Der neue FCK-Trainer im Porträt

Marco Antwerpen: Ein harter Hund will nach oben

Marco Antwerpen: Ein harter Hund will nach oben

Foto: Imago Images

Am Betzenberg werden Typen mit Ecken und Kanten gebraucht? Na, in der Beziehung gibt es an Marco Antwerpen schon mal nichts zu meckern. Mit ihm kommt allerdings auch der wohl unge­liebteste Aufstiegstrainer aller Zeiten zum 1. FC Kaiserslautern. Wir stellen Euch den neuen Coach vor, unter anderem mit Stimmen aus seinen Ex-Klubs.

Fast wirkt es, als hätten die Verantwortlichen des FCK nach dem missglückten Intermezzo mit dem "netten" Jeff Saibene ganz bewusst einen Kontrapunkt setzen wollen. Denn "nett" ist ein Attribut, das im Zusammenhang mit Marco Antwerpen am wenigsten fällt, wenn man sich bei seinen bisherigen Trainerstationen umhört. Öfter zu hören sind dagegen "harter Hund" oder "sperriger Typ". FCK-Fans freilich werden dies lieber lesen als "nett", da sie überzeugt sind, genau so einen brauche ihr Team derzeit. "Lässt guten Fußball spielen", ist ebenfalls oft zu notieren. Dann sind die Weichen in eine bessere Zukunft des 1. FC Kaiserslautern also gestellt?

Wenn da nicht die vielen schrägen Töne wären, die die Vita des Marco Antwerpen bislang begleiteten. Vor allem bei den diversen Abschieden, die er von seinen bisherigen Vereinen nahm.

Karrierestart nach Antwerpen-Art: Als Tabellenführer gefeuert

Es begann bereits im Dezember 2017. Marco Antwerpen war als Trainer von Viktoria Köln Tabellenführer der Regionalliga West. Nachdem er den Klub schon in der Saison zuvor zum Meister gemacht hatte und in den anschließenden Aufstiegsspielen zur 3. Liga an Carl Zeiss Jena gescheitert war. An diesem 11. Dezember aber wurde er gefeuert.

Weshalb, wurde schnell publik: Der Coach wollte noch schneller aufsteigen, als es ihm mit der Viktoria möglich war - nämlich direkt zum Drittligisten Preußen Münster wechseln. Was den Schluss zulässt: Marco Antwerpen ist einer, der nach oben will. Und das möglichst auf dem schnellsten Weg.

Fußballlehrer-Lehrgang 2016: Eine Klasse mit ganz viel Klasse

Das war schon auf seiner ersten Trainerstation deutlich geworden, bei Rot Weiss Ahlen. Den westfälischen Oberligisten übernimmt der Ex-Profi 2014. Ein Jahr später beginnt er seine Ausbildung zum Erwerb der Fußballlehrer-Lizenz, der für ein Traineramt in den ersten drei Profiligen Voraussetzung ist. Mit ihm im Jahrgang drückt beispielsweise der spätere Lautrer Trainer Jeff Strasser die Schulbank in der Kölner Hennes-Weisweiler-Akademie.

Außerdem bei ihm in der Klasse: Julian Nagelsmann (heute Rasenballsport Leipzig), Domenico Tedesco (Spartak Moskau), Kenan Kocak (Hannover 96), Pellegrino Matarazzo (VfB Stuttgart) und Daniel Thioune (Hamburger SV). Verglichen mit diesen Mitschülern kommt Marco Antwerpens Werdegang bislang nur stockend voran, obwohl er sich alle Mühe gibt.

Kurz nach Lehrgangsende im März 2016 erfahren die Ahlener Verantwortlichen, dass Antwerpen zur ambitionierteren Kölner Viktoria weiterziehen will - den Aufstieg in die Regionalliga schafft er dennoch noch.

In Münster geht’s nicht hoch genug

Und von Köln aus soll es noch im Dezember 2017 weiter nach Münster gehen - zu den Preußen, bei denen Antwerpen bereits als Profi kickte. Er übernimmt den Klub als Tabellen-16. und beendet die Saison als Zehnter. Es folgt eine Spielzeit, die er auf Rang 8 abschließt und in der er seinen Ruf zementiert, mit wenigen Mitteln viel zu erreichen und dabei auch noch guten Fußball spielen zu lassen. FCK-Fans werden sich sicher an die beiden besonders schmerzlichen Niederlagen erinnern, die Antwerpens Preußen in der Saison 2018/19 ihrem Team beibrachten.

Allerdings: Schon in der Winterpause lässt Antwerpen verlauten, dass er sein Engagement in Münster im Sommer beenden wird. Warum? Ein Preußen-Insider glaubt: Weil er in Münster keine Möglichkeit sah, weiter nach oben zu kommen, in die 2. Bundesliga, mindestens. Die Hoffnung, diesen nächsten Schritt schon im Sommer zu gehen zu können, erfüllt sich für den ehrgeizigen Coach jedoch nicht. Erst im November 2019 verpflichtet ihn der um den Aufstieg spielende Drittligist Eintracht Braunschweig als Nachfolger von Christian Flüthmann.

Aufstieg mit Eintracht, Ende in Zwietracht

Auch dort geschieht Ungewöhnliches. Nach zunächst durchwachsenen Wochen startet Antwerpen ausgerechnet während der strapaziösen Geisterspielwochen mit den Blaugelben durch und schafft überraschend den Aufstieg in die zweite Liga. Dennoch wird der Vertrag mit ihm anschließend nicht verlängert. Erneut stellt sich die Frage: Warum?

Die ihm wohler Gesinnten beschreiben es so: "Nach der Coronapause hatte er einen absolut funktionierenden Plan", so Eintracht-Fan Thomas Löwe. "Dabei hat er es geschafft, trotz der schwierigen Umstände das Team neu zusammenzuschweißen. Da stand auf einmal erkennbar eine Einheit auf dem Platz - ganz anders als vorher." Das dürfte für geschundene FCK-Fanseelen wie Musik in Ohren klingen. Die genauen Gründe, weshalb sein Vertrag nicht verlängert wurde, kenne er nicht, so Thomas Löwe weiter. Allerdings: "Ein bequemer Typ ist er sicher nicht, und die Fanseele wünscht sich einen anderen Typ Trainer."

Vorstand sieht Trainer nicht als ursächlich für den späten Erfolg

Konkreteren Aufschluss über die Hintergründe gibt Felix Gropper in einem Artikel für "11 Freunde": Demnach sei sich der Verein schon nach Antwerpens lauen Anfangswochen mit Daniel Meyer über ein Engagement ab Sommer 2020 einig gewesen, und den Gipfelsturm in den Geisterspielwochen mochte man nicht unbedingt als Erfolg des Trainers werten: Der sei dadurch zustande gekommen, dass die Eintracht einen im Grunde viel zu großen Spielkader hatte, da es im Winter nicht gelungen war, diesen zu verkleinern. Dieser Nachteil habe sich in den fünf Englischen Wochen in Folge als Vorteil ausgewirkt.

Felix Gropper attestiert Antwerpen allerdings auch viele gute Entscheidungen in dieser Zeit. Etwa, dass er den umstrittenen Torhüter Marcel Engelhardt stärkte, der zum großen Rückhalt der Mannschaft wurde. Oder Spielmacher Martin Kobylanski, der nach Anlaufschwierigkeiten unter seinem Münsteraner Ex-Trainer Antwerpen richtig aufblühte. Ebenso werden dem derzeitigen Lautrer Marvin Pourié, den der Karlsruher SC in der Rückrunde 2019/20 an Braunschweig verliehen hatte, starke Leistungen bescheinigt.

Verfechter des Offensivfußballs? Nicht unbedingt

Die Spielweise Antwerpens in dieser Schaffensperiode hat Jussi Pekka-Rode für den Blog "Blau-Gelbe Datenwelt" ausführlich beschrieben. Die Darstellung widerspricht ein wenig der oft geäußerten Ansicht, Antwerpen sei ein unbedingter Verfechter des Offensivfußballs. "Tief stehen", "Parking the bus" - das erinnert eher an Jeff Saibenes Matchpläne beim FCK, war bei Antwerpen in Braunschweig allerdings ungleich erfolgreicher.

"Ich finde auch schönen Fußball interessant und bin Fan von Ballbesitzfußball, dominant zu sein, aktiv zu sein, statt nur zu reagieren", erklärt der 49-Jährige in einem Interview auf "Transfermarkt.de". "Aber vielleicht waren wir zu dem Zeitpunkt nicht in der Situation, das auf den Platz zu bringen“" Wird interessant zu sehen, wie Antwerpen die Situation auf dem derzeit katastrophalen Rasenplatz des Fritz-Walter-Stadions bewertet.

In diesen Geisterspielwochen herrschten allerdings ohnehin andere Gesetze, ebenso muss festgehalten werden: Antwerpen geht wesentlich flexibler zu Werke als Saibene, was die Wahl seine Grundordnungen angeht: Dreier- oder Vierkette, Mittelfeld-Raute, ein, zwei oder drei Stürmer, bei diesem Trainer ist alles möglich.

Last Exit Würzburg: Missverständnis mit Sir Felix

Dennoch ging er in Braunschweig als der wohl ungeliebteste Aufstiegstrainer aller Zeiten. Vom 29. September bis zum 9. November 2020 folgte ein kurioses Fünf-Spiele-Intermezzo bei den Würzburger Kickers, das ebenfalls viele Fragezeichen hinterlässt. Diese Zeit "als einziges Missverständnis" zu begreifen, wie es der Fan und Journalist Steffen Krapf tut, ist wohl die fairste Lösung.

Manche sagen, Antwerpen habe es mit seiner Art und seinen Trainingsformen geschafft, in nur fünf Wochen die ganze Mannschaft gegen sich aufzubringen. Andere denken, der Rausschmiss nach nur einem Punkt in fünf Spielen sei keine Schande, diese "Hire and Fire"-Politik sei doch typisch für Felix Magath, den einstigen Startrainer und nunmehrigen Kickers-Berater. Es wird auch gemunkelt, dass Antwerpen eine Art "Probezeit" in seinem Vertrag gehabt habe, so dass die schnelle Trennung die einfachste Lösung für Würzburg gewesen wäre.

Er selbst sieht die immer wieder aufkommenden Diskussionen um seine zwischenmenschlichen Umgangsformen entspannt. "Ich bin im Ruhrgebiet aufgewachsen, da ist man vielleicht ein bisschen direkter. Der diplomatische Dienst ist nicht mit meine ganz große Stärke", erklärte er bei transfermarkt.de nach seinem Ausscheiden in Braunschweig. "Letztlich geht es im Fußball um Erfolg, und dafür bin ich geholt worden."

Erstmals ohne Kurtulus Özturk, statt dessen assistiert Frank Döpper

Interessant noch: In Kaiserlautern wird nun Frank Döpper erstmals Antwerpens Assistent. Der 49-Jährige war zuletzt für den Regionallisten TSV Steinbach Haiger tätig. Auf allen bisherigen Trainerstationen Antwerpens hieß der Mann an seiner Seite Kurtulus Özturk. Welchen Hintergrund dieser Wechsel hat, wird sich vielleicht bei der offiziellen Trainervorstellung am Mittwoch klären.

Was immer Marco Antwerpens Engagement am Betzenberg bringt, es wird spannend werden. Unbestritten positiv hervorheben ist zweifellos der unbändige Ehrgeiz des Neuen, immer nach oben zu wollen. Und das nach Möglichkeit auf dem schnellsten Wege.

Wer den neuen FCK-Coach schon einmal sprechen hören möchte, kann sich hier die Pressekonferenz zu seiner Vorstellung in Braunschweig vor 15 Monaten anschauen:

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Chronologie im DBB-Forum: Marco Antwerpen ist neuer Cheftrainer des FCK

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