Interview mit Aufsichtsratskandidat Thorsten Lill

"Der FCK ist mehr als ein Spekulationsobjekt"

"Der FCK ist mehr als ein Spekulationsobjekt"


Am Sonntag wird gewählt! Wir haben die fünf Nachrücker-Kandidaten für den Auf­sichts­rat des 1. FC Kaiserslautern e.V. zum Interview gebeten. Den Anfang macht ein Pfälzer im bayrischen Exil: Thorsten Lill, 31 Jahre, Rechtsanwalt für Wirtschaftsrecht.

Der Betze brennt: Thorsten Lill, sie kandidieren für den Aufsichtsrat des 1. FC Kaiserslautern e.V. Bei der Wahl am 4. Dezember können Sie aber maximal Nachrücker werden und nicht direkt in das zweithöchste Vereinsgremium einziehen. Was motiviert Sie, trotz dieser ungewöhnlichen Ausgangslage Ihren Hut in den Ring zu werfen?

Thorsten Lill (31): Der FCK hat mich durch sämtliche Phasen meines Lebens begleitet. Die vom FCK vermittelten Werte Loyalität, Freundschaft, Disziplin, Leidenschaft und Herzblut haben mir immer wieder geholfen und dafür gesorgt, dass ich zu dem geworden bin, der ich heute bin. Nach all den Jahren, in denen ich davon profitieren konnte, ist es an der Zeit dem Verein zu signalisieren, dass auch er von seinen Mitgliedern profitieren kann und sie ihm etwas zurückgeben können.

Auch für den Fall, dass die Nachrücker in der aktuellen Amtsperiode keine aktive Rolle mehr im Gremium spielen werden, ist es aus meiner Sicht zumindest wichtig, den handelnden Personen des Vereins zu verdeutlichen, dass hinter dem Verein qualifizierte und gut ausgebildete Personen stehen, auf die sich der Verein verlassen kann.

Der Betze brennt: Bitte stellen Sie sich kurz vor: Was müssen die Vereinsmitglieder beruflich und privat von Ihnen wissen? Und natürlich, welchen Bezug haben Sie zum FCK?

Lill: Ich bin 31 Jahre alt und in unmittelbarer Nähe zu Stadt und Stadion in Landstuhl geboren und aufgewachsen. Noch immer wohnen meine gesamte Familie und der größte Teil meiner Freunde im Umkreis. Schon von klein auf stand ich Woche für Woche mit meinen Freunden im Stadion, was wir auch heute noch bei jeder Gelegenheit gemeinsam tun. Mit dem FCK verbinde ich daher unzählige Erinnerungen und Erlebnisse. Vom Herzblutfinale 2008 über das Abstiegsspiel 2018 bis hin zum furiosen Relegationsrückspiel in Dresden. Für all das bin ich über alle Maßen dankbar.

Nach dem Abitur am Sickingen Gymnasium 2010 habe ich in München Jura studiert und das Studium 2015 mit dem 1. Examen und 2017 mit dem 2. Examen abgeschlossen. Nach mehreren Stationen bei international tätigen Kanzleien im In- und Ausland bin ich seit einigen Jahren für eine auf Unternehmenstransaktionen und deren Strukturierung spezialisierten Wirtschaftskanzlei tätig und berate in diesem Zusammenhang hauptsächlich Unternehmen, Vorstände und Investoren in nahezu sämtlichen Bereichen des Wirtschaftsrechts.

"Meine Vision: Ein finanziell gesunder und nachhaltig geführter FCK"

Der Betze brennt: In den letzten fünf Jahren seit 2017 ist beim FCK extrem viel passiert, negatives und positives: Mehrere Führungswechsel, Ausgliederung, Insolvenz, Investoren, Abstieg, Aufstieg, neue Euphorie. Wie haben Sie diese Zeit miterlebt und wie lautet als Aufsichtsratskandidat Ihre Vision für die kommenden fünf Jahre, sprich: Wohin sollte der FCK sich im Jahr 2027 weiterentwickelt haben?

Lill: Die prägenden Ereignisse aus dieser Zeit waren ehrlich gesagt der Auslöser dafür, neben meiner Unterstützung auf Fan-Ebene auch mein Engagement auf offizieller Ebene anzubieten. Die Vergangenheit hat uns gezeigt, dass Fußballvereine, die den Anspruch haben, in höheren Ligen erfolgreichen Fußball zu spielen, nicht nur durch eine Euphorie-Brille betrachtet werden dürfen, sondern vielmehr als mittelständische Unternehmen angesehen werden müssen, die vor der großen Herausforderung stehen durch nachhaltiges Wirtschaften und professionalisierte Strukturen die optimale Basis für langfristigen Erfolg zu schaffen, was in der Vergangenheit leider nur teilweise gelungen ist beziehungsweise unzureichend umgesetzt wurde.

Die Marschroute der nächsten Jahre muss aus meiner Sicht daher sein, mit einem kühlen Kopf professionelle und wirtschaftlich sinnvolle Strukturen und Voraussetzungen zu schaffen, ohne dabei die große Tradition und die Werte Fritz Walters außer Acht zu lassen.

Meine Vision bis 2027 ist daher völlig klar: Ein finanziell gesunder und nachhaltig geführter FCK in der 1. Bundesliga.

Der Betze brennt: Als Rechtsanwalt waren Sie im Nicht-Fußball-Bereich schon bei Investoren-Verhandlungen und -Einstiegen tätig. Wie bewerten Sie speziell in diesem Punkt die bisherige und die mögliche zukünftige Entwicklung des FCK? Bevor Sie antworten, rufen wir nochmal ein paar Namen in Erinnerung: Mikhael Ponomarew, Flavio Becca sowie die Dubai-Gruppe um Horst Peter Petersen standen in konkreten Verhandlungen mit dem FCK und teilweise kurz vor der Übernahme großer Anteilspakete. Diese Gespräche scheiterten jedoch unter teils großen Turbulenzen. 2020 hat dann die regionale Saar-Pfalz-Invest GmbH um Klaus Dienes und Giuseppe Nardi rund 33 Prozent der Anteile übernommen, 2022 folgte die internationale Pacific Media Group um Paul Conway und Chien Lee mit knapp zehn Prozent. Noch nicht geöffnet ist derweil die seit 2018 immer wieder versprochene Fan-Säule, also die Möglichkeit zur Beteiligung von Fans und Mitgliedern an der FCK-Kapitalgesellschaft.

Lill: Da ich bei den damaligen Verhandlungen nicht involviert war, kann ich über die persönliche Motivation der einzelnen Protagonisten keine Einschätzung treffen. Als Transaktionsanwalt mit "Fan-Brille" waren die Abläufe im Hinblick auf den möglichen Einstieg der Herren Ponomarew, Becca sowie der Dubai-Investoren natürlich dramatisch und eines Vereins wie dem FCK nicht würdig. Grundsätzlich sollte man in der heutigen Zeit aber offen für Investitionen und Investoren sein und sich solchen Verhandlungen auch nicht kategorisch verwehren. So ein Prozess funktioniert allerdings nur, wenn sich die Verantwortlichen dabei zu jeder Zeit ihrer Verantwortung bewusst sind und monetäre Interessen gegen die langfristigen Folgen für den Verein und die mögliche negative Außenwirkung genau abwägen. Mahnende Beispiele wie bei unseren Freunden von 1860 München haben gezeigt, dass es oft nicht die beste Idee ist, die Werte und Tradition eines großen Fußballvereins zum Spielzeug eines wohlhabenden Privatinvestors zu machen.

Insbesondere auf Seiten des FCK sollte jedem Beteiligten stets bewusst sein, dass der FCK für unzählige Menschen und die Region mehr ist als ein Spekulationsobjekt. Unter Beachtung des zuvor Gesagten, kann es auf der anderen Seite dann natürlich auch von Vorteil für den FCK und die gesamte Region sein, mit einem langfristigen und fairen Partner die Weichen so zu stellen, dass der FCK nachhaltig von Kapitalzufluss und Synergien profitiert und die Sportverantwortlichen dadurch in finanziell ruhigem Gewässer arbeiten können.

"Ich stehe für eine andere Generation und Herangehensweise"

Der Betze brennt: Sie sind mit 31 Jahren der jüngste Bewerber und wären im Falle des späteren Einzugs einer der jüngsten Aufsichtsräte in der Geschichte des FCK. Wir unterstellen Ihnen mal eine entsprechend "frische" Sichtweise auf die Dinge und fragen, ob das aus Ihrer Sicht ein Pluspunkt Ihrer Kandidatur ist? Oder halten Sie es frei nach Otto Rehhagel: "Es gibt keine alten oder jungen Aufsichtsräte, sondern nur gute und schlechte"?

Lill: Ich bin der festen Überzeugung, dass die erforderlichen Weichenstellungen der nächsten Jahre nur umgesetzt werden können, wenn Vertreter jüngerer Generationen mit professionellem Know-How, zielgerichtet und mit Herzblut an der Entscheidungsfindung mitwirken und sich einbringen. Mit 31 war der "moderne Fußball" für mich leider immer allgegenwärtig und Konstrukte wie Leipzig und Hoffenheim sind aus dem Fußball-Alltag meiner Generation nicht mehr wegzudenken, so dass wir vor der großen Herausforderung stehen, gerade mit solchen Teams konkurrenzfähig zu bleiben, um dafür zu sorgen, dass der FCK noch vielen weiteren Generationen erhalten bleibt. Für diese Aufgabe ist frischer Wind und Dynamik unabdingbar.

Daher würde ich es eher mit unserer Legende Norbert Thines halten wollen: "Vom Verstand her weiß ich, wie schwierig es ist - aber ich weiß auch, was Pfälzer, wenn sie zusammenhalten, bewegen können. Was vorher nie denkbar war, ist beim FCK möglich!"

Der Betze brennt: Abschließend in wenigen Sätzen zusammengefasst: Warum sollen die FCK-Mitglieder Ihnen am 4. Dezember ihre Stimme geben?

Lill: Die vergangenen Jahre des Aufsichtsrats waren geprägt von Fluktuation und schlechter Presse. Nicht zuletzt haben persönliche Befindlichkeiten und Uneinigkeiten zu einem teilweisen Zerfall des Gremiums und damit zu Unruhe im gesamten Verein geführt. Ich stehe für eine andere Generation und für eine völlig andere Herangehensweise. Der FCK war immer da und wird es auch immer sein.

Als möglicher Nachrücker stehe ich für den Fall bereit, dass es - aus welchem Grund auch immer - erneut zu einem Aufbrechen des Gremiums kommt oder die übrigen Aufsichtsratsmitglieder zu der Auffassung gelangen, dass das Gremium neue Impulse benötigt. Für diesen Fall werde ich dafür Sorge tragen, dass entstandene Lücken zügig, kompetent und ohne großen Aufschrei geschlossen werden und der sich der Verein ab diesem Zeitpunkt auf die Einbringung meiner gesamten Erfahrung und Expertise sowie auf meine ungeteilte und jahrelange Unterstützung verlassen kann.

Der Betze brennt: Herzlichen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei der Wahl.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas Hilmes

Weitere Links zum Thema:

- Komplette Interviewserie: Die Kandidaten zur Aufsichtsratswahl am 4. Dezember 2022

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