Neuigkeiten und Pressemeldungen zum 1. FC Kaiserslautern.

Beitragvon Thomas » 28.06.2022, 14:30


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Interview des Monats: FCK-Trainer Dirk Schuster, Teil 1/2
"Der FCK ist kein Job, sondern eine Bestimmung"


Wohin steuert der 1. FC Kaiserslautern mit Dirk Schuster? Wir haben den Trainer zum großen Sommerpausen-Interview getroffen und mit ihm über seine ersten Wochen bei den Roten Teufeln gesprochen.

Der Betze brennt: Dirk Schuster, ein Kollege hat unlängst von einem "zweiten ersten Date" geschrieben, das für Sie und Ihre Mannschaft mit der laufenden Saisonvorbereitung begonnen hätte. Demnach wäre das erste wohl eher "Speeddating" gewesen, da die Zeit zum Kennenlernen im Mai, unmittelbar vor den Relegationsspielen, sehr knapp war. Wie läufts denn beim zweiten Anlauf?

Dirk Schuster (54): Die Eindrücke, die wir damals beim Speeddating gewonnen haben, haben sich verfestigt. Wir haben eine Mannschaft kennengelernt, die wissbegierig ist, Neues aufnehmen will und bereit ist, an die Grenzen zu gehen, wie die Relegationsspiele gezeigt haben. Jetzt wird intensiv und hart trainiert. Wir haben Zeit, Einzelgespräche zu führen und mit den Spielern auch über unsere Erwartungen zu reden. Hinzu kommen Impulse und Reflexe durch die neuen Spieler - da sind wir Trainer gefordert, die Integrationsprozesse voranzutreiben. Der Geist, der innerhalb der Mannschaft herrscht, ist auch außerhalb des Platzes fantastisch. So ein paar Reibungspunkte ab und an sind manchmal aber auch gar nicht schlecht, um eine Hierarchie im Team herauszubilden.

"Die Neuen müssen begreifen, was es heißt, für Lautern zu spielen"

Der Betze brennt: Knapp bemessen ist die Zeit allerdings auch beim zweiten Date. Saisonstart ist schon Mitte Juli, da bleiben nur vier Wochen Zeit zur Vorbereitung ...

Schuster: Das ist knapp, definitiv. Normalerweise haben wir sechs, sieben Wochen zur Vorbereitung. Im Ausdauer- und Schnelligkeitsbereich arbeiten, dabei auch die sportmedizinischen Aspekte beachten, die Neuen integrieren, Automatismen einstudieren, die taktischen Dinge durchgehen - spielen wir künftig mit Vierer- oder Dreierkette? - das alles in dieses komprimierte Zeitfenster zu packen, ist brutal. Da müssen wir sehen, wie wir das koordiniert kriegen: Erstmal die taktische Einheit, wenn die Spieler noch aufnahmefähig sind, und anschließend die körperliche Belastung. Und die Neuen müssen begreifen, was es heißt, beim 1. FC Kaiserslautern zu spielen.

Der Betze brennt: Und das heißt?

Schuster: Verinnerlichen, dass dieser Verein für die Menschen hier eine Art Religion ist. Dass es kein Job ist, hier zu spielen, sondern eine Bestimmung. Ich hab neulich mal den Satz gehört: Viele Städte haben ein Stadion, aber dieses Stadion hat eine Stadt. Den fand ich großartig.

Der Betze brennt: Schauen wir nochmal zurück. Nach ihrem kurzfristigen Amtsantritt vor den Relegationsspielen hatten Sie angekündigt, gar nicht so viel ändern zu wollen, das mache in der Kürze der Zeit keinen Sinn. Dann haben Sie doch ziemlich viel geändert, unter anderem wieder von Dreier- auf die Viererkette umgestellt. Hatten Sie da nur geblufft oder hatten Sie in den Tagen vor dem Hinspiel tatsächlich schon so viele Erkenntnisse gewonnen, dass Sie diese Umstellung für angezeigt hielten?

Schuster: Beides. Unser Vorteil war: Wir wussten vieles über Dynamo Dresden, aber die wussten nicht, was wir machen würden. Ich hatte zufällig das vorletzte Spiel von Dresden in Karlsruhe gesehen, das Saisonfinale gegen Aue habe ich mir mit meinen Co-Trainer Sascha Franz zusammen angeschaut, auch die vorangegangenen Dynamo-Spiele hatten wir uns auf Video angesehen. Wir wussten: Unter Guerino Capretti hatten die immer 3-5-2 gespielt, da war keine Änderung zu erwarten. Und wir müssen die Außenbahnspieler Guram Giorbelidze und Agyemang Diawusie in Griff kriegen. Wir Trainer waren sicher, dass dies in einem 4-2-3-1 am besten funktioniert. Dies aber einer Mannschaft einfach so zu diktieren macht keinen Sinn. Wir mussten sie überzeugen. Also haben wir eine Woche vor der Relegation ein internes Testspiel gemacht. Team 1 spielte in der ersten Hälfte 4-2-3-1, Team 2 imitierte das Dresdner 3-5-2. In der Pause führte Team 1 mit 1:0. In Hälfte zwei ließen wir mit umgekehrten Formationen spielen - und Team 2 gewann mit 2:0. Danach haben wir die Spieler gefragt, in welchem System sie sich wohler gefühlt haben: Fast alle stimmten fürs 4-2-3-1. In der verbleibenden Woche haben wir dann die dafür passenden Abläufe geübt.

"Wir haben die Mannschaft vor dem Rückspiel auf alle Details vorbereitet"

Der Betze brennt: Dennoch lief das Hinspiel auf dem Betzenberg nicht optimal …

Schuster: Wir haben eigentlich gut begonnen. Wir wollten Dresden überraschen, sind von Anfang an voll drauf gegangen und haben das auch gut gemacht. Dadurch hat uns dann aber hintenraus die Kraft gefehlt. Wir haben durchgehend gut verteidigt, hatten jedoch nicht mehr die Dominanz und haben zu viele Bälle verschenkt. Und wir haben Chris Löwe nicht in den Griff gekriegt, der das Dresdner Spiel immer wieder ankurbelte.

Der Betze brennt: Der Druck vor dem Rückspiel war für beide Mannschaften extrem. Wie haben Sie Ihre Spieler mental vorbereitet?

Schuster: Wir wussten, was die Dresdner Fans für einen Alarm machen würden, auch schon mal Feueralarm, buchstäblich: Die Bielefelder zum Beispiel sind in der Nacht vor dem Spiel mal um ihren Schlaf gebracht worden, weil Dresdner Fans in ihrem Hotel Feueralarm ausgelöst hatten. Also haben wir uns ein Hotel außerhalb der Stadt gesucht. Wir wussten auch noch, dass die Dresdner vor dem Aue-Spiel ihren Rasen kurz vorm Anpfiff nochmal stark gewässert hatten.. Wir wussten ebenso, dass die Balljungen bei solch brisanten Spielen eine besondere Rolle spielen könnten, dass sie Einwürfe der Gastmannschaften eventuell verzögern, das eigene Team aber immer wieder sofort ins Spiel bringen könnten. Auf all das haben wir die Mannschaft eingestellt. Und dann haben wir uns noch die Sache mit den Bändchen einfallen lassen. In Darmstadt hatten wir schon mal so etwas Ähnliches gemacht.

Der Betze brennt: Bändchen?

Schuster: Jeder Spieler bekam ein Armbändchen, vorne mit seinen Initialen, innen mit dem FCK-Logo und dem Kopf eines Inuit drauf.

Der Betze brennt: Was sollte der denn da?

Schuster: Inuit stehen im Eissturm eng zusammen, und wenn der Wind dreht, drehen sie sich auch geschlossen vom Wind weg. Das wollten wir mit dem Inuit-Kopf symbolisieren. Auch wir Trainer haben diese Bändchen getragen. Das war wie ein Vertrag, den wir untereinander schlossen. Später haben wir dann mitbekommen, dass die Spieler die Bändchen sogar noch untereinander getauscht hatten, also dass jeder mit den Initialen eines anderen am Arm spielte. Das hat die Symbolkraft nochmal verstärkt. Tolle Sache.

"Jean Zimmer hat Bundesliga-Niveau - wieso sollten wir auf ihn verzichten?"

Der Betze brennt: Bei diesem Rückspiel war bis in jeden Winkel des Stadions eine ungeheuerliche Anspannung zu spüren. Selbst ältere Fans, die noch die Europapokalnächte der 1980er und 1990er Jahre erlebt haben, erzählten uns hinterher, eine solche Intensität in einem Fußballspiel noch nie gefühlt zu haben. Und Mitte der zweiten Hälfte, als die Dresdner auf den Ausgleich drängten, stand wohl jeder FCK-Sympathisant, ob im Stadion oder am Bildschirm, kurz vorm Herzkasper. Von ihnen am war im TV eine Einstellung zu sehen, in der sie ganz entspannt in die Kamera lächelten. Waren sie tatsächlich innerlich so ruhig?

Schuster: Nee, war ich gar nicht. Das muss wohl die Situation gewesen sein, als Jean Zimmer und noch zwei, drei andere Spieler auf mich zukamen und jeder meinte, Trainer, nimm mich raus, ich bin kaputt. Ich hab dann abgewunken und gesagt, nix da, ich kann doch nicht die halbe Mannschaft auswechseln (lacht). Vielleicht hab ich dabei gegrinst, es ist mir aber nicht bewusst geworden. So um die 70. Minute hatte ich dann auch das Gefühl, dass wir das Ding nach Hause bringen.

Der Betze brennt: Sie haben Jean Zimmer angesprochen. Das war ebenfalls eine Ãœberraschung, dass Sie ihn in beiden Spielen in die Startelf beorderten, trotz seiner langen Ausfallzeit und erst ein paar Minuten Spielpraxis gegen Wehen Wiesbaden. Weshalb wollten sie ihn dabei haben?

Schuster: Zunächst mal, weil er gut trainiert hatte. Deshalb hatten wir ja auch Julian Niehues im Hinspiel gebracht. Und weil wir Zimmer gut kennen, aus seinen Zeiten, in denen er noch in der Ersten Liga die Außenbahnen rauf und runter gefegt ist. Wir wussten auch, dass er vergangene Saison gerade im Zusammenspiel mit "Hecke" (Philipp Hercher; Anm. d. Red.) gut funktioniert hatte. Warum also hätten wir auf einen Spieler verzichten sollte, von dem wir wissen, dass er eigentlich sogar Bundesliga-Niveau hat? Drum haben wir ihm vertraut und ihm gesagt, du spielst, solange die Füße tragen - wohl wissend, dass wir ihn höchstwahrscheinlich sowieso nicht rausnehmen (lacht).

Der Betze brennt: Mit Mike Wunderlich und René Klingenburg befinden sich zwei Spieler in Ihrem Kader, denen ein besonderes Verhältnis zu Ihrem Vorgänger Marco Antwerpen nachgesagt wird, die auch als dessen ausdrückliche Wunschspieler geholt wurden. Wie sind Sie mit den beiden umgegangen? Mussten Sie ihnen gegenüber eine besondere Sensibilität an den Tag legen?

Schuster: Die Gedanken hatte ich mir in der Tat auch gemacht. Ich muss aber sagen: Beide haben die Situation hochprofessionell angenommen. "Klinge" kam an meinem zweiten Tag zu mir und hat gesagt: "Trainer, ich weiß, ich war gestern durcheinander, aber jetzt bin ich wieder voll da und steh' voll hinter ihnen und der Mannschaft." Ich habe geantwortet: "Ist in Ordnung, das zeichnet dich doch aus, dass du für deinen ehemaligen Trainer Partei ergriffen hast. Und ich weiß, wie du dich gefühlt hast, ich hab das auch schon erlebt." Als junger Spieler war Joachim Streich mein Mentor und Trainer in Magdeburg. Nach dem Mauerfall ging er nach Braunschweig und ich bin ihm gefolgt, weil das sein ausdrücklicher Wunsch war. Im Herbst haben sie ihn dann entlassen. Da hab ich auch zwei, drei Einheiten gebraucht, um damit klarzukommen.

Morgen im zweiten Teil des großen DBB-Interviews: Dirk Schuster über seine Erfahrungen aus 35 Jahren Profifußball, die Ambitionen des 1. FC Kaiserslautern und die Rolle der Fans bei Neuverpflichtungen.

Quelle: Der Betze brennt / Autoren: Eric Scherer, Thomas Hilmes

Weitere Links zum Thema:

- Teil 2 des Interviews: "Lasst die Leute doch träumen - das finde ich super" (Der Betze brennt)


Ergänzung, 29.06.2022:

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Foto: MS-Sportfoto

Interview des Monats: FCK-Trainer Dirk Schuster, Teil 2/2
"Lasst die Leute doch träumen - das finde ich super"

Teil 2 unseres großen Sommerpausen-Interviews: Dirk Schuster spricht über seine Erfahrungen aus 35 Jahren Profifußball, die Ambitionen des 1. FC Kaiserslautern und die Rolle der Fans bei Neuverpflichtungen.

Der Betze brennt: Dirk Schuster, wie schwer war für Sie die Entscheidung, eine Mannschaft am Ende einer Saison zu übernehmen, unmittelbar vor zwei Relegationsspielen? Warum haben Sie sich das angetan?

Dirk Schuster (54): Wie bitte? Man hat mir die Chance gegeben, mit diesem Verein in nur zwei Spielen in die Zweite Liga aufzusteigen. Die Formulierung "sich das antun" ist in diesem Zusammenhang ja wohl ziemlich daneben.

Der Betze brennt: Wenn Sie aber gescheitert wären, wären Sie direkt verbrannt gewesen, oder zumindest stark angeschlagen in die neue Saison gegangen. Das muss Ihnen doch durch den Kopf gegangen sein.

Schuster: Daran habe ich keine Sekunde gedacht. Sascha Franz und ich haben uns lange mit Thomas Hengen unterhalten, und auf der Basis dieses Gesprächs waren wir überzeugt, es zu schaffen. Wenn wir die Grundstimmung im Team ändern, die nach drei Niederlagen in Folge bescheiden war, wenn wir die Spieler von unserem Weg überzeugen und auch das bisschen Glück haben, das du nunmal auch brauchst: Dann bist du nach nur zwei Spielen in der Zweiten Liga. Und wenn du es nicht schaffst, musst du eben nächstes Jahr neu angreifen. Gemeinsam mit dem Verein die richtigen Schlüsse, überlegen, wie du den Kader verstärkst - aufsteigen. Denn ein anderes Ziel hätte es in der nächsten Saison nicht mehr gegeben.

"Enge Kumpels waren Thomas Hengen und ich nie"

Der Betze brennt: Welche Rolle spielte Thomas Hengen bei Ihrer Entscheidung, an den Betzenberg zu wechseln? Sie kennen sich seit Ihrer gemeinsamen Zeit als Aktive beim Karlsruher SC und haben auch den Fußballlehrer gemeinsam gemacht. Seid Ihr alte Fußballkumpels?

Schuster: Nein, enge Kumpels waren wir nie, auch beim KSC schon nicht, dazu waren wir als Typen zu unterschiedlich. Wir sind gut miteinander umgegangen, aber dass wir regelmäßig ein Bier zusammen getrunken haben, das war nicht der Fall-. Im DFB-Pokal-Finale 1996 hatten wir ja noch gegeneinander gespielt. Später ging ich nach Köln, er nach Wolfsburg. Dann waren wir etwa zur gleichen Zeit in der Türkei, aber auch da haben wir uns nur kurz auf dem Platz gesehen. Den Fußballlehrer haben wir gemeinsam gemacht, aber das ist meist mehr ein nebeneinander als ein miteinander. Aktuell kam der Kontakt eigentlich mehr durch Sascha Franz zustande, der in der 3. Liga öfter unterwegs war. Ihn hat Thomas auch zuerst angerufen. Ich war gerade noch mit einer Produktion für "Sky Sport" beschäftigt, als ich vom Interesse erfahren habe.

Der Betze brennt: Apropos: Werden Sie in der Sky-Reihe "Matchplan" auch künftig noch zu sehen sein?

Schuster: Nein, jetzt nicht mehr. Aber es war eine tolle Erfahrung und eine Erweiterung meines Horizonts. Eine Mannschaft und ihren kommenden Gegner studieren, mit der du eigentlich nichts zu tun hast, und dann vor Kamera exakt erklären, wie du gegen sie spielen lassen würdest - das war auch für mich noch mal lehrreich.

Der Betze brennt: Wir haben uns zum Beispiel angeschaut, wie Sie das Anlaufverhalten erklären, mit dem Hertha BSC im Derby gegen Union Berlin vorgehen müsste. Das ist wirklich sehr anschaulich und gut verständlich. Erklären Sie das Ihren Spielern auch so?

Schuster: Im Prinzip ja. Fußball ist im Grunde eine einfache Sportart, die man auch entsprechend einfach erklären sollte. Und du hast ja oft auch Spieler in der Mannschaft, die nicht so gut Deutsch sprechen. Da macht es keinen Sinn, Dinge unnötig zu verkomplizieren und mit angeblichen Fußball-Fachwörtern um sich zu schmeißen.

"Transfers? Wir behalten und noch ein, zwei Patronen im Gürtel"

Der Betze brennt: Wie muss man sich die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Thomas Hengen in der Transferperiode vorstellen? Ist es eher der Sportchef, der Spieler vorschlägt, oder sind es eher Sie als Trainer, der ihn bittet, die eine oder andere Personalie mal abzuklopfen? Und wer hat das letzte Wort?

Schuster: Der Ablauf ist so, dass wir außerhalb der Trainingszeiten oft beim Thomas im Büro sitzen, und etwa auch die gleiche Zeit in der Scouting-Abteilung mit Olaf Marschall und den anderen verbringen. Wir schauen uns jede Menge Videos von Spielern an, auch etliche von solchen, die wir angeboten bekommen. Ideen darf und muss grundsätzlich jeder haben, und jeder bringt sein eigenes Netzwerk mit ein und nutzt seine persönlichen Kontakte. So war es etwa bei Andreas Luthe. Dass da was gehen könnte, wäre für mich fünf Wochen vorher noch undenkbar gewesen. Aber wir kannten ihn noch von Augsburg, hatten unsere Erinnerungen und Erfahrungen mit ihm, also haben wir ihn mal angerufen - und siehe da: Andy war sofort Feuer und Flamme.

Der Betze brennt: Auch wenn Sie sicher keine Namen nennen: Dürfen wir noch mit weiteren Hammer-Transfers rechnen?

Schuster: Das ganz große Transferfenster hat sich noch gar nicht geöffnet. Wenn die Vorbereitungszeit zu Ende ist und der eine oder andere erkennen muss, dass er in seinem Verein doch nicht die Rolle spielen wird, die er sich erobern wollte, wird sich noch einiges an Personal aus der Bundesliga nach unten verschieben. Darum werden wir uns noch ein, zwei mögliche Patronen im Gürtel behalten.

Der Betze brennt: Sie arbeiten ja gar nicht das erste Mal für einen FCK. Sie sind ja beim FC Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitzer FC, groß geworden, der sich ebenfalls FCK kürzelte. Und Sie haben auch noch einiges von der ehemaligen DDR mitbekommen. Wie weit hat Sie das geprägt? Steckte, zumindest in Ihren jungen Jahren, auch noch ein bisschen Ossi-Mentalität in Ihnen, also eine gewisse Abneigung gegen die Besser-Wessis?

Schuster: Nee. Ich schätze meine Heimat, war aber auch schon vor dem Mauerfall froh, wenn ich mal in den Westen durfte,. Als Nachwuchsspieler und später als Fußballprofi genoss ich das Privileg, mal auf Auslandsreisen gehen zu können. Da waren wir immer happy, wenn wir einen halben Tag freibekamen, um andere Dinge einzukaufen oder mal was anderes von der Welt zu sehen. Und die sah schon anders aus, als sie es uns in der Schule im Osten erzählt hatten. Es gab im Osten schöne Aspekte, aber auch sicher nicht so tolle: Als ich 2019 als Trainer nach Aue wechselte, habe ich in der Region gesehen, dass gewisse Strukturen und Seilschaften von damals sogar immer noch erhalten sind.

"Das Pokal-Endspiel KSC gegen FCK war eine wichtige Erfahrung"

Der Betze brennt: Dieses 7:0 gegen den FC Valencia mit dem KSC 1993 ist sicher das Spiel in Ihrer aktiven Karriere, auf das Sie am meisten angesprochen werden. Welche Partien waren für Sie denn noch bedeutend?

Schuster: Das Pokal-Endspiel mit dem KSC gegen den FCK 1996 war schon auch eine wichtige Erfahrung, auch wenn sie für uns damals äußerst negativ war. Wir hatten eine gute Runde gespielt, der FCK war abgestiegen, da sind wir nach Berlin gefahren und haben uns schon fast als Pokalsieger gefühlt. Und dann haben wir nix auf die Reihe gekriegt. Und bei Martin Wagners Freistoßtreffer geht der Ball erst mir durch die Beine und dann Claus Reitmaier, das war schon brutal. Und später mit dem 1. FC Köln abzusteigen, das war auch ein scheiß Gefühl. Mit dem KSC aber waren alle Uefa-Cup-Spiele Riesenerlebnisse. Ebenso wie meine Länderspiele. Einer von nur 19 Spielern zu sein, die sowohl für die DDR als auch für das vereinte Deutschland aufgelaufen sind, macht mich sehr stolz. Und meine Auslandserfahrung in der Türkei möchte ich ebenfalls nicht missen.

Der Betze brennt: Wer tippen soll, welcher Trainer Dirk Schuster am meisten geprägt hat, wird wohl als erstes Winfried Schäfer nennen. Ist das tatsächlich so? Wer hat Sie noch beeinflusst?

Schuster: Ich habe eigentlich von jedem meiner Trainer ein bisschen was mitgenommen. Joachim Streich war mein Mentor und Förderer. Winnie Schäfer war ein klasse Motivator, vor allem darin, eine Mannschaft auf ein Spiel einzustimmen. Peter Neururer war menschlich super und hatte ein überragendes Gefühl dafür, wann er ein Zuckerl geben darf und wann er dazwischen haut. Hans Krankl habe ich kurze Zeit bei Admira Wacker erlebt, auch der hat mir gefallen mit seiner lockeren Art und seinen Witzen, typisch Ösi (grinst). Bei Ede Becker in Karlsruhe habe ich hospitiert. Da hat er mal eine Situation gelöst, wo zwei Spieler sich fast an die Gurgel gegangen waren, das war überragend. Ebenso Uwe Rapolder, wenn er die Viererkette erklärt hat. Natürlich hat mir bei jedem Trainer auch mal was nicht gefallen, aber das ist ebenso normal.

Der Betze brennt: Sie gelten als Trainer, der die Spielweise Ihrer Mannschaft konsequent an deren Möglichkeiten anpasst. Was dazu führte, dass Sie nach dem Durchmarsch in Darmstadt als Trainer abgestempelt wurden, für den es nur Hoch-Weit gibt ...

Schuster: Im Fußball geht es darum, Tore zu erzielen und Tore zu verhindern - und um die Frage, wie kann ich das eine machen, ohne das andere zu vernachlässigen. Mit Darmstadt waren wir damals mit einem extrem kleinen Etat in die Bundesliga aufgestiegen. Die Qualität, die andere hatten, konnten wir uns nicht leisten. Also holten wir Jungs von der Resterampe - aber solche, von denen wir wussten, dass sie mal die Qualität hatten, für die es nun aber nicht mehr lief. Sandro Wagner zum Beispiel, den rief ich spätabends an und fragte: "Wo bist du gerade?" Er sagte: "In Berlin." Ich sagte: "Kannst du morgen um 11:00 Uhr in Darmstadt sein?" Er sagte: "Ich setz' mich sofort ins Auto und fahre los." Da wusste ich: Der ist richtig. Andere kamen, sahen sich unser Böllenfalltor-Stadion an und fragten, wann wird denn hier renoviert? Die durften gleich wieder nach Hause fahren. Dass wir unter solchen Voraussetzungen keinen Hurra-Fußball spielen konnten, war doch klar. Aber unsere Ergebnisse haben gestimmt, und dann sind wir eben in diese Schublade gesteckt worden. Wer unsere Spiele gesehen hat, weiß aber, dass wir auch fußballerisch gar nicht so schlecht waren.

"Die englische Form des Fußballs macht mir am meisten Spaß"

Der Betze brennt: Gibt es einen Fußball, den Dirk Schuster gerne spielen lassen würde, wenn er die Spieler dazu hätte? An welcher Mannschaft würden Sie sich orientieren?

Schuster: Ich denke, die englische Form des Fußballs macht mir am meisten Spaß. Immer powern, immer mit Tempo nach vorne und dann die individuelle Qualität ausspielen, so wie Manchester City oder der FC Liverpool das machen. Aber dazu muss ich auch sagen: Diese Vereine können nicht nur mit Kohle wedeln ohne Ende, um diese Spieler zu holen, die haben auch Top-Trainer, die dort schon seit Jahren arbeiten. Das ist etwas gewachsen.

Der Betze brennt: Das klingt, als wären Sie durchaus dafür zu haben, mal länger in einem Klub zu arbeiten. Auch wenn man in Deutschland dazu nur selten die Gelegenheit bekommt.

Schuster: Na klar. Das wünscht sich doch jeder. Bestes Beispiel ist doch der SC Freiburg mit Christian Streich, der auch nicht in Frage gestellt wird, wenn die mal absteigen. Oder Heidenheim mit Frank Schmidt, der da schon seit 15 Jahren im Amt ist.

Der Betze brennt: Nach dem Erfolgserlebnis der Relegation und den bisherigen Transfers kocht rund um den Betzenberg schon wieder die Euphorie hoch. Das sorgt einerseits für eine ungeheure Vorfreude auf die kommende Saison, andererseits muss man doch auch die Kirche im Dorf lassen. Wie stehen Sie dazu?

Schuster: Ich sage: Lasst die Leute doch träumen. Das finde ich super. Wenn es nur ein Thema in dieser Stadt gibt, das ist doch geil. Intern wissen wir doch, wie wir die Sache zu händeln haben. Wir wissen, wo wir herkommen, was wir können, was uns erwartet, wie unsere Zielsetzung ist. Andere dürfen gerne Träume, Fantasien und Wünsche haben - alles gut.

"Die Wucht aus der Relegation mit in die neue Saison nehmen"

Der Betze brennt: Den Satz, dass sie auch wegen der tollen Fans und der Betzenberg-Atmosphäre zum FCK kommen, hat man von Neuzugängen auch früher schon oft gehört. Diesen Sommer hat man aber nach der begeisternden Relegation, dem ausverkauften Saar-Pfalz-Derby und den Betze-Karawanen bei Auswärtsspielen den Eindruck, die meinen es wirklich so. Haben Sie auch dieses Gefühl?

Schuster: Und ob. Andreas Luthe hat es uns direkt am Telefon gesagt: "Ich habe die Relegation im Fernsehen gesehen, ich bin noch immer hin und weg." Ich hatte auch Freunden von mir Karten besorgt, die haben mir hinterher gesagt, gerne bitte wieder, wir sind jetzt FCK-Fans. Und was glauben Sie denn, weswegen wir am 15. Juli das Eröffnungsspiel der Zweiten Liga bestreiten dürfen? Weil die Fernsehmacher gesehen haben, was hier los ist. Für uns heißt das: dem gerecht werden. Und die Wucht aus diesen Spielen mit in die neue Saison nehmen.

Der Betze brennt: Besten Dank für das Gespräch!

Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer, Thomas Hilmes


Ergänzung, 07.07.2022:

Schuster: "Mentalität und Teamgeist schlagen Qualität"

In einer Woche eröffnet der FCK gegen Hannover die Saison in der 2. Liga. Dirk Schuster, Trainer des 1. FC Kaiserslautern, verrät im Podcast "Nur der FCK", wie er in einer stark besetzten Liga bestehen will.

Viel Zeit hatten und haben die Roten Teufel nicht, um sich auf die neue Saison in der 2. Liga vorzubereiten. Bedingt durch die Relegation und den anschließenden, wohlverdienten Urlaub der Spieler, blieben FCK-Coach Dirk Schuster und seinem Team nur gute vier Wochen, um sich auf die bevorstehenden Aufgaben einzuschwören.

"Wir mussten in diese vier Wochen sehr viel reinpacken, inklusive Transfers, die wir auch noch machen wollen. Hier werden wir noch Spieler sichten und Gespräche führen. Das ist sehr zeitaufwendig und intensiv", berichtet Schuster in der neuen Folge des SWR Sport Podcasts "Nur der FCK".

» Zum kompletten Podcast: FCK-Trainer Dirk Schuster bei "Nur der FCK" (ca. 40 Min.)

(…)

Quelle und kompletter Text: SWR
Der Verein führt als eingetragener Verein den Namen 1. Fußball-Club Kaiserslautern e.V. (1. FCK) und hat seinen Sitz in Kaiserslautern. Seine Farben sind rot und weiß. (...) Das Stadion trägt den Namen Fritz-Walter-Stadion. (Vereinssatzung des 1. FC Kaiserslautern e.V. - Artikel 1, Absatz 1)



Beitragvon kk » 28.06.2022, 14:45


Eins der besten Interviews, das es je auf DBB gab: Kompetenz meets Gänsehaut. ganz ganz toll.



Beitragvon mw950 » 28.06.2022, 15:12


Ich muss sagen, ich bin etwas überrascht, dass Schuster die Spieler so viel mitentscheiden lässt. Hätte ich nicht gedacht.

Tolles Interview!

Jetzt noch einen einigermaßen attraktiven Fußball spielen und natürlich erfolgreich sein, dann hoffe ich auf eine lange und gute Zusammenarbeit.



Beitragvon larsinho » 28.06.2022, 15:13


Das finde ich auch, insbesondere auch durch die Auswahl der Fragen. Genau die Punkte die interessant sind angesprochen :teufel2:



Beitragvon Miggeblädsch » 28.06.2022, 15:14


Gutes Interview, gefällt mir :daumen:

Bin echt gespannt, wie die Mannschaft sich unter Dirk Schuster in der 2.Liga präsentieren wird und welchen Fußball er spielen lässt.
Jetzt geht's los :teufel2:



Beitragvon SuperMario » 28.06.2022, 15:46


Dirk Schuster hat geschrieben:Drum haben wir ihm vertraut und ihm gesagt, du spielst, solange die Füße tragen - wohl wissend, dass wir ihn höchstwahrscheinlich sowieso nicht rausnehmen (lacht).


:lol: :lol: :lol: :lol: :lol:

Sensationell... Ich hau mich echt weg.... Genau mein Humor! :D :D :D

Kann den Vorschreibern nur Recht geben. Ganz großes Interview! Da hat einer etwas zu erzählen. Und DBB weiß, wie man ihm das erleichtert.

@DBB: Wie war euer Eindruck im Interview? Menschlich noch mal ne ganz andere Nummer, oder??
Cogito, ergo sum!



Beitragvon Tom1158 » 28.06.2022, 16:22


Mir gefällt die Art von Dirk Schuster. Er ist sehr clever.
Mit allen Wassern gewaschen.
Er gibt der Mannschaft neue, gute Impulse!
Ich bin echt gespannt, wen er mit Thomas Hengen für das offensive Mittelfeld holt.
Da ist der größte und wichtigste Bedarf, damit die Mannschaft in der Zweiten Liga dominiert.
Wenn das Mittelfeld stark ist, dann machen unsere Stürmer auch viele Tore!
Die Abwehr ist ohnehin stark, egal ob wir noch jemand holen oder nicht!
Die Mittelfeldschaltzentrale ist das A und O!
Mike Wunderlich kann diese Funktion in der 2. Liga nicht mehr so erfolgreich ausfüllen wie in der Dritten Liga!
Dennoch habe ich Vertrauen in die Arbeit des Trainers und der Mannschaft.
:teufel2: :daumen:
Der Pessimist sagt: es kann nicht schlimmer kommen :p Der Optimist sagt: Oh doch :daumen:



Beitragvon ExilDeiwl » 28.06.2022, 16:26


Ich finde das Interview gut! Bei der Überschrift dachte ich noch „och nö, was soll die Floskel, muss das sein? :nachdenklich: “ Aber beim weiteren Lesen fand ich das sehr aufschlussreich und auch amüsant. Der Mann hat schon gute Ideen und Humor hat er auch. Bin gespannt, wie es im zweiten Teil weiter geht!
Nein, es geht mir NICHT um Hurra-Fußball!

🇺🇦 STOP WAR! FUCK PUTIN! 🇺🇦



Beitragvon mb_1980 » 28.06.2022, 16:35


Tolles Interview!
Hab mich tatsächlich die ganze Zeit gefragt, ob ich das mit den Bändchen (sieht man auf jedem Bild des Spiels in Dresden) verpasst habe und es auch deswegen nirgends hinterfragt.
Ist das sonst niemandem aufgefallen?
Sehr guter Schachzug - und was die Mannschaft draus gemacht hat, rundet das volle Kanne ab.
Ach FCK, I love you!



Beitragvon Schnullibulli » 28.06.2022, 16:51


Skandalös wer Schuster Jean Zimmer hinters Licht geführt hat :D

MEGA

Interessant auch wie er das Team in dem Trainingsspiel mitgenommen hat, involviert hat. Vielleicht auch um selbst herauszufinden ob die 4er Kette besser ist? Bestimmt auch. Aber so überzeugt man sein Team ohne diktatorisch zu sein.
Kann mir vorstellen dass beim Training auch mal Blödsinn gemacht wird, Schuster scheint nämlich auch den Schalk im Nacken zu haben. Trotzdem wird er auch wissen wann die Zügel angezogen werden müssen.
Die Aktion mit Klinge rundet den sympathischen Gesamteindruck ab. Auch die Spieler sind keine Maschinen.


Schätze ihn als kommunikativ ein der Überzeugen kann, aber auch zuhören kann.
MMn haben wir auch schon mal die Grundausrichtung für die Saison: 4er Kette. Finde ich gut.

Und er setzt auf Zimmer, denke das wurde auch klar und lässt hoffentlich erstmal die Hetzer hier verstummen.
Wenn Jean seine Leistung nicht auf die Wiese bringt ist das natürlich was anderes und dann muss man sehen.
Aber vorab den Stab über ihn zu brechen ist einfach untragbar.

Ich werde ihn genauso kritisch sehen und beurteilen wie jeden anderen des TEAMS, aber dafür lasst die Buben erstmal spielen!

Und es ist mir jetzt schon egal wen Schuster gg 96 aufstellen wird, ich werde jeden bedingungslos anfeuern (wobei natürlich meine Aufstellung die OPTIMALE ist :lol: )

Tolles Interview



Beitragvon Reddevil79 » 28.06.2022, 17:36


Tolles Interview. Besonders interessant finde ich es wie er die Situation mit Klinge und Wunderlich geklärt hat und wie er die Mannschaft in die Entscheidungsfindung einbindet. Er scheint ein hohes Maß an Empathie mitzubringen. Wenn der so weiter macht werd ich noch Schuster-Fan ;-)
Schuster: Verinnerlichen, dass dieser Verein für die Menschen hier eine Art Religion ist. Dass es kein Job ist, hier zu spielen, sondern eine Bestimmung. Ich hab neulich mal den Satz gehört: Viele Städte haben ein Stadion, aber dieses Stadion hat eine Stadt.



Beitragvon fck-und-sonst-nix » 28.06.2022, 19:50


Schuster ist ein richtiges Schlitzohr.Klasse Typ.Ich war auch fassungslos als man MA gekündigt hatte aber Schuster ist ähnlich crazy wie sein Vorgänger aber er regelt Dinge schlauer wo MA eher unberechenbar war.Habe ein super Gefühl bei Dirk Schuster.Antwerpen passte schon vom Typ hierher aber DS könnte das gerade in Bezug auf die höhere Liga und smartere Lösungen nochmal toppen.



Beitragvon Lenny99 » 28.06.2022, 20:55


Da kann ich mich den Vorschreibern nur anschließen: Ein interessantes Interview, das Dirk Schuster als empathischen Menschen und Trainer mit "psychologischen Fähigkeiten" rüber kommen lässt. Nun habe ich auch eine Vorstellung davon, was er mit "demokratisch diktatorisch" meint :wink: .

Ich hoffe, dass er nicht nur versteht, wie wichtig das "drumrum" (neben dem Platz/vor dem Spiel) für die Psyche der Spieler ist, sondern dieses Wissen auch künftig positiv nutzen kann. Vielleicht endlich einer der das Stadion auf dem Berg über seiner/unsrer Stadt als Standortvorteil begreift :teufel2: oder das zumindest versucht :daumen: .

Ich wünsche ihm und uns das nötige Glück, dann werden wir noch viel Spass zusammen haben :!:

P.S.: Freue mich schon auf den zweiten Teil :wink:



Beitragvon Thomas » 28.06.2022, 21:13


SuperMario hat geschrieben:@DBB: Wie war euer Eindruck im Interview? Menschlich noch mal ne ganz andere Nummer, oder??

Das Gespräch mit Dirk Schuster war tatsächlich sehr angenehm und er hat sich auch explizit viel Zeit für uns genommen. Wobei ich sagen muss, dass ich auch mit Marco Antwerpen immer sehr gut klargekommen bin, nur damit aufgrund Deiner zweiten Frage kein falscher Eindruck entsteht. Bei Schuster ist es bis jetzt immer schön, dass er ein paar Anekdoten einstreut und Einblicke gewährt, ohne dabei oberflächlich zu werden. Er hat ja mittlerweile auch schon ein paar Pressekonferenzen und Interviews gegeben, so dass jeder einen ersten Eindruck gewinnen konnte. Ich denke die Kollegen Eric und Gerrit können das auch so in etwa bestätigen - wir haben es jedenfalls im Anschluss unisono positiv beurteilt.

In dem Zusammenhang auch Danke für das allgemeine Lob hier, das freut uns sehr! :daumen:
Der Verein führt als eingetragener Verein den Namen 1. Fußball-Club Kaiserslautern e.V. (1. FCK) und hat seinen Sitz in Kaiserslautern. Seine Farben sind rot und weiß. (...) Das Stadion trägt den Namen Fritz-Walter-Stadion. (Vereinssatzung des 1. FC Kaiserslautern e.V. - Artikel 1, Absatz 1)



Beitragvon OttoR » 28.06.2022, 23:52


Als ich noch den kicker gelesen habe, fand ich die Interviews am besten.

Das Interview mit Euch und Schuster ist auf kicker-Niveau und höher. Daumen hoch :daumen:

War Antwerpen-Fan, jetzt Schuster-Fan, weil Schusters Aussagen und Anekdoten einfach sympathisch sind :teufel2:
"Wenn die Guten nicht kämpfen, werden die Schlechten siegen."



Beitragvon Kohlmeyer » 29.06.2022, 06:51


SuperMario hat geschrieben:@DBB: Wie war euer Eindruck im Interview? Menschlich noch mal ne ganz andere Nummer, oder??


Um da auch meinen Senf dazu zu geben: Wir, oder auch ich allein noch für meinen Blog damals, haben uns in den vergangenen Jahren auch mit Sascha Hildmann, Boris Schommers und Marco Antwerpen ausführlich unterhalten dürfen. Und alle haben sich immer Zeit für mich/uns genommen und kamen in diesen Gesprächen durchaus auch kompetent rüber.

Im Vergleich zu denen hat Dirk Schuster sich aber nicht gescheut, auch mal so richtig ins Detail zu gehen. Die Geschichte mit den Trainingsspielen im 4-2-3-1 und 3-5-2 beispielsweise oder seine Ausführungen über das Verhalten der Dresdner Balljungen hätten die anderen so wohl nicht erzählt.

Und: Der Typ vermittelt eine Begeisterung für seinen Job und seine Aufgabe beim FCK, wie ich so noch bei keinem anderen Trainer erlebt habe. Dem leuchten die Augen wie einem Kind, wenn er von der Stimmung auf dem Betze erzählt, und der ist schon 54... Wenn er diese Geilheit auch auf die Spieler überträgt, wird das eine richtig gute Zeit mit ihm.

Ich gebe zu: Als seine Verpflichtung bekanntgegeben wurde, habe ich genauso reagiert wie viele hier im Forum, und gegenüber Freunden und Kollegen ein paar Sachen über ihn gesagt, für die ich mich jetzt in Grund und Boden schäme. Dabei habe ich einmal mehr gelernt: Man sollte sich von jedem Menschen immer einen eigenen Eindruck machen, bevor man sich über ihn äußert.

Gruß,
Kohlmeyer



Beitragvon flammendes Inferno » 29.06.2022, 07:36


Sehr interessantes Interview mit unserem Trainerfuchs,der auch die Weisheit der Eule und den Schalk des Eulenspiegel zu haben scheint.
"Und wir müssen die Außenbahnspieler Guram Giorbelidze und Agyemang Diawusie in Griff kriegen."
Wenn er die beiden Namen aus dem Stehgreif auswendig richtig aufsagen konnte,dann Respekt².
Ãœber die Inuit hat man auch etwas Neues erfahren:"Schuster: Inuit stehen im Eissturm eng zusammen, und wenn der Wind dreht, drehen sie sich auch geschlossen vom Wind weg."
Ich dachte bisher , dass die Kaiserpinguine in der Antarktis das so machen und die Inuit während Stürmen sich in Ihren Iglus aufhielten.
Zuletzt geändert von flammendes Inferno am 29.06.2022, 07:55, insgesamt 3-mal geändert.



Beitragvon Betze_FUX » 29.06.2022, 07:37


Also reden kann er schonmal. Und er Schein auch eine gute Linie mit den Spielern zu haben.
Es ist immer förderlich die Spieler (Mitarbeiter) in den Entscheidungsprozess einzubinden. Das fördert die Akzeptanz und Motivation!
"In Kaiserslautern immer auf die übertriebene Erwartungshaltung zu verweisen, ist vollkommener Quatsch. Ich vermisse es, dass man die Fans als Faktor begreift, mit dem Erfolg zu schaffen ist." - Kalli Feldkamp



Beitragvon SuperMario » 29.06.2022, 10:27


Thomas hat geschrieben:
SuperMario hat geschrieben:@DBB: Wie war euer Eindruck im Interview? Menschlich noch mal ne ganz andere Nummer, oder??

Das Gespräch mit Dirk Schuster war tatsächlich sehr angenehm und er hat sich auch explizit viel Zeit für uns genommen. Wobei ich sagen muss, dass ich auch mit Marco Antwerpen immer sehr gut klargekommen bin, nur damit aufgrund Deiner zweiten Frage kein falscher Eindruck entsteht. Bei Schuster ist es bis jetzt immer schön, dass er ein paar Anekdoten einstreut und Einblicke gewährt, ohne dabei oberflächlich zu werden. Er hat ja mittlerweile auch schon ein paar Pressekonferenzen und Interviews gegeben, so dass jeder einen ersten Eindruck gewinnen konnte. Ich denke die Kollegen Eric und Gerrit können das auch so in etwa bestätigen - wir haben es jedenfalls im Anschluss unisono positiv beurteilt.

In dem Zusammenhang auch Danke für das allgemeine Lob hier, das freut uns sehr! :daumen:


Der Dank ist ganz meinerseits bzw. unsererseits, wenn ich das mal im Namen aller, die es schon geschrieben und/oder noch nicht geschrieben haben, mal so festhalten darf. Nicht nur hier, sondern auch sonst fällt immer wieder auf, dass ihr bei den PKs und Interviews eben ganz anders journalistisch unterwegs seid, als es die "gewöhnlichen Journalisten" sind. Das liegt sicherlich zu einem guten Teil am Herzblut fürs Thema FCK, aber eben auch an euch selbst. :)

Zum Thema Vergleich Antwerpen/Schuster: ich mochte Antwerpen durchaus als Typen. Als einen, der sich nicht so leicht verbiegen lässt und ließ bei uns. Auf der anderen Seite hatte er bei manchen Interviews und Aussagen, vor allem in Zeiten, in denen es nicht wirklich gut gelaufen ist, ein Fremdschämpotenzial, das mir recht zuwider war. Auch im Vereinsumfeld war man im persönlichen Umgang nicht immer wirklich glücklich bei ihm. Und das muss ja auch nicht sein, dass jeder Everybody's Darling ist, wohin das führt haben wir ja unter seinem Vorgänger gesehen.

Bei Schuster habe ich jedoch den Eindruck, dass der beides sein kann, Darling und Kante. Der zieht sein Ding durch, schafft das aber mit einer sehr charmanten, augenzwinkernden Art, die mich ehrlich gesagt begeistert. Fand ihn als Sportsmann schon immer sehr fair, wenn auch knüppelhart auf dem Platz. Aber was er ganz offensichtlich an menschlichen Skills so mitbringt (und wohl auch fachlichen, wenn man das Interview so liest - wobei das noch mal unter Beweis zu stellen gilt jetzt bei uns :teufel2: ) - Chapeau!

Bei beiden kann man es wohl ein wenig auf den Punkt bringen, wenn man den Humor vergleicht. Wo Ante eher sarkastisch und im Misserfolgsfall gar mitunter zynisch unterwegs war, da scheint Schuster eher ironisch bzw. gar selbstironisch zu sein. Verschmitzheit war beiden zu eigen, bei Ante aber mitunter wirkte das ein wenig aufgesetzt, manches Mal gar arrogant. Bei Schuster ist es im schlechtesten Fall jovial wirkend, im besten Fall wird er der Kumpeltyp, mit dem man sich super versteht, ja, verstehen muss.


Danke dir @Thomas, dass du noch mal so ausführlich darauf eingegangen bist an dieser Stelle. :daumen:
Cogito, ergo sum!



Beitragvon SuperMario » 29.06.2022, 10:30


Kohlmeyer hat geschrieben:
SuperMario hat geschrieben:@DBB: Wie war euer Eindruck im Interview? Menschlich noch mal ne ganz andere Nummer, oder??


Um da auch meinen Senf dazu zu geben: Wir, oder auch ich allein noch für meinen Blog damals, haben uns in den vergangenen Jahren auch mit Sascha Hildmann, Boris Schommers und Marco Antwerpen ausführlich unterhalten dürfen. Und alle haben sich immer Zeit für mich/uns genommen und kamen in diesen Gesprächen durchaus auch kompetent rüber.

Im Vergleich zu denen hat Dirk Schuster sich aber nicht gescheut, auch mal so richtig ins Detail zu gehen. Die Geschichte mit den Trainingsspielen im 4-2-3-1 und 3-5-2 beispielsweise oder seine Ausführungen über das Verhalten der Dresdner Balljungen hätten die anderen so wohl nicht erzählt.

Und: Der Typ vermittelt eine Begeisterung für seinen Job und seine Aufgabe beim FCK, wie ich so noch bei keinem anderen Trainer erlebt habe. Dem leuchten die Augen wie einem Kind, wenn er von der Stimmung auf dem Betze erzählt, und der ist schon 54... Wenn er diese Geilheit auch auf die Spieler überträgt, wird das eine richtig gute Zeit mit ihm.

Ich gebe zu: Als seine Verpflichtung bekanntgegeben wurde, habe ich genauso reagiert wie viele hier im Forum, und gegenüber Freunden und Kollegen ein paar Sachen über ihn gesagt, für die ich mich jetzt in Grund und Boden schäme. Dabei habe ich einmal mehr gelernt: Man sollte sich von jedem Menschen immer einen eigenen Eindruck machen, bevor man sich über ihn äußert.

Gruß,
Kohlmeyer


Auch dir noch mal ein Danke für diese ausführliche Einschätzung. Und einen großen Respekt dafür, dass du dich hiermit öffentlich hinstellst und zugibst, dich in ihm erst mal geirrt zu haben. Das zeugt von Größe, finde ich super!

Inhaltlich freut es mich, dass mein Eindruck von Schuster richtig zu sein scheint, das deckt sich doch ziemlich mit dem, was du selbst geschrieben hast. :daumen:
Cogito, ergo sum!



Beitragvon Olamaschafubago » 29.06.2022, 11:01


Sehr aufschlussreiches und gut geführtes Interview. Der Mann scheint wirklich mit allen Wassern gewaschen zu sein und weiß zudem wohl, wie wichtig es für die Einheit zwischen Fans und Mannschaft ist, auch mal etwas intimere Einblicke in die eigene Arbeit zu geben.
Taktisch ging er jetzt auch nicht zu sehr in die Tiefe, was aber auch nachvollziehbar ist, da er sich nicht zu sehr in die Karten schauen lassen will.

Auf jeden Fall ein sympathischer Typ, aber mit der Beurteilung müssen wir wohl noch ein paar Monate warten.. und auch wenn der Saisonstart nicht optimal laufen sollte, plädiere ich dafür, ihn nicht gleich nach ein paar Spieltagen wieder vor die Tür zu setzen, sondern Ruhe zu bewahren - ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass dieses Vertrauen in Antwerpen und Döpper nach dem Fehlstart viel dazu beigetragen hat, dass wie in der letzten Saison die Wende so hinbekommen haben.



Beitragvon jürgen.rische1998 » 29.06.2022, 11:36


Ich war ja die letzten Monate hier kaum bis gar nicht unterwegs (was nicht unbedingt an DBB lag). Aber dieses Interview zeigt mir warum ich wieder öfter reinschauen sollte. Bockstark. Geiles Interview das mehr rüber bringt als man es bei solchen Gesprächen gewohnt ist. :daumen:
Omnia vincit amor



Beitragvon Gerrit1993 » 29.06.2022, 13:28


Und hier kommt auch schon Teil 2 unseres Interviews mit Dirk Schuster. Viel Spaß beim Lesen! :teufel2:

Bild
Foto: MS-Sportfoto


Interview des Monats: FCK-Trainer Dirk Schuster, Teil 2/2
"Lasst die Leute doch träumen - das finde ich super"

Teil 2 unseres großen Sommerpausen-Interviews: Dirk Schuster spricht über seine Erfahrungen aus 35 Jahren Profifußball, die Ambitionen des 1. FC Kaiserslautern und die Rolle der Fans bei Neuverpflichtungen.

Der Betze brennt: Dirk Schuster, wie schwer war für Sie die Entscheidung, eine Mannschaft am Ende einer Saison zu übernehmen, unmittelbar vor zwei Relegationsspielen? Warum haben Sie sich das angetan?

Dirk Schuster (54): Wie bitte? Man hat mir die Chance gegeben, mit diesem Verein in nur zwei Spielen in die Zweite Liga aufzusteigen. Die Formulierung "sich das antun" ist in diesem Zusammenhang ja wohl ziemlich daneben.

Der Betze brennt: Wenn Sie aber gescheitert wären, wären Sie direkt verbrannt gewesen, oder zumindest stark angeschlagen in die neue Saison gegangen. Das muss Ihnen doch durch den Kopf gegangen sein.

Schuster: Daran habe ich keine Sekunde gedacht. Sascha Franz und ich haben uns lange mit Thomas Hengen unterhalten, und auf der Basis dieses Gesprächs waren wir überzeugt, es zu schaffen. Wenn wir die Grundstimmung im Team ändern, die nach drei Niederlagen in Folge bescheiden war, wenn wir die Spieler von unserem Weg überzeugen und auch das bisschen Glück haben, das du nunmal auch brauchst: Dann bist du nach nur zwei Spielen in der Zweiten Liga. Und wenn du es nicht schaffst, musst du eben nächstes Jahr neu angreifen. Gemeinsam mit dem Verein die richtigen Schlüsse, überlegen, wie du den Kader verstärkst - aufsteigen. Denn ein anderes Ziel hätte es in der nächsten Saison nicht mehr gegeben.

"Enge Kumpels waren Thomas Hengen und ich nie"

Der Betze brennt: Welche Rolle spielte Thomas Hengen bei Ihrer Entscheidung, an den Betzenberg zu wechseln? Sie kennen sich seit Ihrer gemeinsamen Zeit als Aktive beim Karlsruher SC und haben auch den Fußballlehrer gemeinsam gemacht. Seid Ihr alte Fußballkumpels?

Schuster: Nein, enge Kumpels waren wir nie, auch beim KSC schon nicht, dazu waren wir als Typen zu unterschiedlich. Wir sind gut miteinander umgegangen, aber dass wir regelmäßig ein Bier zusammen getrunken haben, das war nicht der Fall-. Im DFB-Pokal-Finale 1996 hatten wir ja noch gegeneinander gespielt. Später ging ich nach Köln, er nach Wolfsburg. Dann waren wir etwa zur gleichen Zeit in der Türkei, aber auch da haben wir uns nur kurz auf dem Platz gesehen. Den Fußballlehrer haben wir gemeinsam gemacht, aber das ist meist mehr ein nebeneinander als ein miteinander. Aktuell kam der Kontakt eigentlich mehr durch Sascha Franz zustande, der in der 3. Liga öfter unterwegs war. Ihn hat Thomas auch zuerst angerufen. Ich war gerade noch mit einer Produktion für "Sky Sport" beschäftigt, als ich vom Interesse erfahren habe.

Der Betze brennt: Apropos: Werden Sie in der Sky-Reihe "Matchplan" auch künftig noch zu sehen sein?

Schuster: Nein, jetzt nicht mehr. Aber es war eine tolle Erfahrung und eine Erweiterung meines Horizonts. Eine Mannschaft und ihren kommenden Gegner studieren, mit der du eigentlich nichts zu tun hast, und dann vor Kamera exakt erklären, wie du gegen sie spielen lassen würdest - das war auch für mich noch mal lehrreich.

Der Betze brennt: Wir haben uns zum Beispiel angeschaut, wie Sie das Anlaufverhalten erklären, mit dem Hertha BSC im Derby gegen Union Berlin vorgehen müsste. Das ist wirklich sehr anschaulich und gut verständlich. Erklären Sie das Ihren Spielern auch so?

Schuster: Im Prinzip ja. Fußball ist im Grunde eine einfache Sportart, die man auch entsprechend einfach erklären sollte. Und du hast ja oft auch Spieler in der Mannschaft, die nicht so gut Deutsch sprechen. Da macht es keinen Sinn, Dinge unnötig zu verkomplizieren und mit angeblichen Fußball-Fachwörtern um sich zu schmeißen.

"Transfers? Wir behalten und noch ein, zwei Patronen im Gürtel"

Der Betze brennt: Wie muss man sich die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Thomas Hengen in der Transferperiode vorstellen? Ist es eher der Sportchef, der Spieler vorschlägt, oder sind es eher Sie als Trainer, der ihn bittet, die eine oder andere Personalie mal abzuklopfen? Und wer hat das letzte Wort?

Schuster: Der Ablauf ist so, dass wir außerhalb der Trainingszeiten oft beim Thomas im Büro sitzen, und etwa auch die gleiche Zeit in der Scouting-Abteilung mit Olaf Marschall und den anderen verbringen. Wir schauen uns jede Menge Videos von Spielern an, auch etliche von solchen, die wir angeboten bekommen. Ideen darf und muss grundsätzlich jeder haben, und jeder bringt sein eigenes Netzwerk mit ein und nutzt seine persönlichen Kontakte. So war es etwa bei Andreas Luthe. Dass da was gehen könnte, wäre für mich fünf Wochen vorher noch undenkbar gewesen. Aber wir kannten ihn noch von Augsburg, hatten unsere Erinnerungen und Erfahrungen mit ihm, also haben wir ihn mal angerufen - und siehe da: Andy war sofort Feuer und Flamme.

Der Betze brennt: Auch wenn Sie sicher keine Namen nennen: Dürfen wir noch mit weiteren Hammer-Transfers rechnen?

Schuster: Das ganz große Transferfenster hat sich noch gar nicht geöffnet. Wenn die Vorbereitungszeit zu Ende ist und der eine oder andere erkennen muss, dass er in seinem Verein doch nicht die Rolle spielen wird, die er sich erobern wollte, wird sich noch einiges an Personal aus der Bundesliga nach unten verschieben. Darum werden wir uns noch ein, zwei mögliche Patronen im Gürtel behalten.

Der Betze brennt: Sie arbeiten ja gar nicht das erste Mal für einen FCK. Sie sind ja beim FC Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitzer FC, groß geworden, der sich ebenfalls FCK kürzelte. Und Sie haben auch noch einiges von der ehemaligen DDR mitbekommen. Wie weit hat Sie das geprägt? Steckte, zumindest in Ihren jungen Jahren, auch noch ein bisschen Ossi-Mentalität in Ihnen, also eine gewisse Abneigung gegen die Besser-Wessis?

Schuster: Nee. Ich schätze meine Heimat, war aber auch schon vor dem Mauerfall froh, wenn ich mal in den Westen durfte,. Als Nachwuchsspieler und später als Fußballprofi genoss ich das Privileg, mal auf Auslandsreisen gehen zu können. Da waren wir immer happy, wenn wir einen halben Tag freibekamen, um andere Dinge einzukaufen oder mal was anderes von der Welt zu sehen. Und die sah schon anders aus, als sie es uns in der Schule im Osten erzählt hatten. Es gab im Osten schöne Aspekte, aber auch sicher nicht so tolle: Als ich 2019 als Trainer nach Aue wechselte, habe ich in der Region gesehen, dass gewisse Strukturen und Seilschaften von damals sogar immer noch erhalten sind.

"Das Pokal-Endspiel KSC gegen FCK war eine wichtige Erfahrung"

Der Betze brennt: Dieses 7:0 gegen den FC Valencia mit dem KSC 1993 ist sicher das Spiel in Ihrer aktiven Karriere, auf das Sie am meisten angesprochen werden. Welche Partien waren für Sie denn noch bedeutend?

Schuster: Das Pokal-Endspiel mit dem KSC gegen den FCK 1996 war schon auch eine wichtige Erfahrung, auch wenn sie für uns damals äußerst negativ war. Wir hatten eine gute Runde gespielt, der FCK war abgestiegen, da sind wir nach Berlin gefahren und haben uns schon fast als Pokalsieger gefühlt. Und dann haben wir nix auf die Reihe gekriegt. Und bei Martin Wagners Freistoßtreffer geht der Ball erst mir durch die Beine und dann Claus Reitmaier, das war schon brutal. Und später mit dem 1. FC Köln abzusteigen, das war auch ein scheiß Gefühl. Mit dem KSC aber waren alle Uefa-Cup-Spiele Riesenerlebnisse. Ebenso wie meine Länderspiele. Einer von nur 19 Spielern zu sein, die sowohl für die DDR als auch für das vereinte Deutschland aufgelaufen sind, macht mich sehr stolz. Und meine Auslandserfahrung in der Türkei möchte ich ebenfalls nicht missen.

Der Betze brennt: Wer tippen soll, welcher Trainer Dirk Schuster am meisten geprägt hat, wird wohl als erstes Winfried Schäfer nennen. Ist das tatsächlich so? Wer hat Sie noch beeinflusst?

Schuster: Ich habe eigentlich von jedem meiner Trainer ein bisschen was mitgenommen. Joachim Streich war mein Mentor und Förderer. Winnie Schäfer war ein klasse Motivator, vor allem darin, eine Mannschaft auf ein Spiel einzustimmen. Peter Neururer war menschlich super und hatte ein überragendes Gefühl dafür, wann er ein Zuckerl geben darf und wann er dazwischen haut. Hans Krankl habe ich kurze Zeit bei Admira Wacker erlebt, auch der hat mir gefallen mit seiner lockeren Art und seinen Witzen, typisch Ösi (grinst). Bei Ede Becker in Karlsruhe habe ich hospitiert. Da hat er mal eine Situation gelöst, wo zwei Spieler sich fast an die Gurgel gegangen waren, das war überragend. Ebenso Uwe Rapolder, wenn er die Viererkette erklärt hat. Natürlich hat mir bei jedem Trainer auch mal was nicht gefallen, aber das ist ebenso normal.

Der Betze brennt: Sie gelten als Trainer, der die Spielweise Ihrer Mannschaft konsequent an deren Möglichkeiten anpasst. Was dazu führte, dass Sie nach dem Durchmarsch in Darmstadt als Trainer abgestempelt wurden, für den es nur Hoch-Weit gibt ...

Schuster: Im Fußball geht es darum, Tore zu erzielen und Tore zu verhindern - und um die Frage, wie kann ich das eine machen, ohne das andere zu vernachlässigen. Mit Darmstadt waren wir damals mit einem extrem kleinen Etat in die Bundesliga aufgestiegen. Die Qualität, die andere hatten, konnten wir uns nicht leisten. Also holten wir Jungs von der Resterampe - aber solche, von denen wir wussten, dass sie mal die Qualität hatten, für die es nun aber nicht mehr lief. Sandro Wagner zum Beispiel, den rief ich spätabends an und fragte: "Wo bist du gerade?" Er sagte: "In Berlin." Ich sagte: "Kannst du morgen um 11:00 Uhr in Darmstadt sein?" Er sagte: "Ich setz' mich sofort ins Auto und fahre los." Da wusste ich: Der ist richtig. Andere kamen, sahen sich unser Böllenfalltor-Stadion an und fragten, wann wird denn hier renoviert? Die durften gleich wieder nach Hause fahren. Dass wir unter solchen Voraussetzungen keinen Hurra-Fußball spielen konnten, war doch klar. Aber unsere Ergebnisse haben gestimmt, und dann sind wir eben in diese Schublade gesteckt worden. Wer unsere Spiele gesehen hat, weiß aber, dass wir auch fußballerisch gar nicht so schlecht waren.

"Die englische Form des Fußballs macht mir am meisten Spaß"

Der Betze brennt: Gibt es einen Fußball, den Dirk Schuster gerne spielen lassen würde, wenn er die Spieler dazu hätte? An welcher Mannschaft würden Sie sich orientieren?

Schuster: Ich denke, die englische Form des Fußballs macht mir am meisten Spaß. Immer powern, immer mit Tempo nach vorne und dann die individuelle Qualität ausspielen, so wie Manchester City oder der FC Liverpool das machen. Aber dazu muss ich auch sagen: Diese Vereine können nicht nur mit Kohle wedeln ohne Ende, um diese Spieler zu holen, die haben auch Top-Trainer, die dort schon seit Jahren arbeiten. Das ist etwas gewachsen.

Der Betze brennt: Das klingt, als wären Sie durchaus dafür zu haben, mal länger in einem Klub zu arbeiten. Auch wenn man in Deutschland dazu nur selten die Gelegenheit bekommt.

Schuster: Na klar. Das wünscht sich doch jeder. Bestes Beispiel ist doch der SC Freiburg mit Christian Streich, der auch nicht in Frage gestellt wird, wenn die mal absteigen. Oder Heidenheim mit Frank Schmidt, der da schon seit 15 Jahren im Amt ist.

Der Betze brennt: Nach dem Erfolgserlebnis der Relegation und den bisherigen Transfers kocht rund um den Betzenberg schon wieder die Euphorie hoch. Das sorgt einerseits für eine ungeheure Vorfreude auf die kommende Saison, andererseits muss man doch auch die Kirche im Dorf lassen. Wie stehen Sie dazu?

Schuster: Ich sage: Lasst die Leute doch träumen. Das finde ich super. Wenn es nur ein Thema in dieser Stadt gibt, das ist doch geil. Intern wissen wir doch, wie wir die Sache zu händeln haben. Wir wissen, wo wir herkommen, was wir können, was uns erwartet, wie unsere Zielsetzung ist. Andere dürfen gerne Träume, Fantasien und Wünsche haben - alles gut.

"Die Wucht aus der Relegation mit in die neue Saison nehmen"

Der Betze brennt: Den Satz, dass sie auch wegen der tollen Fans und der Betzenberg-Atmosphäre zum FCK kommen, hat man von Neuzugängen auch früher schon oft gehört. Diesen Sommer hat man aber nach der begeisternden Relegation, dem ausverkauften Saar-Pfalz-Derby und den Betze-Karawanen bei Auswärtsspielen den Eindruck, die meinen es wirklich so. Haben Sie auch dieses Gefühl?

Schuster: Und ob. Andreas Luthe hat es uns direkt am Telefon gesagt: "Ich habe die Relegation im Fernsehen gesehen, ich bin noch immer hin und weg." Ich hatte auch Freunden von mir Karten besorgt, die haben mir hinterher gesagt, gerne bitte wieder, wir sind jetzt FCK-Fans. Und was glauben Sie denn, weswegen wir am 15. Juli das Eröffnungsspiel der Zweiten Liga bestreiten dürfen? Weil die Fernsehmacher gesehen haben, was hier los ist. Für uns heißt das: dem gerecht werden. Und die Wucht aus diesen Spielen mit in die neue Saison nehmen.

Der Betze brennt: Besten Dank für das Gespräch!

Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer, Thomas Hilmes

Weitere Links zum Thema:

- Teil 1 des Interviews: "Der FCK ist kein Job, sondern eine Bestimmung" (Der Betze brennt)



Beitragvon Schnullibulli » 29.06.2022, 13:33


Sehr richtig und wichtig @ Olamaschafubago

Wir können erst wirklich bewerten wie es läuft nachdem einige Wochen ins Land gezogen sind.
Mir grault es schon davor wenn wir die ersten Spiele verlieren und hier wieder Köpfe gefordert werden. Ich habe zwar den Eindruck dass das Gros hier eine realistische Einschätzung hat und weiß dass es einzig und allein darum geht am 34. Spieltag überm Strich zu stehen.
Mir ist es egal ob das erst am 34. passiert, reicht. Für die Nerven wäre es anders natürlich besser.

Aber wir müssen uns auch erstmal daran gewöhnen dass wir in Zukunft deutlich seltener als Sieger den Platz verlassen werden und auch dann gilt es hinter Team und Trainer zu stehen.
Leistung und Einsatz müssen selbstredend stimmen!
Brecht bitte nicht in Panik aus wenn wir am 10. Spieltag keine 30 Punkte haben! Wenn wir die am 25. hätten würde ich das sofort unterschreiben!


Freu mich schon auf Teil II

Edith: ha, gleich weiterlesen :)



Beitragvon Adaleh » 29.06.2022, 14:57


"Und was glauben Sie denn, weswegen wir am 15. Juli das Eröffnungsspiel der Zweiten Liga bestreiten dürfen?"

Ach Gott, wie ist das geil! Und das Beste - er hat sogar Recht! :D




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