Sommerpause beim 1. FC Kaiserslautern

Die Euphorie kommt diesmal später - vielleicht

Die Euphorie kommt diesmal später - vielleicht


Heute vor einem Jahr nahm der 1. FC Kaiserslautern das Training für seine erste Drittliga-Saison auf. Von der damaligen Euphorie ist wenig übriggeblieben - ist eine vergleichbare Stimmung nochmal möglich?

Volksfeststimmung auf dem Betze: Es war der 10. Juni 2018, als rund 1.500 Fans zu Platz vier am Fritz-Walter-Stadion gekommen waren, um den Trainingsauftakt ihrer Mannschaft zu verfolgen. Der sang- und klanglose Abstieg in die 3. Liga und ein radikaler Kaderumbruch lagen da gerade erst ein paar Wochen zurück. Doch als die frisch zusammengestellte Mannschaft an jenem Tag die erste öffentliche Einheit absolvierte, schien gemessen an Stimmung im Fanlager nicht ganz klar, ob der FCK eigentlich auf- oder abgestiegen war.

Denn eine kaum für möglich gehaltene Euphorie umwehte die Roten Teufel. Medien, Beobachter und Fans anderer Vereine rieben sich verdutzt die Augen. Denn trotz des erstmaligen Abstiegs in die 3. Liga bekamen das Team und die Verantwortlichen viel Zuspruch, Aufmunterung und Applaus. "Das habe ich in dieser Form noch nicht erlebt", betonte damals Michael Frontzeck. Die Woge der Begeisterung hielt sich bis zum Pflichtspielauftakt. Gegen 1860 München kamen über 40.000 Zuschauer ins Fritz-Walter-Stadion - was den FCK erneut in die Schlagzeilen brachte -, das darauffolgende Gastspiel bei Sonnenhof Großaspach wurde kurzerhand zum Heimspiel umfunktioniert - was war da nur los?


Von jener Euphorie in diesen Sommertagen ist nichts mehr übrig. Exakt ein Jahr später geht es beim FCK deutlich defensiver zu. Was im Sommer 2018 fast schon trotzig zu einem Zusammenraufen und einer Wagenburgmentalität geführt hat, eine "Wir gegen den Rest der Welt"-Stimmung, fehlt gänzlich. Damals galt die 3. Liga als die ultimative Bedrohung für die Existenz des FCK, nur ein Jahr - so der Glaube - sei dem Verein vergönnt, um den Komplettabsturz zu verhindern. Was wäre wohl aus diesem Zusammenhalt erwachsen, hätten die Lautrer tatsächlich den direkten Sprung zurück in die 2. Liga geschafft?

Vom Zusammenhalt von vor einem Jahr ist der FCK weit entfernt

Die Ausgangslage im Sommer 2019 ist jedenfalls nach jetzigem Stand nicht viel besser. Sportlich hat der FCK eine weitere enttäuschende Saison hinter sich, wirtschaftlich musste externes, geliehenes Geld den Fortbestand des Clubs mal wieder sichern. Doch von einem ähnlichen Zusammenhalt wie vor einem Jahr sind der Verein und seine Fans weit entfernt.

» Zum Video: Die Stimmung beim Trainingsauftakt 2018

Es ist nicht mehr nur das Sportliche, das die Emotionen bremst. Anders als im Sommer 2018, als die Fangemeinde ja auch irgendwie unter den besonderen Umständen von Jeff Strassers Rückzug zusammengerückt war und mit Vorstand Martin Bader und Trainer Frontzeck zwei "frische" Entscheider bekommen hatte, die für die "Altlasten" der Vormonate nicht verantwortlich zu machen waren, ist diese Ausgangslage diesmal vorbelasteter. Es mag zum kleinen Teil daran liegen, dass bislang erst ein externer Transfer bestätigt wurde. Vielleicht fehlt auch ein Sympathieträger wie Florian Dick, dessen Rückkehr von einem Jahr die Vorfreude mächtig anheizte.

Jeder musste sich irgendwie positionieren

Doch es kommt etwas Grundsätzliches hinzu: Das Klima auf dem Betzenberg ist rauer geworden. Die Führungsstreitigkeiten der vergangenen Wochen haben Folgen hinterlassen. Der sich über Monate hinziehende Streit in den Gremien, der öffentlich ausgetragen zur medialen Schlammschlacht wurde und den FCK so dermaßen beschädigt hat, dass es fast zur bundesweiten Lachnummer wurde, hat die Fangemeinde tief gespalten. Als die Ängste, aus denen noch vor einem Jahr Mut und Zuversicht erwuchsen, zum Spielball der Verantwortlichen wurden, war spätestens jeder irgendwie gezwungen, sich zu positionieren.

Es ist längt kein "Wir" mehr, kein "Gemeinsam" und "Zusammen". Waren vor einem Jahr noch alle Verlierer, verteilen sich die Rollen inzwischen innerhalb des Vereins ganz klar - da kann noch so oft der Blick nach vorne beschworen werden.

Die Fangemeinde muss geeint werden

Und so ist davon auszugehen, dass der Trainingsauftakt in diesem Jahr nicht so euphorisch, nicht so erwartungsfroh begangen wird. Zugleich ist genau das die große Herausforderung für alle Verantwortlichen: Diesmal bekommen sie keinen großen Kredit, keinen gewaltigen Vertrauensvorschuss. Der FCK muss, sportlich und abseits des Platzes, liefern, die Fans wieder einen und hinter sich bringen, sich wieder Glaubwürdigkeit verschaffen! Dann kommt die Euphorie in diesem Jahr wieder - vielleicht nur etwas später.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

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