Die EM, die UEFA und die Zensur (Hannoversche Allgemeine)
Verfasst: 27.06.2008, 00:40
Ich packs mal hier rein:
Die EM, die UEFA und die Zensur
Rauchbomben auf der Tribüne, ein Fan läuft über den Stadionrasen – doch der TV-Zuschauer sieht davon nichts: Erstmals produziert die UEFA die EM-Fernsehbilder selbst und wacht mit chinesischer Akribie über die „Sauberkeit“.
Deutschland gegen Kroatien bei der EM. Das Wörthersee-Stadion kocht, es steht 0:1 in Klagenfurt. Der kroatische Fanblock ist komplett in roten Rauch eingehüllt. ZDF-Kommentator Béla Réthy spricht erregt von „Feuerwerkskörpern“ – aber der Fernsehzuschauer sieht davon: nichts.
Beim Spiel Österreich – Kroatien einige Tage zuvor in Wien läuft ein kroatischer Fan jubelnd auf den Rasen, ein UEFA-„Steward“ in gelber Weste verfolgt ihn, fällt auf die Nase, steht wieder auf, das Stadion feixt, die Spieler sind irritiert, die UEFA sieht gar nicht gut aus in diesem Moment, und der geneigte Fernsehzuschauer sieht wiederum: nichts.
Was ist da los? Erstmals produziert der Europäische Fußballverband UEFA die EM-Fernsehbilder aus allen acht Stadien selbst, das „Weltbild“ also, das alle Partnersender ausstrahlen, auch ARD und ZDF. In den Übertragungswagen der eigens gegründeten Tochterfirma UEFA Media Technologies (UMET) sitzen von der UEFA bezahlte Gastregisseure – und kein Bild, das die allmächtigen Fußballfunktionäre nicht freigegeben haben, flimmert über die Millionen Bildschirme in aller Welt. Nach zehn Tagen EM wird deutlich, worauf es der UEFA dabei ankommt: Störungsfrei und perfekt soll die EM aussehen, gesäubert von allem, was nach Chaos und Nichtplanbarkeit riecht.
Und so bekommt das Schlagwort vom „sauberen Sport“ eine ganz neue Bedeutung. Geradezu klinisch wirken die EM-Fernsehbilder, wenig ist sichtbar, was dem geneigten Publikum zu Hause eine Ahnung böte von der Stimmung abseits des Rasens: Nichts ist zu sehen von fröhlichen Bikinimädchen (um streng religiöse Länder nicht zu verschrecken), von brennenden Flaggen (um nationale Gefühle nicht zu verletzen), von Fans außer Rand und Band (weil Fans ja live immer ein optisches Sicherheitsrisiko sind). Randalebilder mögen nicht schmückend sein, gehören aber zu fairer Berichterstattung dazu.
„Wir konzentrieren uns auf die sportlich relevanten Dinge“, begründet UEFA-Sprecher Wolfgang Eichler die exotische Schnittkunst der Fernsehmacher. Exakt mit diesem Wortlaut versucht das chinesische Staatsfernsehen, den Tibet-Konflikt aus der Olympia-Berichterstattung auszublenden und schwenkte bei der Entzündung der Fackel in Athen minutenlang auf grünes Gestrüpp am Wegesrand, statt Tibet-Aktivisten zu zeigen. Und auch Eichlers nächster Satz erinnert schwer an das Vokabular chinesischer Propagandisten: Man wolle „Chaoten keine Bühne bieten“.(...)
Quelle und kompletter Text: http://www.haz.de/newsroom/medien/art663,618112
Die EM, die UEFA und die Zensur
Rauchbomben auf der Tribüne, ein Fan läuft über den Stadionrasen – doch der TV-Zuschauer sieht davon nichts: Erstmals produziert die UEFA die EM-Fernsehbilder selbst und wacht mit chinesischer Akribie über die „Sauberkeit“.
Deutschland gegen Kroatien bei der EM. Das Wörthersee-Stadion kocht, es steht 0:1 in Klagenfurt. Der kroatische Fanblock ist komplett in roten Rauch eingehüllt. ZDF-Kommentator Béla Réthy spricht erregt von „Feuerwerkskörpern“ – aber der Fernsehzuschauer sieht davon: nichts.
Beim Spiel Österreich – Kroatien einige Tage zuvor in Wien läuft ein kroatischer Fan jubelnd auf den Rasen, ein UEFA-„Steward“ in gelber Weste verfolgt ihn, fällt auf die Nase, steht wieder auf, das Stadion feixt, die Spieler sind irritiert, die UEFA sieht gar nicht gut aus in diesem Moment, und der geneigte Fernsehzuschauer sieht wiederum: nichts.
Was ist da los? Erstmals produziert der Europäische Fußballverband UEFA die EM-Fernsehbilder aus allen acht Stadien selbst, das „Weltbild“ also, das alle Partnersender ausstrahlen, auch ARD und ZDF. In den Übertragungswagen der eigens gegründeten Tochterfirma UEFA Media Technologies (UMET) sitzen von der UEFA bezahlte Gastregisseure – und kein Bild, das die allmächtigen Fußballfunktionäre nicht freigegeben haben, flimmert über die Millionen Bildschirme in aller Welt. Nach zehn Tagen EM wird deutlich, worauf es der UEFA dabei ankommt: Störungsfrei und perfekt soll die EM aussehen, gesäubert von allem, was nach Chaos und Nichtplanbarkeit riecht.
Und so bekommt das Schlagwort vom „sauberen Sport“ eine ganz neue Bedeutung. Geradezu klinisch wirken die EM-Fernsehbilder, wenig ist sichtbar, was dem geneigten Publikum zu Hause eine Ahnung böte von der Stimmung abseits des Rasens: Nichts ist zu sehen von fröhlichen Bikinimädchen (um streng religiöse Länder nicht zu verschrecken), von brennenden Flaggen (um nationale Gefühle nicht zu verletzen), von Fans außer Rand und Band (weil Fans ja live immer ein optisches Sicherheitsrisiko sind). Randalebilder mögen nicht schmückend sein, gehören aber zu fairer Berichterstattung dazu.
„Wir konzentrieren uns auf die sportlich relevanten Dinge“, begründet UEFA-Sprecher Wolfgang Eichler die exotische Schnittkunst der Fernsehmacher. Exakt mit diesem Wortlaut versucht das chinesische Staatsfernsehen, den Tibet-Konflikt aus der Olympia-Berichterstattung auszublenden und schwenkte bei der Entzündung der Fackel in Athen minutenlang auf grünes Gestrüpp am Wegesrand, statt Tibet-Aktivisten zu zeigen. Und auch Eichlers nächster Satz erinnert schwer an das Vokabular chinesischer Propagandisten: Man wolle „Chaoten keine Bühne bieten“.(...)
Quelle und kompletter Text: http://www.haz.de/newsroom/medien/art663,618112