Zwölf Spiele an der Seitenlinie

100 Tage FCK-Trainer: Hildmanns erste Zwischenbilanz

100 Tage FCK-Trainer: Hildmanns erste Zwischenbilanz


Seit 100 Tagen ist Sascha Hildmann Cheftrainer des 1. FC Kaiserslautern. Zeit für ein erstes Zwischenfazit: Was hat sich in dieser Zeit verbessert? Und wohin steuern die Roten Teufel?

Es war eine überraschende Wahl, die die Verantwortlichen des FCK um Sport-Geschäftsführer Martin Bader im vergangenen Dezember getroffen hatten. Nach der Trennung von Ex-Coach Michael Frontzeck stellten sie am Nikolaustag Sascha Hildmann als neuen Übungsleiter vor. Der gebürtige Kaiserslauterer pflegte zwar immer schon gute Verbindungen zu den Roten Teufeln und zum Umfeld, er brachte aber nur etwas mehr als ein Jahr Erfahrung auf Profi-Ebene mit in die Pfalz.

Beim Auswärtssieg in Lotte am Samstag feierte Hildmann sein 100-Tage-Jubiläum. Seit seinem Amtsantritt hat sich auf dem Betzenberg einiges getan, Fortschritte auf verschiedenen Ebenen sind sichtbar geworden, rund läuft erwartungsgemäß aber noch längst nicht alles. Eine erste Bestandsaufnahme.

Neues System führt zu defensiver Stabilität

Nach seinem Amtsantritt übernahm Hildmann zunächst die unter Frontzeck praktizierte 4-4-2-Formation bis zur Winterpause. Dann nutzte er die Vorbereitung im Januar, um seinen Spielern ein neues System einzuimpfen. Er beorderte das Team in einer 3-4-3-Variante auf den Rasen: Ein kompaktes Zentrum gegen den Ball, mutiges Flügelspiel, zügige Verlagerungen und situativ hohes Pressing sollen zum Erfolg führen - der Plan ging teilweise auf. Mit Ausnahmen verhalf das neue Konzept durch die personelle Aufstockung im Zentrum vor allem zu defensiver Stabilität: Nur acht Gegentore kassierte der FCK unter Hildmanns Leitung, was seit seinem Amtsantritt am 18. Spieltag gemeinsam mit Halle und Braunschweig den besten Wert der 3. Liga darstellt.

Wie flexibel ist der FCK wirklich?

Erst letzte Woche gegen Braunschweig und in Lotte hat Hildmann derweil ein Versprechen aus der Winterpause sichtbar eingelöst: Seine Mannschaft ist variabel, kann auf Spielsituationen reagieren und sich taktisch anpassen. Gerade daran hatte es unter Frontzeck allzu oft gehapert und auch Hildmann schien grundlegende Umstellungen vor oder während des Spiels zunächst zu vermeiden. "Es gab noch keine Situation, in der wir das machen mussten, Gott sei Dank. Wenn wir es machen müssen, wissen die Spieler Bescheid. Diese Flexibilität will ich beibehalten", sagte der Trainer vor dem Braunschweig-Spiel - in dem er dann wie auch gegen die Sportfreunde auf die während der Partie entstandene Überzahl-Situation doch mit einer Umstellung auf 4-4-2 reagierte. Grundsätzlich ist aber in dieser Saison keine dauerhafte Abkehr vom 3-4-3 zu erwarten. "Ich finde, dass sich diese Mannschaft in diesem System gut fühlt und einverstanden ist. Deswegen wäre es nicht gut, wenn wir das jetzt ändern würden", betonte der 46-Jährige während der Englischen Woche.

Die situationsbezogenen Umstellungen gegen Braunschweig und Lotte sollten vor allem die Offensive stärken. Durch die Hereinnahme von zwei Stürmern hoffte Hildmann auf mehr Offensivwucht, auch weil er seiner Mannschaft dazu anhielt, vermehrt zu flanken. Gegen Lotte wurde der FCK spät belohnt. Gegen Braunschweig reichte es nur zu einem 0:0, trotz offensiver Wechsel und Überzahl gab es kaum Torchancen. Ob Hildmann auch in einem ausgeglichenen Spiel bereit ist, das Risiko zu erhöhen? Gegen Zwickau wechselte er in der Schlussphase für Ballverteiler Carlo Sickinger eine weitere "Abwehrkante", Lukas Gottwalt, ein. Eine Reaktion auf die verstärkte Offensive der Gäste - dennoch ging der Plan durch ein ärgerliches Ausgleichstor nicht auf.

In der Offensive hakt es noch immer - Problemzone Standards

Das Spiel gegen die Westsachsen legte auch in anderer Hinsicht einmal mehr den Finger in eine schmerzhafte Wunde: die harmlose Offensive der Lautrer. Abwechselnd hat der FCK Mühe beim Herausspielen von Chancen (Meppen, Münster, Halle, Köln) und der Verwertung von Möglichkeiten (Großaspach, Zwickau, Braunschweig). Insgesamt erzielten die Roten Teufel zwar seit dem 18. Spieltag 14 Tore - ein solider Drittliga-Wert. Allerdings fielen allein vier Treffer davon im Heimspiel gegen Jena. Von sechs Heimspielen gewann die Hildmann-Truppe ohnehin nur zwei. Angesichts weniger Chancen müsste sich die Mannschaft häufiger so effektiv wie in den Spielen bei Meppen, Karlsruhe oder Lotte zeigen.

Dabei öffnet das 3-4-3 auch offensive neue Optionen. Neben einem zentralen Stürmer, den zuletzt Christian Kühlwetter hervorragend verkörperte, sind auch die Halbpositionen offensiv besetzt. Timmy Thiele interpretierte seine Rolle als "Halb-Linksaußen" gegen Jena mit vielen Läufen und etwas tieferem Positionsspiel. Newcomer Antonio Jonjic dagegen stand häufig etwas höher, Hendrick Zuck und Christoph Hemlein orientierten sich mehr in Richtung Zentrum, Florian Pick suchte auf der linken Seite postiert gerne das Dribbling oder den halbdiagonalen Lauf von rechts in den Strafraum. Hinzu kommen mit Dominik Schad und Janek Sternberg zwei lauffreudige Flügelspieler, die bis zur Grundlinie marschieren können.

Klappt es allerdings aus dem Spiel heraus nicht, bleibt auch unter Hildmann die Schwäche bei Standardsituationen ein wesentliches Manko, das nicht nur den Trainer an den Rand der Verzweiflung bringt. Dem FCK fehlt es an kompromisslosen Kopfballspielern bei offensiven Ecken. Einzig André Hainault deutete seine Wucht in dieser Hinsicht mal an. Und jetzt hat sich zu allem Überfluss auch noch eine eklatante Fehlerquote bei Elfmetern zu der Schwäche bei Eckbällen und Freistößen dazugesellt.

Junge Teufel für den FCK - Hildmanns Haltung

Während einzelne Spieler offensiv und defensiv auch unter Hildmann nicht das halten können, was man sich von ihnen im Sommer versprochen hat, findet der Coach zumindest neue Optionen durch Rochaden (Kühlwetter, Thiele, Pick) oder im eigenen Nachwuchs. Die schon unter Frontzeck begonnene Förderung von jungen Spielern unterstrich Hildmann durch noch mutigere Personalauswahl. Sickinger kam bislang in jedem Spiel zum Einsatz, Lennart Grill gab unter Hildmann sein Debüt, Jonjic war vor seiner Verletzung drauf und dran, sich in die Stammelf zu spielen und Kühlwetter brachte der neue Trainer wieder in die Spur.

Das Team führt er dabei mit klarer Linie an. Julius Biada musste sich nach schwachen Leistungen ebenso wie Theo Bergmann hinten anstellen und längere Zeit mit der Reservistenrolle begnügen. Ähnliches erlebten Pick, Zuck oder Kühlwetter. Jan Löhmannsröben wurde nach seinem verweigerten Handschlag mit dem Trainer im Braunschweig-Spiel aus dem Kader für den darauffolgenden Spieltag gestrichen. Klare Regeln, klare Konsequenzen.

Überhaupt verkörpert Hildmann eine neue Haltung auf dem Betzenberg. Die Rolle der Fans weiß er zu schätzen, seine Verbundenheit zum Verein, der Stadt und das Umfeld nimmt man ihm nicht nur wegen des leichten Pfälzer Zungenschlags ab. Und wenn es sein muss, dirigiert er das schüchterne Team auch vor die Fankurve - oder er trällert nach einem Sieg den Fangesang beim Gang in die Kabine. Hildmanns Emotionalität könnte im Falle des Misserfolgs auch mal umschlagen - momentan stachelt sie den Anhang aber eher an.

Viele positive Ansätze - jetzt geht es um die Nachhaltigkeit

Es sind einige positive Ansätze, die in Hildmanns noch junger Amtszeit sichtbar geworden sind. Vielversprechendes deuteten auch andere Trainer in der Vergangenheit, mal mit Worten, mal mit Taten, an. Zu oft fehlte es dann an der Nachhaltigkeit. Diese zu finden, wird Hildmanns nächste und vielleicht schwierigste Bewährungsprobe.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

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