Gegner-Vorschau 2023/24

Die Aufsteiger: Viel Geschichte, wenig Gegenwart

Die Aufsteiger: Viel Geschichte, wenig Gegenwart


Viel Tradition aus der Bundesliga, eher "solide Hausmannskost" aus der 3. Liga. Drei Aufsteiger begrüßt die 2. Bundesliga zur neuen Saison - mit dabei ein Debütant aus dem Saarland.

SV Elversberg: Die neue Nummer 1 des Saarlands

Die Vergangenheit: Wer hätte vor der letzten Saison damit gerechnet? Statt dem "großen" 1. FC Saarbrücken stieg die kleine SV Elversberg aus Spiesen im Kreis Neunkirchen zum zweiten Mal in Folge auf und startet erstmals das Abenteuer Zweite Liga. Am dritten Spieltag kommt es direkt zum Kräftemessen mit den Roten Teufeln - erstmals in der Fußballgeschichte treten beide Vereine mit ihren ersten Mannschaften zu einem Pflichtspiel an. Denn bislang bewegten sich die Saarländer maximal in der 3. Liga, wo sie nach vielen Jahren in der Regionalliga Südwest eigentlich Fuß fassen wollten - doch unverhofft kommt oft und nun darf der Dorfverein anstatt den Saarbrückern den FCK, den HSV oder Schalke begrüßen.

Das Personal: Wie erwartet hat Coach Horst Steffen eine Mannschaft der Namenlosen um sich geschart, viel Geld für Neuverpflichtungen ist nicht vorhanden, sodass bislang nur ablösefreie Spieler geholt wurden - darunter mit Arne Sicker (SV Sandhausen) und Torwart Tim Boss (Ersatzkeeper 1. FC Magdeburg) nur zwei Akteure aus der 2. Bundesliga. Da auch die eigenen Spieler nicht zu hochklassigen Vereinen wechselten - vor allem die Regionalligen waren Ziele der Abgänge - dürfte der Kader zumindest nicht schwächer sein als in der letzten Runde, abgesehen vom Abschied des "Spielers der Saison", Stürmer Nick Woltemade, der zu seinem Heimatverein Werder Bremen zurückkehrte. Ein Umbruch ist trotz des "Betriebsunfalls Aufstieg" nicht geplant, Steffen präferiert weiterhin ein eingespieltes Team. Doch ob der älteste Kader der Liga um die ehemaligen Lautrer Carlo Sickinger und Marcel Correia - inzwischen 34 Jahre alt - mit dem Klassenerhalt für eine weitere Sensation in Spiesen sorgen kann, steht noch in den Sternen.

Die Fans: Entsprechend der Geschichte des Vereins ist die Fanszene des SV 07 ziemlich überschaubar. Etwas mehr als 5.000 Zuschauer kamen zuletzt in der Aufstiegssaison im Schnitt zu den Heimspielen. Gemessen an der Größe der Gemeinde ist das sogar sehr beachtlich und bereits eine deutliche Steigerung gegenüber den Vorjahren. Eine viel größere Fanbasis ist wohl nicht mehr zu erwarten. Auch wenn mit Borussia Neunkirchen ein ehemals großer Name der Region keine Rolle mehr spielt und der FCS erst einmal überholt wurde. Für die Fans der Roten Teufel ist es vor allem ein nahes "Heimspiel" und ein neuer Ground.

Das Stadion: Das Waldstadion Kaiserlinde ist ein schmucker kleiner Ground mit Sportplatz-Charakter und einem Fassungsvermögen von 10.000 Besuchern, das mit Stahlrohrtribünen erst einmal auf die von der DFL geforderte Mindestkapazität von 15.000 Plätzen gebracht werden soll. Wenn der FCK und die anderen großen Klubs der Liga anreisen, wird in der 13.000-Einwohner-Gemeinde der Ausnahmezustand herrschen, diese Prognose darf man jetzt schon abgeben. Als Beispiel sei die Anreise genannt: Ausreichend Parkplätze sind ebenso wenig vorhanden wie ein Bahnhof. Bis zum Lautrer Gastspiel Anfang der Rückrunde sollten aber zumindest die größten Probleme erkannt und hoffentlich gelöst sein. Als Ausweichort für den Beginn der Saison ist der Saarbrücker Ludwigspark angegeben - dort findet zumindest schonmal das erste Zweitligaspiel der Vereinsgeschichte statt. Wann erstmals an der Kaiserlinde gekickt wird, entscheidet sich kurzfristig je nach Fortschritt der Bauarbeiten.

VfL Osnabrück: Wann stoppt das Auf und Ab?

Die Vergangenheit: Bis Anfang der 1990er Jahre war der VfL Osnabrück ein Stammgast in der Zweiten Liga, seitdem begleitet die Niedersachsen eine wilde Amplitude. Zumeist befand sich der VfL in der Oberliga, Regionalliga oder 3. Liga. Zwischendrin kommen aber immer auch mal ein oder höchstens zwei Jahre Zweitliga-Fußball dazu. Richtig festbeißen konnte sich der Club in den vergangenen 20 Jahren jedoch nicht. Nun startet nach zwei Jahren Abwesenheit der nächste Versuch - auch im direkten Vergleich mit den Roten Teufeln, denn die Bilanz spricht mit sechs zu drei Siegen inklusive eines Pokalspiels für den Betze. In der Aufstiegssaison gewann der FCK beide Spiele, das Rückspiel durch den legendären Treffer des gerade von Corona genesenen und mit Kaffee und Mettbrötchen gestärkten Terrence Boyd.

Das Personal: Der Kader gehört zu den günstigeren der Liga, große Namen sucht man vergebens. Eine Ausnahme bildet höchstens der ehemalige Lautrer Schlussmann Lennart Grill, der auf Leihbasis von Union Berlin nach Osnabrück wechselt und dort auf mehr Spielminuten hofft. Vom früheren Drittliga-Torschützenkönig Kwasi Wriedt, der von Holstein Kiel kam, erhofft man sich die Tore für das große Ziel Klassenerhalt, während der letzte Saison bärenstarke Ba-Muaka Simakala den umgekehrten Weg nahm. Zudem verlor der VfL Omar Traoré an Bundesliga-Aufsteiger Heidenheim. Er soll von Bashkom Ajdini aus Sandhausen ersetzt werden. Keine leichte Aufgabe für Coach Tobias Schweinsteiger, dessen neuformierte Elf durchaus Spieler mit Potenzial hat, bei der der mittlerweile 36 Jahre alte Robert Tesche - letzte Saison mit acht Toren ein wichtiger Faktor der Mannschaft - als verlängerter Arm auf dem Platz eine entscheidende Rolle einnehmen dürfte.

Die Fans: "Nur für diesen Verein, woll’n wir kämpfen und schrei’n. Wir sind alle ein Stück - VfL Osnabrück." Über die Lautstärke an der Bremer Brücke wurde an dieser Stelle schon öfter gesprochen. Die Treue der Fans ist beeindruckend, auch mit Hinblick auf die letzten 20 Jahre voller Auf und Abs. Doch der für die 3. Liga mehr als respektable Zuschauerschnitt von über 13.500 Fans zeigt: Die Anhänger stehen hinter dem VfL und bereiten den Gegnern stets eine kleine Hölle in der engen Bremer Brücke.

Das Stadion: Rund 16.000 Zuschauer fasst das Stadion, bei Gegnern wie dem FCK, dem HSV oder Schalke wird es oft - wenn nicht gar immer - ausverkauft sein. Ein Schmuckkästchen, in das Gästefans seit Jahren gerne reisen, denn die Osnabrücker Fans sind, wenn nicht gerade ein Derby ansteht, durchaus angenehme Gastgeber, denen man auch mal ein paar Jahre in der Zweiten Liga gönnen möchte.

SV Wehen Wiesbaden: Nächster Anlauf der Blechkiste

Die Vergangenheit: In der verrückten Schlussphase der Drittliga-Saison wähnte sich Wehen schon als Aufsteiger, die Fans feierten bereits auf dem Rasen. Doch dann machte Osnabrück mit einem irren Endspurt der Party ein Ende, der SVWW musste in die Relegation - doch in der sah Bundesliga-Absteiger Arminia Bielefeld kein Land und wurde von den Hessen beinahe überrollt. Nun steht die vierte Zweitliga-Saison der Wiesbadener vor der Tür, der letzte Anlauf endete 2019/20 mit dem direkten Wiederabstieg.

So richtig gefreut haben dürfte man sich in Lautern nicht, dass man wieder mit dem SVWW die Klingen kreuzen darf. Das letzte Aufeinandertreffen ist noch tief in den Köpfen, die Niederlage am drittletzten Spieltag der Aufstiegssaison läutete den beinahe versemmelten Endspurt ein. Doch auch sonst ist die Bilanz gegen den Spitzenreiter der Ewigen Drittliga-Tabelle bescheiden: Fünf Siegen stehen ebenso viele Niederlagen und zwei Unentschieden gegenüber, dabei haben die Hessen das bessere Torverhältnis. Daran gilt es also in dieser Saison zu arbeiten.

Das Personal: Trainer Markus Kauczinski hat mit der sportlichen Leitung durchaus gute Arbeit geleistet und einen auf den ersten Blick konkurrenzfähigen Kader zusammengezimmert. Der auf dem Papier stärkste Spieler Benedict Hollerbach wird den Club wohl noch verlassen, mehrere Bundesligisten haben ihn auf dem Zettel. Mit ihm, Brooklyn Ezeh und Ahmet Gürleyen verlieren die Hessen zwar richtig gute Kicker, dafür verstärkte man sich in der Breite mit erfahrenen und doch noch entwicklungsfähigen Spielern wie dem früheren Lautrer Antonio Jonjic, Keanan Bennetts aus Darmstadt sowie Nick Bätzner, der in Belgien bei KV Oostende auf sich aufmerksam machen konnte und nun einen neuen Versuch in Deutschland startet.

Weiterhin mit dabei sind Sascha Mockenhaupt, der nun bereits in seine siebte Saison geht, sowie Gino Fechner, der auch ein paar Jahre seine Schuhe für den FCK schnürte. Beide gehören der gut aufgestellten Defensive an - dem Prunkstück des Kaders. Vorne drückt dagegen noch ein wenig der Schuh, wenn hier noch Verstärkungen kommen, ist der Klassenerhalt durchaus greifbar.

Die Fans: Recht unauffällig - so lässt sich die Fanszene Wehens wohl charakterisieren. Der Schnitt von gerade einmal knapp 4.300 Zuschauern in der Aufstiegssaison sind eher unterdurchschnittlich, gegen größere Klubs sind die Gästefans meistens in der Überzahl. Beim letzten FCK-Gastspiel vor gut einem Jahr standen gar 7.500 Lautrer nur rund 2.000 Wehenern gegenüber. Dafür ist es um das Stadion herum meistens entspannt, als Gast kann man ruhig in die Wiesbadener Kneipen gehen und mit den Heimfans, wenn man sie findet, über Fußball diskutieren. Das ist doch auch mal schön!

Das Stadion: Die Blechkiste - aufgrund ihrer Bauweise und Enge ist es durchaus laut, aber die Heimstätte des 2007 von Taunusstein nach Wiesbaden umgezogenen SVWW wirkt seit jeher wie ein Behelfsbau, der schnell wieder abgetragen werden kann. Kein besonders schöner Anblick, aber mit Zug und Auto gut erreichbar und aufgrund der geringen Auslastung hat man als Gast meistens die Akustik auf seiner Seite. Wenn dann kommende Saison noch ein Auswärtssieg für den Betze dabei herausspringt, ist eine laute Feier garantiert.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Sebastian Gliem

Weitere Links zum Thema:

- Gegner-Vorschau 2023/24 | Die Absteiger: Zwei große Namen kommen (Der Betze brennt)

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