "Video Assistant Referee" überprüft ist. Dr. Robin Braun hatte den Treffer zunächst nämlich aberkannt. Möglicherweise, weil er den Ball vor dem finalen Zuspiel im Aus gesehen hatte, oder Kwarteng im Abseits. Traf beides nicht zu, wie der Video-Schiri feststellte.

Nach der verspielten frühen Führung verloren die Männer in Rot für eine halbe Stunde komplett den Faden. Der FCM bestimmte das Spielgeschehen klar, vor allem, weil die Gastgeber keinerlei Zugriff im Mittelfeld bekamen. Das 1:3 schließlich geriet zum peinlichsten aller Gegentreffer dieses Nachmittags. Kwarteng schob sich im Zehnerraum an einem Gegenspieler nach dem anderen vorbei, bis er freies Schussfeld hatte und mit nur zwei Schritten Anlauf neben den rechten Pfosten zielen durfte. Da hätte ein aggressiver Sechser wie Hikmet Ciftci eher gelbwürdig gefoult, als sich so düpieren zu lassen.

Dirk Schuster hatte sich allerdings entschlossen, im hinteren Mittelfeld ein Techniker-Duo zu platzieren. Neben Marlon Ritter, bei dem diesmal insgesamt Licht und Schatten wechselten und der in dieser Phase seine dunkelsten Momente hatte, agierte Neuzugang Philipp Klement, dem die Rolle des tiefen Aufbauspielers nicht ganz fremd ist, der zuletzt beim VfB Stuttgart aber meistens und in seiner stärksten Zeit beim SC Paderborn fast immer weiter vorne in der Zentrale unterwegs war.

Neuen Hoffnung vor der Pause - und Schuster krempelt um

Unterm Strich aber gab der 29-Jährige ein beachtliches Debüt. Kurz vor der Pause sorgte er sogar dafür, dass auf dem Betzenberg wieder Hoffnung aufflammte. Nach einem hohen Freistoß-Ball Klements stieg Innenverteidiger Boris Tomiak höher als alle anderen und versenkte das Leder per Kopf hinter dem langen Pfosten.

Trainer Schuster war es dann, der anschließend in der Kabine die neuerliche Wende ermöglichte. Er stellte um, brachte für den offensiven Kenny Redondo den defensiven Robin Bormuth. Wie das - beim Stande von 2:3?

Schuster wollte mit seinem zweiten Neuzugang hinten eine Dreierkette formieren. Vorne stürmten von nun an mit Philipp Hercher und Boyd zwei Spitzen, hinter ihnen der Zehner Wunderlich. Dreierkette gegen Drei-Mann-Sturm, der beinahe klassisch mit zwei Flügelstürmern operiert? Das ist nicht unbedingt das, was die Fußball-Lehrbücher empfehlen. Aber die Wahrheit liegt nun mal auf dem Platz.

Denn nach vorne lief es nun tatsächlich besser. Und die Frage, wie der Flügelspieler Hercher in einem Zwei-Mann-Sturm zurechtkommen würde, war schon zwei Minuten nach dem Wiederanpfiff beantwortet worden: Hercher hielt den Schlappen in eine präzise Ritter-Flanke von links - und schon stand es 3:3.

Der VAR entscheidet - leider nicht über das 4:4

Die 35.643 Zuschauer waren schon jetzt aus dem Häuschen. Aber am Betzenberg geht halt alles immer noch ein bisschen heftiger, aufwühlender, dramatischer. 66. Minute. FCM-Amara Condé erwischte im Zweikampf mit Klement im Strafraum mehr Mann als Leder, worauf Schiri Braun zunächst auf "Ball gespielt" entschied, sich dann aber doch nochmals zum Videostudium zurückziehen musste - und entschied: Elfmeter. Wunderlich traf. Der Mythos Betze lebte. Auch im VAR-Zeitalter.

Leider bemühte der Referee nicht diese modernen Medien, um sich den Ausgleichstreffer in der 79. Minute nochmal anzusehen. Dann nämlich hätte er gesehen, dass Tomiak zuvor von Schuler an- und umgerempelt worden war. Er purzelt förmlich in den von Andreas Luthe abgewehrten Ball - und hat nicht den Hauch einer Chance, "sein" Eigentor zu verhindern.

Aber, wie schon gesagt: Nach diesem Spektakel hätten die Magdeburger es nicht verdient gehabt, als Verlierer nach Hause zu fahren. Und auch aus FCK-Sicht wäre ärgern nach diesem Spiel unangebracht.

Zukunftsfragen: Dreierkette? Zweier-Sturm?

Die Fragen, welche Erkenntnisse diese Partie beschert, dürfen dennoch gestellt werden. Etwa: Wie zukunftssicher ist diese Hintermannschaft der Roten Teufel? Nach fünf reellen und ungefähr zehn gefühlten Gegentreffern in den jüngsten beiden Spielen?

Nach dem 2:3 zur Pause endete die zweite Hälfte gegen Magdeburg immerhin 2:1, und das eine Gegentor war im Grunde keines. Das spricht also für die Umstellung von Vierer- auf Dreierkette. Freilich: Die FCM-Flügelstürmer versetzten den Lautrer Abwehrverbund auch in den zweiten 45 Minuten noch in Angst und Schrecken. Als Ceka für Schuler kam und Kwarteng in die Mitte rückte, war die Dreierbesetzung eigentlich noch stärker als zuvor. Andererseits: Tatsuyo Ito und Co. werden in dieser Saison noch ganz andere Abwehrreihen terrorisieren, erst recht, wenn auch Drittliga-Topscorer Baris Atik in dieses Team zurückkehrt.

Der smarte Bormuth jedenfalls brachte ein wenig mehr an Ruhe und Ballsicherheit in die letzte Reihe und dürfte sich daher schnell etablieren. Da man sich den FCK 2022/23 aber auch schlecht ohne Tomiak und Kraus vorstellen kann, könnte die Dreierkette durchaus wieder feste Grundordnung werden.

Zusätzliche Optionen eröffnet auch Philipp Klement, der in der Schlussphase nach der Auswechslung Wunderlichs dessen Zehner-Position übernahm, auf der er eigentlich zuhause ist. Als Alternative für den 36-Jährigen ist er sicher auch geholt wurden. Ob er aber dauerhaft eine Lösung neben Marlon Ritter als Doppel-Sechs ist? Zwei Techniker nebeneinander, das hat gegen Magdeburg zumindest nicht durchgehend überzeugt.

Und Hercher als Teil eines Sturmduos? Kein Thema: funktioniert. Nicht nur wegen seines Treffers. Ohnehin schon vergangene Saison bester Scorer seines Teams, war Hercher in seiner neuen Rolle in Hälfte zwei sogar noch gefährlicher. Allerdings: Neben Boyd ist auch noch Daniel Hanslik da. Und Lex Tyger Lobinger. Und Muhammed Kirpit. Auch Kenny Redondo wäre in einem 3-4-1-2 eher Stürmer als Schienenspieler. Sodass sich dann wieder die Frage stellen würde, ob der FCK bis zum Transferschluss an diesem Donnerstag tatsächlich nochmal am Markt aktiv werden müsste.

Die xGoals werden der Gefährlichkeit des FCM nicht gerecht

Zu den Visualierungen. Sander Ijtsmas xGoals-Berechnung nähert sich diesmal wieder der von bundesliga.de und Co. an. "11tegen11“ kommt auf einen Wert von 1.99 : 1.23, der Rest auf 1.98 : 1.44. Der Darbietung der Magdeburger werden diese Ergebnisse aber beide nicht gerecht, erschienen sie doch viel, viel gefährlicher. Der wahrscheinliche Grund: Wenn die starken Außen sich durchgesetzt haben, in die Mitte passen, aber ein Abwehrbein vor dem einschussbereiten Stürmer an den Ball kommt, ist das für die Computersoftware nun einmal keine "Einschussposition"- und wird mit 0.0 gewertet. Der menschliche Betrachter sieht das nun einmal nicht so.

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Zur Positions- und Passgrafik: Sieh an, der FCK hat wieder eine Mittelfeldzentrale. Nachdem in den jüngsten Spielen das Aufbauspiel vorwiegend über Außen lief, sorgt Klement nun für mehr Präsenz in der Mitte, mehr noch als Ritter.

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Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Gäste. Keine Linien zwischen dem dribbelnden Moskito Ito und seinen Sturmpartnern Kwarteng und Schuler. Da hätte aber wahrscheinlich auch ein Zuspiel bereits gereicht, um es schnackeln zu lassen.

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Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Ãœbersicht 2022/23: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage



Beitragvon Miggeblädsch » 29.08.2022, 18:54


@Eric: Danke für diesen sehr guten Beitrag :daumen:

Ich sehe in den letzten beiden Spielen (wie schon im letzten Jahr), dass sich Hercher und Ciftci aufdrängen für Plätze in der Startelf. Klement und Bormuth werden weitere Startelfkandidaten sein...

... bin gespannt, wer weichen bzw. noch bessere Leistungen muss.

Dirk Schuster hat da nun einige Optionen und sein Wunsch nach teaminternem Konkurrenzkampf dürfte sich weitgehend erfüllt haben.

Einzig und allein Terrence Boyd ist unersetzlich für unser Spiel. Wenn er mal ausfallen sollte, kriegen wir ein mächtiges Problem :nachdenklich:
Jetzt geht's los :teufel2:



Beitragvon DieWalzFunDePalz » 29.08.2022, 20:02


Wie immer eine treffende Analyse. Danke dafür.
Der Typ ist so quirlig, der geht nach dir in die Drehtür und kommt vor dir wieder raus.“
Bela Rethy



Beitragvon Tibon » 30.08.2022, 06:04


Danke an dieser Stelle für die immer sehr lesenswerten Spielanalysen.



Beitragvon Kohlmeyer » 05.09.2022, 12:53


Hier kommt unsere Taktik-Nachlese mit xG-Grafiken zum Spiel in Sandhausen:

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Taktik-Nachlese zum Spiel SVS-FCK
Die DBB-Analyse: Die Null steht - aber sonst?

Die gute Nachricht: Nach vier Gegentreffern gegen Magdeburg stand beim 1. FC Kaiserslautern beim SV Sandhausen hinten die Null. Die weniger gute: Etwas einbilden sollten sich die Lautrer auf diese Darbietung nicht.

In beiden Lagern war viel gerätselt worden vor dieser Partie: Würde SVS-Trainer Alois Schwarz seinem Mittelfeld mit Raute treu bleiben, das er am vorangegangenen Spieltag in Kiel erstmals formiert hatte? Und würde FCK-Coach Dirk Schuster weiter an der Dreierkette festhalten, mit der er in der Vorwoche gegen Magdeburg in der zweiten Halbzeit eine entscheidende Wende zum Besseren eingeläutet hatte? Die Antworten waren kurz nach dem Anpfiff gegeben: Ja und nein. Sandhausen agierte vorne mit der Doppelspitze Matej Pulkrab und Alexander Esswein sowie dem starken David Kinsombi auf der Zehn, der FCK kehrte wieder zur Viererkette zurück.

Im hinteren Mittelfeld hatte Schuster Julian Niehues neben Philipp Klement aufgeboten, wohl als körperliches, robustes Korrektiv zu dem Neuzugang, der als tiefer Aufbauspieler seine Sache abermals sehr gut machte. Und eine "Kante" neben ihm war angesichts der Präsenz des 1,96 Meter-Hünen Janik Bachmann im Mittelfeld der Gastgeber angezeigt.

Niehues als Bachmann-Bremse: Defensiv okay, aber nach vorne...</h2>

Angesichts der Null, die am Ende stand, lässt sich diese Entscheidung als richtig werten. Andererseits ist sie auch ein wenig bezeichnend für die Krux im FCK-Spiel an diesem Spieltag: Bachmann agierte lediglich als Achter, also nicht allzu weit vorne. Von daher hätte ein Gegenspieler mit mehr Qualitäten in der Offensive auch noch mehr für sein Team noch vorne bewegen können. Hinzu kam, dass Marlon Ritter durch den Einbau von Niehues auf den linken Flügel ausweichen musste. Dort aber entfaltete er längst nicht seine Möglichkeiten, machte vor allem kaum Anstalten, mal Richtung Grundlinie zu gehen, so wie Philipp Hercher auf der rechten Seite. Dadurch gestaltete sich die Spielanlage der Gäste recht asymmetrisch.

Dennoch: Eine Szene vor Pause ließ sich richtig gut ansehen

Eine Szene allerdings gab es, die hätte die vorangegangenen Zeilen glatt überflüssig gemacht, wäre sie von Erfolg gekrönt worden: Nach rund 40 Spielminuten glückte Klement ein wirklich spektakulärer Diagonalpass quer durch die fast komplette gegnerische Hälfte. Der weit vorne auf den linken Flügel gewieselte Niehues legte direkt auf Ritter ab, und der hätte ums Haar halblinks im Strafraum abziehen können, hätte er sich zur Ballkontrolle nicht ein paar Zehntelsekunden zu viel Zeit genommen.

So aber blieb die Offensivleistung des FCK in der ersten Hälfte unterirdisch. Das von "bundesliga.de" nach 34 Minuten ermittelte xGoals-Ergebnis von 0.81 : 0,02 zugunsten Sandhausens spricht Bände.

Aber: Die Null stand, und Trainer Schuster hatte nach der jüngsten Flut an Gegentoren schließlich die Wiederstabilisierung seiner Defensive zur Priorität in diesem Spiel erhoben. Dazu wiederum sollten die "Basics" wieder umgesetzt werden, worunter er, wie er nach dem Spiel erklärte, vor allem die Zweikampfführung verstand. Mit etwas Wohlwollen lässt sich die Mission also als erfüllt ansehen.

Zweikampfführung ist "basic", aber es gibt noch andere

Wenngleich dem Trainer kaum gefallen haben dürfte, wie Pulkrab sich nach 13 Minuten im Kopfballduell gegen Erik Durm durchsetze und Keeper Andreas Luthe zur Parade zwang. Da hätte nicht viel gefehlt und der FCK hätte wieder mal einem Stürmer, dem noch nicht viel gelungen ist in dieser Saison, zu seinem ersten Erfolgserlebnis verholfen.

Es gibt jedoch noch andere "Basics" außer Entschlossenheit im Zweikampf. Und von denen machte der SVS vor allem in der ersten Halbzeit einige schlicht und ergreifend besser. Etwa die Balleroberung weiter vorne im Feld zu suchen, wenn man nicht auf eigene lange Ballbesitzphasen steht. Und das tun bekanntlich weder Sandhausen noch der FCK. Oder sich das Leder direkt wieder zurückzuholen, so es dann verloren gegangen ist. Oder gut gegen Konter abgesichert sein, wenn der Gegner nach dem Ballgewinn schnell nach vorne spielen will. Alles "Basics", die bei den Gastgebern ein bisschen besser aussahen.

Bitte keine Illusionen: Die Tabelle lügt

Sodass nach dieser ersten Halbzeit nur davor gewarnt werden kann, sich von dem 6. Rang, den die Roten Teufel auch nach diesem Spieltag noch einnehmen, blenden zu lassen. Die Tabelle repräsentiert sie gegenwärtig deutlich über ihrem tatsächlichen Wert.

In Hälfte zwei ließen die Lautrer aber aufblitzen, dass ihnen die eben genannten "Basics" zumindest nicht unbekannt sind. Etwa bei Terrence Boyds Kopfballchance kurz nach Wiederanpfiff. Wunderlich hatte von links geflankt, doch Durm hatte die Gelegenheit erst ermöglicht, indem er sich einen auf der rechten Verteidigerposition des Gegners verlorenen Ball direkt wieder zurückholte.

Es fiel aber auch auf: Offenbar zufrieden mit der Defensivleistung seines Teams, verzichtete Schuster diesmal darauf, schon in der Pause das FCK-Spiel mindestens durch einen Wechsel und frische Ideen zu beleben. Zuletzt gegen Magdeburg und in Fürth hatte dies zum Erfolg beigetragen. Diesmal wartete der Trainer bis zur 70. Minute, ehe er Kenny Redondo für Wunderlich brachte.

Ritter: Kaum auf der Zehn, schon kommt er zum Schuss

Ritter rückte daraufhin auf die Zehn - und siehe da: In der zentralen Position kam er innerhalb von wenigen Minuten zwei Mal in gute Abschlusspositionen. Ritters Hinterhaltsgeschoss nach zu kurz abgewehrter Ecke und die anschließende Flugparade von Keeper Patrick Drewes darf getrost zum Höhepunkt dieses Spiels erklärt werden.

Auch wenn die Gastgeber wohl eher auf den angeblich nicht gegebenen Elfmeter nach 60 Minuten verweisen, als David Kinsombi vielleicht ein wenig zu dankbar über Luthes ausgestreckte Hände fiel. Die Diskussion darüber ist müßig. Sagen wir mal so: Es gibt sicher Schiedsrichter, die sich von dieser Fallaktion hätten beeindrucken lassen.

Ansonsten lohnt es sich nicht, auch noch auf die übrigen halbgaren Torchancen einzugehen. Unter dem Wust an statischen Daten, der bei den verschiedenen Anbietern auch nach Zweitligaspielen angeboten wird, sei hier lediglich noch die "Laufleistung" erwähnt, die bei "bundesliga.de" aufgeführt wird: Demnach legte Sandhausen in dieser Partie 101,8 Kilometer zurück, die Männer in Rot 102,7 Kilometer. Die Normalität bei Spielen dieser Klasse beginnt ungefähr bei 110 Kilometern.

Auch das sei als Alarmzeichen gesetzt: Wenn dies und auch die anderen "Basics" kommenden Sonntag gegen den SV Darmstadt nicht besser umgesetzt werden, wird’s böse enden.

xG-Plots: Passgrafik verdeutlicht die Asymmetrie im FCK-Spiel

Zu den Plots. Sander Ijtsma kommt auf ein xGoals-Ergebnis von 0.67 : 0.60, bundesliga.de gibt 1.18 : 0.79 an. Wie auch immer: Berühmt waren die Offensivleistungen beider Teams so oder so nicht, und bei der Visualisierung hat "11tegen11" die Timeline des SVS vergessen.

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Die Positions- und Passgrafiken zeigen deutlich die oben beschriebene Asymmetrie im FCK-Spiel, ebenso Ritters unglückliche Rolle.

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Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik des SVS: Beeindruckend die Rolle des Innenverteidigers und ersten Aufbauspielers Aleksandr Zhirov. Hätte man den durch frühes Attackieren geblockt, es wäre schlecht bestellt gewesen um die Gastgeber.

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Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Ãœbersicht 2022/23: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage



Beitragvon FranzClausKarl » 05.09.2022, 19:11


Was war das doch für ein laaaaaaaaaaangweiliges Spiel...
FCK - so wunderbar!



Beitragvon Olamaschafubago » 05.09.2022, 19:29


Auch wenn der Unterhaltsungswert des xG Plots dieses Mal fast höher war als der des Spiels (das Weiß-auf-weiß des SVS sieht man übrigens nicht), so grottig es wie gestern hier manchmal beschrieben wurde, fand ich den Auftritt unserer Mannschaft gar nicht.

Das Problem in der Offensive, das wir im Zentrum mit der gewählten Aufstellung sozusagen "überbesetzt" sind und Sandhausen der ganzen Ballverliebtheit im Mittelfeld dort einfach dendie 4-er-Rammbock-Raute entgegen setzen musste, da über unsere Außen absehbar nicht viel kommen würde, wurde ja in dem anderen Thread schon gut beschrieben. Ritter zog meist nach innen, Hercher war sehr weit vorne und auf Zimmers lange Anspiele angewiesen. Wie der User KtownXberg andernorts geschrieben hat, ohne richtige Flügel kommt dann die Ballsicherheit und Spielintelligenz von Klement gar nicht richtig zur Geltung. Einer der drei 8er/10er-Kandidaten müsste sich wohl vorerst mit der Rolle des Edeljokers begnügen - wird spannend, wie Schuster das löst, da alle in dieser Saison bisher mehr oder weniger "geliefert" haben.

Defensiv war das aber gar nicht so schlecht, besonders in der zweiten Hälfte hat sich die Zweikampfführung ("Basics") bei uns stark verbessert, nachdem in der ersten phasenweise nur eine Art Geleitschutz für Sandhausen zu sehen war. Gerade Niehues hat da gegen konterstarke Sandhausener einen guten Job gemacht, auch wenn von ihm nach vorne leider zu selten ein Ball ans Ziel kommt. Was hätte eigentlich bei einer so relativ aggressiven, eklig zu bespielenden Mannschaft wie dem SVS gegen Ciftci gesprochen?

Ein Punkt in Sandhausen könnte am Saisonende noch Gold wert sein. Der SV Sandhausen mag auf uns mit seiner XXL-Wimpel-Choreographie und über hundertjährigen (Amateur-)Fußballtradition ja immer noch skurril wirken, aber das sind oft klug zusammengestellte Mannschaften mit einer klaren (destruktiven) Spielphilosophie und gut passenden Trainern. Daher verstehe ich es auch ein bisschen, dass es ganz am Ende schon so aussah, als wären beide Teams mit dem Punkt zufrieden. Unser Ziel kann nur der Klassenerhalt sein, auch wenn natürlich eine möglichst hohe Platzierung wegen der Fernsehgelder gut wäre.



Beitragvon Oktober1973 » 05.09.2022, 21:21


Danke @Eric, wie immer, für die Aufbereitung und tiefergehende Analyse, die weiterhin die Wahrheiten anspricht, was erlaubt sein muss. In den Spielberichtsthreads gefällt es mir zur Zeit nicht, wie die Protagonisten sich in die Lager "konstruktive Kritiker" und "Überrealisten" unnötig spalten.
Die, die darüber hinausschiessen überliest man hoffentlich eh. Prinzipiell hat der Trainer in der Pressekonferenz und beim SWR seine Vorgehensweise schlüssig erklärt. Hier tendenziell die Defensive zu sichern nach zuletzt 4 Gegentoren ist ja durchaus legitim. @ Kohlmeyer hat jedoch auch aufgezeigt, wie man den m.E. keinenfalls überlegenen Sandhäusern Paroli hätte bieten können.
Ich hatte schon vor dem Spiel Ritter geopfert, da ich das asymetrische Spiel habe kommen sehen. Auch hatte ich Bachmann weiter hinten gesehen im Vorhinein als zu Saisonbeginn. Ich glaube nach wie vor, ohne Träumerei, für die es eh viel zu früh ist, dass wir besser sind als viele hier glauben. ( frei nach Marlon Ritter )
Hierzu muss aber noch eine Schippe draufgelegt werden. Wir haben tatsächlich in der Laufleistung gehörig Luft nach oben. Die 5, die vor uns stehen haben alle mehr. Hier hoffe ich auf Aufwand im Anlaufen des Gegners (auch zweite Bälle) und auch vor Allem im Anbieten für den Ballführenden, sowie das Mitrücken im Verbund. Dies kreiert doch mehr Druck auf den Gegner.
In der Heatmap der einzelnen Spieler sieht man deren Aufenthaltsbereiche.
Hier merkt man z.B., dass Durm schon offensiv an der Linie war, aber nicht durchschlagskräftig genug . Vielleicht war der wesentliche Punkt tatsächlich das unglückliche Agieren von Ritter, Wunderlich und Klement untereinander. Boyd schien mir doch gut zugedeckt von Sandhausen. Hercher hat mir vielleicht ein Stück zu weit vorne gewirkt. Klement hatte die beste Laufleistung und die meisten Ballaktionen mit der besten Passquote. Diese Daten waren bei Ritter und Wunderlich doch stark abfallend im Vergleich.
Ich bin prinzipiell mit dem Punkt zufrieden; jedoch zutiefst überzeugt, das die Jungs mehr können. Die Einzelnen müssen natürlich dort spielen , wo sie sich wohlfühlen oder es ihrem Naturell entspricht. Ich freue mich z.B wenn Zolinski wieder bereit steht. Von ihm erwarte ich mir Einiges. Darmstadt wird sicher schwierig; aber chancenlos sehe ich uns nicht.



Beitragvon Kohlmeyer » 12.09.2022, 14:30


Das nächste Spektakel vom Betze und unsere Einordnung nach einer Nacht drüber schlafen:

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Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-SVD
Die DBB-Analyse: Wie bei Kalli, nur ohne Krönung


Zwei-Tore-Rückstand gedreht und doch nicht gewonnen: Erneut bietet der 1. FC Kaiserslautern zuhause Hochspannungs-Entertainment ohne Happy End. Einiges lief beim 3:3 gegen Darmstadt 98 aber auch anders als beim 4:4 gegen Magdeburg.

Ja, es war wieder ein irres Spiel. Und, ja, auch diese Analyse könnte mit der Frage beginnen, ob man sich nun freuen oder ärgern soll. Das schenken wir uns diesmal, fahren die Emotionen, so schwer es fällt, auch generell hinunter und stellen knochentrocken fest: In der ersten Hälfte präsentierte sich der FCK endlich mal wieder so konzentriert wie seit dem Heimspiel gegen Paderborn nicht mehr. Denn das ging bekanntlich zwar 0:1 verloren, doch gab es an der Leistung des Aufsteigers aus der Pfalz seinerzeit kaum was zu meckern. Die Roten Teufel begegneten dem spielerisch überlegenen Gegner mit probaten Mitteln und waren damit über 90 Minuten konsequent bei der Sache - außer in den zwei Szenen, die zu einem Platzverweis und zum Gegentreffer führten.

Anschließend beim 3:1 in Fürth, beim 4:4 zuhause gegen Magdeburg und zuletzt beim 0:0 in Sandhausen agierten die Schuster-Jungen vor allem in den ersten 45 Minuten immer wieder fahrig: Verloren im Spiel gegen den Ball die zuvor zurecht so gelobte Ordnung, verpennten gute Pressingmomente oder spielten nach Balleroberungen nicht präzise genug nach vorne. Fünf Punkte sprangen aus diesen drei Partien zwar dennoch raus, doch von denen sollte man sich nicht blenden lassen.

Schon mal gut: Die Konzentration der ersten Saisonspiele war zurück

Gegen Darmstadt 98 war davon nichts mehr zu sehen. Die Männer in Rot erwarteten den Gegner, formierten sich im 4-2-3-1 wieder so geschlossen wie zu Saisonbeginn. Verhielten sich bei gegnerischem Ballbesitz abwartend, pressten nur situativ weiter vorne und wirkten dabei stets voll konzentriert.

So bekamen sie das Spiel im Griff, brannten zwar kein Chancen-Feuerwerk ab, aber was sie vor dem Lilien-Tor zustande brachten, sah gut aus. Marlon Ritter etwa hatte bereits nach drei Minuten eine erste Einschussgelegenheit. Toll freigespielt von Jean Zimmer und Philipp Hercher, drang er halbrechts in den Strafraum ein. Und wie Jason Ceka vor seinem 4:4-Ausgleich für Magdeburg vor zwei Wochen, tanzte Ritter seinen Gegenspieler aus und zog mit links ab, scheiterte aber an 98-Keeper Marcel Schuhen, so, wie Ceka an Andreas Luthe gescheitert war. Der Unterschied zur Szene vor zwei Wochen: Dieser Abpraller wurde nicht ins Netz retourniert, weder von einem eigenen noch von einem fremden Spieler.

Noch bemerkenswerter aber war die Vorgeschichte dieser ersten Torszene: Der Ball war zuvor im Kurzpassverfahren über neun (!) Stationen gelaufen. Die Lautrer können also auch das. Und sollten sich daher nicht einreden oder einreden lassen, sie könnten nur schnelles Umschaltspiel.

Na, da schau her: Der FCK produziert Szenen fürs Lehrbuch

Nach 24 Minuten produzierten sie ein weiteres Mal Lehrbuchmaterial, demonstrierten - halt nur beinahe - in Perfektion, wie "Langer Ball - Zweiter Ball - Angriff" vorgetragen wird. Keeper Luthe drosch das Leder aus der eigenen Hälfte vor den Strafraum des Gegners, Terrence Boyd legte mit dem Rücken zum Kasten auf Philipp Klement ab, der passte mit messerscharfer Präzision in den Lauf des mit perfektem Timing gestarteten Hercher - und der scheiterte an Schuhen.

Zwei Szenen, die einen Treffer verdient gehabt hätten. Während die Lilien zunächst nicht viel entgegenzusetzen hatten. Erst allmählich offenbarte sich, dass die Kanten in der FCK-Abwehr, wenn sie vor Eins-gegen-Eins-Duellen nicht ausreichend gesichert wurden, durchaus Probleme bekamen gegen die wendigen, schnellen Braydon Manu und Marvin Mehlem.

Ritter zurück in seiner alten, Klement in der Wunderlich-Rolle

Haben wir eben schon Klement und Ritter genannt? Da muss noch was ergänzt werden. Den einen hatte Dirk Schuster in seine alte Rolle zurückbeordert. Nach seinem unglücklichen Ausflug auf den linken Flügel in Sandhausen durfte Ritter wieder das spielen, was ihn in Lautern stark gemacht hat: Zweiter Sechser mit der Lizenz zum permanenten Vorwärtsmarsch.

Klement übernahm die Zehner-Rolle von Mike Wunderlich, der diesmal zunächst nur auf der Bank saß. Schuster vervollständigte das zentrale Mittelfeld lieber mit einem robusten Sechser. Nachvollziehbare Entscheidung. Und gar nicht so überraschend, wenn man die letzten Spiele verfolgt hat, in denen ein Feintechniker-Trio mit Wunderlich, Ritter und Klement nicht so recht zusammenfand.

Was die reine Ballfertigkeit angeht, steht Klement Wunderlich auch kaum nach. Allerdings: Wenn es gilt, den Rückwärtsgang reinzuhauen, zögert der Last-Minute-Neuzugang aus Stuttgart zu oft, und der ihm am nächsten postierte Gegenspieler ist ihm schon drei, vier Schritte voraus, bis er reagiert. Diese Schwäche ist Klement im Lauf seiner Karriere wohl schon öfter angekreidet worden. Ob er sie mit nunmehr 29 Lenzen auf dem Buckel noch abzulegen vermag? Unmöglich ist das nicht.

Dann aber doch: Die Lilien gehen in Führung, Zimmer hat gepatzt

Zurück zum Spiel. 45 starke Minuten, aber dann doch der Rückschlag, und das noch vor dem Halbzeitpfiff. Und es patzte: ausgerechnet der Kapitän. Zimmer versucht, einen nicht gerade scharf getretenen Diagonalball mit der Brust in die Arme seines Keepers zu lenken. Im sei "Zeit" signalisiert worden, erklärte der Unglücksrabe später, aber die hatte er nicht. Darmstadts linker Außenbahnspieler Fabian Holland spritzt dazwischen, kommt vor Luthe an den Ball, der erwischt bei seinem Rettungsversuch nur den Gegenspieler. Klarer Elfer. Lilien-Routinier Tobias Kempe vollstreckt.

So war Coach Schuster nun doch angehalten, in der Pause Änderungen im Spiel der Seinen vorzunehmen. Ohne den vermeidbaren Rückstand hätte es dafür kaum einen Anlass gegeben. Der Trainer entschied sich für einen Doppelwechsel. Für Erik Durm und Daniel Hanslik kamen Hendrick Zuck und Kenny Redondo.

Komplettaustausch der linken Seite: Zunächst mal schwer verständlich

Komplettaustausch der linken Seite also. Das überraschte ein wenig, denn die hatte sich nicht wirklich schlecht dargestellt. Es war vielmehr so, dass Darmstadt über die rechte Seite viel stärker war. Schienenspieler Matthias Bader setzte sich viel stärker in Szene als sein Gegenüber Holland, der bis zu der Elfmeterszene offensiv kaum in Erscheinung trat. Hinter ihm sicherte Pascal Pfeifer als rechter Innenverteidiger souverän, zudem bevorzugte der zweite Stürmer in Torsten Lieberknechts 3-5-2, der flinke Manu, ebenfalls den rechten Flügel. Da hatten Durm und Hanslik Schwerstarbeit zu leisten, weswegen ihnen nach vorne nicht viel gelungen war.

Das wurde auch mit Zuck und Redondo nicht besser - zunächst. Erst einmal setzte es einen weiteren Schlag in die Magengrube. Philipp Tietz erzielte den zweiten Treffer für die Gäste. Manu hatte ihn freigespielt, und anschließend hatte der Mittelstürmer zentral vorm Sechzehner viel zu viel Zeit und zu viel Platz, um Maß zu nehmen. So wie vor zwei Wochen schon Moritz Kwarteng, als er das zwischenzeitliche 3:1 für Magdeburg erzielte.

Was passiert, wenn das 1:2 fällt? Lieberknecht weiß es nur zu gut

Eine Viertelstunde lang sah es nun so aus, als wäre die Partie gelaufen. Lautern bekam keinerlei Zugriff mehr, die Lilien ließen die Teufel förmlich hinterm Ball herrennen. Aber: "Vielleicht haben wir da den Ballbesitz übertrieben und versucht, das 2:0 runterzuspielen", bilanzierte Darmstadts Coach Lieberknecht hinterher. "Doch da hätten wir nachsetzen und auf das 3:0 gehen müssen. Denn wenn das 1:2 fällt, dann kommt nicht nur Dirks Mannschaft zurück, sondern das ganze Stadion. Und als Pfälzer weiß ich nur zu gut, wie das ist."

Tatsächlich. Ein erster Kopfballversuch Boyds und ein wegen Abseits zurecht nicht gegebenen Treffer setzten ersten Signale. Dann war es soweit. Redondo verwertete eine Flanke aus dem sogenannten Halbfeld - die gelten eigentlich als wenig erfolgversprechend - von Tomiak per Kopf. Zehn Minuten, nachdem Schuster weitere Wechsel und eine vielleicht abermals entscheidende Weichenstellung vorgenommen hatte. Wunderlich und Robin Bormuth kamen für Niehues und Zimmer, und die Elf ordnete sich in ein 3-4-1-2. Genau so hatte es Schuster vor zwei Wochen nach dem 1:3-Rückstand gegen Magdeburg gemacht.

Diesmal wieder - und wieder ging die Post ab.

Wieder was fürs Lehrbuch: Umschalten mit Terrence und Marlon

Nur drei Minuten nach dem Anschlusstreffer durften die 38.380 Zuschauer ausflippen. Bader attackierte den eigentlich vom Tor weglaufenden Zuck unnötig und vielleicht von der Kulisse beeindruckt - Schiri Marco Fritz pfiff. Erneut Elfmeter, erneut zurecht. Wunderlich verwandelte.

Jetzt brannte die Luft. Und in Minute 82 trat der Betzenberg zwei Wochen nach dem letzten "Zurück in die Zukunft" erneut die Zeitreise an. Erst gab's wieder was für Lehrbuch, Thema diesmal: Umschaltspiel. Ballgewinn, vorne nimmt Boyd das Leder, der sich auch in dieser Partie unermüdlich auf der gesamten Spielfeldbreite anbot. Boyd setzt den aus aus der eigenen Hälfte durchstartenden Ritter ein, dessen Flankenlauf begleitet Redondo in der Mitte. Die Flanke kommt im richtigen Moment und mit höchster Genauigkeit, und der Deutsch-Spanier ist abermals mit dem Kopf zur Stelle.

3:2!

Kaiserslautern ist zurück in den Neunzigern, ohne DeLorean, aber mit Dirk. Zurück in der Kalli-Feldkamp-Zeit, als 3:2-Siege nach 0:2-Rückständen den "Betze" zwar regelmäßig zum Überkochen brachten, irgendwann aber auch keine besonderen Vorkommnisse waren.

Jetzt heißt es: Fehler abstellen, Konzentration weiter hochhalten

Doch wie schon gegen Magdeburg blieb der emotionalen Achterbahnfahrt das Happy End auch diesmal verwehrt. Der eingewechselte Aaron Seydel durfte einen langen Ball an der Strafraumgrenze handwerklich sauber annehmen und per Drehschuss verwerten. Gegen Magdeburg war's einfach nur Pech, weil Eigentor, weil nicht geahndetes Foul zuvor. Diesmal muss gefragt werden: Wie konnte das sein? Wenn doch mit Tomiak, Kraus und Bormuth drei Innenverteidiger auf dem Platz stehen, die ausgebildet sind, solche Flugbälle abzuräumen? Und mit Lars Bünning kurz zuvor noch ein vierter dazu gekommen war?

In der Wiederholung zeigt sich: Bünning war vor Seydel platziert - und der, der den Ball noch am ehesten vor Seydel hätte erwischen können. "Das erste Tor geschenkt, beim zweiten nicht nach vorne verteidigt, beim dritten das Kopfballduell nicht richtig angenommen - jeder Fehler wird bestraft, das ist Zweite Liga" - so kommentierte Dirk Schuster die drei Gegentreffer hinterher.

Der FCK darf aber auch positive Erkenntnisse aus dem Spiel mitnehmen. Zum Beispiel die, dass der Kasten auch sauber bleiben kann, wenn die Konzentration so hoch gehalten wird wie in der erste Hälfte minus Nachspielzeit. Und dass die Umstellung von 4-2-3-1 auf 3-4-1-2 nun schon zum zweiten Mal eine entscheidende Wende zum Besseren herbeiführte.

Ob sich deswegen aber anbietet, die Grundordnung dauerhaft umzustellen? Nächsten Sonntag in Heidenheim wohl eher nicht, wie unser Gegner-Check zeigen wird.

Schön anzuschauen: die Passgrafiken. Und zwar von beiden Teams

Zu den xG-Plots. 2.27 : 1.71 nach xGoals hat Sander Ijtsma ausgerechnet, "Wyscout" ebenso, "bundesliga.de" kommt auf 2.99 : 1.33 für Lautern. Lässt sich mit subjektiven Fußball-Erlebnis nur schwer in Einklang bringen. So überlegen war der FCK nicht, außerdem hätte sich, wenn man die hohen Bewertungen der Elfmeter abzieht, demnach vor den Toren kaum was abgespielt.

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Die Positions- und Passgrafik. Ist das nicht schön anzuschauen, so ein schönes, gleichmäßig verteiltes Passspiel. Da Zehner Klement sich gerne mal fallen lässt und Sechser/Achter Ritter ständig am Marschieren ist, könnte man die Grundordnung auch als 4-1-4-1 interpretieren.

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Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Gäste: Auch die sieht gut aus. Starkes Zentrum, bei Manu wären eigentlich die Dreiecke links und rechts zu erwarten, mit der normaler Weise die Beweglichkeit eines Spielers gekennzeichnet wird. Dass Holland Manu so oft erfolgreich angespielt hat, ist uns, ehrlich gesagt, nicht aufgefallen.

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Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Ãœbersicht 2022/23: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage



Beitragvon MarcoReichGott » 12.09.2022, 15:19


Lässt sich mit subjektiven Fußball-Erlebnis nur schwer in Einklang bringen. So überlegen war der FCK nicht,


Doch, so überlegen war der FCK in Torchancen ausgedrückt und das lässt sich auch mit demsubjektiven EIndruck im EInklang bringen. Auch in den TV-Zusammenfassungen sind sich alle einig, dass bis zum Elfmeter der FCK die größeren Chancen hatte und Darmstadt kaum gefährlich vors Tor kam. Auch der Kicker hat zusätzlich zu den Toren 4 Szenen des FCKs fett hervorgehoben als aufregende Szenen und 0 für Darmstadt. Die sehr große Torchance von Darmstadt, die im xGPlit in der ca. 20 Minute zu sehen ist, scheint er ja der abgeblockte Schussversuch zu sein. Das war sicherlich ein starker Angriff von Darmstadt (bzw, mal wieder von Durm auch schlecht verteidigt), aber eben auch letztlich stark verteidigt..und eben kein Torschuss. Und auch die Torschuss Statistik spricht mit 8:4 für uns eine recht deutliche SPrache.


Wir hatten sicherlich am Ende der ersten Halbzeit massiv Probleme uns zu befreien und haben hier gegen die hochstehenden Darmstädter mit ihren langen LEuten zur Absicherung gegen unsere langen Bälle kein Mittel gefunden. Aber selbst aus dieser Dominanzphase konnte Darmstadt keinerlei gefährlichen Angriff kreieren bis wir ihnen das 0:1 dann geschenkt haben. Das 0:2 ist ein perfekt getroffener Distanzschuss. Klar: Dem Raum darf man in der 2. Liga niemanden geben, aber in den meisten Versuchen geht der hat trotzdem nicht aus 25 Meter so rein...

Es war defensiv einfach wieder eine deutlich bessere Leistung als zuletzt. Aber dreimal patzen wir halt trotzdem und haben bei 2 malen auch noch das "Pech", dass die Darmstädter da wirklich mit brutaler Effizienz die Fehler bestrafen.



Beitragvon RallePfalzwald » 12.09.2022, 17:15


Ich vermisse Hiko. Vlt traut man Jume das Potenzial zu hineinzuwachsen. Hiko war für mich aber meist auffälliger, präsenter im Abräumen und mit guten, eröffnenden Aktion nach vorne, oft in derselben Sekunde.
Viele Städte haben ein Stadion. Dieses Stadion hat eine Stadt.



Beitragvon Solingerteufel » 12.09.2022, 18:21


was mir extrem aufgefallen ist, wir haben spielerisch enorm zugelegt.viel mehr ballstafetten usw. wenn wir uns weiter so entwickeln und alles relativ normal läuft dann werden wir diese saison nichts mit dem abstiegskampf zu tun haben. und ich weiss das auch noch spiele kommen werden in denen wir tagesformbedingt chancenlos sein werden.
allerdings wird es langsam wieder zeit fürn 3er, heidenheim bietet sich dafür ja förmlich an :wink:
streite dich nie mit einem dummkopf, es könnte sein das die zuschauer den unterschied nicht bemerken (mark twain)



Beitragvon Olamaschafubago » 12.09.2022, 23:19


Ein Spieler wie Manu ist schon sehr schwer zu verteidigen. Daher rührt wohl auch die Lücke zwischen Kraus und Durm in der Passmap - von Kraus kamen in der ersten Hälfte notgedrungen fast nur lange Bälle. Durm sah dann in der Defensive wieder zu oft unglücklich aus, aber anderseits macht er in der Vorwärtsbewegung offensiv immer einige Meter gut - am Sonntag hatte er ja scheinbar die meisten progressive carries (= Läufe, mit denen der Ball mindestens 5m Richtung gegnerisches Tor getragen wird).

Wie viele hier würde ich ihn gerne wieder als RV sehen und Zuck als LV. Davor würde ich Hercher den Vorzug vor Jean Zimmer geben. Der kam nach seinem Bock leider nicht mehr ins Spiel, davor war es zumindest defensiv ordentlich, insgesamt macht es Jean diese Saison auch wieder besser als letzte und wie er sich trotz der Erkrankung wieder konditionell zurückgekämpft hat, ist überragend. Aber trotzdem reichen seine Leistungen meiner Meinung nach aktuell nicht für den Platz in der Startelf, was dafür spricht, wie stark wir aktuell auch in der Breite besetzt sind.

Auch wie Wunderlich und Klement den Konkurrenzkampf angenommen haben oder Redondo, der jetzt Opoku und Zolinski im Nacken hat und nach seiner Einwechslung so ein Spiel macht - ein echter Joker für die zweite Halbzeit. Da muss man auch mal (wieder) die Verantwortlichen loben, Hengen wollte ja ausdrücklich genau diese Situation herbeiführen.

Vielleicht war es ein Glücksfall, dass wir erst mit Antwerpen einen Trainer hatten, der da eine Einheit und ein "Mentalitätsmonster" zusammengeschweißt hat, dank dem wir so ein 0:2 dann doch noch gedreht kriegen. Und dann mit Schuster jemanden, der taktisch und personell oft (wenn auch nicht immer) die richtigen Entscheidungen trifft und diese Mannschaft auch spielerisch auf ein neues Level bringt.



Beitragvon Ke07111978 » 13.09.2022, 10:09


Zur Taktik-Frage gab es ja heute auch einen schönen Kommentar in der Rheinpfalz.

Wer sich die Probleme mit der Grundaufstellung anschauen will, dem sei das 0:2 empfohlen. Boyd läuft 10m vor dem gegnerischen Strafraum den Aufbauspieler an, Während Kraus 5 Meter von der eigentlichen Viererkette abgerückt rd. 10 Meter vor unserem Strafraum steht. Wir haben also 60-70 Meter Spielfeld. Die vordere Pressinglinie wird mit einem einzigen langem Ball einfach überspielt. In einen Raum in dem zwei 6er gefühlt 50x30m verteitigen sollen. Ergebnis: Während in der torgefährlichen Zone vor dem 16er auf einmal 3 Darmstädter gegen 2 Lauterer stehen, trabt Niehues irgendwo im Niemadsland rum, Zuck kann noch ne halbe Stunde rasen mähen, bevor da jemals ein Ball hinkommt. Zimmer genauso. Dann versucht Kraus auf den ballführenden Spieler zu gehen, der einfach ganz trocken 20m vor dem Tor abzieht. Zu sehen ab 2:40.

https://www.sportschau.de/fussball/bund ... 8-100.html

Gegen Magedeburg haben wir nahezu das identische Tor gefangen. Gegen Fürth hat Luthe einen mit ner Mörderparade rausgeholt. Diverse ähnliche Situationen konnten mit viel Mühe wegverteitigt werden oder der Gegner hat es erst gar nicht versucht (wie Sandhausen), weil er mit dem Ergebnis zufrieden war.

Aus meiner Sicht ist offensichtlich, dass eine Vierkette aktuell nicht das beste Mittel ist - und schon gar nicht eine, die faktisch keine ist. Steht unsere Kette - wie es das Lehrbuch sagt - auf einer Höhe und 10 Meter hinter der Mittellinie, kann diese Situation niemals zu Stande kommen. Das tut sie aber nicht, weil man Angst vor dem langen flachen Vertikalpass hat, der Kraus in ein Laufduell mit Manu schickt. Wenn ich aber die Mittel nicht habe und es offensichtlich ist, dass sich die Mannschaft mit Dreierkette wohler fühlt, dann frage ich mich, warum spielen wir so?

In einer Dreierkette ist das Zentrum dicht und wir bekommen mit unseren spielstarken Mittelfeldspielern die Möglichkeit in Umschaltsituationen schnell das Mittelfeld zu überbrücken.

Wie heiß es in der Rheinpfalz heute so schön: „Der Trainer muss herausfinden, ob die 3er Kette nur situationsbedingt hilft - oder generell die bessere Lösung für das vorhandene Personal ist.“ Mal sehen was die Antwort ist.

Ansonsten sieht man, dass diese Mannschaft eine Mentalitätsmonster ist. Man sollte sich aber nicht ausschließlich darauf verlassen.



Beitragvon Kohlmeyer » 13.09.2022, 10:50


Interessante Punkte, keine Frage.

Aber: Kompakt stehen und sich geschlossen verschieben können, sollte eine Mannschaft sowohl mit Dreier- und Viererkette. Und da geht es darum, dass bei allen Bewegungen kürzest mögliche Abstände zwischen allen Spielern erhalten bleiben, natürlich auch, aber nicht nur der zwischen den dem ersten und dem letzten Mann.

Mit dem Problem hatte auch Antwerpen schon gekämpft. Er hatte ja zu Beginn viel höher pressen lassen wollen, dann aber festgestellt, dass seine Abwehrspieler, in persona Kraus, nicht so gerne hoch aufrücken, weil sie Angst haben, bei vertikalen Bällen auf schnelle Spiele nicht nachzukommen. Darauf baldowerte er ein sehr komplexes 3-5-2 aus, mit asymmetrisch agierenden Außenbahnspielern und vielem mehr, in dem nur noch situativ hoch gepresst wurde.

Die Frage, ob Vierer- und Dreierkette, ist eher die: Was geht mit unserem Personal besser? Die Dreierkette hieße dann ja wohl Tomiak - Kraus - Bormuth . Das klingt für den Moment gut, aber wenn du sie dauerhaft etablierst, musst auch mal einen ersetzen können. Wäre mit Hippe und Bünning das Level des ersten Trios zu halten? Ich glaube nicht.

Und dann hast du auf den Außenbahnen nur noch zwei Positionen. Das heißt: Zimmer, Hercher, Durm, Zuck - von den Vieren stünden dann nur noch zwei in der Startelf. Und was machst du mit Opoku? Der wäre dann wohl Kandidat für den Zweiersturm. Auch da wird das Gedränge dann groß. Von Zolinski ganz zu schweigen.

3-4-3? Dann hast du keinen Zehner mehr, Wunderlich und Klement werden sich bedanken. Sofern du nicht auf das Cruyffsche Modell mit Raute setzen willst. Aber 3-4-3 mit Raute traut sich heute keiner mehr.

Also, beim besten Willen: Mit dem Kader wird sich ein 4-2-3-1 immer besser aufstellen lassen. Was nicht heißt, dass man mal situativ auch mit Dreierkette spielen lassen kann, auch mal von Beginn an, wenn sich die Formation mit den den aktuell elf Formstärksten anbietet.

Der Gegner muss aber auch berücksichtigt werden. Heidenheim z.B. hat links ein so starkes Flügelpärchen, da sollten die Außenbahnen besser doppelt besetzt bleiben. Ich werd dazu auch was in meinem Gegner-Check schreiben.




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