Gehen oder bleiben: Zur Zukunft von Sickinger

Vom Hoffnungs- zum Leistungsträger: Carlo Sickinger

Vom Hoffnungs- zum Leistungsträger: Carlo Sickinger


Carlo Sickinger ist momentan einer der Top-Akteure des 1. FC Kaiserslautern. Durch seine guten Leistungen hat der 21-Jährige über die Grenzen der Pfalz hinaus auf sich aufmerksam gemacht. Es stellt sich die Frage: Wie sieht seine Zukunft aus?

Wie Michael Frontzeck inzwischen mit etwas Abstand über seine Amtszeit beim 1. FC Kaiserslautern denkt, ist nicht bekannt. Vielleicht übt sich der 55-Jährige in Selbstkritik, vielleicht fühlt er sich nach wie vor ungerecht behandelt. Oder er hat das Kapitel auf dem Betzenberg längst abgehakt. In einer Hinsicht dürfte sich Frontzeck allerdings wirklich über sich selbst ärgern: Wie konnte er Carlo Sickinger zwar monatelang immer wieder wegen dessen Trainingsfleiß loben, den Nachwuchsprofi aber nicht eine Minute in der 3. Liga einsetzen?

Sascha Hildmann jedenfalls wusste schon vor seinem Amtsantritt auf dem Betzenberg, welchen guten Fußballer die Roten Teufel da in ihren Reihen haben. Und so wechselte Hildmann Sickinger gleich in seinem ersten Spiel gegen Würzburg ein. Fortan war der Techniker nicht mehr aus der Startelf des FCK wegzudenken.

Sickinger hat keine Ausstiegsklausel

15 Spiele in Folge von Beginn an, einsetzbar in der Dreierkette oder im Mittelfeld, Passsicherheit, ein guter Schuss und entschlossene Zweikampfführung: Sickinger hat sich im Rekordtempo vom Talent zum Leistungsträger gemausert. Mit sicherer Spieleröffnung gibt er den Ballverteiler, mit Freistößen und Distanzschüssen sorgt er offensiv für Gefahr, kann zudem offensichtlich mühelos von der Abwehr- in die Mittelfeldzentrale rochieren. Wenn es sein muss, spielt er auch mal als zweiter Innenverteidiger in einer Viererkette, wie zeitweise gegen Braunschweig.

Die Frage stellt sich fast zwangsläufig: Kann der FCK so einen feinen Allrounder überhaupt halten? Nach Informationen von Der Betze brennt beinhaltet Sickingers bis 2021 laufender Vertrag keine Ausstiegsklausel, der ehemalige Kapitän der zweiten Mannschaft ist also fest an die Roten Teufel gebunden. Im einen oder anderen Notizbuch höherklassiger Vereine dürfte er allerdings schon längst stehen, wohl auch weil Sickinger trotz seines Niveaus noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung steht.

Spielraum für Interpretationen bleibt

Gar nicht gering geschätzt werden kann die Tatsache, dass sich sein jetziges Leistungsniveau unter diesen schwierigen Umständen herausgebildet hat. Trotz des enormen Drucks spielt er fast unbekümmert auf, leistet sich kaum Fehler. Der letzte größere Fauxpas unterlief ihm beim Auswärtsspiel in Köln, als er kurz nach Beginn den Ball im Zentrum vertändelte und damit eine Großchance durch Hamdi Dahmani ermöglichte. Ansonsten bewegt sich Sickinger auf konstant gutem Niveau, was ihm auch in der DBB-Spielerbenotung einen Topwert einbringt: Sein Notenschnitt liegt bei 2.9.

Was seine Zukunft betrifft, bleibt Sickinger zurückhaltend. Bei "SWR-Flutlicht" gab er sich in Bezug auf einen möglichen Wechsel im Sommer erst zögerlich, bekräftigte später aber auf Nachfrage, ein Angebot eines Bundesligist wahrscheinlich nicht annehmen zu wollen. Ein bisschen Spielraum für Interpretation bleibt trotzdem.

Verkauf eines Eigengewächs: Es bleibt das alte Lied

Einen wie Sickinger kann der FCK in der kommenden Saison beim nächsten Angriff auf die zweite Liga natürlich gut gebrauchen, schon alleine weil er wie momentan wohl kein anderer Profi im aktuellen Team ein wichtiger Baustein in Sascha Hildmanns taktischer Variabilität ist. Wenn überhaupt gibt es - wie wohl meistens - höchstens aus wirtschaftlicher Hinsicht Gründe dafür, Sickinger abzugeben. Ein attraktives Angebot aus der Bundesliga wird der FCK wohl kaum ablehnen können, ein niedriger dotiertes aus der zweiten Liga hingegen soll nach jetzigem Planungsstand nicht angenommen werden.

Martin Bader betonte zwar mehrfach, keinen Spieler, schon gar kein Toptalent, nur aus finanziellen Aspekten verkaufen zu wollen. In jedem Fall hält der Sport-Geschäftsführer damit den Preis für Nachwuchsspieler wie Sickinger hoch, eine Schmerzgrenze dürfte es aber mit Sicherheit auch auf dem Betzenberg geben - doch bei welcher Summe liegt diese? Will Sickinger, der beim "SWR" die Bundesliga zu seinem Ziel erklärt hat, eine solche Chance wahrnehmen, gibt es wohl im Fall der Fälle keinen Grund, zu zögern.

Es bleibt das alte Lied: Will sich der FCK als Ausbildungsverein verstehen, muss er auch den Verkauf von vielversprechenden Hoffnungsträgern verkraften. Sickinger, der 2012 in den Nachwuchsbereich der Roten Teufel gekommen war, ist diesem Status schon entwachsen. Er gehört nach bislang 16 Drittliga-Spielen schon zu den Leistungsträgern. Für den FCK bedeutet das so oder so eine Win-Win-Situation.

» Komplette Sendung: Flutlicht mit Carlo Sickinger und Lennart Grill (SWR)

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

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