Neuigkeiten und Pressemeldungen zum 1. FC Kaiserslautern.

Beitragvon Kohlmeyer » 20.12.2021, 00:00


Was es zum Spiel in Braunschweig noch zu sagen gibt - hier kommt unsere Taktik-Nachlese:

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Taktik-Nachlese zum Spiel BTSV-FCK
DBB-Analyse: Die Zuck(er)-Pässe hätten's sein können


Mit einem 1:1 beim Tabellenzweiten Eintracht Braunschweig und nun 33 Zählern auf dem Konto beschert der 1. FC Kaiserslautern seinen Fans zu Weihnachten den besten Punktestand, seit er Drittligist ist. Erstmals in dieser Saison glich das Team einen Rückstand aus.

Angesichts der Tatsache, dass der Führungstreffer der Braunschweiger irregulär war, wird diese Erkenntnis so manchem vielleicht nur ein süßsaures Lächeln entlocken. Andererseits: Wer zu den Top-Teams seiner Klasse zählen will, muss auch mal belegen, dass er Rückstände mindestens egalisieren und gegebenenfalls drehen kann. Zumindest ein Teilerfolg ist den Roten Teufeln jetzt geglückt, und das zum ersten Mal in dieser Spielzeit. Und sie zeigten im Eintracht-Stadion noch einiges mehr, das fürs kommende Jahr zuversichtlich stimmt.

Eine bärenstarke Anfangsviertelstunde etwa. Da war alles zu sehen, was Fußball auf diesem Level ausmacht und was den nicht minder ambitionierten Gastgeber ziemlich beeindruckte. Diagonale Seitenwechsel, starke vertikale Bälle in die Spitze und Flanken - etwa von Daniel Hanslik auf Kenny Redondos Kopf nach nur vier Minuten. Aggressives Pressing in Gegners Hälfte, aber auch dynamisches Umschalten von hinten heraus - etwa von Marlon Ritter mit einem irren Sprint von Strafraum und Strafraum nach nur zehn Minuten. Der abschließende Querpass auf Jean Zimmer wurde leider geblockt. Und energisches Nachsetzen auf zweite Bälle, etwa von Hanslik nach zwölf Minuten, der sofort den aufgerückten Kevin Kraus in Schussposition brachte, dessen Dropkick Eintracht-Keeper Jasmin Fejzic aber parierte.

Erst Lautern mit starker Viertelstunde, dann die Lauberbach-Show

Marco Antwerpen hatte seine Startelf gegenüber der vorangegangenen Partie bei Türkgücü München (2:1) auf zwei Positionen geändert. Kapitän Jean Zimmer beackerte für Dominik Schad und den noch nicht wieder hundertprozentig fitten Philipp Hercher die rechte Außenbahn. Felix Götze übernahm Hikmet Ciftcis Platz im zentralen Mittelfeld. Und der FCK zeigte sich auch sehr beweglich, was das Verschieben innerhalb seiner Grundformationen angeht. Götze positionierte sich bisweilen tiefer als zuletzt, agierte oft auf einer Höhe mit Sechser Ritter. Oder ließ sich beim Spielaufbau auf die rechte Verteidigerposition fallen, um lange Bälle zu schlagen. Mike Wunderlich schob sich öfter auf die linke Offensivposition, während Redondo eher rechts präsent war, so dass die beiden gemeinsam mit Hanslik eine erste Pressinglinie bildeten, hinter der Götze und Ritter die Zuspiele ins Zentrum unterbanden.

Das funktionierte eine runde Viertelstunde lang tadellos. Dann aber gelang es den Braunschweigern immer öfter, die früh attackierenden Gegner zu überspielen. Dabei setzten sie vor allem Lion Lauberbach in Szene, der im weiteren Spielverlauf zum auffälligsten Akteur auf dem Feld avancierte. 1,94 Meter groß, aber beileibe nicht nur "Kante", sondern auch ungemein fix und mit gutem Gespür für den punktgenauen Start in die Gasse. Und so spielstark, dass er aus der Spitze auspendeln und sich als Ballverteiler betätigen kann. Der 23-Jährige war bis Sommer bei Zweitligist Holstein Kiel unter Vertrag - dass so einer für einen Drittligisten überhaupt zu haben war, ist schon erstaunlich.

Ein letztes Glanzlicht vor der Pause - Blau-Gelb stark in der Luft

Nach zwei, drei gefährlichen Lauberbach-Aktionen waren es aber die Pfälzer, die kurz vor der Pause nochmal ein spielerisches Glanzlicht setzte. Von Redondo angespielt, steckte Götze mit ganz viel Gefühl auf den halblinks einlaufenden Hendrick Zuck durch, der fast am Fünfmeterraum zum Schuss kam, Eintracht-Keeper Fejzic war ihm jedoch schon so weit entgegen gestürzt, dass Zuck den Ball nicht mehr an ihm vorbeibekam.

Was außerdem auffiel: Die Gastgeber räumten nahezu alle Ecken und Freistoßflanken der Lautrer ab. So wenig nach Standardsituationen zum Zug kamen sie zuletzt bei der Heimniederlage gegen die Würzburger Kicker (0:2) im Oktober.

Elfer, Pfosten, Fehlentscheidung; Nach der Pause ging's hoch her

Nach der Pause ging es dann eine Viertelstunde lang Schlag auf Schlag. Erst markierten die Blau-Gelben ihren Führungstreffer. Ärgerlich daran war nicht nur, dass die Schiedsrichtergespann Enrique Pena Zauners Abseitsposition nicht erkannte, obwohl der Assistent auf Höhe des Balles war und freie Sicht hatte. Matheo Raab hielt den Flachschuss auch noch großartig, doch landete das Leder anschließend unmittelbar vor den Füßen des einschussbereiten Jomaine Consbruch - mehr Pech geht wirklich nicht.

Nur sechs Minuten später der Ausgleich. Eintracht-Innenverteidiger Philipp Strompf wähnte sich an der Strafraumgrenze im Ballbesitz, doch Redondo schob einen Fuß so geschickt zwischen ihn und den Ball, dass der Abwehrmann ihn statt des Leders traf. Und auch wenn's ein merkwürdiger Elfer war und mancher Braunschweiger eine Konzessionsentscheidung witterte: Den konnte man geben. Hätte Schiedsrichter Sven Waschitzki allerdings einfach weiterlaufen lassen, die Proteste hätten sich wohl in Grenzen gehalten.

Ritter verwandelte den Strafstoß mit der gleichen Lässigkeit, mit der er auch schon im November den Endstand zum 1:0 gegen den SV Wehen Wiesbaden hergestellt hatte. Sein Stil, den Keeper vorm Schuss auszuwackeln und in die andere Ecke zu schicken, mutet wirklich megacool an, dürfte sich aber bald herumgesprochen haben. Allzu oft wird die Nummer daher wohl nicht mehr funktionieren.

Nach 60 Minuten spielte Wunderlich einen ähnlichen Zuck(er)-Pass wie zuvor Götze: ein exzellent getimtes, diagonales Anspiel auf den erneut halblinks einlaufenden Zuck. Der steht vollkommen frei, nimmt aber lieber seinen starken Linken, statt mit dem schwächeren Rechten innen am Keeper vorbeizuschlenzen. Und haut den Ball am Tor vorbei. Schade.

Wieder zwei Minuten später donnerte Braunschweigs Rechtsverteidiger Brian Behrendt einen Freistoß gegen den Pfosten des Raab'schen Gehäuses. Mehr Abwechslung geht wirklich nicht.

Hercher kommt und belebt, Zimmer geht und ist unglücklich

Eine Minute später bringt FCK-Coach Marco Antwerpen Philipp Hercher für Zimmer, für den damit ein relativ unglückliches Halbjahr zu Ende ging. Wirkliche Impulse vermochte der Kapitän auch in dieser Partie nicht zu setzen, zudem verlor er einige Zweikämpfe. Nachfolger Hercher ist direkt besser Spiel - und zeigt, weswegen er, obwohl nur "Schienenspieler", neben Stürmer Hanslik der beste Scorer im Team ist.

So richtig gefährlich wird es bis zum Schlusspfiff aber auf keiner Seite mehr. Obwohl es weiter hin und her geht und beide Trainer deutliche Zeichen setzen, dass sie nach vorne noch was bewegen wollen: Michael Schiele bringt Luc Ihorst und Benjamin Girth, Antwerpen Elias Huth und Muhammed Kiprit - alle sind Stürmer. Es bleibt jedoch beim 1:1.

33 Punkte nach 20 Spieltagen - das ergibt einen Punkteschnitt von 1,65. Auf 38 Spieltage hochgerechnet wären das 62,7 Zähler, aufgerundet 63. Die wären wohl gut genug für ein Platz unter der ersten Sechs, reichen in der 3. Liga in der Regel aber kaum für die Top 3. Allerdings: Seit der großen Zäsur nach dem Magdeburg-Spiel am 7. Spieltag holten die Pfälzer 28 Zähler in 13 Partien - das ist ein Schnitt von über zwei Punkten pro Spiel und wären hochgerechnet 81. Die würden locker zum Aufstieg reichen. Träumen ist also weiterhin erlaubt. Und wünschen sowieso in dieser Jahreszeit.

"Leistungsgerechtes Unentschieden"? Der FCK hätte gewinnen können

Zu den xG-Grafiken: Während der Medientenor sich eher auf der Phrase vom "leistungsgerechten Unentschieden" einpendelt, sieht die Timeline der "expected Goals" den FCK leicht vorne. Erst recht, wenn man bedenkt, dass die Braunschweiger Einschusschance, die fast so hoch bewertet ist wie der Elfmeter, im Grunde irregulär zustande kam.

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Die Positions- und Passgrafik: Guck an, das Lautrer Spiel weist ausnahmsweise mal keine Rechtslastigkeit auf. Was aber auch daran liegen könnte, dass Zimmer nicht so umtriebig war, wie es Hercher ist, wenn er von Anfang an spielt.

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Zum Vergleich die Position- und Passgrafik der Braunschweiger. Sie hatten sich offenbar vorgenommen, die Roten Teufel über deren linke Abwehrseite zu packen.

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Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

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- Saison-Ãœbersicht 2021/22: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage



Beitragvon rocketsven » 20.12.2021, 09:50


Das war echt ein hohes Drittliganiveau, was beide Mannschaften gezeigt haben.

Gerade die Ballsicherheit, auch bei Braunschweig, die sich teilweise wirklich stark aus den intensiven Pressingphasen der Lautrer befreit haben, hat mich beeindruckt.

Das Braunschweig scheinbar Hippe als Schwachpunkt unserer Dreierkette ausgemacht hat, ist für mich nachvollziehbar. Er hatte leider auch einige Aktionen bei denen er nicht unbedingt optimal zum Gegner stand. Auch beim Gegentor lässt er seinen Gegenspieler einfach durchlaufen (Abseits hin oder her). Bei eignen Standards und beim Spielen von langen Bällen sehe ich Winkler auf jeden Fall vor Hippe. Das wird spannend, wer nach der Wintervorbereitung die Nase vorn hat.

Das wir inzwischen Standards können, hat sich wohl auch schon bis Braunschweig rumgesprochen und ist sicher auch ein Grund, warum BS mit drei nominellen IVs in der Viererkette gestartet ist. Hier sollte in der Winterpause vielleicht noch die ein oder andere Variante hinzu kommen.

Schade das Zimmer noch nicht so richtig in der Saison angekommen ist. Die Passmap zeigt eindrucksvoll, dass er kaum ins Spiel eingebunden war. Andererseits bin ich sicher, dass Jean die Zwischenzeit nutzen wird und zur Rückrunde voll angreift. Ein fitter Jean Zimmer kann für den weiteren Saisonverlauf sicher noch ein ganz schöner Trumpf sein.

Alles in allem gehe ich mit einem guten Gefühl in die Winterpause. Diese Mannschaft mit diesem Trainerteam, das kann was werden :teufel2:



Beitragvon Rickstar » 20.12.2021, 21:11


Die Rechnung mit den 81 Punkten stimmt leider nicht. Es sind ja schon 20 Spieltage rum, daher wäre es so richtig : 33 Punkte aus den ersten 20 Spielen + 28/13*18 = 71 Punkte

Tut mir leid



Beitragvon Kohlmeyer » 16.01.2022, 15:30


Et voila - hier kommt unsere Taktik-Nachlese inklusive der xG-Grafiken vom Heimsieg:

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Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-SVM
Die DBB-Analyse: Vom Feeling her unberechenbar


Der 1. FC Kaiserslautern gewinnt 4:0 gegen den SV Meppen, zeigt ein insgesamt starkes Spiel und springt erstmals in seiner Drittliga-Zeit auf einen Aufstiegsplatz - was fehlt da noch für den perfekten Nachmittag? Na klar, ein Satz fürs Schatzkästlein der schönsten Fußballsprüche ...

Den haute FCK-Geschäftsführer Thomas Hengen in der Halbzeitpause vor dem Mikrofon von "SWR Sport" raus: "Unsere Unberechenbarkeit macht uns für jeden Gegner schwer berechenbar ..." Hmm. Der spielt ungefähr in einer Liga mit Andy Möllers "Vom Feeling her hab ich ein gutes Gefühl."

Aber wer will den Lautern-Boss für diese Stilblüte belächeln, wo das 4:0 der Mannschaft doch so viel Freude machte? Hauptsache ist doch, man weiß, was er gemeint hat, oder? Und das wiederum hatten die Roten Teufel in den abgelaufenen 45 Minuten bereits deutlich gemacht. Nach 90 Minuten war es sogar noch klarer.

Vier Treffer hatte der FCK erzielt, und keiner von denen, die in der vorderen Reihe aufgestellt waren, war unter der Torschützen. Nicht mal als Vorlagengeber haben Daniel Hanslik und Kenny Redondo in der Statistik Berücksichtigung gefunden. Dabei hatten die beiden vor allen Einschlägen irgendwo die Füße mit im Spiel. Und waren ständig in Bewegung, um Räume für die Nachrücker zu schaffen, die dann auch die Treffer erzielten.

Redondo bärenstark - und jetzt stürmt sogar Kraus

Redondos Vorarbeit vor dem Führungstreffer nach nur sieben Minuten war sogar überragend, allerdings war er nicht der Mann, der den finalen Pass auf Boris Tomiak spielte. Auch in den 80 Minuten zählte er zu den stärksten seines Teams. Der gelernte Flügelstürmer ist aktuell zu einem der wichtigsten Garanten für die Unberechenbarkeit geworden, die das FCK-Spiel in dieser Saison auszeichnet, und das auf der zentralen Position hinter der vorderen Spitze, die Coach Marco Antwerpen während der Hinrunde eigentlich auf René Klingenburg zugeschnitten hatte. Redondos Schwächen im Abschluss, insbesondere bei Kopfbällen, sollten da nicht überbewertet werden.

Mit Hendrick Zuck hat sich am Samstag nunmehr der 13. FCK-Spieler in dieser Spielzeit in die Torschützenliste eingetragen. Die aber ist nur ein Beleg für die Lautrer Unberechenbarkeit, die sich möglicherweise noch weiter kultivieren lässt.

In der Anfangsphase des Meppen-Spiels etwa tauchte auch Kevin Kraus zwei Mal in Gegners Strafraum auf - ohne dass eine Standardsituation angezeigt war. Der zentrale Innenverteidiger, der als oberster Sicherheitsbeauftragter bislang den wenigsten Zug zum anderen Tor entwickelte, hatte sich aus dem Spiel heraus noch vorne eingeschaltet. Ob das nun noch öfter zu sein wird?

So werden Tore gemacht: Der FCK präsentiert die komplette Bandbreite

Bereits die vier Treffer vom Samstag zeigen jedoch, dass der FCK 2021/22 die gesamte Bandbreite beherrscht, auf der Tore erzielt werden können. Tomiaks 1:0 ging wieder einmal eine Ecke voraus, war diesmal allerdings eher eine Art Spätfolge und dürfte daher kaum als Treffer nach Standard gelistet werden. Dazu brauchte es bis zum Einschlag einfach noch zu viele Stationen.

Das 2:0 resultierte aus "Umschaltspiel" aus par excellence. Felix Götze eroberte sich in Nähe der Mittellinie der Ball und lief sich direkt über die rechte Seite frei, während Mike Wunderlich und Hanslik den vertikalen Pass vorbereiteten. Götze flankte anschließend die Mitte, Redondo verpasste, Zuck traf.

Das 3:0 darf als mustergültig fürs "Bespielen eines geordnet stehenden Gegners" gelten. Ausgangspunkt war ein Einwurf Philipp Herchers tief in der Meppener Hälfte. Anschließend kombinierten Götze, Redondo, Hanslik und abermals Hercher, ehe Götze den finalen Diagonalpass auf Vollstrecker Zuck spielte. Wäre, zugegeben, leicht auf Abseits zu stellen gewesen, doch hatte der Emsländer Steffen Puttkammer es versäumt, rechtzeitig rauszurücken.

Das 4:0: Balleroberung in Gegners Hälfte. Eigentlich der Verdienst eines geschlossen in Ballnähe nachrückenden Teams, doch gebührt Hercher ein Sonderlob. Er war es offenbar leid, dass schon drei Tore über "seine" rechte Seite gefallen waren, ohne dass er unmittelbar beteiligt war. Also schnappte sich der Schienenspieler einen Befreiungsschlag eines bedrängten Meppeners aus Nähe der Eckfahne, schob sich am Gelb-gehandicapten Jeron Al-Haizemeh vorbei und bediente Wunderlich mustergültig.

Und Meppen? Nur "Umschaltspiel" ist eben zu wenig

Meppen dagegen? Okay, der SVM war als Tabellendritter gekommen, der von seinen acht Partien zuvor sieben gewonnen hatte. Das imponiert, ohne Frage. Es war aber ebenso bekannt: Die Meppener können vor allem "Umschaltspiel", und sonst? Schnell umschalten lässt sich nur noch schwer, wenn man früh in Rückstand gerät und der Gegner sich seinerseits tief stellen darf. Okay, vor allem Mitte der ersten Hälfte gelang es den Meppenern eine Zeit lang, sich in der Lautrer Hälfte ordentlich festzusetzen. Aus dem Spiel heraus aber verzeichneten sie lediglich einen gefährlichen Drehschuss von Luka Tankulic aufs Gehäuse von Matheo Raab. Ansonsten hatten sie Emsländer lediglich Distanzschüsse und ein paar gute Standards in petto.

Die finale halbe Stunde nutzte Marco Antwerpen, um ein paar Akteuren Spielpraxis zu geben, die ab kommenden Samstag benötigt werden. Da nämlich startet eine Englische Woche mit Spielen gegen Viktoria Berlin, bei 1860 München und gegen den Halleschen FC, und da wird wohl auch mal in der Startelf durchgewechselt werden müssen.

Neben Julian Niehues, René Klingenburg und Hikmet Ciftci durfte einer ran, der eigentlich schon als abgeschrieben galt. Simon Stehle kam in den Schlussminuten für Hanslik - und hätte nach Zuckerpass von Redondo und starkem Sprint ums Haar das 5:0 gemacht. Ob's nicht vielleicht sinnvoller wäre, diesen kompakten, schnellen Stürmer weiter aufzubauen, statt weiterhin die Last-Minute-Verpflichtung eines mehr oder wenigen prominenten "Knipsers" herbeizubeten, der möglicherweise nur das Mannschaftsgefüge durcheinander bringt und diesem FCK seine Unberechenbarkeit raubt?

Wäre doch schade, gerade einem solchen Spiel, das ein gutes Gefühl für die kommenden Wochen erzeugte. So vom Feeling her.

Die xG-Plots: Eine Passgrafik zum Einrahmen

Die xG-Grafiken sind diesmal selbsterklärend. Die Timeline bestätigt den klaren Sieg für Lautern.

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Die Positions- und Passgrafik: eine wahre Freude. Bildet das 3-1-4-1-1 des FCK wunderschön ab und weist diesmal auch keine Rechtslastigkeit aus - obwohl die Tore allesamt über diese Seite eingeleitet wurden.

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Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik des Gegners. Da sollen sich die Meppener ihren Reim drauf machen.

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Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

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- Saison-Ãœbersicht 2021/22: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage



Beitragvon Olamaschafubago » 16.01.2022, 19:27


Stimmige Analyse. Bei aller angebrachter Euphorie kommt mir allerdings manchmal zu kurz, dass bei den ersten beiden Toren auch eine gute Portion Glück im Spiel war. Vor dem 1:0 fälscht der Gegner den Ball genau so ab, dass er auf Tomiaks Fuß landet, der allerdings mal wieder goldrichtig steht und noch rechtzeitig reagiert. Das 2:0 kann man meines Erachtens auch als Torwartfehler werten - dass so einer nicht reingehen muss, sieht man ja auch an der xG-Wertung. Das soll aber in keiner Weise die fantastische kollektive Offensivbewegung, insbesondere Zucks Sprint und Schuss in Abrede stellen. Nur wenn man 8 Minuten schon 2:0 vorne liegt, kann man natürlich ganz anders aufspielen. Und die letzten 10-15 Minuten vor der Halbzeit waren wir dann vielleicht eine Spur zu passiv. Will hier auch nicht das Haar in der Suppe suchen, prinzipiell war es auch klug von Antwerpen, Meppen das Spiel machen zu lassen und auf Konter zu lauern.

An der Passmap finde ich interessant, wie vier, fünf Offensivspieler relativ tief auf fast einer Linie stehen. Vor allem Redondo, Hanslik, Götze und Wunderlich bringen da durch ihre vielen Seitenwechsel, als Pass oder Lauf, eine große Unberechenbarkeit in unser Offensivspiel. Verglichen mit den Zeiten wo ein Pourie oder Huth vorne einsam auf weiter Flur steht und im Aufbauspiel fehlt. Auch "vertikal" wirkt alles viel dynamischer, wenn sich z.B. Kraus oder Tomiak in die Vorwärtsbewegung einschalten. Der dem 1:0 vorausgehende Eckball wurde ja so rausgeholt.

Was die auch wieder gerannt sind. Wirkten immer einen Schritt schneller, auch im Kopf spritziger als die Meppener. Auch merkt man an vielen Aktionen, was für (vergleichsweise) gute Techniker wir auf dem Platz stehen haben, selbst im Januar - der Rasen sah zu dieser Jahreszeit auch schon schlechter aus.

Die Stürmerdiskussion finde ich inzwischen etwas ausgeleiert, ob sie sich aber wirklich schon erübrigt hat, wird man sehen. Redondo hat schon viele Abschlüsse vergeigt und ihm fehlt leider die berühmte "Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor", aber hat trotzdem unbestritten einen großen Anteil an unserer guten Offensivstatistik. Gute Technik, viel Tempo und Ausdauer, inzwischen auch die richtigen Laufwege, dazu ein Kämpfer und mannschaftsdienlich. Ich sehe ihn in der momentanen Form definitiv in der Startelf, aber er muss das mal über längere Zeit bringen, das war ja in der Vergangenheit manchmal ein Problem. Das scheint Antwerpen aber bei so manchem Spieler gut in den Griff zu kriegen.

Und ich stimme zu, eher als die Hoffnungen in irgendeinen Last-Minute-Transfer zu stecken, sollte man lieber Stehle oder Kiprit mehr Einsatzzeit geben. Da muss man die englische Woche als Chance sehen, sich zu zeigen. Auch Klingenburg als Zehner hat mir damals gut gefallen, wenn er jetzt gesund bleibt, soll er seine Chance nutzen. Unser "zweiter Anzug" könnte insbesondere in diesem und nächstem Monat noch ein wichtiges Faustpfand im Aufstiegskampf werden.



Beitragvon rocketsven » 17.01.2022, 00:22


So soll es sein zum Rückrundenauftakt :teufel2:

Aus meiner Sicht eine sehr gute Leistung. Wo der Meppener Trainer die drei, vier Hundertprozentigen Chancen gesehen hat, ist mir schleierhaft. Genau wie die Aussage, dass wir schlagbar gewesen seien.

Klar war auch ein wenig Matchglück dabei und Meppener hatten sicher schon bessere Tage, aber wenn man mich fragt, war das eine ziemlich eindeutige Sache.

Schön zu sehen, dass es nicht nur über rechts geht und das im Zweifel auch mal Kraus die Rolle des vertikalen IV übernehmen kann. Die Vorstoße waren auch für mich sehr überraschend, aber sind aus der Dreierkette insbesondere bei einem Gegner mit einer echten Spitze bestimmt ein taktisches Element, welches wir in der Rückrunde noch öfter sehen werden.

Schade das Redondo seine Chancen verpasst hat. Dafür hat Wunderlich endlich mal wieder getroffen. Vielleicht platzt bei ihm ja auch noch der Knoten vor dem Tor. Dann hätte sich die Stürmerdiskussion wohl ebenfalls erledigt.



Beitragvon Briggedeiwel » 17.01.2022, 13:00


Zu der Stürmerfrage würde mich noch folgendes interessieren.
Wir haben in der Hinrunde ca. so viele Punkte geholt wie uns laut XG Grafik zu stehen.
Wie sieht das bei Teams aus die einen Knipser vorne drin haben? Müssten die nicht mehr Punkte holen als errechnet?
Nie mehr Feng Shui!



Beitragvon Davy Jones » 17.01.2022, 17:14


Bei allen Lob, das eine derartige Leistung verdient hat, möchte ich aber anmerken, dass der Sieg, der Statistik zu Folge, durchaus zu hoch ausfällt und hätte knapper sein müssen.
Hier taucht zwar Stehles Chance nicht auf, aber genau so wenig taucht die Situation Krüger (?) in etwa der 77. nicht auf. Dieser bekam in der Nähe des Elfmeterpunkts den Ball und verwertete diesen schlecht.
Die Chance von Evseev gegen Ende war in dem Spiel auch eine der hochkarätigsten Chancen. Er hätte nur abschließen müssen.

Auch darf man nicht vergessen, dass Tankulic schon schwere gemacht hat.
Insgesamt haben die Meppener für meinen Geschmack zu häufig in unserem Sechszehner Flanken an den Mann gebracht. Trotz unserer Überzahl.


Ein großer Teil dieses Sieges war meines Erachtens unsere große Effektivität, wodurch das Spiel ganz anders gelaufen ist.

Alles in allem aber ein gutes bis sehr gutes Spiel und ein absolut verdienter Sieg aus dem man aber auch sicher ein paar gewinnbringende Fehleranalysen ziehen kann.



Beitragvon Kohlmeyer » 18.01.2022, 09:54


Briggedeiwel hat geschrieben:Zu der Stürmerfrage würde mich noch folgendes interessieren.
Wir haben in der Hinrunde ca. so viele Punkte geholt wie uns laut XG Grafik zu stehen.
Wie sieht das bei Teams aus die einen Knipser vorne drin haben? Müssten die nicht mehr Punkte holen als errechnet?


Hi,

sorry, über Sander bekomme ich leider nur Zugriff auf xG-Daten vom FCK. Vergleiche mit anderen Teams kann ich nicht anstellen.

Aber zu Deiner Frage: Ich wüsste jetzt nicht, weshalb Vereine, deren Spiel auf einen zentralen Stürmer zugeschnitten ist, mehr Punkte holen müssten als errechnet. Wenn eine Mannschaft es beherrscht, sich Chancen durch variables Spiel zu erarbeiten, bei dem immer ein anderer vorne reinpackt und in eine gute Einschussposition gebracht wird, geht das genauso gut oder sogar besser.

Es ist vielmehr so: Ein guter "Knipser" wird Chancen eher so verwerten, dass die tatsächlichen Ergebnisse den statistischen Erwartungen entsprechen - nichts anderes errechnen ja die expected Goals. Oder er wird diese sogar übertreffen, wenn es ein sehr guter Knipser ist.

Was für Dich in dem Zusammenhang aber vielleicht interessant ist: Es existiert auch die Studie eines xG-Analysten, der einmal die Tore von Cristiano Ronaldo genauer untersucht hat. Dabei hat er festgestellt, dass Ronaldo hauptsächlich aus guten Einschusspositionen mit hoher Trefferwahrscheinlichkeit trifft, also solchen, aus denen andere auch treffen. So ein Lothar Emmerich-Tor aus unmöglichem Winkel macht er genauso selten wie andere. Weltklasse ist lediglich seine Art, wie er sich selbst in diese Einschusspositionen bringt, mit überragenden diagonalen Dribblings et cetera.

Wohlgemerkt: Das gilt nur Ronaldos Treffer aus dem Spiel heraus, nicht für seine Freistöße.

Gruß,
Kohlmeyer



Beitragvon MarcoReichGott » 18.01.2022, 10:39


Davy Jones hat geschrieben:Ein großer Teil dieses Sieges war meines Erachtens unsere große Effektivität, wodurch das Spiel ganz anders gelaufen ist.


Wenn Redondo vor dem 2:0 in Stürmermarnier nen Schritt zulegen würde, dann wäre das vermutlich aber auch eine 70% Torchance statt der 5% von Zuck...

Zwischendurch haben wir uns in der ersten Halbzeit wirklich eine Auszeit genommen und standen viel zu passiv. Entsprechend ist Meppen da durchaus auch zu kleineren Chancen noch gekommen. Davon abgesehen war es aber sehr souverän. Irgendwelche Chancen am Ende des Spiels beim Stand von 4:0 und mit eingwechselten Spielern wie Niehus und Stehle würde ich nun wirklich nicht zu hoch bewerten



Beitragvon Allievi89 » 18.01.2022, 10:51


MarcoReichGott hat geschrieben:Zwischendurch haben wir uns in der ersten Halbzeit wirklich eine Auszeit genommen und standen viel zu passiv. Entsprechend ist Meppen da durchaus auch zu kleineren Chancen noch gekommen. Davon abgesehen war es aber sehr souverän.


Das war auf jeden Fall so. Ich hab aber ein bißchen das Gefühl, dass die Lautrer da so eine Phase "Trainingsspiel" hatten. Nach dem Motto, was ausgegeben wurde (Antwerpen: Meppen mitspielen lassen) hat man es hier vielleicht nicht absichtlich schleifen lassen sondern in einer taktischen Umorientierung vielleicht mal kurz gebraucht, um dieses Mitspielen lassen einzupegeln. Das hat dann auch mal Ausschläge in unsere Richtung gegeben. Dafür ist ja dann die Abwehr bzw. das kollektive Verteidigen da. Hat mir zwar auch nicht soooo gut gefallen aber du kannst ja auch nicht 90 Minuten 200% gehen.

Das soll nicht arrogant klingen aber dafür, dass wir Meppen haben spielen lassen, war das einfach sehr wenig von denen. Trotz der Chancen hatte ich nie das Gefühl das Spiel könnte kippen. Auch bei dem Stand von "nur" 2:0.



Beitragvon ExilDeiwl » 18.01.2022, 12:45


Das war ja genau das Ziel von Antwerpen. Er wusste, dass Meppen i.d.R. über die Umschaltaktionen erfolgreich ist. Selbst das Spiel zu machen, das liegt Mepoen nicht sonderlich. Und genau das haben wir doch gesehen. In meinen Augen ist die Strategie durch den frühen Doppelschlag perfekt aufgegangen. Dass wir zwischenzeitlich vielleicht etwas sehr passiv waren… ja, habe ich auch gemerkt, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass es jetzt brenzlig würde für uns. Das mag bei anderen Gegnern, die lieber das Spiel machen, anders aussehen.
Nein, es geht mir NICHT um Hurra-Fußball!

🇺🇦 STOP WAR! FUCK PUTIN! 🇺🇦



Beitragvon Allievi89 » 18.01.2022, 14:04


... ich finds auf jeden Fall sehr stark zu sehen wie die Mannschaft variabler wird und mitten in der Saison scheinbar noch Schritte nach vorne macht.



Beitragvon Kohlmeyer » 23.01.2022, 20:00


Viel Spaß mit unserer Sonntagabend-Lektüre, hier kommt die Taktik-Nachlese gegen Berlin:

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Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-Berlin
DBB-Analyse: Ein Spiel zum Reinbeißen, mit Volltreffer


Mit seinem elften Saisonsieg nährt der 1. FC Kaiserslautern weiter die Aufstiegsträume. Beim 2:0 gegen Viktoria Berlin brauchten die Roten Teufel jedoch zunächst mal Glück, Geduld - und einen Mann in der Startelf, mit dem keiner gerechnet hatte.

Also ist sie geglückt, die "Revanche" für das 0:4 im Hinspiel, der schmerzhaftesten Niederlage, die der FCK in dieser Saison bislang einstecken musste. War ja auch klar, dass diese Partie in der Pfalz als solche etikettiert werden musste. Wenngleich sich die Hintergründe vor diesem Spiel gegenüber denen des 3. Spieltag deutlich verändert hatten.

Der kesse Aufsteiger war damals mit zwei Siegen in die Runde gestartet und erwartete den FCK als selbstbewusster Tabellenführer. Bei den Lautrern dagegen lief es nach einem mittelprächtigen 0:0 gegen Braunschweig und einem bitteren 0:1 in Meppen noch erkennbar unrund. Das Ergebnis im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark sprach für sich.

Am Samstag präsentierten sich beide Klubs nun mit einer gegenüber dem Hinspiel auf vier Positionen veränderten Startelf, und auf beiden Seiten fehlten augenscheinlich Hochkaräter. Beim FCK etwa Kapitän Jean Zimmer und Mittelfeld-Ass Felix Götze, bei Berlin Kapitän Christoph Menz und Mittelfeld-Ass Tolcay Cigerci. Doch schon der nähere Vergleich dieser beiden Personalien offenbart die Unterschiede, die sich in den vergangenen Wochen zwischen den beiden Teams aufgetan haben.

Revanche unter deutlich geänderten Vorzeichen

Zimmer war beim FCK krankheitsbedingt schon vor seinem jetzigen Ausfall keine richtige Stammkraft mehr, Götze nur kurzfristig ausgefallen, zudem ist er in dieser Saison schon mehrfach erfolgreich ersetzt worden. Cigerci dagegen hat die Viktoria in der Winterpause Richtung Türkei verlassen, Menz ist einer von etlichen Spielern, die die Berliner zurzeit unter anderem Corona-bedingt ersetzen müssen. Aus diesem Grund hatten sie 2022 auch noch kein Pflichtspiel absolviert und nur unter erschwerten Bedingungen trainiert. Die Euphorie im eigenen Lager ist nach den Startsiegen ebenfalls abgekühlt, mittlerweile hängt der Aufsteiger im Tabellen-Mittelfeld ab. In Lautern dagegen tanzen die Glückshormone zurzeit Polka, nach sieben Spielen ohne Niederlage, aber fünf Siegen und dem Sprung auf Aufstiegsplatz 2.

Die Viktoria startet geschwächt, aber mutig

Doch das muss man den Hauptstädtern lassen: Angesichts dieser Umstände bescherten sie der Elf von Marco Antwerpen eine sehr schwierige erste halbe Stunde. Ungeachtet ihrer Handicaps schoben sich die Gäste mutig nach vorne. Das Offensivtrio, das die Lautrer Hintermannschaft in Hinspiel noch so eindrucksvoll durcheinanderwirbelte, ist nach Cigercis Abgang zwar nur noch ein Duo, doch Enes Küc und Falcao harmonieren nach wie vor gut miteinander. Vor allem der Brasilianer gefiel, unter anderem mit zwei gefährlichen Tor-Annäherungen. Kein Wunder, dass Gerüchten zufolge auch der FCK den 22-Jährigen, dessen Vertrag in Berlin am Saisonende ausläuft, bereits im Visier haben soll. Allerdings dürften ihn auch finanzstärkere Vereine an ihm dran sein.

So kam Lautern diesmal nicht in den Genuss eines frühen Treffers. Erstmals seit dem Heimspiel gegen Wehen (1:0) im November war wieder mal ein "Sich-Reinbeißen" in eine Partie angezeigt. Doch auch das hat die Mannschaft mittlerweile gelernt, und dabei wirkte sie gar nicht mal zu "verbissen", sonderlich offenbarte auch spielerische Qualität. Wie Marlon Ritter, Mike Wunderlich und Philipp Hercher den beiden Stürmern Kenny Redondo und Daniel Hanslik Bälle in die Laufwege servierten, um ihnen erste Einschusschancen zu ermöglichen, war einfach schön anzuschauen. Redondo scheiterte zwei Mal an Berlins starkem Berlin Keeper Julian Krahl, Hanslik wurde ein Elfmeter verweigert, als er ein Wunderlich-Anspiel erlief und zu Fall gebracht wurde.

Julian Niehues: Ein Mann mit gewissen Eigenschaften

Und dann war da noch ein junger Mann, mit dem keiner gerechnet hatte. Marco Antwerpen hatte Julian Niehues für Götze als halbrechten Achter aufgeboten. Und eben nicht René Klingenburg, der womöglich krankheits- und verletzungsbedingt nicht wieder hundertprozentig hergestellt ist. Und auch nicht Hikmet Ciftci, der nach wie vor erst bei drei Startelf-Einsätzen in dieser Saison steht, obwohl er in allen dreien überzeugte.

Weshalb Niehues? Vielleicht, weil er im Training mehr überzeugte als die Mitbewerber. Vielleicht auch, weil Antwerpen ihn als eher defensiv orientierten Akteur als die bessere Absicherung für seine rechte Seite ansah. Hercher mutiert schließlich immer wieder vom "Schienenspieler" zum echten Rechtsaußen, und auch der rechte Innenverteidiger Boris Tomiak marschiert oft und gerne auf der Außenbahn nach vorn. Da braucht es einen, der die Kontrolle behält.

Und in der Tat: Niehues erledigte diese Aufgabe ordentlich, und nicht nur das. Der 20-Jährige schaltete sich auch mit ins Offensivspiel ein und zeigte, dass er trotz seiner 1,95 Meter gar nicht so ungelenk ist, wie viele ihn halten. Man betrachte sich nur den eleganten Lupfer, mit dem er den Ball behauptet, ehe er in der 16. Minute Hendrick Zucks Abschlussversuch vorbereitet. Kuriose Anekdote am Rande: Das letzte und bis gestern einzige Mal stand Niehues ausgerechnet beim Hinspiel in Berlin in der Startelf, wo er mit der gesamten Mannschaft unterging.

In der 42. Minute bestätigt sich Antwerpens Personalentscheidung endgültig als Volltreffer: Wunderlich bedient nach vorne gepreschten Tomiak auf der rechten Seite, der flankt butterweich auf den eingelaufenen Niehues - und der köpft ein.

Mit dem 1:0 kehrte auch die defensive Stabilität zurück

Damit befand sich der FCK im nunmehr siebten von elf Heimspielen auf der Siegerstraße. Eine Führung hat er erst einmal abgegeben, beim 1:1 Ende August gegen Zwickau.

Auch diesmal sollte nichts mehr anbrennen. In Hälfte zwei zeigte die stärkste Defensive der Liga wieder die Stabilität, die sie in den 45 Minute zuvor in einigen Momenten vermissen ließ. Und die FCK-Elf insgesamt demonstrierte, dass sie mittlerweile auch Umschaltspiel beherrscht. Allein die Versuche, mit denen Wunderlich gegen Krahl abzuschließen versuchte, wären gegen eine schwächeren Keeper wohl zwei, drei weitere Treffer mehr gewesen.

So aber war lediglich ein 2:0 zu bestaunen, das geradezu lehrbuchhaft demonstrierte, wie geschlossenes Ver- und Nachschieben funktioniert. Zuerst zwingt Redondo durch beharrliches wie kluges Anlaufen an der Mittellinie einen viel zu riskanten Pass von der linken Verteidiger-Position. Den erläuft sich Hanslik, der setzt direkt wieder Redondo ein, der bereits wieder auf Angriff umgeschaltet hat. Redondo misslingt zwar der unmittelbare Abschluss, doch der Rest des Teams ist mittlerweile so eng aufgerückt, dass es sich nach Berliner Abwehrversuchen gleich zwei Mal das Leder zurückholt.

Philipp Hercher: Der Schienenspieler ist zum coolen Knipser mutiert

Beim zweiten Mal nach einem beherzt geführten Zweikampf Ritters, der sofort nach links auf Zuck legt. Der flankt aufs lange Eck - und Philipp Hercher beweist mit seinem fünften Saisontreffer, wie abgezockt er mittlerweile vor Gegners Kasten ist: Der 25-Jährige nimmt den Ball nicht volley und mit Verve, sondern lässt ihn sich lediglich gegen den Fuß prallen, so dass er ganz locker gegen die Laufrichtung des Keepers ins Netz rollt.

Danach waren, wie schon geschrieben, zwar noch einige Torszenen zu sehen - auch auf der anderen Seite -, doch Fouls mit anschließenden Reibereien sowie etliche Wechsel machten das Spiel zunehmend unstrukturierter. Fakt ist: Am Ende stand dann doch ein ungefährdeter und auch nach Chancen klarer FCK-Sieg. Nach dem man nun gespannt sein darf, wie sich Top-Transfer Terrence Boyd in dieses gut funktionierende Team einfügen will. Es würde nicht wundern, wenn der Sturmtank sich erst einmal mit der Rolle des Jokers zufrieden geben müsste.

Ergänzung, 24.01. - die xG-Plots: Sieh an, Flankengott Tomiak ist auch der erste Aufbauspieler

Für die Timeline der expected Goals gilt diesmal das gleiche wie in der Vorwoche nach dem Meppen-Spiel: einfach anschauen und genießen. Was für ein Treppchen.

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Die Positions- und Passgrafik: Interessant, wie schief die Dreier-Abwehrreihe des FCK positioniert ist. Drum nochmal zum Verständnis: Die Spots markieren die durchschnittliche Ballannahme-Position. Alex Winkler ist nun mal der, der sich Keeper Matheo Raab für kurze Anspiele anbietet, sieht man auch am Pfeil. Bei Ballbesitz des Gegners stehen die drei Verteidiger natürlich auf gleicher Höhe. Erfreulich wieder die Passintensität zwischen den Offensivspielern. Und: Wahnsinn, was da auf der rechten Abwehrseite zusammengespielt wird. Boris Tomiak ist nicht nur der in der Dreier-Abwehrkette, der am meisten nach vorne marschiert, sondern auch der, der die ersten Pässe spielt. Guck an. Vergangene Saison hat der 23-Jährige noch Regionalliga gekickt. Was für eine Entwicklung.

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Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Berliner: Wie oben bereits beschrieben. Das ist ein Aufsteiger, der stark aufs spielerische Element setzt. Kompliment, gerade weil er derzeit auch personell gebeutelt ist.


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Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

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Beitragvon Excelsior » 24.01.2022, 05:39


Kohlmeyer hat geschrieben:Und auch nicht Hikmet Ciftci, der nach wie vor erst bei drei Startelf-Einsätzen in dieser Saison steht, obwohl er in allen dreien überzeugte.


Das hatte mich ebenso gewundert.
Wobei man allerdings konstatieren muss, dass Ciftci zuletzt bei seinem Einsatz gegen Meppen auf der "8" ähnlich orientierungslos aufgetreten ist, wie jetzt Klingenburg gegen die Viktoria.
Von daher kann ich es schon irgendwo nachvollziehen, wenn Antwerpen Ciftci vorerst als reinen Backup für die "6" betrachtet.

Kohlmeyer hat geschrieben:Nach dem man nun gespannt sein darf, wie sich Top-Transfer Terrence Boyd in dieses gut funktionierende Team einfügen will. Es würde nicht wundern, wenn der Sturmtank sich erst einmal mit der Rolle des Jokers zufrieden geben müsste.


Gefühlsmäßig würde ich ebenso darauf tippen.



Beitragvon Thomas » 24.01.2022, 11:51


Update: Die xG-Grafiken vom Berlin-Spiel sind jetzt auch online. Einfach zwei Beiträge hochscrollen oder hier klicken.
Der Verein führt als eingetragener Verein den Namen 1. Fußball-Club Kaiserslautern e.V. (1. FCK) und hat seinen Sitz in Kaiserslautern. Seine Farben sind rot und weiß. (...) Das Stadion trägt den Namen Fritz-Walter-Stadion. (Vereinssatzung des 1. FC Kaiserslautern e.V. - Artikel 1, Absatz 1)



Beitragvon rocketsven » 25.01.2022, 15:07


Wow die XG Grafik ist auf jeden Fall noch eindeutiger, als ich dachte.

Freut mich richtig für Niehues, dass der erste Startelfeinsatz dieses Jahr direkt so gut lief. Denke der Junge hat seine Eingewöhnungszeit gebraucht und sich einiges vorgenommen. Die Passmap zeigt, dass er sich sehr gut ins Kombinationsspiel mit Tomiak und Hercher eingebunden hat. Das Tor wird ihm hoffentlich noch mehr Selbstvertrauen geben. Und der Einsatz war auch wieder mal ein Beweis, dass wir uns auf unsere zweite Reihe verlassen können.

Ich bin gespannt, wie sich die Passmap verschiebt, wenn Boyd eingesetzt wird.

Alles in allem deutlich souveräner als die Konkurrenz. So darf es gerne weiter gehen.



Beitragvon Kohlmeyer » 30.01.2022, 17:00


Hier kommt unsere Sonntagslektüre in Form der Taktik-Nachlese zum Heimspiel:

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Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-HFC
Die DBB-Analyse: Mit Pressschlägen ins Glück


Seinen zwölften Saisonsieg musste sich der 1. FC Kaiserslautern härter erkämpfen als jeden anderen zuvor. Im entscheidenden Moment brauchte es Durchsetzungsvermögen, ein wenig Dusel - und am Ende eine starke Hintermannschaft.

Hand aufs Herz: Wer litt in der Schlussphase dieses Spiels gelegentlich unter unangenehmen Flashbacks? Als der FCK versuchte, seinen knappen Vorsprung über die Zeit zu bringen, während der Hallesche FC über hohe Bälle, gerade auch über Freistoßflanken, zum Erfolg zu kommen versuchte? Kamen da nicht mal Erinnerungen hoch an die vielen Spiele, in denen die Lautrer in den vergangenen Spielzeiten kurz vor Ultimo noch jede Menge Punkte abgaben? Gegen Preußen Münster, gegen Fortuna Köln, beim MSV Duisburg, Hansa Rostock und, und, und?

Wie? Keine Ängste mehr ausgestanden, gar keine? Dann ist es der aktuell besten Hintermannschaft der Liga tatsächlich gelungen, sich eine Vertrauensbasis zu schaffen, die so schnell nicht mehr zu erschüttern ist. Und die ihre Fähigkeiten nicht nur in der Tabelle manifestiert hat, sondern auch im Bewusstsein ihrer Fans. Was will man mehr?

"Ermauert"? Die xG-Timeline bestätigt: Der FCK siegt verdient

Obwohl: So ein paar Nerven kostete die über weite Strecken abwartende Spielweise der Roten Teufel schon. Die Hallenser waren doch als Tabellen-15. gekommen. Und die Elf von Marco Antwerpen wollte sich auf dem direkten Aufstiegsplatz 2 festsetzen. Und dann agierte sie im eigenen Stadion, vor immerhin 1.000 zugelassenen Fans, so zurückhaltend, insbesondere in der zweiten Hälfte?

"Wer am Ende gewonnen hat, hat alles richtig gemacht." Mit solchen Sätzen pflegte einst Otto Rehhagel nach Siegen mediales Gemecker an der Spielweise seiner Mannschaft vom Tisch zu fegen. Kann man ja auch so sehen. "Expected Goals"-Auswertungen gab’s zu König Ottos Hoch-Zeiten allerdings noch nicht. Die hätte der Meistertrainer der alten Schule vermutlich auch für Blödsinn gehalten. Es sei denn natürlich, sie hätten ihn bestätigt.

Interessanterweise leistet dies die xG-Timeline dieses Spiels sogar. Nach der nämlich war es sogar ein absolut verdienter Sieg des FCK. Auch wenn er sich hinterher zunächst ein bisschen "ermauert" anfühlte.

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Nur ein Gesamtwert von 0.38 für Halle - das mag ein wenig erstaunen. Zu Jan Shcherbakovskis Lattentreffer in der 82. Minute muss allerdings gesagt werden, dass Schüsse von außerhalb des Sechzehners generell mit einer geringen Trefferwahrscheinlichkeit bewertet werden. Der Kopfball von HFC-Kapitän Jonas Nietfeld nach einer Ecke von Niklas Kreuzer in der 33. Minute hätte allerdings einen höheren Ausschlag verdient. Da rettete Daniel Hanslik gerade noch auf der Linie.

Ein starker Gegner - und drei kurzfristige Ausfälle

Weshalb dieser zwölfte Saisonsieg wie der schwerste von allen anmutet? Das lag zum einen am couragiert, gut geordnet und konzentriert fightenden HFC. Der deutlich machte, dass der momentane Tabellenstand eines Gegners in dieser Liga eigentlich nichts darüber aussagt, wie stark er sich bei seinem nächsten Auftritt präsentiert. Zum anderen sorgten drei äußerst kurzfristige Ausfälle - natürlich Corona-bedingt - für Brüche im Pfälzer Spiel.

Neben Julian Niehues, der vor Wochenfrist gegen Viktoria Köln (2:0) so nachhaltig auf sich aufmerksam machte, fehlten mit Marlon Ritter und Kenny Redondo plötzlich zwei feste Elemente der zuletzt so stabilen Mittelachse. Dies machte sich vor allem in der zweiten Halbzeit bemerkbar, als schnelles Umschaltspiel angezeigt war, um die knappe Führung auszubauen. Mit Ritter fehlte der Mann, der die Konter einleitet, mit Redondo der, der sie mit Geschwindigkeit nach vorne trägt.

Dabei wurden beide von ausgewiesenen Könnern ersetzt. Für Redondo rückte Neuzugang Terrence Boyd ins Team. Allerdings übernahm er, wie nicht anders zu erwarten, die Rolle der Keilspitze und vordersten Störenfrieds im Spiel gegen den Ball. Daniel Hanslik wich auf die Position dahinter aus, bildete bei gegnerischem Ballbesitz das Zentrum einer Dreierreihe zwischen Mike Wunderlich und René Klingenburg.

Boyd bewährt sich als Prellbock, Ciftci als Kampfsau

Wie das in Zukunft aussehen könnte, demonstrierten Boyd und Hanslik bereits nach elf Minuten: Da legte Boyd einen langen Ball von Hendrick Zuck fein auf den links durchstartenden Hanslik ab, der nach seinem Flankenlauf den mittlerweile an den Elfmeterpunkt gehasteten Boyd ums Haar ebenso mustergültig bedient hätte - doch ein Hallenser Abwehrbein verhinderte den Treffer. Auch im Zusammenspiel mit Wunderlich deutete Boyd an, dass mit ihm nun der lange gesuchte Prellbock im Sturmzentrum gefunden ist.

Für Ritter durfte Hikmet Ciftci als Sechser ran. Der hat normalerweise durchaus das Potenzial, auch die spielerischen Aufgaben zu lösen, die sich auf dieser Position stellen. Daran haperte es jedoch ein wenig, wohl, weil Ciftci in dieser Saison noch nicht oft zum Zuge gekommen ist. Dafür setzte sich der 23-Jährige mit effektvollen Zweikampf-Aktionen in Szene - und das am eindrucksvollsten vor dem Führungstreffer in der 38. Minute:

Nach einem Einwurf Philipp Herchers tief in der Hallenser Hälfte sichert sich Ciftci einen bereits verlorenen Ball, behauptete ihn energisch per Pressschlag und passt auf Hanslik, der rechts Hercher einsetzt. Der flankt diesmal nicht, sondern passt in den Rückraum, wo der ideale Abnehmer für solche Zuspiele steht - Mike Wunderlich. Der schießt direkt, flach und präzise. 1:0.

Typisch: Den besten FCK-Chancen gingen Pressschläge voraus

Die Entstehungsgeschichte dieses Treffers zeigt, wie stark dieses FCK-Team mittlerweile in Einwurfsituationen den Ball zu behaupten vermag. In Hälfte zwei lieferte Hercher - ohnehin wieder einer der Stärksten - dafür noch einen weiteren Beleg.

Dass vor dem Siegtreffer sich ein Lautrer per Pressschlag behaupten musste, war im übrigen charakteristisch fürs gesamte Spiel - weil es deutlich macht, wie eng und intensiv es auf dem Betzenberg zuging. Vor Boyds Einschussversuch in der 29. Minute, bei dem er aus spitzem Winkel den Ball nur knapp am langen Pfosten vorbei jagte, hatte sich der Stürmer ebenfalls, in Zusammenarbeit mit Hercher den Ball "erpresst".

Und mit der gleichen Mischung aus Glück und Durchsetzungsvermögen bullerte sich in der 76. Minute der eingewechselte Muhammed Kiprit in Schussposition. Er scheiterte jedoch an HFC-Keeper Tim Schreiber. Kiprit war übrigens für Boyd in die Partie gekommen - und zeigte, dass man ihn im allgemeinen Hype um den neuen Mittelstürmer keinesfalls vergessen sollte. Der 22-Jährige hat Talent - und braucht weiter Einsatzzeiten, um sich zu entwickeln.

Die Schlussphase: Klingenburg auf die Sechs, Schad macht Speed

Für Ciftci dagegen war nach 64 Minuten Schluss. Für ihn kam Dominik Schad. Klingenburg übernahm daraufhin die Sechser-Position. Schad versuchte auf der halbrechten Mittelfeld-Position, mehr Speed ins Umschaltspiel zu bringen. Was nur so halbwegs funktionierte. So dass der Wunderlich-Treffer am Ende reichen musste, um die drei Punkte sicherzustellen.

Und die Hintermannschaft, die sich mittlerweile so viel Vertrauen im Fanlager erarbeitet hat, dass sich schlimme Erinnerungen an Last-Minute-Gegentreffer nur noch selten einstellen.

Bleibt noch die Positions- und Passgrafik nachzutragen. Die zeigt, dass auch nach Boyds Ankunft in der FCK-Offensive munter kombiniert wird, aber auch, dass Ciftci als Umschaltstation nicht so im Spiel war wie zuletzt Ritter.

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Zum Vergleich die Postions- und Passgrafik der Hallenser. Viel Ballbesitz, aber das meiste lief doch nur "hintenrum".

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Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

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Beitragvon Schulbu_1900 » 30.01.2022, 21:03


Was wurde im Vorfeld vorm Halle Spiel spekuliert ob Boyd spielt oder nicht spielt und ab wann er denn spielt und wie. :shock:
Jetzt haben wir die Systemumstellung.
@Kohlmeyer, Du hast das echt gut beschrieben, mit dem Prellbock und dem zurückgezogenen Hanslik. Das habe ich genauso gesehen.
TB hat sein Spiel auch selbst finde ich richtig eingeschätzt. Mit dem Ball war es gut, aber gegen den Ball muss ich noch mehr machen hat der Trainer während dem Spiel gesagt. Man könnte auch so sagen, ohne den Ball hat er eher abgewartet bis er angespielt wird. Man kann auch nicht erwarten das alles innerhalb einer Woche alles funzt, wie auch.

Zumindest wissen wir das die Mannschaft Systemumstellungen kann, warten wir es ab.

@Kohlmeyer, sehr guter Artikel auch insgesamt.... :daumen:
Bin derart geflasht, was die Mannschaft mittlerweile an Physis und Laubereitschaft und zwar konstant auf den Platz bringt, unfassbar. DH, die Pferdelunge sowieso.
Seit Jahren war das so nicht zu sehen.



Beitragvon BetzeBodega » 01.02.2022, 08:21


Danke für die Analyse :)

Auffällig ist meines Erachtens auch, dass zumindest laut den Positions- und Passgrafiken unsere Gegener es häufig über ihre Rechte, also über unsere linke Seite (die Zucke-Seite) probieren, also das Spiel des Gegners häufig etwas rechtslastiger ist (mal abgesehen von Viktoria Berlin). Ich vermute mal, dass in der Analyse häufig Zuck insbesondere als Angriffspunkt unserer Verteidigung gesehen wird, was angesichts der Formstärke und des Tempovorteils von Hercher nicht verwundert. Dieses Defizit fängt Zuck aber geschickt auf, indem er häufig einfach tiefer steht, bzw. selbst auch selten den Ball verliert.

ISt jetzt alles nichts neues, aber meine 5cent zu dem Thema (und der Versuch den Thread, der meines Erachtens viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt, etwas zu beleben)
"Kritisiert mir den nicht so viel, das ist ein guter Mann"



Beitragvon rocketsven » 01.02.2022, 13:37


Schade, dass MA krankheitsbedingt seine Aufstellung ändern musste. Aber so wie es klang, hätte TB wohl erstmal auf der Bank gesessen.

Grundsätzlich würde ich auch nichts an der Grundordnung ändern. Mit TB sehe ich aber auf jeden Fall die Möglichkeit situativ zu reagieren und auf ein 1-2-2-5 oder 2-1-2-5 angeleht an dei Frankfurter Büffelherde der Saison 18/19. Für das hohe Pressing müssen die Laufwege sicher noch abgestimmter sein, aber für mich sieht es aus als ob die entsprechende Physis vorhanden ist.



Beitragvon Kohlmeyer » 07.02.2022, 17:00


Zum ersten Auswärtssieg im neuen Jahr soll natürlich auch unsere DBB-Analyse nicht fehlen:

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Taktik-Nachlese zum Spiel FSV-FCK
Die DBB-Analyse: Den Ausfällen mit Einfällen trotzen


Es läuft weiter rund beim 1. FC Kaiserslautern. Ein Selbstläufer aber war auch der 2:0-Sieg beim FSV Zwickau nicht. Ausfälle zwangen Marco Antwerpen abermals kurzfristig zu Umstellungen. Doch ihm scheinen die Ideen nicht auszugehen.

In der Woche zuvor Julian Niehues, Kenny Redondo und Marlon Ritter, diesmal Matheo Raab und Kevin Kraus. Kurzfristige Ausfälle, wohl größtenteils Corona-bedingt, stellen Marco Antwerpen ständig vor immer neue Probleme, die ebenso so schnell gelöst werden wollen. Wie? Mit Boris Tomiak und Alex Winkler stehen nur noch zwei gelernte Innenverteidiger im Team? Da wird wohl mit Viererkette gespielt. Dachte bestimmt jeder, der vor der Partie auf die Mannschaftsaufstellung schaute. Zumal auch Antwerpen im Vor-Spiel-Interview genüsslich damit kokettierte.

Doch siehe da: Direkt nachdem Anpfiff schob sich René Klingenburg, zuletzt Mittelfeldspieler, zwischen die beiden. Also doch wieder Dreierkette. Und nach ein wenig Überlegen auch gar keine so große Überraschung. Klingenburg ist schließlich schon die ganze Runde über Antwerpens Mann für alle Fälle. Er war schon als Sturmspitze, Zehner, Achter und Sechser unterwegs. Warum also nicht auch als zentraler Innenverteidiger?

Frisch aus Antwerpens Ideenküche: der Dreier-Sturm

Nächste Überlegung: Wer kurzfristig die Position des Abwehrchefs neu besetzen muss, der lässt sich auf keine weiteren Experimente ein und lässt den Rest des zuletzt stabilen Mannschaftsgefüges stehen. Könnte man zumindest meinen. Ist aber schon wieder falsch. Neu in die Mannschaft gerückt waren nicht etwa Hikmet Ciftci oder Nicolas Sessa - auch der genesene Berlin-Torschütze Julian Niehues saß wieder auf der Bank. Sie alle hätten die Position des halbrechten Achters übernehmen können, von der Klingenburg zurückgezogen wurde. Doch der Trainer stellte Muhammad Kiprit in die Startelf, einen dritten Stürmer neben Terrence Boyd und Daniel Hanslik.

Und das erstaunt auch nach einigem Nachdenken noch. Denn als klassischer Dreier-Sturm können die Drei kaum funktionieren. Hanslik orientiert sich zwar auf die linke Seite, Kiprit auf die rechte, aber richtige Flügelstürmer sind beide nicht. Wie das gedacht ist, wird erst im Lauf der ersten Hälfte deutlich. Das Trio griff nicht auf einer Linie an, sondern formierte sich eher als Triangel. Boyd gab im Zentrum den vordersten Störfaktor für die gegnerischen Innenverteidiger. Kiprit und Hanslik bewegten sich leicht versetzt hinter ihm und sollten das Aufbauspiel der Zwickauer auf die Seiten leiten. Dauerhaft besetzt hielten die Außenbahnen wie gewohnt Philipp Hercher und Hendrick Zuck. Hin und wieder versuchten die drei Stürmer auch mal zu switchen, dann machte Boyd die Mitte mal für Kiprit, mal für Hanslik frei.

In Hälfte eins ist noch Sand im Getriebe - und Zwickau stark

Das alles sah, kein Wunder beim ersten Mal, noch recht ausbaufähig aus. So ein richtiger Spielfluss mochte sich in der ersten Hälfte nicht einstellen, und das lag nicht nur am rustikal attackierenden Gegner. Der genesene Marlon Ritter schien als Aufbauspieler vor der Abwehr bisweilen schon verzweifelt nach einer zweiten kurzen Anspielstation neben Mike Wunderlich Ausschau zu halten, ehe er sich zum langen Ball gezwungen sah. Und Hercher und Tomiak kamen nicht wie gewohnt über ihre geliebte rechte Seite ins Marschieren. Hercher versuchte sich an ein paar Flanken mit dem linken Fuß aus dem Halbfeld, die aber kaum für Gefahr sorgten.

Doch immerhin: Gleich drei Mal setzte er auf dem rechten Flügel den vor ihm postierten Kiprit stark in Szene, einmal mit einem schnell ausgeführten Einwurf - die einfachen Dinge bewähren sich manchmal halt immer als die effektivsten.

So blieb die fußballerisch stärkste Szene der ersten Hälfte den Zwickauern vorbehalten. Ein von der rechten Verteidiger-Position schönes Überspielen der Lautrer Pressinglinie, ein langer Sprint des flinken Johan Gomez, der Zuck auf seiner Seite schwer zu schaffen machte, eine schöne Ablage auf rechts - und Winkler musste die Hereingabe in höchster Not klären. 

Zuvor hatte das stämmige Kraftpaket Dominic Baumann im Sturmzentrum des FSV - mit 1,78 Metern Körpergröße gar nicht mal der Kantentyp - auf die Querlatte des Kastens geköpft. In dem Avdo Spahic Raab vertrat, unterm Strich wie gewohnt erfolgreich, diesmal aber auch mit ein, zwei Patzern. Irgendwo schlägt die fehlende Wettkampfpraxis als Nummer Zwei halt doch durch.

Boyds Treffer: Typisch für ihn, untypisch für Lautern - im Moment noch

Doch beim FCK läuft es zurzeit halt. Drum wurde ihm auch diesmal die Gnade des ersten Treffers zuteil. Der fiel in der 38. Minute. Und zwar auf eine Art und Weise, die eigentlich simpel ist, mit der sich die Männer in Rot jedoch jahrelang schwer getan haben: Langer Ball - Zweiter Ball - drin.

Denn auch die Nummer will gekonnt sein, und die Roten Teufel haben vorne jetzt einen drin, der sie beherrscht. Den weiten Ball Richtung Zwickauer Strafraum schlug Tomiak. Am Sechzehner stieg Boyd gemeinsam mit FSV-Innenverteidiger Steffen Nkansah hoch. Der Deutsch-Amerikaner erwischte den Ball gar nicht mal selbst, konnte seinen Gegenspieler aber an einer sauberen Kopfball-Abwehr hindern, sodass Wunderlich sich den Ball in halblinker Schussposition gleich wieder schnappen konnte.

Und dann zeigt sich, dass Boyd eben nicht nur als Prellbock funktioniert: Während Nkansah noch dabei ist zu sondieren, wie es jetzt weitergehen soll, dreht Boyd sich sofort um ihn herum und machte ein paar Schritte in die Box. Dass er die Flugbahn von Wunderlichs eher mittelprächtigem Schussversuch kreuzt, ist daher kein Zufall, sondern Gedankenschnelligkeit und Instinkt - und eben der lässt ihn auch den Fuß an den Ball halten. Und ihn ins kurze Eck lenken. Sein erster Treffer im FCK-Trikot.

Hälfte zwei: Zwickau spielt, FCK kontert

Nach der Pause waren die Rollen neu verteilt. Der FSV musste kommen, der FCK durfte kontern. Und das Team von Joe Enochs zeigte, dass es oft zu Unrecht als eines dargestellt wird, das nur reagieren kann. Die Schwäne können durchaus kicken. Mit Ronny König kam die Kante, die Lautern schon oft das Leben schwer machte, mit dem jungen Marius Hauptmann einer, der für noch mehr Betrieb über die rechte Seite sorgte. Die Chance zum Ausgleich war da, doch Luca Horn schlug sechs Meter vorm Tor ein Luftloch. Und Abwehrchef Klingenburg bewährte sich in einigen brenzligen Situationen als perfekter Feuerwehrmann.

Erst nach 70 Minuten, als Antwerpen mit Kiprit einen seiner drei Stürmer vom Feld holte und mit Ciftci auf ein tiefstehendes 4-4-2 umstellte, erlahmten die Angriffsbemühungen der Zwickauer langsam. Zu diesem Zeitpunkt aber hatten sich auch die Lautrer schon einige Konterchancen herausgespielt - und eine davon zum 2:0 genutzt. Eingeleitet vom starken Ritter, der sich von Sechser-Position auf den rechten Flügel gestohlen hatte, zum Flankenlauf ansetzte und Kiprit anspielte. Dessen Schuss wehrte Keeper Johannes Brinkies noch ab, den Abpraller schnappte sich abermals Ritter, der von Horn gelegt wurde. Unglücklich, da sich Ritter eigentlich vom Tor wegbewegt hatte. Ein klarer Elfer wars dennoch. Ritter, wohl weil gefoulter Spieler, überließ die Ausführung Kiprit. Und der verwandelte souverän.

Und gegen Ende wuchert der FCK mit Chancen

Was der FCK sich ansonsten in der zweiten Hälfte an Torchancen herausspielte, ist müßig aufzuzählen. Eigentlich wär mal wieder ein Tor nach einer Standardsituation fällig gewesen. Doch nach kurz ausgeführter Ecke und Flanke von Zuck schaffte es Boyd, freistehend aus vier Metern über den Kasten zu schießen. Offenbar sind Torjäger auch nur Menschen.

Eine weitere Ecke wurde abgewehrt, doch die Lautrer sicherten sich wieder mal den zweiten Ball, Hercher flankte und Tomiak traf die Unterkante der Latte. Wunderlich zeigte wiederholt, dass er keiner für die einfachen Tore ist, die komplizierten liegen ihm mehr. Einmal durfte er aus einer klaren Abseitsposition aufs Tor zulaufen und vergeben - die einzige wirkliche Fehlentscheidung des Schiedsrichter-Gespanns. Weshalb sich die Zwickauer Anhänger am Ende betrogen fühlten, bleibt ihr Geheimnis.

Statt da noch näher drauf einzugehen, gucken wir lieber auf die xG-Timeline. 

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Klarer geht's wohl nicht. Vergessen wir aber auch nicht: Das klare Chancenplus ergab sich erst in der zweiten Hälfte. Die erste war keinesfalls eine überzeugende Angelegenheit, auch Zwickau hätte in Führung gehen können.

Die Positions- und Passgrafik anzuschauen, ist ebenfalls eine wahre Freude. Ein wunderbar gleichmäßiges Passspiel, in die Breite wie in die Tiefe, das das vom Trainer gewählte 3-4-3 exakt widerspiegelt.

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Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Zwickauer. Keine Frage: Die Mitte war dicht. Wenn, dann ging was über Außen, und zwar über die rechte Seite. Die aber war richtig stark.

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Ob der Dreier-Sturm nun die neue Grundordnung des FCK in der Ära Boyd wird? Hoch wetten würden wir darauf nicht. Gegen Tabellenführer Magdeburg könnte einem quirligen Geist wie Antwerpen schon wieder was Neues einfallen. Sofern ihn Corona nicht ohnehin dazu zwingt, wieder neue Ideen auszubrüten.

Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

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Beitragvon MarcoReichGott » 07.02.2022, 17:38


Während ich das Spiel gegen Halle noch als klassischen Arbeitssieg bewerten würden, war uns Zwickau in Halbzeit 1 schlichtweg spielerisch überlegen - und das obwohl die auf quasi jeder Position personell schlechter besetzt sind. Für eine gute taktische Leistung spricht das wirklich nicht

Während das Experiment mit Klingenburg in der IV durchaus aufging, funktionierte das Spiel mit 3 Stürmern vorne überhaupt nicht. Wie auch im Text angesprochen, hatte Ritter die meiste Zeit überhaupt keine Anspielstation nach vorne. Wir haben schlichtweg das gesamte Mittelfeld aufgegeben. Die Positionsgrafik gibt hier auch eindrucksvoll wieder, was man auch im Spiel genauso beobachten konnte. Da war einfach ein riesiges Loch im Mittelfeld und ein geordnetes Aufbauspiel fand kaum statt. Aber auch zweite Bälle konnten wir so kaum erobern.

In Führung gegangen sind wir letztlich aufgrund der individuellen Klasse. Während Zwickau es nicht geschafft hat die letzten Pässe zu spielen bzw. vernünftig abzuschließen, beweist Boyd den Riecher und geht genau im richtigen Moment in die Box und verwandelt einen Verlegenheitsabschluss.

Positiv abzumerken ist, dass wir im Laufe des Spiel und insbesondere durch die Einwechslungen von Ciftci und Redondo nochmal deutlich nachlegen konnten und immer stärker geworden sind.

Letztlich haben wir 3 Punkte geholt und das ist angesichts der ganzen Ausfälle defintiv nicht zwingend erwartbar gewesen. Aber ich hoffe, dass sich das Lazarett langsam auch wieder lüftet und wir in der Offensiv wieder anders agieren können. Denn die nächsten Gegner heißen Magdeburg, Mannheim, Verl, 1860 und Osnabrück. Und die werden wir nicht mit der reinen Kaderqualität schlagen können...da werden wir spielerisch und taktisch defintiv wieder einen Tacken zulegen müssen.

Edit: Um das noch kurz zu ergänzen. In einem 3-4-3, bei dem man nicht bloß kontern, sondern auch mal ein bißchen Ballbesitze haben möchte, müssten die beiden AVs stärker in die Mitte einrücken. In einem 3-4-2-1, was aber vielleicht der "Triangel" Format näher kommt, müssten Hanslik und Kiprit nochmal deutlich stärker aus dem Mittelfeld herauskommen und sich als Anspielstationen anbieten. Was wir hingegen in der ersten Halbzeit bei eigenem Ballbesitz erreichen wollten, ist mir wirklich völlig unklar.



Beitragvon Kohlmeyer » 13.02.2022, 16:30


Ein Spitzenspiel mit vielen interessanten Szenen - unsere Nachlese gegen Magdeburg:

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Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-FCM
Die DBB-Analyse: Der alte Betze-Geist geht wieder um


Vier Tore, jede Menge Tempo und am Ende Gerangel: Das 2:2 des 1. FC Kaiserslautern gegen den 1. FC Magdeburg war ein echtes Spitzenspiel, das Erinnerungen an große alte Zeiten weckte, taktisch wie emotional.

Irgendwann in einer Saison müssen sie ja mal aufeinandertreffen: die beste Abwehr auf den besten Angriff. Wer da im Vorteil ist? So drei, vier Etagen höher ist eine Partie dieser Konstellation legendär geworden.

Barca gegen Milan, 18. Mai 1995. Athen, Olympiastadion, Finale der Champions League. Johan Cruyffs Spanier, angeführt von Ballzauberern wie Hristo Stoitchkov und Romário, stellen die anerkannt stärkste Offensive Europas. Fabio Capellos Italiener, organisiert von Abwehrchef Paolo Maldini, gelten als das am besten verteidigende Team auf dem Kontinent. Denn es beherrscht wie kein anderes das geschlossene Verschieben gegen den Ball über den gesamten Platz. Pressing, wie es Capellos Vorgänger Arrigo Sacchi einst bei den Mailändern perfektionierte.

Und wer gewann? 

Die Barcelonesen? Haben fast 70 Prozent Ballbesitz und verzeichnen mehr als doppelt so viele Torabschlüsse wie ihre Gegner. Die Mailänder? Gewinnen 4:0. Brauchen nicht einmal eine Stunde, um das Endergebnis herauszuschießen. Die beste Abwehr setzt sich gegen den besten Angriff durch. Ordnung und Struktur schlagen Improvisationskunst. Strategen besiegen Individualisten.

Gewagte These: Magdeburg war mehr Barca als der FCK Milan war

27 Jahre später, Kaiserslautern, Fritz-Walter-Stadion, 3. Liga, 26. Spieltag. Auch hier heißt es: Die beste Abwehr gegen den besten Angriff. Diesmal aber endet die Sache unentschieden, 2:2. Weshalb hat sich die bessere Defensive diesmal nicht durchgesetzt?

Weil solche Vergleiche hinken, werden manche jetzt knoddern. Kann man so sehen, muss man aber nicht. Um im Bild zu bleiben, ließe sich antworten: Weil Christian Titz’ Magdeburger näher am FC Barcelona waren als Marco Antwerpens Lautrer am AC Mailand.

Bleiben wir jetzt aber näher am Geschehen in der Gegenwart. Um zu gewinnen, hätte der FCK das erste Tor schießen müssen. Oder Marlon Ritter seinen Elfmeter verwandeln. Oder als beste Abwehr der Liga eben auch diese beiden Gegentreffer verhindern müssen.

Alle drei "oder" zusammen genommen, lässt sich der Schluss ziehen: Es war durchaus ein Sieg drin für die beste Abwehr. Und das gegen einen Gegner, der sie im eigenen Stadion phasenweise in einer Art und Weise hinter dem Ball her hecheln ließ, wie es der FCK-Anhang in der Drittliga-Geschichte seines Klubs noch nicht erlebt hat.

Der Messi-Kopie zum Trotz: Lautern kommt besser ins Spiel

Und den man durchaus mit dem FC Barcelona vergleichen darf. Allerdings eher mit dem sogenannten "Dream Team 2.0", mit dem Pep Guardiola um 2010 Furore machte. Seit Titz auf seinen pfälzischen Sturmtank Luca Schuler verzichten muss, passt der Vergleich sogar noch besser. Seither präsentiert sich Magdeburg nämlich in einer 4-3-3-Formation, die vorne in der Mitte komplett auf eine Kante verzichtet. Stattdessen wirbelt ein Trio schmächtiger Tempodribbler die gegnerischen Abwehrreihen schwindelig. Und in deren Mitte bewegt sich mit Baris Atik tatsächlich eine Art wie ein Messi für Arme. Seine Sympathiewerte analysieren wir hier allerdings nicht.

Dennoch: In der ersten halben Stunde kamen die Roten Teufel besser rein in dieses Spitzenspiel, das in jeder Sekunde eines war. Und das gar nicht mal, weil sie gegen den spielstarken Gegner auf Konter lauerten. Sie verteidigten entschlossen nach vorne, waren griffiger im Zweikampf und lösten enge Situationen immer wieder spielerisch - etwas, von dem man erwartet hatte, dass es eigentlich die Magdeburger besser können.

Und hätten sie den ersten Treffer dieser Partie markiert ... Der FCK hat in dieser Saison erst zwei Mal nach einer Führung noch einen Punkt abgegeben, gegen Zwickau und in Duisburg.

Viele Chancen zur Führung: Der VIP-Sturm hätte es besser gemacht

Die Chancen waren da. Besonders kurios: die Freistoßszene nach sechs Minuten. Die Magdeburger rechnen mit einem hohen Ball und wollen die Lautrer Kopfballriesen lieber auf Abseits stellen, statt sich auf einen Luftkampf einzulassen. Also rennen sie vor dem Ballkontakt des Freistoßschützen geschlossen aus dem Sechzehner. Zurück bleiben gleich vier verdutzte Rote Teufel. Die Flanke kommt aber gar nicht, sondern Philipp Hercher geht auf der rechten Seite steil. Jetzt müsste er nur ein flaches Zuspiel in die Mitte hinbekommen, das als Rückpass durchgeht ... Aber offenbar war Hercher selbst von der Situation überrascht.

Kurz darauf erkämpft sich Redondo an der gegnerischen Auslinie den Ball, schafft es aber ebenfalls nicht, direkt einen der freien Kollegen vorm Kasten anzuspielen. Und dann geht Terrence Boyd nach einem feinen Pass von Hikmet Ciftci auf und davon, wird im letzten Moment aber von FCM-Innenverteidiger Alexander Bittroff im Strafraum gestoppt.

Die Experten auf der VIP-Tribüne haben es erkannt: Boyd hätte, als er noch Vorsprung vor seinem Gegenspieler hatte, Bittroffs Laufweg kreuzen müssen. Dann wären dem Abwehrspieler nur zwei Optionen geblieben: Entweder den Stürmer laufen lassen oder Notbremse und Rot. Wir notieren: In Kaiserslautern sitzen die cleversten Angreifer auf der VIP-Tribüne.

Magdeburgs Offensivwirbel: Zweiter Versuch, erster Treffer

Nach diesen 30 Minuten aber kamen die Magdeburger besser in die Partie und zeigten prompt ihre sehr speziellen Qualitäten. Das Trio in der Lautrer Abwehrkette, insbesondere der zentrale Kevin Kraus, ließ sich vom ständig auspendelnden Mittelstürmer Baris Atik nicht hinten raus locken. Dadurch aber schufen sich die Gäste immer wieder eine zusätzliche Anspielstation zwischen den Linien, während in der besten Defensive der Liga zu viele Kicker lediglich den freien Raum deckten.

So durfte Atik unmittelbar hintereinander zwei exquisite Torgelegenheiten einleiten. Beide gemeinsam mit den beiden klassischen Flügelstürmern, die Titz stets aufzubieten pflegt - echte Eyecatcher, wie sie in dieser Liga sonst nirgends zu sehen sind.

Erst setzt Atik mit Weltklasse-Pass Rechtsaußen Sirlord Conteh ein, der im Zusammenspiel mit Linksaußen Tatsuya Ito nur knapp an Matheo Raab scheitert. Kurz darauf steckt Atik Ito auf der anderen Seite durch. Der lässt Kraus aussteigen und passt zu dem in die Mitte eingelaufenen Conteh. Und diesmal ist der Ball drin.

Damit war der Tabellenführer in Führung. Und Lautern hat diese Spielzeit erst einmal einen Rückstand noch egalisiert, in Braunschweig.

Nach der Pause erwacht der gute, alte Betze-Geist

Doch nun zeigten die Roten Teufel, um wie vieles reifer sie im Verlauf dieser Saison geworden sind. Spielerisch, aber auch mental. Nach der Pause ging’s Richtung Westkurve, und zeitweise fühlte sich ihr Auftritt vor leider nur 10.000 Zuschauern an, als sei endlich wieder der gute alte Betze-Geist erwacht, mit dessen Hilfe einst etliche Gegner noch in den Schlussminuten in die Knie gezwungen wurden, selbst wenn sie 2:0 führten.

Solange musste der Anhang gar nicht mal warten. Bereits in der 50. Minute traf Hercher den Pfosten. Und nur vier Minuten später war es schon soweit. Wieder mal nach einer Freistoßflanke, diesmal von Hendrick Zuck hereingegeben. Boris Tomiak vollstreckte nach mehr oder weniger ungewollter Kopfballverlängerung. Wie sehr dem FCK Erfolge nach Standardsituationen in den vergangenen Jahren fehlten, weiß man nicht erst, seit sie wieder regelmäßig gefeiert werden.

Ritters Elfer-Technik versagt, Götze wird zum belebenden Element

Die turbulenten Minuten danach haben wir bereits in unserem Spielbericht ausführlich geschildert. Atik verwandelt Elfmeter, Ritter verschießt Elfmeter, Ausgleich fällt trotzdem.

Daher nur zwei Anmerkungen. Dass Ritter mit seiner verwackelten Elfmeter-Schusstechnik nach zwei erfolgreichen Versuchen mal scheitern würde, war abzusehen. Irgendwann bleibt der Torwart halt einfach mal stehen. Denn dass sich FCM-Keeper Dominik Reimann bei seiner Spielvorbereitung angesehen hat, wie Ritter die Strafstöße gegen Wiesbaden und in Braunschweig verwandelt hat, davon ist auszugehen.

Und: Einmal mehr wurde Felix Götze nach seiner Einwechslung zum belebenden Element. Schon beim Heimspiel gegen Wehen am 16. Spieltag war er nach längerer Verletzungspause von der Bank gekommen und hatte den spielentscheidenden Treffer eingeleitet. Diesmal bereitete Götze, von Hercher über die rechte Seite des FCK eingesetzt, den Ausgleichstreffer vor. Flache Flanke, Boyd kreiselt sich in bester Mittelstürmermanier frei, scheitert an Reimann, Zuck staubt ab, so werden Tore gemacht. Hoffentlich kann die Augsburger Leihgabe Götze jetzt bis zum Saisonfinale durchspielen.

Nur zwei Wechsel: Warum kam Schad nicht?

Ansonsten waren in der Schlussphase dann die Magdeburger wieder am Drücker, so richtig zurückgekehrt ist die Wucht der guten, alten Betze-Zeit also doch noch nicht. Und zogen ein Positionsspiel auf, wie es sonst in dieser Liga niemand beherrscht. Die Roten Teufel dagegen lauerten auf Umschaltsituationen. Die ein oder andere ließ sich auch vielversprechend an, doch war nicht zu übersehen, dass bei einigen Spielern, Hercher und Mike Wunderlich etwa, die Beine schwerer wurden. 

Marco Antwerpen beließ es dennoch bei nur Einwechslungen: Neben Götze, der in der Halbzeit für René Klingenburg gekommen war, kam nur noch Muhammad Kiprit für Redondo. Ist ein bisschen schwer verständlich. Zumindest Dominik Schad, stark im Sprint wie im Mittelstreckenlauf, hätte in dieser ungeheuer intensiven Partie noch helfen können.

Hikmet Ciftci: Die Entdeckung als linker Innenverteidiger

Und noch eine Personalie: Hikmet Ciftci überzeugte diesmal als linker Innenverteidiger der Dreierkette. Ersetzte den kurzfristig erkrankten Alex Winkler. Also ein notgedrungener Wechsel. Der sich aber, auch das gibt es, sogar als die bessere Lösung erwies. Gegen die leichtfüßigen Magdeburger wäre Winklers Kopfballkompetenz eh nicht so gefragt gewesen. Ciftci dagegen ist am Boden der bessere Zweikämpfer, und über die bessere Spieleröffnung verfügt er sowieso. Der Ad-hoc-Ersatz könnte auf dieser Position durchaus zur Dauerlösung werden.

Die Magdeburger haben nun weiterhin zwölf Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten. Wenn sie diese Form und ihren Stil nur einigermaßen bewahren, kommt keiner mehr an sie heran. Die Roten Teufel dürfen nach dieser Leistung aber weiterhin mit Fug und Recht den zweiten Aufstiegsplatz für sich beanspruchen.

Ergänzung, 14.02.: Der alte Herr Wunderlich war aktivster Ballschlepper

Zu den xG-Plots. Nach qualitativ bewerteten Torchancen siegt Lautern 2.91:2.20. Daraus muss man jetzt nicht unbedingt ableiten, dass ein FCK-Sieg "verdient" gewesen wäre. Sehen wir es lieber so: Beide Teams überschreiten die 2.0-Marke, das bestätigt, dass vor beiden Toren was los war. Und dass es nicht nur ein fußballerisch hochwertiges, sondern auch ein spannendes Spitzenspiel war.

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Die Positions- und Passgrafik: Sieh an, die linke Seite war diesmal die aktivere. Zuck hat die meisten Pässe nach vorne gespielt, Wunderlich generell die meisten. Zudem war Älteste im Team auch der aktivste Ballschlepper. Dass er nicht mehr der Schnellste ist, vermag die Grafik allerdings nicht auszudrücken.

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Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Magdeburger. Viele dicke Spots - so sieht "Ballbesitzfußball" aus. Aber: Keine Passlinie zwischen Atik und Conteh? Da sei dran erinnert: Passlinien werden erst ab drei Abspielen und mehr eingezeichnet. Das eine, mit dem Atik Conteh vor Magdeburgs erster Großchance nach 30 Minuten einsetzte, findet daher keine Berücksichtigung. Das muss man schon selber gesehen haben, um zu wissen, wie genial es war.

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Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Ãœbersicht 2021/22: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage



Beitragvon Friedmann » 13.02.2022, 17:29


Das einzige, was ich an diesem Spiel bedauere, ist, dass ich mir nicht in einem Paralleluniversum die Variante des Spiels, in der die skurrile Freistoß-Situation zum 1:0 führt, anschauen kann. Bei diesem Gegner halte ich die bisherige Statistik über Spielverlauf nach Führung für wenig aussagekräftig. Es hätte alles passieren können …

Hingegen interessiert mich die Version, in der Ritter den 11er verwandelt hätte, wenig. Ich denke, das Spiel hätte einen sehr ähnlichen Verlauf genommen wie nach Zucks 2:2 etwas später.

Und Danke für die tolle Analyse!




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