Spielbericht: SV Sandhausen - 1. FC Kaiserslautern 2:0

Spätsommer-Blues, Teil III: Der nächste Tiefpunkt

Spätsommer-Blues, Teil III: Der nächste Tiefpunkt


Der FCK hat in Sandhausen verloren und schlittert damit wieder einmal in die spätsommerliche Krise. Die Stimmung ist endgültig gekippt, auch wenn Trainer und Mannschaft um Zeit bitten.

- Fotogalerie | Fanfotos: SV Sandhausen - 1. FC Kaiserslautern
- Fotogalerie | Spielfotos: SV Sandhausen - 1. FC Kaiserslautern

Es hätte so schön sein können. Sonne, Spätsommer, Fußball. Ein heißer Tag in der Kurpfalz, ein Auswärtsspiel mit kurzer Anfahrt. Doch wieder einmal entwickelte sich für den Anhang des 1. FC Kaiserslautern die Reise zum SV Sandhausen zu einem emotionalen Tiefpunkt. 0:2 ließen sich die Pfälzer vom SVS abschießen – fast ohne Gegenwehr.

Fast 4.000 Fans der Roten Teufel bevölkerten das Hardtwaldstadion und machten die Partie in der Heidelberger Vorstadt wie schon in den Jahren zuvor zu einem akustischen Heimspiel. Selbst als die Gastgeber durch einen schönen Spielzug durch Lukas Höler schon nach wenigen Minuten mit 1:0 in Führung gingen (6.), feuerten die Lautrer ihr Team durchgehend weiter an.

Die Spieler auf dem Feld agierten allerdings einmal mehr lethargisch. Tayfun Korkuts Plan, wie der erste Saisonsieg endlich eingefahren werden könnte, schien bei ihnen nicht angekommen. Die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen waren viel zu groß, die Laufwege nicht stimmig und der bedauernswerte Osayamen Osawe rieb sich als Einzelkämpfer vorne auf. Torschüsse? Mangelware!

All das wäre irgendwie noch verschmerzbar, würde die Mannschaft wenigstens Mentalität zeigen. Doch der Kampf, seit jeher das Lebenselixier jedes Lautrers, war nicht zu sehen. Korkuts vorsaisonale Ankündigung, die „Lautrer Tugenden“ in seine Spielidee integrieren zu wollen, sie ist weiterhin nicht erkennbar. Der Trainer selbst schien sich der müden Vorstellung seiner Mannen anzupassen. Fast das komplette Spiel über saß der 49-Jährige auf seinem Stuhl, erschien ebenso antriebs- und willenlos wie seine Elf.

Korkut: „Fünf gute Minuten reichen nicht“

Und wer glaubte schon wirklich an das erhoffte Donnerwetter in der Halbzeitansprache, als Korkut mit hängenden Schultern und gesenktem Blick als Letzter in den Spielertunnel einbog? Zwar hatten seine Spieler wenigstens in den Minuten vor der Halbzeit einige gefährliche Situationen erspielt und den Gästeanhang noch mal richtig laut werden lassen. Doch „fünf gute Minuten reichen nicht“, sagte der FCK-Coach selbstkritisch. „Wir haben es nicht geschafft, eine klare Torchance herauszuspielen“, erklärte er die weiterhin enttäuschende Darbietung auch nach dem Seitenwechsel. Es sei nun wichtig, die Partie schnellstmöglich aufzuarbeiten. Allein: Die Ankündigung kennt man in Kaiserslautern mittlerweile zur Genüge.

Fast schon aus Trotz nahm der Support aus dem Gästeeck nach der Halbzeit noch einmal an Fahrt auf. Lautes Klatschen, Anfeuerungsrufe, Gesang und Gestikulieren. Doch das kurze Aufbäumen nahm mit der Zeit ab. Die übliche Ratlosigkeit schien Einzug zu halten, ehe sie angesichts der armen Leistung auf dem Platz umschlug, spätestens als Korbinian Vollmann auf 2:0 für Sandhausen erhöhte (83.). Schon zehn Minuten zuvor war die Partie seitens der lustlosen Lautrer eigentlich abgehakt, als Schlussmann André Weis aufgrund eines Handspiels außerhalb des Strafraums die Rote Karte quittierte – symptomatisch.

Noch während des Spiels verließen die ersten FCK-Fans das Stadion und zwangen die verblüfften Shuttle-Busfahrer zum vorzeitigen Beginn ihrer Schicht. Die wieder sehenswerte Zaunbeflaggung wurde abgenommen, noch bevor Schiedsrichter René Rohde die Partie beendet hatte. Als die Mannschaft sich nach dem Abpfiff Richtung Gästeblock wandte, knallte ihr ein Mix aus Pfiffen und wütenden Rufen entgegen. „Wir haben die Schnauze voll“, wurde skandiert und am Zaun gerüttelt, was ein gespenstisches Kettenrassel-Geräusch verursachte und sogar die Polizisten auf der Haupttribüne eilig zu ihrem Ferngläsern greifen ließ. Der Trainer war da schon weg und die Spieler standen mit in die Hüfte gestützten Armen und leeren Gesichtern minutenlang vor dem Gästeblock.

Die Zeit läuft nun doppelt so schnell davon

Dabei drohte kein echtes Ungemach seitens der Fans, doch der angestaute Frust musste sich entladen. Aalen 2013, Paderborn 2015, Sandhausen 2016 – wieder einmal hält in Kaiserslautern der Spätsommer-Blues Einzug. Ein harter Herbst steht bevor, wenn nicht bald die Neuverpflichtungen den erhofften Qualitätsgewinn bringen – spielerisch und mental!

„Wir haben Anfang der Saison gesagt, dass es nicht einfach wird, dass es schwierig wird, dass wir komplett neu zusammengewürfelt sind. Das fängt im Verein ganz oben an und hört bei uns unten auf“, erklärte ein sichtlich erschöpfter Daniel Halfar nach dem Spiel neben der Tür zur Putzkammer des Hardtwaldstadions. Dass der FCK auf den letzten Tabellenplatz abstürzen würde, hätte allerdings am Anfang der Saison keiner gedacht. Ein paar Meter weiter präsentierten sich die strahlenden Sandhäuser, darunter wie gewohnt viele Ex-Lautrer, der wartenden Presse. „Wir müssen schauen, dass wir da irgendwie rauskommen“, fügte Halfar an. Immerhin – so der FCK-Kapitän – sei ja erst der vierte Spieltag gespielt. Man brauche Zeit. Und man würde sie dem FCK gerne geben. Doch spätestens seit diesem Sonntag läuft sie den Verantwortlichen doppelt so schnell davon.

Mein Teufel des Tages: Selten zuvor hat sich kein Spieler des Spiels diesen Titel verdient. Er geht – schon aus nostalgisch, verzweifelter Sicht – an Gerry Ehrmann, der wie immer schwieg und doch alles sagte. Und an die mitgereisten Fans, deren Leidensfähigkeit bewundernswert ist.

Was sonst noch auffiel: Dass der SV Sandhausen sein 100-jähriges Bestehen feiert und die Fankurve dabei zwar keine großen Sprünge, aber eben doch eine kleine feine Choreo auf die Beine stellt, verdient Respekt. Die orange-farbenen Klatschpappen und Riesenfinger des Hauptsponsors hätte es hingegen nicht gebraucht.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

Kommentare 350 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken