Taktik-Nachlese zum Spiel RWK-FCK

DBB-Analyse: Fünf Tore und ein paar Fingerzeige

DBB-Analyse: Fünf Tore und ein paar Fingerzeige


5:0 gegen einen Oberligisten. Ein Pflichtsieg. Und sonst? Auch wenn Rot-Weiß Koblenz für den 1. FC Kaiserslautern kein "Gradmesser" für die kommenden Liga-Aufgaben war - ein paar Hinweise bot die Pokalpartie durchaus.

Fünf Treffer, kein Gegentor, gegen einen Gegner, der drei Klassen tiefer spielt. Das ist standesgemäß, bestenfalls "gut fürs Selbstvertrauen", also Mund abputzen und weitermachen. So ungefähr dürften die Kurzbewertungen nach dem 5:0-Sieg der Roten Teufel gegen die "Elf vom Deutschen Eck" in der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals ausfallen. Doch nach zwei verlorenen Ligapartien zum Saisonstart und angesichts der Tatsache, dass mit Boris Tomiak und Andreas Luthe zwei Stammkräfte nach Platzverweisen dem Team nun für ein beziehungsweise zwei Spiele fehlen, darf es auch ein bisschen Analyse mehr sein. Welche Aufschlüsse bietet der Auftritt in Koblenz, insbesondere für die anstehende Begegnung gegen die SV Elversberg am kommenden Freitag?

Tomiak und Luthe wären im Pokal bekanntlich spielberechtigt gewesen. FCK-Trainer Dirk Schuster ließ jedoch nur den Innenverteidiger auflaufen, als Keeper rückte Julian Krahl zwischen die Pfosten. Auch wenn der Coach bis zum Schluss offen gelassen hatte, ob er Luthe nicht doch bringen würde - die Entscheidung, dem Stellvertreter diese 90 Minuten Spielpraxis zu gewähren, macht so viel Sinn, dass sie wohl niemanden überrascht haben dürfte.

Krahl glänzt nur einmal - aber in aufschlussreicher Situation

Krahl bekam zwar nicht viel zu tun, doch immerhin: Nach einer halben Stunde vereitelte er mit einer Fußabwehr die Koblenzer Chance auf den Ausgleich. Und in der Schlussphase durfte er sich mal im Herauslaufen beweisen, gegen einen halbrechts durchgebrochenen Angreifer klären - und das absolut sauber. In einer ähnlichen Situation hatte sich Luthe in der Vorwoche auf Schalke seine Rote Karte abgeholt.

Davon abgesehen: Wieder hatte sich der Schwachpunkt in der Schnittstelle zwischen rechtem Außenverteidiger und rechtem Innenverteidiger aufgetan, nunmehr schon zum dritten Mal in dieser Saison. Bereits zum Auftakt beim 1:2 gegen St. Pauli hatten die Gäste über diese Bruchstelle ihren Führungstreffer eingeleitet. Darüber muss dringend mal nachgedacht werden.

Tomiak tobte sich vor seiner Zwangspause nochmal richtig aus

Dass Schuster Tomiak brachte, obwohl er ihn gegen Elversberg draußen lassen muss - das kann man als Zeichen des Vertrauens werten, dass der Trainer mittlerweile in die Flexibilität seines erfahrensten Abwehrspielers hat. Ein Kevin Kraus muss sich nicht groß einspielen, um am kommenden Freitag Tomiak vertreten zu können. Der Routinier durfte sich erst ab der 69. Minute die Beine vertreten - und kam für den zweiten Innenverteidiger Jan Elvedi, nicht etwa für Tomiak.

Der wiederum nahm die Gelegenheit, sich vor seiner Zwangspause nochmal so richtig austoben zu dürfen, mit sichtlicher Begeisterung wahr. Vor dem 1:0 den öffnenden langen Ball gespielt, das 3:0 selbst erzielt, vor dem 4:0 den Elfmeter herausgeholt - stolze Offensiv-Bilanz für einen Abwehrspieler. Ähnlich munter unterwegs war Sechser Julian Niehues, den seine Vorderleute Marlon Ritter und Tobias Raschl immer mal absicherten, so dass er nach Herzenslust Ausflüge nach vorne unternehmen durfte. Gegen Elversberg wird der 22-Jährige sich da wohl ein wenig zurückhalten müssen.

Viererkette - die könnte es auch gegen Elversberg sein

Womit wir bei der Grundordnung wären. Die Roten Teufel begannen in einem 3-4-3-System, wobei Niehues wie schon beim Auftakt gegen St. Pauli nach hinten in die Dreierkette rückte. Im Laufe der Partie switchte Schuster dann in ein 4-1-2-3, also Viererkette. Die könnte es auch am Freitag gegen Elversberg werden. Denn: Würde er mit drei Innenverteidigern planen, hätte er Lars Bünning zumindest auf die Bank gesetzt und ihm in der zweiten Halbzeit ein wenig Spielpraxis gegönnt - die nämlich hätte der Linksfuß eher nötig als Kraus. Dem Vernehmen nach befindet sich Bünning jedoch bereits auf dem Absprung. Er soll die Freigabe erhalten, sobald der anvisierte Transfer des Wunsch-Abwehrspielers durch ist - nein, den Namen nennen wir jetzt nicht.

Was die Spielanlage gegen den erwartungsgemäß tief stehenden Oberligisten angeht, erfanden die Lautrer den Fußball nicht unbedingt neu: Neben den drei Stürmern brachten sich bisweilen auch die Außenverteidiger oder die beiden Achter an der Abseitslinie in Stellung, um bei einem Pass in die Tiefe durchzustarten und den Gegner von der Seite zu knacken. Nach 19 Minuten glückte dies erstmals in Perfektion: Tomiak spielte den tiefen Ball, Puchacz trat im richtigen Moment an, legte im richtigen Moment quer auf Terrence Boyd - und drin war das Ding.

Gedränge am rechten Flügel: Hercher, Tachie - oder doch Opoku?

Überhaupt war das linke Flügelpärchen Puchacz/Kenny Redondo im Zusammenspiel erfolgreicher als Jean Zimmer und Philipp Hercher auf der rechten Seite. Der ein oder andere wird sich erinnern: Im Finale der Saison 2020/21 hatten die beiden ein Duo gebildet, das maßgeblich daran beteiligt war, den Abstieg in die Regionalliga zu verhindern. Mittlerweile fehlt vor allem Hercher die Spielpraxis, um mit dem Kompagnon von damals richtig gut harmonieren zu können. Obwohl Zimmer den Steckpass auf den alten Kumpel ein paar Mal versuchte.

Immerhin stand Hercher endlich wieder mal in der Startelf. Aaron Opoku, zum Saisonauftakt noch erste Wahl am rechten Flügel, war dagegen nicht einmal im Kader, obwohl er fit gewesen wäre. Stattdessen durfte sich mit Richmond Tachie in Hälfte zwei noch ein weiterer Bewerber für diese Position vorstellen. Der quirlige, bisweilen etwas übereifrige Neuzugang aus Paderborn, könnte sich bei seinem Pflichtspiel-Debüt im Lautrer Dress sogar an Hercher vorbeigeschoben haben. Auf jeden Fall darf man gespannt sein, wer gegen Elversberg in der Startelf steht: Hercher, Tachie - oder doch wieder Opoku?

Puchacz und Redondo: Ein Duo, das Zukunft haben könnte

Links könnte sich dagegen das Pärchen Puchacz und Redondo für weitere Aufgaben empfohlen haben. Wobei dieses Spiel weniger geeignet war, zu überprüfen, inwieweit es tatsächlich um die Schwächen im Defensivverhalten bestellt ist, die dem Polen nachgesagt werden. In der 31. Minute jedenfalls unterlief Puchacz auf der linken Abwehrseite ein fahrlässiger Ballverlust, der folgenreich hätte werden können. Tomiak verlor den anschließenden Zweikampf, so dass sich dem Oberligisten die Chance zum 1:1-Ausgleich eröffnete, die Krahl wie erwähnt jedoch in letzter Sekunde verhinderte.

Ebenfalls erfreulich aus FCK-Sicht: Die Treffer zwei und drei fielen nach Eckbällen, die Tobias Raschl getreten hatte. Über Standardsituationen war zuletzt nicht mehr viel gelaufen, seit sich die Einsatzzeiten der Spezialisten Philipp Klement und Hendrick Zuck reduziert haben - Klement wurde erneut nicht einmal eingewechselt.

Allerdings: Beim 2:0 durfte Julian Niehues den Flugball mit dem rechten Fuß volley ins Netz dreschen, vor Tomiaks Kopfball zum 3:0 verlor dessen Gegenspieler das Gleichgewicht - so einfach werden es ihnen die Zweitliga-Konkurrenten nicht machen.

Boyd mit zwei Treffern - aber Ache wird zurückkommen

Beim 4:0 präsentierte sich Redondo als präziser Elfmeterschütze. Das 5:0 resultierte aus einer schön vorgetragenen Umschaltaktion, bei der sich die Einwechselspieler in Szene setzten: Ben Zolinski leitete mit einem Diagonalpass auf Ritter ein, über Tachie kam der Ball zu Daniel Hanslik, der wiederum Boyd auflegte. Und der bedankte sich mit seinem zweiten Treffer.

Der Stürmer kann somit ebenfalls zufrieden auf seinen ersten Saisoneinsatz von Beginn an und sogar über volle 90 Minuten zurückblicken. Überrascht hatte seine Nominierung allerdings nicht, nachdem Ragnar Ache unter der Woche wegen muskulärer Probleme nur eingeschränkt trainierte. Ob aber ein fitter Boyd gegen einen fitten Ache dauerhaft gesetzt sein wird? Auch da würden wir nicht hoch drauf wetten - trotz Boyds unbestritten gutem Standing im Team und seinen mentalen Qualitäten. Der 32-Jährige wird nunmal nicht jünger, und Ache ist ein verdammt guter Kopfballspieler.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2023/24: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

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