Im Blickpunkt: Die 100-Tage-Bilanz der neuen FCK-Führung

Es ist viel passiert

Es ist viel passiert


Ende August war das neue Führungstrio des 1. FC Kaiserslautern – bestehend aus Thomas Gries, Michael Klatt und Uwe Stöver – 100 Tage im Amt. Zeit für eine erste Bilanz.

Es war der 16. Mai, der Tag nach dem letzten Saisonspiel in St. Pauli, als die Vorstände Thomas Gries und Michael Klatt gemeinsam mit Sportdirektor Uwe Stöver offiziell und als Team ihre Arbeit aufnahmen. Am 24. August 2016, auf den Tag genau ein Jahr nachdem im Heimspiel gegen Paderborn die Phase des Umbruchs beim FCK eingeläutet wurde, amtierte das Trio 100 Tage. In der Politik ist dieser Zeitraum traditionell der Rahmen für eine erste Bilanz und auch wir möchten heute, wenngleich nun schon 113 Tage vergangen sind, einen Blick auf die bisher geleistete Arbeit werfen.

Allen drei Protagonisten war von ihren Vorgängern ein schweres Erbe überlassen worden. Klatt (schon seit April im Amt) musste die finanzielle Situation des Vereins neu ordnen, Gries Sponsoren finden und das Umfeld wecken, während Stöver den nächsten sportlichen Umbruch des FCK zu moderieren hatte.

Bereich Sport: Ein weitgehend geräuschloser Umbruch

Der 49-jährige Uwe Stöver neigt nicht zu großen Worten. Auf Pressekonferenzen beschränkt sich Stöver meist auf die wesentlichen Kernpunkte. Dass er allerdings nicht zimperlich in seinen Entscheidungen ist, bewies er nur vier Tage nach seinem Amtsantritt. Mit Konrad Fünfstück wurde der Trainer der vergangenen Saison entlassen, um "einen Neuanfang zu vollziehen", wie Stöver am 20. Mai erklärte. Nach der Verpflichtung von Tayfun Korkut legte der neue Sportdirektor Spielern wie Zlatan Alomerovic und Michael Schulze zwar fair und ehrlich, aber eben deutlich einen Wechsel nahe. Das Resultat: Der Kader konnte tatsächlich verkleinert und damit ein erstes Teilziel erreicht werden.

Den x-ten Umbruch auf dem Betze vollzog Stöver erstaunlich geräuschlos. Zehn externe Neuzugänge stellte er neben den bereits feststehenden Transfers von Osayamen Osawe und Max Dittgen vor. Dabei bewies er bei einigen Verhandlungen Ausdauer, zum Beispiel im Fall Zoltan Stieber oder dem langersehnten Innenverteidiger Ewerton.

In diesem Zusammenhang gehört allerdings auch angemerkt, dass er an dem brasilianischen Defensivmann gar nicht so lange hätte baggern müssen, wäre ihm der Transfer von Immanuel Höhn vom SC Freiburg geglückt. Einem Bericht des Kicker zufolge zögerte Stöver in den Verhandlungen mit dem 24-Jährigen zu lange, bis dieser schließlich ein besser dotiertes Angebot aus Darmstadt erhielt und annahm.

Mit den gerade gegen Ende der Wechselphase getätigten Transfers kam auch die erhoffte Qualität nach Kaiserslautern. Ob es Stöver und Korkut nun gelingt, eine erfolgreiche Mannschaft und vor allem eine übergeordnete Philosophie zu entwickeln, die den Verein langfristig trägt, kann man wohl erst in einigen Monaten, wenn nicht Jahren absehen. Neugierig macht der eingeschlagene Weg auf jeden Fall.

Bereich Außendarstellung: Elan, Ambitionen und Versöhnung

Einen neuen Weg schlug auch Thomas Gries ein. Der ehemaligen Coca-Cola-Manager nahm mit viel Elan seinen Job auf dem Betzenberg auf. Schon früh formulierte er seine ambitionierten Ziele: Sponsoren sollten zum FCK zurückkehren, das Umfeld wachgerüttelt und das Stadion voll werden. Gries initiierte den "Teufelsrat", der sich aus profilierten FCK-Fans wie Marcel Reif zusammensetzt. Prominente wie Mark Forster oder Jessica Kastrop wurden zu medienwirksamen Botschaftern des Pfälzer Traditionsklubs ernannt, auch Vereinslegende Hans-Peter Briegel ist wieder mit im Boot.

Für den Anhang rief Gries die Aktion "Nur zusammen sind wir Lautern" ins Leben, ließ eine Werbekampagne und einen emotionalen Video-Clip entwickeln. Ziemlich schmerzhaft musste er allerdings die Halbwertszeit solcher gut gemeinter Strategien erfahren, wenn das "Kerngeschäft" auf dem Platz nicht läuft: Waren zum Saisonauftakt tatsächlich die erhofften 40.000 Zuschauer im Stadion, kamen nach drei erfolglosen Spielen inklusive Pokal-Aus zum zweiten Heimspiel gegen Düsseldorf nur noch rund die Hälfte ins Fritz-Walter-Stadion.

Immerhin und vorerst ausdauernder ist der Erfolg abseits des Tagesgeschäfts: Gemeinsam mit Michael Klatt tingelte der Marketingfachmann Gries im Mannschaftbus potentielle Sponsoren ab. Mitte Juli wurde der Onlineshop top12.de als neuer Trikotsponsor präsentiert. Im gleichen Atemzug verkündete der Vorstand die Rückkehr von Geldgebern wie Layenberger und bfd, die dem FCK unter Stefan Kuntz und Fritz Grünewalt im Streit den Rücken gekehrt hatten, außerdem wurden einige neue Partnerschaften an Land gezogen. In letzter Zeit ist es zwar etwas ruhiger um Thomas Gries geworden, aber die nächsten Pläne dürften wohl schon in der Schublade liegen.

Auch an anderer Stelle setzte der Vorstand auf Versöhnung: Der Satzungsausschuss, seit Monaten und Jahren einen offenen Clinch zwischen Vereinsoffiziellen und engagierten Mitgliedern austragend, schloss seine Arbeit erstaunlich schnell und ohne Misstöne ab.

Bereich Finanzen: Transparenz, ein Investor und (zu?) heftiger Sparmodus

Das entgegengebrachte Vertrauen für die neue Vereinsführung ist groß. Vielleicht auch, weil Finanzvorstand Michael Klatt früh den Weg an die Öffentlichkeit suchte und – völlig im Gegensatz zu seinen Vorgängern – Presse und Fans die kritische wirtschaftliche Situation des FCK darlegte. "Ich habe einen sogenannten Kassensturz gemacht und bin, wenn sie so wollen, in den Keller gegangen und habe den Tresor aufgemacht", erklärte er Anfang Mai und führte aus, dass die Reste der Betze-Anleihe, eigentlich zum Ausbau des Nachwuchsleistungszentrums gedacht, "nicht mehr vorhanden“ seien. Transparenz, die im Umfeld gut ankam und Verständnis für die unweigerlich anstehenden Sparmaßnahmen erzeugte.

Diese Einsparungen waren hart und tiefgreifend. Mehrere Kündigungen wurden beispielsweise auf der Geschäftsstelle ausgesprochen, die Stelle des Geschäftsführers Marco Stenger ersatzlos gestrichen. Der Etat sollte gesenkt und durch Spielerverkäufe, wie zum Beispiel von EM-Fahrer Jon Dadi Bödvarsson, entlastet werden. Dass an manchen Stellen der Sparzwang zu heftig ausfiel, spiegelte sich im verkorksten Stadionfest wider, dessen kleiner Rahmen dem Fan-Ansturm nicht gewachsen war. Auch Umstrukturierungen wie die Zusammenlegung der Abteilungen Fanbetreuung und Presse, die den Wegfall der zweiten Fanbetreuer-Stelle zur Folge hatte, werden mit Sorge beobachtet.

Dass Gries und Klatt den Rotstift nicht zu streng ansetzen dürfen, haben sie selbst bemerkt. Der Etat wurde mit dem gut verzinsten Kredit eines unbekannten Investors noch einmal nach oben korrigiert und somit der Spielraum für Sportdirektor Stöver erhöht – der damit im August noch dringend notwendige Neuzugänge präsentieren konnte.

Diskutiere mit uns im DBB-Forum: Wie bewertest Du die erste Zwischenbilanz der neuen Vereinsführung? Was ist gut gelaufen und welche Chancen wurden möglicherweise verpasst?


Kommentar: Am Ende zählt vor allem das Punktekonto

Die Geschichte des Lautrer Umbruchs ist inzwischen oft und facettenreich erzählt. Vom Vorstandsbüro bis in die Mannschaftskabine hat der 1. FC Kaiserslautern sein Gesicht gewandelt. Und der Wandel steht nicht still. In 100 Tagen hat der neue Vorstand samt Sportdirektor unglaublich viel in Angriff genommen.

Auf fast allen Ebenen wurde nahezu kein Stein auf dem anderen gelassen. Und, was besonders gut ankommt: Der Vorstand nimmt das Umfeld mit. Da ist ein Finanzvorstand, der die Zahlen offenlegt, ein Marketingexperte, der sich für die Fehlplanung beim Stadionfest entschuldigt.

Dass nicht jede Entscheidung "sitzt" ist bei der Fülle an Herausforderungen logisch. Ein gewisser Vertrauensvorschuss ist hier nötig und Gries, Klatt und Stöver erhalten diesen von den Fans. Trotzdem gilt es wachsam zu sein, auch den Mut zu haben, Missstände anzusprechen. Wird an den falschen Stellen gespart oder bleiben wichtige Projekte auf der Strecke, hier denke ich zu allererst an den dringend nötigen Weiter- und Ausbau des Nachwuchsleistungszentrums, muss das auf den Tisch kommen dürfen.

Gries und Klatt haben allerdings bisher bewiesen, auf Kritik einzugehen und diese auch im Sinne des "Nur zusammen"-Mottos zu hören. Das ist ein guter Weg und so könnte man optimistisch nach vorne blicken – wäre da nicht die sportliche Situation nach den ersten vier Saisonspielen.

Denn was auch immer der Vorstand und der Sportdirektor anpacken: Sie sind und bleiben abhängig von den Ergebnissen. Und diese waren bisher durch die Bank enttäuschend. Zwar gilt es auch hier, der Mannschaft, die zuletzt mit sieben Neuen in der Startelf auflief, Zeit zu geben. Doch müssen bald die nötigen Punkte her. Denn sonst nützen auch die besten Absichten abseits der grünen Rasens nichts.

Und das wäre schade. Zu spannend ist der frische Wind auf dem Betze. Nur zu gerne würde man sehen, wohin der neue Weg des FCK führt – und wie nachhaltig er ist.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

Kommentare 88 Kommentare | Empfehlen Artikel weiter empfehlen | Drucken Artikel drucken