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Gegner-Check F95: Wer Tzolis stoppt, stoppt auch Fortuna

Gegner-Check F95: Wer Tzolis stoppt, stoppt auch Fortuna


Fortuna Düsseldorf will am Samstag "uffem Betze" Platz 3 ins Visier nehmen. Zu viel Vorwärtsdrang könn­te der 1. FC Kaiserslautern aber auch zu seinem Vorteil nutzen. Und dann ist da ja noch eine Rechnung offen.

So lief's seit dem Hinspiel: Für die einen war's ein Skandalkick, der nach dem Flaschenwurf auf Ragnar Ache hätte abgebrochen und zugunsten des FCK gewertet werden müssen. Für die anderen war's ein historischer Sieg: ein 0:3 in ein 4:3 gedreht, wann ist das Fortuna Düsseldorf jemals gelungen? Mehr dazu soll an dieser Stelle nicht mehr gesagt werden. Dass die Formkurve der Lautrer durch dieses Ereignis seinerzeit einen brutalen Knick bekam, der sie tief in den Tabellenkeller stürzen ließ, ist Fakt. Und F95? Hat dieser fragwürdige Triumph sie in die entgegengesetzte Richtung geboostet? Nicht so richtig. Die Düsseldorfer punkteten danach gut genug, um sich im oberen Tabellendrittel zu halten, aber nicht gut genug, um sich auf einem der ersten drei Ränge festzusetzen. Das verhinderten vor allem einige Heimniederlagen, nicht nur gegen Top-Teams wie Kiel und St. Pauli, sondern etwa auch gegen Aufsteiger Wehen. Dafür stellen die Fortunen das drittstärkste Auswärtsteam der Liga, haben in der Fremde besser gepunktet als zuhause. Zuletzt aber hat die Mannschaft von Trainer Daniel Thioune gehörig Fahrt aufgenommen. Seit sechs Spieltagen ist sie ungeschlagen, aus den jüngsten vier Partien holte sie zehn Punkte, das schaffte sonst keiner in der Liga. Und sie gewann drei Mal zu Null. Der Relegationsrang ist nun zum Greifen nah. Seit ihrem 4:0 in Osnabrück vor zwei Wochen stellt die Fortuna zudem mit bislang 56 erzielten Treffern das torgefährlichste Team der Klasse.

Das hat sich geändert: Grundsätzlich bevorzugt Thioune Formationen mit Viererkette und doppelt besetzten Außenbahnen. In Paderborn zeitweise und zuhause gegen Elversberg hat er es zu Beginn der Rückrunde auch mal mit Dreier-Abwehrkette versucht. Also gegen eher ballbesitzorientierte Teams, wie der FCK nunmal keines ist. Zudem waren die Ergebnisse nicht gerade berauschend (3:4 und 1:1). Von daher ist nicht zu erwarten, dass der Coach im Fritz-Walter-Stadion einen neuen Versuch in dieser Richtung startet. Gepusht hat das 4:3 im Hinspiel auf jeden Fall Ao Tanaka. Seit seinen beiden Treffern in dieser Partie steht der japanische Nationalspieler regelmäßig in der Startelf, nachdem er zuvor am Niederrhein noch nicht richtig warmgeworden war. Das zentrale Mittelfeldtrio wurde zuletzt von Ísak Jóhannesson und Yannik Engelhardt komplettiert, dadurch blieb Shinta Appelkamp nur ein Platz auf der Bank. Der 23-Jährigen war aber auch durch Verletzungen zurückgeworfen worden. Da Jóhannesson am Samstag aber gelbgesperrt fehlt, tut sich für ihn vielleicht eine neue Chance auf. Auf der linken Verteidiger-Position hatte sich Nicolas Gavory bereits wieder an Emmanuel Iyoha vorbeigeschoben, bevor dieser sich verletzte. Als zentraler Stürmer startete Daniel Ginczek in die Saison, wurde aber von Vincent Vermeij verdrängt. Zuletzt zog ihm Thioune seine Winter-Verpflichtungen Christoph Daferner und Marlon Mustapha vor. Mustapha traf zwei Mal, Daferner gar nicht. In der Innenverteidigung fiel Jordy de Wijs zuletzt aus, Kapitän André Hoffmann musste sich nach einer Verletzung noch hinten anstellen. Gut vertreten wurden beide aber von Tim Oberdorf und dem jungen Jamil Siebert. Der im Winter aus Hoffenheim geliehene Joshua Quarshie vervollständigt das Angebot an Innenverteidigern.

Gewinner und Verlierer: Na klar, der Shooting-Star der Saison heißt Christos Tzolis. Überragende Antritte, überragende Dribblings, überragende Scorerwerte. 15 Treffer und sieben Vorlagen bislang gehen auf das Konto des erst 22-jährigen Griechen, der von Norwich City geliehen ist - mit einer Kaufoption, die fünf Millionen Euro Ablöse vorsieht. Ihn über den Sommer hinaus zu verpflichteten, dürfte selbst bei einem Aufstieg sehr schwierig sein. Da wird auch die Spendenaktion nichts helfen, die der Anhang nun ins Leben gerufen hat. Aufgrund seiner mittlerweile neun Tore und drei Vorlagen gilt Vermeij auch weiterhin als Gewinner. Wenn seine neuen Konkurrenten im Sturm nicht bald scoren, hat er sicher bald wieder seinen Startplatz zurück, vielleicht ja schon am Samstag. Ginczek dagegen hat nach seiner Versetzung ins zweite Glied im Winter die Konsequenzen gezogen und ist nach Duisburg abgewandert. Auch der einstige Leitwolf Marcel Sobottka kommt nicht mehr richtig in die Gänge, laboriert zum wiederholten Mal an einem Muskelfaserriss.

Zahlenspiele: Von seinen 56 Treffern hat Düsseldorf 33 in der Fremde erzielt, das lässt für den FCK Schlimmes befürchten. Dabei muss aber beachtet werden: 14 davon haben die Fortunen allein in Elversberg, Nürnberg und Osnabrück gemacht, ansonsten waren sie längst nicht so torhungrig. Da sind die erst 16 Auswärts-Gegentore im Grunde stärker zu beachten, denn damit liegen sie auf einer Wellenlänge mit Spitzenreiter St. Pauli. Nur der Zweitplatzierte Kiel lässt auswärts weniger Gegentreffer zu (13). In den Laufdisziplinen "Gelaufene Kilometer insgesamt", "Sprints" und "Intensive Läufe" liegen die Düsseldorfer im Wettbewerbsvergleich stets im obersten Drittel. Auch wenn FCK-Coach Funkel der Aussagekraft solcher Werte nicht allzu viel Bedeutung beimessen will: Fakt ist, Top-Teams stehen auch in diesen Rankings in der Regel oben. Wohingegen Vergleichstabellen zu "Gewonnenen Zweikämpfen" oder "Gewonnene Kopfballduellen" kaum mit der tatsächlichen Platzierung korrelieren. Nach dem Hamburger SV schlägt die Fortuna die zweitmeisten Flanken in der Liga, besonders aktiv dabei ist Franzose Gavory, der Platz 3 in diesem Ranking einnimmt. Lauterns Bester, Tymo Puchacz, ist Fünfter. Sonderlich aggressiv attackiert Thiounes Team dagegen nicht: Was "Herausforderungsintensität" und die "Passes per defensive Action" angeht, belegt es Mittelfeldplätze. Bester Vorlagengeber neben dem überragenden Tzolis ist Appelkamp, der ebenfalls schon sieben Assists auf dem Konto hat, obwohl er weit weniger Spielzeit aufweist. Auf dem Betzenberg aber könnte er, siehe oben, mal wieder welche bekommen.

Fazit: Die Düsseldorfer werden es sich mit Sicherheit selbst ausrechnen können - mit einem Sieg in Lautern könnten sie endlich auf Platz 3 springen, und da Hamburger SV tags drauf in Fürth ran muss, stehen die Chancen gut, dass sie dort bleiben. Um das zu verhindern, muss der FCK erstmal, na klar, Tzolis in den Griff bekommen. Da kommt auf Jean Zimmer und, wenn der Grieche in die Mitte zieht, Jan Elvedi Schwerstarbeit zu. Die von Friedhelm Funkel zuletzt angeordnete Spielanlage dürfte sich auch gegen den Noch-Tabellenvierten anbieten: mit einer hoch stehende hinteren und einer nicht allzu weit vorwärts verteidigenden vordere Reihe das Mitteldrittel dichtmachen, dort Ballgewinne erzielen und schnell nach vorne spielen. In welcher Formation? Das 4-4-2 mit Raute in Hannover zuletzt war wohl einzig dem Gegner geschuldet, am Samstag wird der Coach vermutlich zum 4-2-3-1 zurückkehren. Marlon Ritter ist nach seiner Gelb-Sperre wieder dabei. Tobias Raschl hatte ihn in Niedersachen gut vertreten - muss er nun wieder auf die Bank? Ganz bitter natürlich: Ragnar Ache fällt aus. Seinen Platz im Sturmzentrum könnten Daniel Hanslik, Filip Stojilkovic oder Richmond Tachie einnehmen. In Aches Paradedisziplin, dem Kopfball, kann Hanslik von diesen Dreien am ehesten punkten. Doch Funkel hat in den fünf Partien, die er den FCK coachte, schon öfter überrascht, etwa Kenny Redondo, Ben Zolinski oder Tobias Raschl nach zum Teil sehr langen Pausen wieder gebracht. Vielleicht zieht Funkel ja auch am Samstag ein Kaninchen aus dem Hut.

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Samstag, 13:00 Uhr: Mit F95 ist noch eine Rechnung offen (Der Betze brennt)

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