Spielbericht: Hansa Rostock - 1. FC Kaiserslautern 5:1

1. Mai - Tag der Arbeit, Volksfest und Kampftag

1. Mai - Tag der Arbeit, Volksfest und Kampftag


Zum 1. Mai gibt es viele Überlegungen, wie so ein Feiertag begangen werden könnte. Für etwa 800 Anhänger des 1. FC Kaiserslautern war klar: Auswärtsspiel bei Hansa Rostock, Aufstiegskampf im Ostseestadion. Das bedeutet nicht nur eine weite Anreise und viel Herzblut, um Mannschaft und Verein zu unterstützen, sondern auch viel Aufrichtigkeit und Kampfbereitschaft. Denn anscheinend herrscht in Rostock eine merkwürdige Art, Fußballspiele zu gestalten und auszuleben.

Das Ostseestadion ist ein toller „Ground“. Schön eng und laut, ein Flair vom alten Betzenberg, mit einer einmaligen Flutlichtanlage. Es gibt nur einen entscheidenden Unterschied: es ist keine richtige Fankurve vorhanden. Stehplätze befinden sich in den vier Ecken des Stadions, die Rostocker Ultras haben dabei ihren Bereich gegenüberliegend vom Gästeblock auf der gleichen Tribüne. Dazwischen befinden sich Sitzplätze. Genauso angeordnet ist die andere Hintertortribüne, wo sich früher die aktivsten Hansa-Fanblöcke befanden. Auf den Sitzplätzen links und rechts vom Gästeblock wird übrigens nicht wirklich auf Fantrennung geachtet. 27.000 Zuschauer, wie an diesem Spieltag, sind auch nur möglich, wenn keine Sicherheitszone zum Gästesektor vorhanden ist, sondern jeder Platz verkauft werden soll oder muss.

Der Vorsänger der Gästefans steht damit sozusagen direkt neben den „erlebnisorientierten“ Anhängern der Heimmannschaft. Getrennt nur durch eine Plexiglasscheibe. Im Stadion macht eine externe Sicherheitsfirma ihren Job, von Fankultur anscheinend wenig Erfahrung und Wissen. Die Busse der Gästefans werden wie die „Schweinegrippe“ isoliert, auf einem eigenen Parkplatz hinter dem Gästeblock, großflächig umzäunt. Anscheinend etwas Besonderes in Rostock: Gästefans, und dann auch noch aus dem Westen...

Für die Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern war an diesem Feiertag Arbeit angesagt. Nach dem Spiel muss man sagen: leider nur Dienst nach Vorschrift abgeleistet. FCK-Trainer Milan Sasic musste in der Abwehr umbauen, Dario Damjanovic musste mit Oberschenkelproblemen passen und wurde von Moussa Ouattara ersetzt. Sidney Sam bekam seinen verdienten Einsatz für Kai Hesse auf rechts. Sasic ließ offensiv spielen, Josh Simpson und Sam auf den Außen, dazu Erik Jendrisek und der fit gespritzte Srdjan Lakic im Sturm. Eigentlich vom Papier her eine Mannschaft, die an der rauen Ostsee bestehen sollte. Zweikämpfe am Kampftag waren angesagt, Rostock für den Abstiegskampf und der Betze für den Aufstieg. Zweikämpfe wurden auch viele geführt, nur Rostock wollte sie unbedingt gewinnen und der FCK ließ sich nach und nach den Schneid abkaufen. Vor allem die Außen mit den Pärchen Dick/Sam und Simpson/Bugera standen ständig unter „Feuer“, da die Zentrale mit Demai und Dzaka mehr hinterher rannte als spielerische Akzente zu setzen und für Entlastung zu sorgen. Der Ball wurde kaum in den eigenen Reihen gehalten, die Anspiele auf Jendrisek und vor allem Lakic verpufften, weil unser Stoßstürmer einfach nicht gesund war, dadurch viele Fouls beging und der Schiedsrichter auch jeden grenzwertigen Zweikampf immer gegen den Kroaten gepfiffen hat.

Die Angriffe der Rostocker wurden konsequent über die Außen vorgetragen, denn Rostock hat eine Waffe, die ständig Gefahr bringt: Einwürfe in den Strafraum, gefährlich wie Freistöße. Und der erste Einwurf führte auch schon zum 1:0 durch Fillinger, im Zweikampf durch Ouattara verlängert. Das zweite Tor, Mitte der 1. Halbzeit, wieder durch einen Einwurf, dabei sah FCK-Keeper Tobias Sippel ganz schlecht aus. Im Strafraum beim rauslaufen nicht an den Ball gekommen, Rostock bedankt sich. Fußballspiele können innerhalb von einer Aktion schnell eine Wendung erfahren - leider nicht für uns an diesem Tag. Flanke Dick, Simpson schießt an die Latte und der für den gelb-rot-gefährdeten Lakic eingewechselte Hesse köpft am leeren Tor vorbei. Kurz vor der Halbzeit wäre das psychologisch noch einmal gut für Lautern gewesen.

Doch auch nach der Pause bestand die Chance, das Spiel zu drehen. Anschlusstor durch Martin Amedick! Doch der Rostocker Trainer Zachhuber musste seine Mannen in der Kabine genau vor solch einer Situation gewarnt haben, denn die Hanseaten gingen wieder siegeshungrig in die Zweikämpfe, erkämpften sich Torchancen und Sippel hielt dreimal prächtig gegen einschussbereite Rostocker. Der junge FCK-Keeper machte aber auch viel falsch an diesem Kampftag. Den eigenen schnellen Konter einleiten wurde postwendend zum Knockout für die Roten Teufel: Sam verlor wieder den entscheidenden Zweikampf, die in der Vorwärtsbewegung befindlichen Lauterer wurden überspielt und der völlig übermotivierte Sippel kommt beim rauslaufen erneut nicht an den Ball. Die vermeintliche Flanke schiebt Kern irgendwie über die Linie.

Die laute und kreative Anhängerschaft aus Lautern konnte sich im Anschluss nicht nur aufs weiter supporten konzentrieren, sondern musste sich auch die vom Volksfest zum pogromähnlichen wandelnden Stimmungen einiger mutierter Schwachköpfe jenseits des Gästeblockes zur Wehr setzen. Bierbecherwürfe und Provokationen sind nicht ungewöhnlich beim Fußball, schaden auch nicht unbedingt der Stimmung. Aber wenn durchweg nur versucht wird, den Gästeanhang zu attackieren, die eigene Mannschaft kaum noch beachtet wird und dann noch Wechselgesänge mit Gewaltverherrlichung gegenüber Westdeutschland aus tausenden Kehlen erfolgt, ist das doch sehr bedenklich. Jedes Tor danach brachte die Stimmung immer mehr zum Kochen - und es fielen immerhin noch zwei für Rostock. Der Lautrer Anhang gab trotzdem alles, es wurde ordentlich zurückgegeben was vorher von „Westwagenfahrern“ angezettelt wurde. Die Security war im Gästeblock sehr aktiv, sogar die szenekundigen Polizeibeamten aus Rostock wollten sich am der Tag der Arbeit nicht bitten lassen. Dass aber in den eigenen Reihen, sprich in den Sitztribünen auf Rostocker Seite mal eingegriffen wurde... kaum oder nicht der Rede wert.

Die Lauterer Mannschaft hatte, soweit ich das als im Gästeblock eingepferchter FCK-Fan noch verfolgen konnte, noch eine richtige Torchance kurz nach dem 3:1. Doch den Schuss aus spitzem Winkel konnte der Rostocker Torhüter halten und der FCK ergab sich seinem Schicksal. Mensch, Mannschaft und Trainerstab, was soll die Scheiße? Das vierte Gegentor vom schlechten Schiedsrichtergespann rein gepfiffen bekommen. Das fünfte wieder selbst nach einem dummen Rückpass gefangen, per Freistoß vom Fünfmeterraum. Natürlich, vielleicht um zwei Tore zu hoch, aber diese Niederlage ist doch sehr bitter, wenn das eigene Spiel nicht im Ansatz funktioniert und der „Schweinehund“ nicht überwunden wird. Dienst nach Vorschrift ist zu wenig, und das am Tag der Arbeit... Da hilft es auch nicht, dass die Mehrzahl der Tore - auch das des FCK - irregulär oder zumindest sehr fragwürdig waren. Verdiente Niederlage und mal wieder ein herber Rückschlag im Aufstiegsrennen, mal wieder die mit den eigenen Händen bzw. Füßen aufgebaute Chance zum Anschluss mit dem Hintern nieder gerissen.

Nach dem Spiel musste die Betze-Anhängerschaft noch knapp zwei Stunden am Gästesektor ausharren. Immer wieder versuchten Rostocker, an den Gästesektor ran zu kommen und die geschlossene Lautrer Fanszene zu attackieren. Die Polizei hatte jetzt Kampftag, wurde anscheinend selbst immer wieder von Rostocker Seite angegriffen und gab sehr spät mit Geleitschutz den Lauteren grünes Licht zu Abfahrt Richtung Autobahn. Auch vor dem Spiel wurden bereits Gruppen von Gästefans auf der Jagd nach Fahnen und Schals überfallen, nach dem Spiel knöpften sich dann rund 50 Vermummte noch die Polizei vor, wie Pressemeldungen zu entnehmen war. Rostock - eine von Verein und Polizei seit Jahren kriminalisierte Fanszene, die mittlerweile scheinbar jedes Maß und jede Vernunft verloren hat.

1. Mai in Rostock: Tag der Arbeit, Volksfest oder doch Kampftag? Auf jeden Fall ein Tag zum schnell vergessen...

Quelle: Der Betze brennt | Autor: connavar

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