Kummt Senf druff

Ein Leben lang, aller Querelen zum Trotz!

Ein Leben lang, aller Querelen zum Trotz!


Sportlicher Abstieg, wirtschaftliche Zwänge: Es sind schwere Zeiten, die der 1. FC Kaiserslautern momentan erlebt. Warum man den Roten Teufeln trotzdem einfach die Treue halten muss, hat Gastautorin Sarah aufgeschrieben.

"Ich geh nimmi nuff"

"Ich geh nimmi nuff" - auf Hochdeutsch "Ich gehe nicht mehr hoch!" Diesen Satz habe ich in den vergangenen Jahren geschätzte 100.000 Mal gehört oder selbst gesagt.

Trotzdem überredete ich meinen Kumpel im Frühjahr des letzten Jahres für die anstehende erste Drittligasaison der Roten Teufel wieder eine Dauerkarte zu bestellen. Aber warum? Warum tue ich mir das an? Wieso fahre ich immer und immer wieder zum Spiel, kaufe sämtliche Fanartikel? Wieso komme ich nicht los von diesem Verein? Aus welchem Grund wirkt dieser Verein auf mich wie eine Droge, bei der die Suchtgefahr sehr hoch ist?

Der FCK hat in den letzten Jahrzenten alles dafür getan, mir den Abschied des Fandaseins so einfach wie möglich zu machen. Gerade in den letzten Wochen präsentierte er in Höchstform was man tun muss, um seine Anhängerschaft zu verprellen. Dessen ungeachtet ist die Heimkulisse der bisherigen Saison für einen Drittligisten weit überdurchschnittlich und aktuell sind für das Spiel in Münster wieder rund 1500 Karten verkauft.

Doch weshalb ist das so? Warum neigt das oft benannte schwierige Umfeld dazu über alle Widrigkeiten hinwegzusehen? Warum hört diese Liebe nicht auf?

"Schwieriges Umfeld" vs. "Wir folgen dir, nur weil wir dich lieben!"

Man muss einen Blick zurückwerfen, auch wenn uns Fans genau das immer angelastet wird.

"Ihr lebt zu sehr in der Vergangenheit", "Die Zeiten haben sich geändert", "Ihr müsst die Situation jetzt annehmen". Solche Sätze haben wir in letzter Zeit - auch von Seiten der Vereinsführung - oft gehört. Doch stimmt das wirklich, lebe ich zu sehr in der Vergangenheit? Kann ich mich nicht mit der Realität abfinden?

Als ich vor etwa 25 Jahren das erste Mal in Kaiserslautern ein Fußballspiel besuchte, gab es noch Dauerkarten, die ausgelocht wurden und Dixi Toilettenhäuschen. An den Getränkeständen trafen sich immer dieselben Fans und Chipstüten lagen auf den Sitzen. Der FCK war in den 90er Jahren trotz Abstieg mit zwei Meisterschaften und einem Pokalsieg durchaus sehr erfolgreich. Diese Jahre haben mich als FCK-Fan geprägt. Ein Hauch der glorreichen Zeit um Fritz Walter wehte durch das Stadion.

Jedem Fan wird das Spiel gegen Barcelona 1991 ein Begriff sein. Die Westkurve, diese Einheit und Gemeinschaft haben als Kind eine unheimliche Anziehung auf mich ausgeübt. Immer wollte ich dort stehen, mitjubeln, mitfeiern. Ein Teil dieser grandiosen Kulisse sein. Mir wird ein Leben lang das Bild nach dem Abstieg aus der Bundesliga 1996 im Kopf bleiben als Thomas Hengen bitterlich weinend auf dem Platz lag. Es brach mir das Herz. Es gibt hunderte dieser Schlüsselmomente, die wohl jeder Fan im Herzen trägt.

Geschichten und Anekdoten: Ist das Gestern eine Bürde?

Für jeden von uns ist der FCK unweigerlich mit Gefühlen und Emotionen verbunden. Unbändige Freude, aber auch Traurigkeit oder gar Angst. Das hat uns untereinander und den Verein zusammengeschweißt, eine unzerstörbare Verbindung geschaffen, über Jahrzehnte hinweg.

Personen wie Fritz Walter, Identifikationsfigur, Weltmeister, durch und durch FCK'ler und vor allem Mensch, sind untrennbar mit dem FCK verbunden und in den Köpfen der Fans verankert. Wie bei vielen Fans wurde auch bei mir diese Verbundenheit durch die Generationen vor mir weitergegeben. Mit vielerlei Geschichten und Anekdoten.

Ist dieses Gestern eine zu schwere Bürde? Macht es aus uns Fans, aus mir eine Belastung für unseren Verein?

Nein!

Wir brauchen diese Vergangenheit, denn sie ist das Bindeglied zwischen einem Fußballclub und seinen Anhängern. Sie ist sogar der einzige Grund warum der Rote Teufel überhaupt noch existiert! Fakt ist: Neben allen glücklichen Erinnerungen ist die Vergangenheit des FCK auch von Dingen geprägt, die dem Verein schwer geschadet haben. Seien es die, im Nachhinein so betitelten, "Schreckensherrschaften" der Herren Friedrich und Jäggi, der Ausbau des Stadions, welcher zur völligen Überschuldung führte, die Misswirtschaft in sämtlichen Gremien oder der fehlende sportliche Erfolg über Jahre hinweg. Es hat aus unserem Verein das gemacht, was er heute ist.

Existenzangst, Ärger um die andauernde Investorensuche oder tiefe Finanzlöcher lösen Wut und Trauer in mir aus. Erst in den letzten Wochen hat der FCK durch die Querelen im Aufsichtsrat, die Missstimmung zwischen Verein und Kapitalgesellschaft, Hauptsponsor und den Mitgliedern des Aufsichtsrats seinen Fans das Leben schwergemacht.

Nur die Historie lässt mich am FCK festhalten. Egal ob Freud oder Leid. All die Emotionen, Gefühle, Erinnerungen verbinden mich so tief und fest, dass ich bereit bin vieles zu erdulden.

Der FCK gehört zu meinem Leben, ist tief verankert und wirkt wie eine Droge, die ich brauche, obwohl sie mir viel Leid zufügt. Ja, man ist sicherlich als FCK-Fan schwer aus der Vergangenheit zu holen, hat diese erfolgreichen Zeiten und Menschen immer im Herzen. Sie wurden über Generationen weitergetragen. Dies bringt sicherlich auch eine Last für die heutigen Verantwortlichen mit sich.

Doch diese Vergangenheit ist das wichtigste Gut, welches der FCK besitzt. Ob ich zum Spiel fahre, entscheide ich nicht nach Sympathie zur Vereinsführung oder zum Hauptsponsor.

Ich fahre auch zum Spiel, wenn mir der Trainer nicht gefällt. Ich fahre zum Spiel, weil ich dem FCK folge, dem Verein, mit dem ich so viel erlebt habe!

Dieses Band lässt mich trotz der Missstände weiter dem FCK die Treue halten. Es führt dazu, dass ich dem FCK folge - weil ich ihn liebe! Es sorgt dafür, dass der FCK für mich das ist, was er ist: Eine reine Herzensangelegenheit! Dies muss man berücksichtigen, wenn man mir vorwirft, dass meine Erwartungen zu hoch sind oder ich zu viel verlange. Man muss es verstehen, wenn man über einen FCK-Fan urteilt.

"You´ll never walk alone" - "Keep on fighting"

Erwartungen: Laut Definition eine Annahme über Zukünftiges. Ich habe mir wirklich lange und intensiv die Frage gestellt: Was erwarte ich vom FCK? Träume ich zu viel von Vergangenem?

Die klare Antwort lautet: Nein!

Ich glaube auch nicht, dass die Mehrheit der Fans dies tut. Zum Ligaauftakt das Stadion mit 40.000 Menschen zu füllen und bedingungslos hinter dem Verein zu stehen - das sind keine Selbstverständlichkeiten! Dass die meisten Fans, inklusive mir, erwartet haben, dass der FCK um den Aufstieg mitspielen kann, dürfte keine Überraschung sein. So war es von der Vereinsführung bei Saisonauftakt selbst ausgegeben. Sicherlich ist es auch nicht verwerflich von den handelnden Personen zu erwarten, dass sie in Ruhe, professionell und ohne sich öffentlich zu zerfleischen ihren Job machen.

Der FCK Fan an sich ist ziemlich schlicht! Wir erwarten nur eins, das was wir selbst mit jeder Faser erfüllen: Bedingungslose Hingabe für den Verein!

Wenn ich nach Lautern fahre, möchte ich eine Mannschaft sehen, die kämpft, beißt und sich zerreißt.
Ich möchte Leidenschaft und Emotionen sehen, auf dem Platz und daneben. Ich erwarte hundertprozentige Identifikation mit dem Verein, von Spielern, Trainern und Funktionären.

Der FCK muss an erster Stelle stehen. Es geht nur als Einheit, nur zusammen. Persönliche Belange und Befindlichkeiten müssen in den Hintergrund treten. Dies geht bewusst in Richtung Vereinsführung! Ich opfere als Fan Zeit, Geld und Nerven. Ich fahre zu den Spielen, was bedeutet, dass ich stundenlang im Regen stehe, friere und manchmal mit Nichts und verärgert nach Hause fahre. Ich verbringe Stunden im Zug, im Auto oder im Bus. Nur für den FCK.

Im Gegenzug dazu bin ich leicht zufrieden zu stellen: Feuer und Einsatzbereitschaft, das ist alles, was ich sehen will! Alles für den FCK. Ist das nun zu viel? Ist das ungerechtfertigt? Sicherlich nicht! Das ist kein schwieriges Umfeld, das ist das beste Umfeld was man sich wünschen kann! Wir wollen euch lediglich kämpfen sehen. Immer!

Zwei Songtitel drücken - so glaube ich - die Grundhaltung eines FCK Fans aus und dies möchte ich dem aktuellen Team und den Verantwortlichen zurufen: Haltet ihr euch an "Keep on running", kämpft, beißt und macht alles für den FCK, dann halten wir uns an "You´ll never walk alone"!

Dann werde ich folgen, ein Leben lang…

(Gastautorin Sarah (aka samaju) ist "seit ich denken kann FCK-Fan". Schon ihr Vater und Opa waren eingefleischte Lautrer und nahmen sie als Kind auf die Südtribüne mit. Inzwischen ist sie in der Westkurve im Block 9.2. zuhause.)

Quelle: Der Betze brennt | Autor: samaju

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