Kummt Senf druff

Lasst Euch das Derbyfeeling nicht nehmen!

Lasst Euch das Derbyfeeling nicht nehmen!


Polizisten, Funktionäre, Spieler und sogar Politiker appellieren vor dem badisch-pfälzischen Zweitligagipfel an die Vernunft der Fans, nicht für eine Wiederholung der Bilder aus dem Hinspiel zu sorgen. Das ist schön und gut. Aber eines droht dabei verloren zu gehen: Das Derbyfeeling!

Markus Schupp und Jens Todt haben sich am Mittwoch mit einem offenen Brief an die Fans gewandt: Wenn am 26. Spieltag der 1. FC Kaiserslautern beim Karlsruher SC antritt, dann wünschen sich die Sportdirektoren beider Vereine „packende, spannende und mitreißende 90 Minuten“ - aber bitte ohne negative Randerscheinungen auf den Tribünen. So weit, so gut. In wüste Prügeleien wie nach dem Hinspiel möchte schließlich wirklich niemand hineingeraten. Die Vereine müssen außerdem solche Botschaften veröffentlichen, weil dadurch im Nachgang mögliche Strafen durch den DFB reduziert werden können. Beide Klubs spielen derzeit unter Bewährung.

Am Freitag zogen dann die Oberbürgermeister von Kaiserslautern und Karlsruhe nach. Klaus Weichel und Frank Mentrup hoffen in einer Pressemitteilung auf ein „positives Ausrufezeichen im Sinne der Sportkultur“, ohne Schmähungen und Gewalt, und freuen sich schon jetzt auf den möglichen gemeinsamen Aufstieg. Ein derartiges Statement von Politikern darf wohl zumindest als ungewöhnlich bezeichnet werden.

Auch die Polizei hat einen offenen Brief geschrieben, aus dem munter zitiert wird. Und dass die Medien im Vorfeld des Derbys fast genauso viel über die Brisanz auf den Rängen wie über jene auf dem Spielfeld berichten, ist sowieso klar. Fast allen Texten der vergangenen Tage ist eines gemein: Gewalt und Pyrotechnik und Schmähgesänge/-plakate werden munter in einen Topf geworfen. Alles böse, alles nicht erwünscht! Wobei der Übergang zwischen Emotion, Provokation und Reaktion oft fließend ist, sowohl neben als auch auf dem Platz. Wo fängt es an und wo hört es auf?

Wie dem auch sei: Es wird so viel über die Rahmenbedingungen geredet – in Karlsruhe kommen noch die Proteste und Sanktionen rund um das Spiel gegen Leipzig hinzu – dass sogar die Fans langsam unsicher werden: Hoffentlich passiert nichts, hoffentlich bleiben alle vernünftig, hoffentlich findet der DFB nichts zum bestrafen usw. Im Ausland hat sich für solche vorauseilenden Negativgedanken der Begriff „German Angst“ entwickelt. Die Anhänger beschäftigen sich zum Teil mehr mit dem „Was wäre, wenn...“ als mit dem eigentlich wichtigen: Die Roten Teufel am Sonntag nach vorne zu schreien, in Richtung Derbysieg, in Richtung Aufstieg. Deshalb der Aufruf an alle mitreisenden Lautrer: Lasst Euch das Derbyfeeling nicht nehmen!

Derbys sind das Salz in der Suppe. Wenn dann noch die direkte Konkurrenz im Aufstiegskampf dazu kommt, bilden Duelle wie das am Sonntag gar die Basis für historisches. Bei wem da keine besonderen Gefühle hochkommen, der hat wirklich etwas verpasst. Den Kontrast zu dieser Stimmung erlebt man als FCK-Fan alle paar Wochen, wenn die Gegner vor halb leeren Rängen mal wieder Aalen oder Sandhausen heißen. Gähn!

Ist es nicht gerade dieses emotionale Kribbeln, das den Reiz des Volkssports Fußball ganz entscheidend ausmacht? Muss man als normaler Fußballfan immer noch mit gesenktem Kopf gehen, nur weil sich vor einem halben Jahr ein paar Dutzend Leute (was etwa 0,2% aller damaligen Stadionbesucher entspricht) auf der Südtribüne geprügelt haben? Muss man im gleichen Satz eine Portion Betroffenheit nachschieben, wenn man einem Bekannten erzählt, dass man am Sonntag zum Derby fährt?

Mal ganz ehrlich: Darauf habe ich kein' Bock! Ich freue mich auf das „Spiel des Jahres“, das übermorgen im Wildparkstadion stattfindet. Ich freue mich auf ein hitziges Duell auf dem Rasen und auf den Rängen, wo die FCK-Fans in den letzten Jahren immer einen topmotivierten Auftritt hingelegt haben. Ich freue mich auf Spieler wie Jean Zimmer, der mit seiner Bezeichnung des KSC als „Dreckstruppe“ gleichzeitig Abneigung und Anerkennung gegenüber dem regionalen Rivalen äußerte. Ich freue mich auf knisternde Luft, harte Zweikämpfe und Spannung von der ersten bis zur letzten Minute – natürlich immer in der Hoffnung auf drei Punkte für unseren FCK. Das alles hat nichts mit Gewalt oder echten Randalen zu tun. Sondern mit der Liebe zum Fußball.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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